Titel: | Ueber Brodbereitung aus Stroh; von den HHrn. de Sainte Colomb und Henry, Mitgliedern der Société royale et centrale d'Agriculture. |
Fundstelle: | Band 42, Jahrgang 1831, Nr. XXIII., S. 49 |
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XXIII.
Ueber Brodbereitung aus Stroh; von den HHrn.
de Sainte Colomb und Henry, Mitgliedern der Société royale et centrale d'Agriculture.
Aus dem Agriculteur-Manufacturier. Junius 1831,
S. 139.
Henry, uͤber Brodbereitung aus Stroh
Ein Journal hatte angezeigt, daß man aus gepulvertem Weizenstroh Brod bereiten
koͤnne und die philanthropische Gesellschaft ernannte daher eine Commission,
um sich von der Richtigkeit dieser Thatsache zu uͤberzeugen. Hr. Vallot, Sekretaͤr der Akademie von Dijon, hatte
bereits die Resultate bekannt gemacht, welche man in dieser Stadt bei den Versuchen
uͤber Brodbereitung aus Weizenstroh erhielt; obgleich dieselben hinreichten,
die Unanwendbarkeit des Strohes zu obigem Zwek zu zeigen, so haben wir doch, um den
Wuͤnschen der Gesellschaft zu entsprechen, drei Sorten von Brod, bei welchen
wir verschiedene Quantitaͤten von Mehl anwandten, mit großer Sorgfalt
bereitet.
Um auf eine genuͤgende Weise den Wuͤnschen der philanthropischen
Gesellschaft zu entsprechen, glaubten die Berichterstatter vor Allem durch die
Analyse die Hauptbestandtheile des Strohes ausmitteln zu muͤssen. Hr. Henry d. S., welcher sich derselben unterzog, erhielt
dabei folgende Resultate:
Analyse des Weizenstrohes.
Das getroknete und sehr fein gepulverte Weizenstroh wurde mit den verschiedenen
Agentien, welche man bei der Analyse organischer Substanzen anzuwenden pflegt,
naͤmlich Schwefelaͤther, rectificirtem Alkohol, kaltem und heißem
Wasser, verduͤnnten Saͤuren, Alkalien u.s.w. behandelt. Alle diese
Substanzen loͤsten sehr wenig davon auf, indem es groͤßten Theils aus
Holzfaser besteht. Wir begnuͤgen uns zu bemerken:
1) Daß der Schwefelaͤther Chlorophyll, durch diese Substanz gruͤn
gesalbtes Pflanzenwachs und ein wenig gelben Faͤrbestoff auszog.
2) Kochender Alkohol zog denselben (in Wasser aufloͤslichen) gelben
Farbestoff, eine Quantitaͤt braunes bitteres Harz und einige Salze, wie
salzsaures Kali aus.
Es war uns unmoͤglich Zukerstoff in dem Stroh zu entdeken, weder durch
Behandlung desselben mit kaltem Wasser, noch durch die Gaͤhrung mittelst
Hefe.
3) Kaltes Wasser zog unter anderen Substanzen hauptsaͤchlich Gummi und einen
braunen Extractivstoff aus, welcher schwach nach Osmazom schmekte und auf Kohlen mit
einem schwachen animalischen Geruch verbrannte, wahrscheinlich weil er etwas Eiweiß
enthielt.
4) Siedendes Wasser zog eine groͤßere Menge von dieser braunen
extractfoͤrmigen Substanz aus dem Strohe aus. Staͤrkmehl konnten wir
in dem Strohe nicht entdeken. Jodtinctur brachte weder in dem mit heißem Wasser
bereiteten Extractabsud, noch in dem mit kaltem Wasser zu einem Brei
angeruͤhrten Strohpulver eine blaͤuliche Faͤrbung hervor.
5) Die anderen Agentien, womit wir das Stroh noch behandelten, zogen aus demselben
einige Salze, wie phosphorsauren Kalk, vielleicht auch phosphorsaure Bittererde,
aͤpfelsauren Kalk, Kieselerde, etwas Gallertsaͤure und braune
extractfoͤrmige Substanzen von der Natur des Ulmins aus; die braunen
Substanzen waren in dem Stroh nicht urspruͤnglich vorhanden, sondern
entstanden durch die Einwirkung der Alkalien auf die Holzfaser.
Das Weizenstroh enthaͤlt nach dieser Untersuchung:
1) Chlorophyll. 2) Pflanzenwachs. 3) Eine gelbe Substanz. 4) Ein braunes bitteres
Harz. 5) Zuker? 6) Eine braune extractfoͤrmige Substanz mit etwas Osmazom. 7)
Gummi und wahrscheinlich ein wenig Eiweiß. 8) Salze: salzsaures Kali, phosphorsaures
Kali, schwefelsaures Kali, phosphorsauren Kalk, phosphorsaure Bittererde,
aͤpfelsauren Kalk, Kieselerde, Eisenoxyd. 9) Gallertsaͤure (mit
Staͤrkmehl?). 10) Holzfaser, welche fast das Gesammtgewicht der angewandten
Substanz ausmachte.
Aus dieser Analyse geht hervor, daß das Stroh nicht so viele naͤhrende
Substanzen enthaͤlt, daß man es mit Nuzen zur Brodbereitung verwenden
koͤnnte.
Mit Weizenstroh bereitete Brode.
Wir haben Brod aus bloßem Stroh bereitet, weil dieser Versuch zu Dijon angestellt
wurde und erhielten eine schwaͤrzliche, geschmaklose, außerordentlich schwere
und compacte Substanz. Hierauf bereiteten wir drei Gemenge von Weizenmehl mit
gepulvertem Stroh.
Wir theilten 441 Grammen gepulvertes Stroh in drei gleiche Theile, wovon also jeder
133 1/2 Grammen wog.
Den ersten vermengten wir mit einem Viertel schoͤnen Mehles
naͤmlich
33,37 Gr.
und
Bierhefe
4,00 –
Den zweiten versezten wir mit der Haͤlfte Mehl
naͤmlich
66,74 Gr.
Bierhefe
8,00 –
Den dritten vermengten wir mit drei Viertel
Mehl,
naͤmlich
100,11 Gr.
Bierhefe
10,00 –
Die Bierhefe gab, als man sie in das Mehl geknetet hatte, einen sehr guten Sauerteig;
nachdem derselbe in dem geeigneten Zustande war, kneteten wir auch das Strohpulver
ein, worauf aber die Gaͤhrung sogleich ganz aufhoͤrte, obgleich der
Teig zwei Stunden lang einer Temperatur von 11° Réaumur ausgesezt und
mit Wollenzeug bedekt wurde. Nach Verlauf dieser Zeit brachten wir den Teig (weil
wir fuͤrchteten, er muͤßte sonst sauer werden) in den Ofen. Wir wissen
nicht aus welcher Ursache keine Gaͤhrung Statt fand. Nachdem das Baken
vollendet war, untersuchten wir die aus dem Ofen gezogenen Brode; sie verbreiteten
einen unangenehmen Geruch, der um so staͤrker war, je weniger Mehl sie
enthielten.
Die drei Brode hatten ein schwaͤrzliches Ansehen. Das erste war compact und
sein Geschmak auffallend bitter und widrig. Die beiden anderen besaßen auch keine
gute Eigenschaft. Solches Brod eignet sich kaum zur Nahrung fuͤr Thiere,
vielweniger fuͤr Menschen, was bekannt gemacht zu werden verdient, weil von
Zeit zu Zeit in den oͤffentlichen Blattern die Behauptung aufgestellt wird,
daß dieser oder jener das Geheimniß entdekte, aus Stroh Brod zu bereiten.