Titel: | Nachricht über einige Versuche, welche an den Eisenwerken des Hrn. Laird zu North Bickenhead mit dem neuen Dampfkessel von niedrigem Druk nach dem Exhaustions-Princip der HHrn. Braithwaite und Ericsson angestellt wurden, von Alexander Nimmo, Civil-Ingenieur von Dublin, und Carl B. Vignoles, Civil-Ingenieur von London. |
Fundstelle: | Band 42, Jahrgang 1831, Nr. I., S. 1 |
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I.
Nachricht uͤber einige Versuche, welche an
den Eisenwerken des Hrn. Laird zu
North Bickenhead mit dem neuen Dampfkessel von niedrigem Druk nach dem
Exhaustions-Princip der HHrn. Braithwaite und Ericsson angestellt wurden, von Alexander Nimmo, Civil-Ingenieur von
Dublin, und Carl B. Vignoles, Civil-Ingenieur von
London.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Julius
1831, S. 42.
Nimmo und Vignoles, Versuche mit dem neuen Dampfkessel von
niedrigem Druk
Der Exhaustions-Apparat bestand aus einem Windrads (Wertertrommel) mit breiten
Schaufelbrettern, in der Richtung der Radien an der Achse befestigt, welches sich in
einem verschlossenen Gehaͤuse umdrehte, das in einer kleinen Entfernung vom
Kessel angebracht, aber dessen Mitte durch ein kurzes Rohr mit den
Feuerzug-Roͤhren, welche durch den Kessel gehen, in Verbindung gesezt
war; ein anderes kurzes Rohr (am Umfange des Gehaͤuses) oͤffnete sich
in die aͤußere Luft.
Der Ofen oder Feuerherd war an dem entgegengesezten Ende des Kessels angebracht, und
wenn der Exhaustions-Apparat in Gang gesezt wurde, so zog dieser die heiße
Luft von dem Feuer durch alle Windungen, vom Herde uͤber den Damm des Rostes,
von diesem durch die fuͤnffach gebogene Zugroͤhre im Kessel in das
Exhaustionsgehaͤuse, aus welchem sie endlich in die Atmosphaͤre
uͤberging.
Die Hize, welche im Ofen außerordentlich stark war, ward von dem Wasser im Kessel so
vollkommen absorbirt, daß die aus dem Windrade ausstroͤmende Luft so weit
abgekuͤhlt sich zeigte, daß man die Hand und den Arm unbeschaͤdigt in
das Ausleerungsrohr steken konnte, wo die Temperatur nicht uͤber 180°
Fahrenheit (66° Reaumur) betrug.
Nicht der geringste Rauch war zu bemerken.
Folgendes sind die vorzuͤglichsten Dimensionen:
Ofen
2' –
tief,2' 6'' lang,2' 6'' weit.
Aschengrube
1' –
tief,2' 6'' lang,2' 6'' weit.
Die Oeffnungen zwischen den Roststangen bildeten eine Flaͤche von
ungefaͤhr der Haͤlfte jener des Aschenfalls.
Exhaustionsgehaͤuse
2' 6'' hoch,3' 6'' weit,3' 6'' lang,
aͤußere Dimensionen.
Durchmesser des
Windrades
3'' –
Breite desselben
0 = 10''.
Oeffnung des Dammes vom Koste 2' 6'' breit, 4'' weit, 2' lang.
Erste Wendung des Zugrohres
2' breit, 4'' weit:
Zweite, dritte, vierte und
fuͤnfte Wendung
2' breit, 3'' weit,
aus 1/4 Zoll dikem Eisenblech.
Ganze Laͤnge der Zugroͤhren durch den Kessel 45'.
Erhizte und mit dem Wasser in Beruͤhrung stehende Oberflaͤche –
247 Quadratfuß.
Wassermenge im gefuͤllten Kessel – 85 bis 90 Kubikfuß.
Verdampfende Oberflaͤche, beinahe 33 Quadratfuß.
Verhaͤltniß der erhizenden zur verdampfenden Flaͤche beinahe – 7
1/2 zu 1.
Dampfbehaͤlter, 3' weit, 4' 10'' tief, 4' 6'' lang, enthaͤlt
ungefaͤhr 65 Kubikfuß.Vollstaͤndiger und deutlicher haͤtten alle diese Dimensionen
durch eine Zeichnung mit beigefuͤgtem Maßstabe angegeben werden
koͤnnen. A. d. Ue.
Durchmesser des Sicherheitsventils, fast 5 Zoll, mit 76 Pfund beschwert, was auf die
ganze Flaͤche vertheilt einen Druk von 4 Pfund auf den Quadratzoll gibt.Die Elasticitaͤt des Dampfes war also kaum 1 1/4 Atmosphaͤre
gleich. A. d. Ue. Davon war ein Gewicht von 66 Pfd. im Kessel angehaͤngt, und 10 Pfd.
fuͤr das Ventil, dessen Stiel u.s.w. gerechnet.
Das Wasser, dessen man sich zur Faͤllung des Kessels bediente, war gesalzen,
vom Wallasay-Sumpf.
Der Kessel stand unter einem offenen Dache. Der Tag war sehr kalt, mit dikem
Regen.
Da keine Maschine mit dem Kessel in Verbindung war, so ließ man den
Exhaustions-Apparat durch ein Rad mit Laufriemen von Hrn. Laird's Drehmaschine betreiben. Die Geschwindigkeit des
Windrades am Umkreise des Stoßpunktes war ungefaͤhr 77 Fuß in einer Sekunde,
oder mehr als 52 (englische) Meilen in einer Stunde.Das Windrad mußte also uͤber 600 Umdrehungen in einer Minute machen.
A. d. Ue. Die Kraft der bewegenden Maschine ward der Kraft von vier Pferden gleich
geschaͤzt. Es ward hieruͤber keine bestimmte Messung vorgenommen; doch
berechneten die anwesenden Ingenieure die auf den Betrieb des Exhaustionsrades
verwendete Kraft auf 2 Pferde.
Nachdem das Feuer angezuͤndet war, entwikelte sich der Dampf in 45 Minuten zu
einer Staͤrke von 4 Pfd. auf den Quadratzoll, mit einem Aufwand von 2 1/2
Centner Coke (abgeschwefelte Steinkohlen).
Anfaͤnglich war dieser Aufwand 8 Pfd. in einer Minute, nahm aber
allmaͤhlich bis zu 5 Pfd. ab, so daß im Durchschnitt 6 1/4 Pfd. per Minute bis zur vollstaͤndigen Entwikelung des
Dampfes verbraucht wurden. Nachher betrug der Aufwand von Coke wenig mehr' als 5
Pfund in jeder Minute, und die Erzeugung von Dampf waͤre fuͤr den
fortgesezten Betrieb einer Maschine hinreichend gewesen.
Das hiezu verwendete Brennmaterial war Gascoke von sehr schlechter Qualitaͤt,
von welchem 3 1/2 Kubikfuß 105 Pfd., also ein Kubikfuß 30 Pfd. wogen. Von den St.
Helens Kohlen, welche am meisten fuͤr Dampfbothe gebraucht werden, wiegt der
Kubikfuß 48 Pfd. Die Tonne von diesem Gascoke kostet nur 8 1/2 Shilling, was
ungefaͤhr 1/3 des Preises der Schmiedcokes ist.
So wie der Dampf seine gehoͤrige Staͤrke erhalten hatte, und das Wasser
in der am Kessel angebrachten diken Glasroͤhre 7 1/2 Zoll hoch stand, fingen
zwei Maͤnner an, die Speisepumpe zu bearbeiten; ein frischer Vorrath) von
abgewogenem Brennmaterial ward in Bereitschaft gelegt, und folgende Beobachtungen
wurden gemacht:
Um 3 Uhr
32 Minuten
angefangen zu pumpen.
–
3 –
54 –
16 Kubikfuß Wasser verdampft.
–
4 –
12 –
27 Kubikf. Wasser verdampft.
–
4 –
19 –
38 Kubikf. Wasser verdampft.
–
4 –
32 –
41 1/2 Kubikf. Wasser verdampft.
Mit
einem Aufwande von 252 Pfund Coke.
Hieraus erhellt, daß zur Verdampfung eines Kubikfußes Wasser in einer Stunde nur 6
Pfund Coke verbrannt wurden, und da die Verdampfung eines Kubikfußes Wasser in einer
Stunde allgemein als das Maß einer Pferdekraft angenommen wird, so folgt der Schluß,
daß dieser Kessel fuͤr eine Maschine von 40 Pferdekraͤften geeignet
ist, und zu seinem Betriebe stuͤndlich 2 1/2 Centner von schlechten Cokes
verbraucht, welche 12 3/4 Pence kosten; und, da der Aufwand von Brennmaterial nach
der ersten Stunde abnimmt, so werden diese Kosten wahrscheinlich nicht uͤber
1 Shilling per Stunde fuͤr 40
Pferdekraͤfte betragen.
(Unterzeichnet.)
Alexander Nimmo, C. E. Carl B. Vignoles, C. E.
Bemerkung des Uebersezers.
Es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, daß dieser auffallend geringe Verbrauch von
Brennmaterial und das damit verbundene vollstaͤndige Verbrennen des Rauches
der vortheilhaften Anordnung der Herren Braithwaite und
Ericsson zuzuschreiben ist, nach welcher der Zug der
Flamme und heißen Luft durch die langen Rauchkanaͤle mittelst eines
kuͤnstlichen Geblaͤses bewirkt wird.
Man hat schon laͤngst eingesehen, daß der in einem Ofen er, zeugte Hizgrad
desto staͤrker, und die Wirkung des verbrannten Materials desto
groͤßer wird, je lebhafter der Luftzug ist, mit welchem das Feuer unter dem
Roste angefacht wird, und daß der Absaz dieser Hize an einem zu erhizenden
Koͤrper, z.B. an das in einem Dampfkessel enthaltene Wasser, durch die
moͤglichste Vergroͤßerung der Beruͤhrungsflaͤchen
zwischen der Flamme und heißen Luft und dem mit Wasser gefuͤllten Theile des
Kessels befoͤrdert wird. Um den ersten dieser beiden Zweke zu erreichen, hat
man den Schornsteinen eine so bedeutende Hoͤhe gegeben, daß uͤber die
darin aufsteigende, erwaͤrmte und verduͤnnte, folglich leichtere,
Luftsaͤule der Druk der von Unten gegen den Rost wirkenden
atmosphaͤrischen Luft ein hinlaͤngliches Uebergewicht erhaͤlt,
um in bedeutender Menge und Kraft zwischen den Roststangen einzudringen. Und um dem
Feuer und der heißen Luft die groͤßtmoͤgliche
Beruͤhrungsflaͤche mit dem Wasser zu geben, hat man die
Rauchkanaͤle so viel moͤglich verlaͤngert, und in hin-
und zuruͤkgehenden Zuͤgen durch den mit Wasser gefuͤllten Theil
des Kessels gefuͤhrt. Man hat sich aber bald uͤberzeugt, daß durch
diese beiden Mittel der beabsichtigte Zwek nur bis auf eine gewisse Graͤnze
zu erreichen ist. Man hat naͤmlich fuͤrs Erste gefunden, daß das
Maximum der Wirkung eines Schornsteins durch eine Hoͤhe von 50 bis 60 Fuß
erreicht wird, daruͤber hinaus aber der Effect wieder abnimmt, weil die Hize,
folglich auch die Verduͤnnung der aufsteigenden Luft in dem oberen Theile des
Schornsteins wieder abnimmt, und die kalte aͤußere Luft von Oben mehr
entgegendruͤkt. Zweitens hat man bemerkt, daß der Zug der heißen Luft durch
jene Kanaͤle in dem Verhaͤltnisse ihrer Laͤnge und der Menge
ihrer Biegungen schwaͤcher wird, und die Hize in denselben an
Intensitaͤt verliert, weil der Widerstand, welchen diese Luft, wie jedes
elastische Fluidum bei seiner Bewegung durch einen geschlossenen Kanal, leidet, auf
einem gewissen Punkte von dem zu schwachen natuͤrlichen Luftzuge von Unten
nicht mehr uͤberwunden werden kann.
Nichts war also natuͤrlicher als der Gedanke, dieses doppelte Hinderniß durch
ein kraͤftigeres kuͤnstliches Geblaͤse zu beseitigen, welches
entweder saugend am
Ende der Zugroͤhren die Stelle eines hohen Schornsteines ersezen, oder
druͤkend und comprimirend unter dem Roste des Feuerherdes wirken, und so in
beiden Faͤllen die heiße Luft durch die laͤngsten Kanaͤle mit
hinreichender Kraft treiben, die Intensitaͤt der Hize in denselben vermehren,
und das vollkommene Verbrennen des Rauches bewirken kann.
Der koͤnigl. Oberst-Bergrath v. Baader hat,
so viel wir wissen, die Substituirung solcher kuͤnstlichen Geblaͤse
statt des gewoͤhnlich durch Schornsteine bewirkten Luftzuges schon vor mehr
als zwanzig Jahren in Vorschlag gebracht, und die erste Anwendung davon bei den
Reverberir- oder Flammen-Oefen, als eine wichtige Verbesserung des
Schmelzwesens auf Eisenhuͤtten, im Monat Februar des Jahres 1818 der
koͤnigl. bayerischen General-Bergwerks-Administration, deren
actives Mitglied er damals noch zu seyn die Ehre hatte, vorgeschlagen, und sich
selbst zur Ausfuͤhrung fuͤr den Aufwand von ein Paar hundert Gulden
erboten.S. Polyt. Journal, IV. Bd. 1821. S. 237–241. Allein dieser, so wie mancher andere aͤhnliche, Vorschlag ward unter
dem deplorablen Finanz-Ministerium des Freiherrn von Lerchenfeld keiner Beruͤcksichtigung gewuͤrdigt.
Den Englaͤndern Braithwaite und Ericsson ist es nun seit ein Paar Jahren gelungen,
dieselbe Idee mit dem besten Erfolge auszufuͤhren; und es ist, nach diesen
ersten gelungenen Versuchen, zu erwarten, daß man solche Compressions- und
Exaustions-Maschinen als das sicherste und wirksamste Mittel zur
moͤglichsten Ersparung an Brennmaterial, und zur gaͤnzlichen
Verbrennung des Rauches bald allgemein bei Dampfmaschinen, so wie auch bei
Wind- oder Flammen-Oefen einfuͤhren werde. Die einzige
Einwendung, welche dagegen noch gemacht werden kann, ist der Kraftaufwand, welchen
die Betreibung dieser kuͤnstlichen Geblaͤse in Anspruch nimmt, und um
welchen daher die nuzbare Wirkung einer Maschine vermindert wird. Da indessen, nach
den hier angefuͤhrten Resultaten, eine Kraft von zwei Pferden hinreichte, um
einen Radventilator an einem Dampfkessel von vierzig Pferdekraͤften
gehoͤrig zu betreiben, so duͤrfte ein solcher Aufwand von nicht mehr
als 5 Procent durch die so bedeutend erhoͤhte Wirkung und Ersparniß an
Brennmaterial reichlich verguͤtet werden. Uebrigens leisten bekanntlich die
Radventilatoren als luftsaugende Maschinen die geringste Wirkung, und erfordern den
groͤßten Aufwand von Kraft. Weit wirksamer und vortheilhafter waͤre
hier ein hydrostatisches Baader'sches Geblaͤse mit zwei wechselsweise
auf- und niedergehenden prismatischen eisernen Windkasten, weiten Ventilen
und Luftkanaͤlen, dessen Betrieb sehr wenig Kraft erfordern, und zugleich den Vortheil
gewaͤhren wuͤrde, daß das zur Speisung des Dampfkessels bestimmte
Wasser in diesem Geblaͤse erwaͤrmt, und so die erzeugte Hize bis auf
den lezten Grad nuͤzlich verwendetvenwerdet wuͤrde.