Titel: | Verbesserungen in dem Baue der Wagen und im Maschinenwerke zum Forttreiben oder Ziehen von Räder-Fuhrwerken, worauf Lemuel Wellmann Wright, von der Mansfield-Straße in der Grafschaft Surrey Ingenieur, sich am 15. April 1828 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. LX., S. 327 |
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LX.
Verbesserungen in dem Baue der Wagen und im
Maschinenwerke zum Forttreiben oder Ziehen von Raͤder-Fuhrwerken, worauf
Lemuel Wellmann
Wright, von der Mansfield-Straße in der Grafschaft Surrey
Ingenieur, sich am 15. April 1828 ein Patent
ertheilen ließ.
Aus dem London Journal of Sciences. December
1830.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Wright, Verbesserungen im Baue der Wagen etc.
Diese Erfindung besteht in einer besonderen Art, den Wagen und alle Theile einer
selbstfahrenden Maschine (Loco-motive Engine) zu
construiren, deren bewegende Kraft durch die Elasticitaͤt der
zusammengedruͤkten Luft erhalten werden soll.
Beschreibung.
Die von mir erfundenen Verbesserungen im Baue der Wagen und im Maschinenwerke zum
Forttreiben oder Ziehen von Raͤder-Fuhrwerken ist in den
beigefuͤgten Zeichnungen und in der folgenden Beschreibung
erklaͤrt:
Fig. 7., ist
ein Grundriß des Maschinenwerkes und der arbeitenden Theile eines
Raͤder-Fuhrwerkes; Fig. 8., ist eine
Seitenansicht oder Aufriß desselben, und dieselben Buchstaben bezeichnen in beiden
Figuren dieselben Theile.
a, a, a, a, ist das Gestelle, auf welchem das ganze
Maschinenwerk und der Koͤrper des Wagens befestigt sind; b, b, sind zwei metallene Cylinder oder
Behaͤlter, welche zusammengedruͤkte atmosphaͤrische Luft
enthalten und durch die Roͤhren und Hahnen c, c,
entweder aus einem feststehenden Reservoir, oder auf eine andere Weise
gefuͤllt werden. Von diesen cylindrischen Behaͤltern laͤßt man
die Luft in solchen Quantitaͤten, als noͤthig befunden werden mag,
durch die Roͤhren und Hahnen d, d, (deren Oeffnen
und Schließen durch Haͤnde, oder durch eine Steuerung von der Maschine selbst
bewirkt werden kann) in einen dritten Cylinder e, e,
uͤberstroͤmen, in welchem die Schnellkraft dieser Luft, ehe sie in die
arbeitenden Cylinder der beiden Maschinen tritt, durch die Hize von dem Ofen f, dessen Zugroͤhren, g, durch den Cylinder e gehen, noch vermehrt
wird. Von da dringt dann diese elastische Luft durch die Leitungsroͤhre h, und die Schieberventile i, i,
(welche durch die excentrischen Scheiben j, und die
Steuerungsstangen k, auf die gewoͤhnliche Art
bewegt werden) in die Maschinen l, l, wo ihre elastische
Kraft auf die Kolben und Kolbenstangen m, m, auf
dieselbe Art, wie der Wasserdampf in den gewoͤhnlichen Dampfmaschinen, wirkt,
und mittelst der Stangen n, n, den Kurbeln o, o, der Achse p und den
Walzen q, q, (welche durch die Laufbaͤnder oder
Riemen r, r, mit den an den Naben der Wagenraͤder
t, t befestigten Walzen verbunden sind) die
erforderliche Radbewegung mittheilt und so den Wagen forttreibt.
In einem kleinen Kessel oder einer Reihe von Roͤhren kann durch die Hize des
Ofens f, Dampf erzeugt und in den Cylinder e, e, geleitet werden, wo derselbe durch Absezung eines
Theiles seiner Waͤrme und seine Vermengung mit der comprimirten Luft die
Schnellkraft derselben vermehren wird. Die Hize vom Ofen und der Dampf
koͤnnen aber auch, ohne den dritten Cylinder e, e
anzubringen, unmittelbar in die Maschinen geleitet werden, und sich dort mit der
verdichteten Luft von den Recipienten b, b,
verbinden.
Durch einen geeigneten Mechanismus kann ein vorne auf dem Wagen sizender Mann das
Spiel der Maschinen, Ventile, Haͤhne und Drukpumpen regieren, den Gang
derselben, je nachdem es die Umstaͤnde erfordern, aufhalten,
verzoͤgern oder beschleunigen. An der Achse p
kann eine Kurbel oder eine excentrische Scheibe angebracht und mittelst einer
Verbindungsstange der Kolben einer Pumpe bewegt werden, welcher in einen der
Cylinder Luft einstoͤßt, wodurch die Schnelligkeit des Wagens, wenn er bergab
gehet, gemaͤßigt wird.
Wenn der Wagen von seiner geraden Richtung zur Seite abweichen soll, muͤssen
die Handkurbeln l, l umgedreht werden, an deren Achse 2,
ein Kammrad befestigt ist, welches in ein an der vertikalen Achse 3 befindliches
Getriebe eingreift, und die Bewegung der Walze oder Scheibe 4 mittheilt. An dieser
Scheibe sind die Enden von zwei Ketten oder Riemen 5, 5, befestigt, deren andere
Enden mit der Scheibe 6, an der Achse 7, verbunden sind, an welcher Achse wieder
eine andere Scheibe 8 sich befindet, an der die Enden von zweien Ketten oder Riemen
9, 9 befestigt sind, indeß ihre andern Enden an der Achse 10, 10, der vordem
Wagenraͤder 11, 11 zu beiden Seiten festgemacht sind. Diese Ketten wikeln
sich an der Scheibe 8 auf oder ab, je nachdem dieselbe rechts oder links gedreht
wird, und bringen die Achse 9, 9, der Vorderraͤder in eine schiefe Stellung,
wodurch die gerade Bewegung des Wagens in eine krummlinige veraͤndert
wird.
In verschiedenen Entfernungen oder Stationen an der Straße, auf welcher der Wagen zu
gehen bestimmt ist, muͤssen starke metallene Behaͤlter vorgerichtet
werden, welche mit atmosphaͤrischer, gehoͤrig zusammengepreßter Luft
durch eine Drukpumpe gefuͤllt werden, welche durch Dampf- oder
Wasser-Kraft betrieben wird.
Aus diesen Behaͤltern wird die comprimirte Luft durch geeignete
Verbindungsroͤhren und Hahnen in die auf dem Wagen befindlichen Cylinder b, b, so oft als diese von Neuem gefuͤllt zu
werden noͤthig haben, geleitet, von wo dieselbe in den dritten Cylinder e, e, in solchen Quantitaͤten abgelassen wird,
als zum bestaͤndigen Gang der Maschinen erforderlich ist.
Fig. 9.,
stellt eine sich umdrehende Maschine (rotatory engine)
dar, durch welche das Maschinenwerk des Wagens betrieben werden kann, und von
welcher eine Seitenplatte weggenommen ist, um das Innere zu zeigen. a, a, ist die Einleitungsroͤhre; b, b, sind zwei Kolbenplatten, welche an Gelenken
beweglich im Cylinder c, c, sich an der Achse p, umdrehen. Die verdichtete Luft in Verbindung mit dem
Dampfe druͤkt auf die Kolbenplatten b, und treibt
sie mit dem Cylinder c, und der Achse p, herum, bis diese Platten an der Muͤndung der
Ausleerungsroͤhre e, voruͤber sind, da sie
dann durch das Aufhaltungsstuͤk f, so wie sie
unter dasselbe kommen, mittelst der Hebel g, g, welche
an die Frictionsrolle h, stoßen, in die hier
dargestellte Lage gebracht werden. Auf diese Art wird eine bestaͤndige
Radbewewegung erhalten, welche mittelst der so eben beschriebenen Walzen und
Laufbaͤnder den Achsen der Wagenraͤder mitgetheilt werden, um den
Wagen fortzutreiben.Diese sich umdrehende Luft- oder Dampfmaschine hat, in so ferne man
aus der hoͤchst unvollstaͤndigen mikroskopischen Zeichnung und
der undeutlichen Beschreibung entnehmen kann, die groͤßte
Aehnlichkeit mit der Patentmaschine des Hrn. John Street, von der wir im ersten Aprilhefte des polytechnischen
Journals von diesem Jahre (Bd. XI. Heft 1.) auf den Seiten 38–44 eine
vollstaͤdige Beschreibung, und auf der II. Tafel, Fig. 11 bis 25
deutlichere Zeichnungen geliefert, und uͤber welche wir dort in der
Anmerkung (16) S. 43–44 unser Glaubensbekenntniß abgelegt haben, was
demnach auch auf diese Luftmaschine anwendbar ist. A. d. Ue.
Der in diesen Figuren abgebildete Wagen ist sowohl zum Transporte von Guͤtern
und Reisenden, als zum Nachziehen anderer daran gehaͤngter Wagen geeignet.
Ich nehme indessen die verschiedenen Theile, aus welchen derselbe zusammengesezt
werden mag, nicht als meine Erfindung in Anspruch, sondern beschraͤnke mein
Patent-Recht nur auf die Anwendung der zusammengedruͤkten und erhizten
Luft nach der oben beschriebenen Weise.
Anmerkung.
Es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, daß durch zusammengedruͤkte
atmosphaͤrische Luft sehr große mechanische Wirkungen hervorgebracht werden
koͤnnen. Es ist dieß ein Medium, das uͤberall umsonst zu haben, fast
imponderabel und in den geringsten Raum zu bringen ist, eine Feder von beinahe unbegraͤnzter Staͤrke, welche jeden
Krafteindruk aufnimmt und ungemindert wieder gibt, welche nie bricht, und weder
rostet noch lahm wird: und man muß sich daher in der That daruͤber wundern,
daß die zusammengedruͤkte Luft nicht schon laͤngst als ein
unmittelbarer Motor zum Betriebe von Maschinen angewendet worden ist. Zwar kann
dieses elastische Fluidum nicht zu den selbstwirkenden bewegenden Kraͤften
gezaͤhlt worden, wie die von Thieren, Wasser, Wind und Dampf, da zu ihrer
Compression fuͤr eine bestimmte Wirkung immer ein gleicher Aufwand einer
anderen Kraft erfordert wird, so wie Federn und Gewicht aufgezogen oder aufgewunden
werden muͤssen. Es gibt indessen unzaͤhlige Faͤlle, wo eine
solche mittelbare Wirkung durch Uebertragung von einer Kraft auf eine andere von
großem Vortheil seyn kann. Hiezu gehoͤrt nun vorzuͤglich die Anwendung
auf das Forttreiben von Fuhrwerken, welche mit einer einfachen Vorrichtung bewirkt
werden kann, die vollkommen einer Dampfmaschine mit hohem Druke gleicht, wobei ein
hinlaͤnglich großer, mit verdichteter Luft gefuͤllter, Recipient die
Stelle des Dampfkessels oder Generators vertritt. Die Vorzuͤge eines solchen
Luftwagens vor den besten Dampfwagen sind auffallend.
Fuͤrs Erste: kann das Gewicht eines solchen
Wagens mit dem darauf befindlichen Maschinenwerke und den leichten, bloß mit Luft
gefuͤllten, Recipienten kaum den dritten Theil von dem Gewichte eines
Dampfwagens betragen, an welchem alle Theile groͤßer, starker und schwerer
gemacht werden muͤssen, und wo schon das Wasser im Kessel allein, nebst dem
mitzufuͤhrenden Vorrathsbehaͤlter und dem noͤthigen
Brennmaterial eine sehr bedeutende Last ist. Da sohin von der Triebkraft der
Maschine nur der geringste Theil auf ihre eigene Fortschaffung zu verwenden ist, so
bleibt daher mehr fuͤr die eigentliche nuzbare Wirkung, den Zug der
angehaͤngten beladenen Wagen, uͤbrig, und ein solcher Luftwagen wird
bei gleichem Kraftaufwands eine zwei bis drei Mal groͤßere Last fortschaffen
koͤnnen als ein gewoͤhnlicher Dampfwagen. Zweitens, werden die Eisenbahnen (auf welchen allein dergleichen Maschinen
uͤberhaupt nur mit Vortheil anzuwenden sind) durch solche leichte Wagen weit
weniger als durch die ungeheuer schweren Dampfwagen angegriffen, und diese Bahnen
koͤnnen daher um Vieles leichter und wohlfeiler gebaut werden. Drittens sind diese Luftmaschinen viel dauerhafter, und
leichter zu unterhalten als die Dampfmaschinen.
Viertens findet hierbei keine Gefahr Statt, da man den
Grad der Verdichtung durch Regulirung derselben in den fixirten
Fuͤllungsbehaͤltern und durch Sicherheitsventile ganz in seiner Gewalt
hat, was bei den Dampfmaschinen mit hohem Druke nicht immer der Fall ist, wo andere
Zufaͤlle oft nachtheilig und unbemerkt einwirken. Das Bersten und Zersprengen
der Dampfkessel (wovon uns schon so viele traurige Faͤlle bekannt worden
sind) wird naͤmlich nicht bloß durch die Schnellkraft des gespannten
Wasserdampfes, sondern zugleich und vorzuͤglich durch die gewaltsame
Ausdehnung und Schwaͤchung des Metalles bei einer außerordentlichen Erhizung,
deren Grad man nie ganz in seiner Gewalt hat, und welche um so zerstoͤrender
einwirkt, wenn die Maschine von Zeit zu Zeit wieder stille steht und erkaltet, durch
verschiedene andere Ursachen herbeigefuͤhrt, welche alle bei den
Luftmaschinen, wo keine kuͤnstliche Veraͤnderung der Temperatur Statt
findet, gaͤnzlich hinwegfallen. – Zwar muß die Schnellkraft der in
einem geschlossenen Recipienten zusammengepreßten Luftmasse in dem Maße abnehmen,
als ein Theil derselben bei jedem Kolbenzuge der Maschine daraus entweicht, und
dieser Verlust muß daher von Zeit zu Zeit wieder ersezt, d.h. der Recipient mit
einem neuen Vorrathe comprimirter Luft gefuͤllt werden. Dieses kann jedoch
bei einer zwekmaͤßigen Anordnung sehr schnell und so geschehen, daß dabei
weniger Zeit verloren geht als bei den Dampfwagen, welche auch von Stelle zu Stelle
anhalten muͤssen, um einen neuen Vorrath von Wasser und von Brennmaterial
einzunehmen. –
Wenn indessen der englische Ingenieur Wright diese Idee:
die Anwendung der zusammengedruͤkten Luft auf das
Forttreiben der Wagen, als seine Erfindung in Anspruch nimmt, so hat er
sehr Unrecht: denn diese Ehre gehoͤrt einem Deutschen, dem k. bayrischen
Oberstbergrath, Ritter Joseph von Baader, welcher unseres
Wissens, der Erste war, der diese seine Idee schon im Jahre 1815, also 13 Jahre vor
Hrn. Wright zu London mehreren seiner technischen und
gelehrten Bekannten, unter anderen dem Dr. Wollaston,
dem Hrn. Brunel, dem beruͤhmten Ingenieur John Rennie, dem damaligen Praͤsidenten der Royal Society, Sir Joseph Banks, mitgetheilt, dann in seinem 1822 zu Muͤnchen erschienenen
großen Werke: Neues System der fortschaffenden Mechanik
etc. vollstaͤndig entwikelt und oͤffentlich bekannt gemacht hat. Die
dort im 11ten Abschnitte unter der Aufschrift: Dritte
Anwendung des Compensationsprincipes ohne Gegengewichte und ohne Wasserkraft.
Magazine mit verdichteter Luft, und im 14ten Abschnitte unter dem Titel:
Beschreibung einer beweglichen (wandelnden) Luftmaschine
oder eines Luftwagens, welcher leichter und besser als die Dampfwagen zum
Fortschaffen beladener Fuhrwerke auf Eisenbahnen dient – Verbindung
derselben mit feststehenden Luftmaschinen, beschriebenen, und in dem
beigefuͤgten Atlas auf der XV. und XVI. Kupfertafel dargestellten
Vorrichtungen kommen in der Haupsache mit denen von Wright angegebenen ganz uͤberein, und das Neue in diesem Patente
dieses Lezteren besteht eigentlich nur darin, daß er die Elasticitaͤt der in
seinen Behaͤltern comprimirten Luft durch angebrachte Feuerung und
Beimischung von Wasserdampf von hohem Druke noch zu verstaͤrken sucht. Dieß
ist aber, nach unserem Dafuͤrhalten eine ganz unnnuͤze und zweklose
Kuͤnstelei, wodurch der ganze Apparat nur complicirter und kostbarer, die
Wirkung aber um Nichts vermehrt wird. Denn wenn hierdurch auch die Schnellkraft der
im Cylinder c, c, enthaltenen Luft etwas vermehrt wird,
so muß offenbar die in die ersten Cylinder b, b,
eingepumpte Luft schon um so staͤrker comprimirt seyn, weil sie sonst nicht
in den dritten Cylinder eindringen koͤnnte, und folglich wird in Hinsicht auf
Kraft und Wirkung nichts gewonnen. Von der Vermischung des Wasserdampfes mit der
verdichteten Luft in den Cylindern ist aber, wenn die Elasticitaͤt dieses
Dampfes nicht zu einem außerordentlich hohen und gefaͤhrlichen Grade
getrieben wird, um so weniger ein wesentlicher Vortheil zu erwarten, als bei der
unvermeidlichen Verschiedenheit der Temperatur beider Fluͤssigkeiten der
Dampf sich schnell zu Wasser verdichten duͤrfte.