Titel: | Anderson's verbesserte mechanische Vorlage für Drehebänke. |
Fundstelle: | Band 43, Jahrgang 1832, Nr. XXXVII., S. 162 |
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XXXVII.
Anderson's verbesserte
mechanische Vorlage fuͤr Drehebaͤnke.Hr. Thomas
Anderson gewann durch seine sinnreiche Erfindung einen jener
Preise, die Dr. Fellowe fuͤr die Mitglieder der
London Mechanics' Institution fuͤr das Jahr 1830
ausschrieb. A. d. O.
Aus dem Mechanics' Magazine N. 426. S.
18.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Anderson's verbesserte mechanische Vorlage fuͤr
Drehebaͤnke.
Die Erfindung der mechanischen Vorlage (verschiebbaren Ruhe, slide-rest) war von unendlichem Nuzen und Vortheile fuͤr die
Drehekunst;. denn mit dieser sinnreichen Vorrichtung konnte man weit vollkommenere
Cylinder, Kegel, Kegelabschnitte oder ebene Flaͤchen erzeugen, als man sie
bisher durch das Drehen aus freier Hand hervorzubringen im Stande war. Leider konnte
dieselbe aber noch immer nicht bei einer gewissen Classe von Koͤrpern, wie
z.B. bei solchen, die in jeder Richtung kreisfoͤrmige Oberflaͤchen
darbieten, angewendet werden. Diesem empfindlichen Nachtheile abzuhelfen, ist der
Zwek gegenwaͤrtiger Erfindung. Dieser Zwek wurde auch so vollkommen erreicht,
daß man nun mittelst derselben Koͤrper, wie man sie in P
Fig. 52
sieht, und deren Oberflaͤche entweder convex oder concav gegen die Achse der
Drehung seyn kann, mit eben so großer Genauigkeit und Leichtigkeit hervorzubringen
im Stande ist, als man mit der gewoͤhnlichen mechanischen Vorlage Cylinder
verfertigen kann. Ein weiterer Vorzug der neuen Vorrichtung vor der aͤlteren
liegt darin, daß sie eben so gut zur Verfertigung convexer und concaver Linsen, als
ebener Flaͤchen dient, waͤhrend leztere nur bei ebenen Flaͤchen
anwendbar ist.
Das Princip, nach welchem diese Erfindung erbaut ist, beruht auf folgenden zwei
geometrischen Saͤzen:
1) daß alle Winkel in einem und demselben Segmente eines Kreises gleich sind; und
2) daß wenn man eine gerade Linie immer parallel mit sich selbst und so bewegt, daß
das eine Ende derselben einen Kreis beruͤhrt, ihr anderes Ende einen Kreis
beschreiben wird, der in jeder Hinsicht dem ersteren Kreise gleich seyn wird. Dieß
wird nothwendig der Fall
seyn, welche Laͤnge die Linie auch haben mag, und sie mag den ersten Kreis
außen oder innen beruͤhren.
Fig. 51 ist
ein Grundriß der verbesserten Vorlage; Fig. 52 ist ein
Durchschnitt derselben durch BO, und Fig. 53 ein
Querdurchschnitt der Schieber durch m n. Gleiche
Buchstaben beziehen sich in allen Figuren auf gleiche Gegenstaͤnde.
AA ist das Bett der Drehebank; B ist eine Platte, die so angebracht ist, daß sie sich
bloß der Laͤnge nach auf dem Bette schiebt. C ist
die Basis der Vorlage, die so auf dieser Platte angebracht ist, daß sie sich bloß
nach der Quere uͤber das Bett schieben kann. Mittelst dieser beiden
Stuͤke kann nun die Vorlage auf dem Bette in jede erforderliche Stellung
gebracht, und durch den Bolzen a, dessen Kopf sich in
einer schwalbenschwanzfoͤrmigen Rinne in der Basis C schiebt, in dieser Stellung erhalten werden. DD ist der Koͤrper der Vorlage, in welchem
sich eine cylindrische Scheide oder Dille b befindet,
durch die derselbe mit der Basis verbunden ist. Vermoͤge dieser Scheide oder
Dille kann die ganze Vorlage umgedreht werden, so daß sie cylindrische,
kegelfoͤrmige oder ebene Flaͤchen dreht. Die Stellschraube c dient dazu, dieselbe in jeder beliebigen Stellung fest
zu halten. E ist eine Schieberplatte, die sich in
schwalbenschwanzfoͤrmigen Fugen bewegt, und mittelst der Schraube d und der Kurbel M
ruͤkwaͤrts und vorwaͤrts bewegt werden kann.
FF ist eine verschiebbare Buͤchse, die sich
gleichfalls in schwalbenschwanzfoͤrmigen Fugen bewegt, und welche so
angebracht ist, daß sie sich in rechten Winkeln mit der Platte E schiebt. G ist ein anderes
verschiebbares Stuͤk, welches sich in dem vorigen bewegt, und das
Dreheinstrument t traͤgt; es wird mittelst der
Schraube e und der Kurbel H
in der Buͤchse bewegt. Dieser Schieber wird durch zwei Stellschrauben
unbeweglich gehalten.Diese Beschreibung paßt bis Hieher ganz auf eine Modification der
gewoͤhnlichen mechanischen Vorlage, mit dem einzigen Unterschiede
jedoch, daß die Buͤchse FF, die
sich hier verschieben laͤßt, in jener fest an die Platte E angebolzt ist. A. d. O.
KJ, JL sind zwei
gleiche Stangen mit langen Fenstern, welche bei J durch
ein Gelenk, um welches sie sich bewegen, mit einander verbunden sind, und welche
unter jedem Winkel gestellt werden koͤnnen. hi ist eine Verbindungsstange, durch welche dieselben in der
erforderlichen Stellung erhalten werden. Bei K und L befinden sich zwei Stifte, deren untere Enden an
Vorspruͤngen des Koͤrpers der Vorlage befestigt sind (von denen man
den einen in Fig.
52 bei N sieht), waͤhrend sich auf
ihren Koͤpfen die Fenster der Stangen JK
und JL schieben. Der Stift bei J, welcher das Gelenk der beiden Stangen
KJ und J L.
zusammenhaͤlt, ist so in der verschiebbaren Buͤchse FF (Fig. 52) angebracht, daß
er sich frei, aber zugleich auch mit Festigkeit an seiner Stelle bewegt. Das obere
Ende dieses Stiftes geht auch durch eine Oeffnung in dem Segmente, welches einen
Theil der Verbindungsstange hi bildet, und tragt
an seiner Spize eine Nuß.
Sezen wir nun, daß die Stangen KJ und JL so gestellt sind, wie man sie in den Figuren
sieht, so lasse man die drei Nußschrauben bei hJi
fest schrauben, und dadurch jene Stangen mittelst der Verbindungsstange fest in
dieser Stellung erhalten. Man lasse dann ferner die Kurbel M so drehen, daß sie die Schieberplatte E in
jeder Richtung bewegt; dadurch wird mithin diese leztere die verschiebbare
Buͤchse FF mit dem in ihr enthaltenen
Schieber G und mit der Spindel t mit sich fuͤhren. Sie wird sich aber mittelst des Stiftes gJ auch laͤngs der Stangen KJ und JL
bewegen, und diese lezteren werden, indem sie sich gegen die befestigten Stifte bei
K und L zu schieben
haben, an dem Punkte J das Segment eines Kreises
beschreiben, dessen Sehne KL, und dessen Sinus
versus Jx ist. Da ferner der Scheitel des Winkels
bei J durch den Stift gJ mit der verschiebbaren Buͤchse verbunden ist, so kann der
Mittelpunkt dieses Stiftes als ein Ende einer geraden Linie betrachtet werden, die
den von der Spize J beschriebenen Kreis beruͤhrt,
waͤhrend das andere Ende dieser Linie die Spize des Dreheinstrumentes t ist. Und da sich endlich die Schieber F und G immer parallel mit
einander bewegen muͤssen, so wird die Spize des Dreheinstrumentes t ein Segment eines Kreises beschreiben, welches in
jeder Hinsicht jenem gleich ist, das die Spize J
beschreibt, und mithin den Koͤrper P, so wie er
sich in der Drehebank umdreht, in der Form drehen, den man in der Zeichnung
dargestellt sieht.
Soll der Koͤrper P concave Oberflaͤchen
erhalten, wie dieß durch punktirte Linien ausgedruͤkt ist, so darf man die
Stellung der Stangen KJ, JL bloß so
veraͤndern, daß sich die Spize J an der anderen
Seite der geraden Linie KxL, welche die beiden
befestigten Stifte KL mit einander vereinigt,
befindet; befindet sich naͤmlich die Spize J ins,
so wird P die durch die punktirten Linien bezeichnete
Form erhalten. Mittelst der Kurbel und der Schraube He kann man den Schieber G, welcher den
Drehestahl fuͤhrt, vorwaͤrts und ruͤkwaͤrts gehen
machen, und dadurch P von jedem beliebigen Durchmesser
drehen. Wenn man das kreisfoͤrmige Gelenk der Stange KJ oder JL Grade
eintheilt, so erhaͤlt man dadurch ein Instrument, mit welchem man den Winkel
KJL messen kann; und da die Basis KL des Dreiekes KJL sich immer gleich bleibt, so laͤßt sich der Durchmesser des,
durch KJL gehenden, Kreises leicht dadurch
bestimmen.
Um endlich diese verbesserte mechanische Vorlage als eine gewoͤhnliche zu
benuzen, darf man nur die sich kreisfoͤrmig drehenden Stangen wegnehmen, und
die verschiebbare Buchse F an der Platte E befestigen, was mittelst eines kleinen Bolzens
geschehen kann, dessen Stellung in Fig. 51 durch die Punkte
v bezeichnet ist.