Titel: | Patent-Kutsche mit Sicherheitsaufhängung (Patent Suspension Safety Coach); von Daniel Stafford zu London, 18 Thavies Inn, Holborn. |
Fundstelle: | Band 42, Jahrgang 1831, Nr. IX., S. 16 |
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IX.
Patent-Kutsche mit
Sicherheitsaufhaͤngung (Patent Suspension Safety
Coach); von Daniel
Stafford zu London, 18 Thavies Inn, Holborn.
Aus dem Register of Arts. Julius 1831, S.
111.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Stafford, Patent-Kutsche mit
Sicherheitsaufhaͤngung
Der Catalog der vierten Ausstellung, welche am National-Repository Statt fand, sagt uͤber das Modell des
Wagens des Hrn. Stafford: „Niemand, der auch
nur etwas von Mechanik versteht, kann die widersinnig beladenen,
oͤffentlichen Wagen sehen, welche unsere Straßen bedeken, ohne
uͤber die Gefahr nachzudenken, welche das menschliche Leben so
haͤufig laͤuft. Jede Bemuͤhung der Wissenschaft den
taͤglich sich ereignenden Ungluͤksfaͤllen, die durch
Unwissenheit und Eigennuz hervorgebracht werden, abzuhelfen, wird daher gewiß
die freudige Aufnahme finden, die ihr gebuͤhrt. Die Art und Weise, wie
Hr. Stafford seine Wagen aufhangt, hat entschiedene
Vortheile, und muß wesentlich zur Sicherheit des Reifens in Wagen beitragen. Der
Kasten der Kutsche ruht auf zwei Stuͤzen, die von dem Boden des Wagens an
die Mitte einer jeden Achse gehen. Jede dieser Stuͤzen hat an ihrem
oberen Ende ein Querstuͤk, dessen obere Flache gekruͤmmt ist. Auf
diesen gekruͤmmten Flaͤchen ruhen aͤhnliche
Kreuzstuͤke, die an ihren unteren Flaͤchen gekruͤmmt sind,
durch starke Stifte an ihrer Stelle gehalten werden, und mittelst elliptischer
Federn mit dem oberen Theile des Kutschenkastens in Verbindung stehen. Diese
Federn brechen so wie an anderen, an Federn aufgehaͤngten, Wagen die Erschuͤtterungen,
die beim Fahren entstehen. Der Hauptvortheil der sinnreichen, von Hrn. Stafford getroffenen Einrichtung besteht jedoch
darin, daß, wenn die Raͤder durch Unebenheiten der Straße auf eine, nach
der Seite geneigte. Flaͤche gelangen, die zwei gekruͤmmten
Oberflaͤchen, auf welchen der Kasten der Kutsche mit seinen
Stuͤzen in Verbindung steht, sich auf einander walzen oder rollen, und
daß dadurch die Beruͤhrungspunkte derselben gegen die Seite der
hoͤher werdenden Raͤder gelangen, so daß auf diese Weise die
senkrechte Schwerpunktslinie dem Mittelpunkte innerhalb der Stuͤzen,
welche in diesem Falle die Raͤder sind, naͤher erhalten wird, als
dieß sonst der Fall seyn wuͤrde. Der Kasten der Kutsche hat mithin, da er
in einer Linie uͤber seinem Schwerpunkte gestuͤzt ist, keine
Neigung umzustuͤrzen, wenn die Raͤder eine veraͤnderte
Neigung annehmen; er wird im Gegentheile, wenn er gehoͤrig beladen ist,
beinahe in allen Faͤllen, eine vollkommen senkrechte Stellung
beibehalten, und dadurch das Angstgefuͤhl beseitigen, welches oft
unnoͤthigen Alarm und wirkliche Unfaͤlle veranlaßt.“
Das Register gibt nach diesem Modelle die Zeichnung Fig. 33,
welche die Wirkung der oben beschriebenen Vorrichtung anschaulich macht. a stellt die hintere Achse vor, welche nur mehr ein Rad
traͤgt, und mit dem anderen Ende auf dem Boden einhergezogen wird; b ist die hintere Stuͤze; c sind die Federn; d und e die gekruͤmmten Stuͤke, welche in Folge
der Stellung, die ihre Stuͤzen a und b annahmen, bei dem Punkte g
mit einander in Beruͤhrung kommen. Obschon nun der Kasten ff in Hinsicht auf die senkrechte
Schwerpunktslinie hh jene Neigung annimmt, die die
Zeichnung zeigt, so kann er doch nicht wohl umstuͤrzen, indem der
Aufhaͤngepunkt der Kutsche bei g sich so weit
uͤber dem Schwerpunkte befindet. Selbst wenn die Kutsche auf dem Dache
maͤßig beladen waͤre (wenn sie z.B. die Haͤlfte des Gewichtes
der Reisenden oder der inneren Ladung truͤge), wuͤrde die Neigung des
Kastens nicht merklich veraͤndert werden, indem dann der
Aufhaͤngepunkt der Mittellinie des Kastens naͤher kaͤme, und
sich doch noch weit uͤber dem Schwerpunkte befaͤnde, so daß es
folglich fast unmoͤglich waͤre umzuwerfen; das groͤßere Gewicht
wuͤrde sich naͤmlich an dem kuͤrzeren Arme eines Hebels gegen
das kleinere Gewicht an dem langen Arme aufgehaͤngt befinden. Wir
koͤnnen uns keinen, dem unteren Theile der Kutsche mitgetheilten Stoß denken,
der eine Neigung haben koͤnnte, die Verhaͤltnisse dieser einander
entgegenwirkenden Kraͤfte zu andern; und es muß angenommen werden, daß auch
an dem oberen Theile der Kutsche keine solche Neigung vorhanden ist, wenn
zufaͤllig so auf denselben gewirkt wird, daß er materiell das Gleichgewicht
bewerkstelligt.
Unsere Zeichnung stellt einen Unfall vor, der gewoͤhnlich ernsthafte Folgen nach sich zieht,
der aber in einer Kutsche des Hrn. Stafford von den
Reisenden kann bemerkt werden wuͤrde. Um zu beweisen, daß bedeutende
Seitenneigungen der Straße der Kutsche keinen Schaden, und den Reisenden keinen
Nachtheil bringen, machte Hr. Stafford zu Worcester,
Birmingham und Liverpool mehrere Versuche, welche vollkommen genuͤgend aus
fielen. Er brachte auf einer Seite des Wagens Raͤder von 54 und 32 Zoll im
Durchmesser, auf der anderen hingegen Raͤder von 42 und 20 Zoll im
Durchmesser an, und bei diesen großen Mißverhaͤltnissen und der daraus
entstehenden Neigung des Gestelles der Kutsche fuhr er nicht bloß ohne Unfall,
sondern sogar ohne daß die, in derselben befindlichen, Leute irgend etwas von der
Ungleichheit der Raͤder merkten, schnell durch die Straßen von Liverpool; die
Fahrenden wurden nicht eher aufmerksam, als bis die Leute auf der Straße, die nichts
von dieser Kutsche wußten, ihnen zuriefen, daß sie die Achse gebrochen
haͤtten! Wir freuen uns zu hoͤren, daß bereits mehrere Kutschen nach
Hrn. Stafford's Plan gebaut wurden, welche in Hinsicht
auf Leichtigkeit, Eleganz, Staͤrke und Sicherheit allen Anforderungen
entsprechen.