Titel: Elektro-chemisches Verfahren, um Blei und Braunstein aus Auflösungen abzuscheiden, in welchen sie enthalten sind. Von Hrn. Becquerel, vorgelesen an der Académie des Sciences, am 3. Mai 1830.
Fundstelle: Band 38, Jahrgang 1830, Nr. LV., S. 178
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LV. Elektro-chemisches Verfahren, um Blei und Braunstein aus Aufloͤsungen abzuscheiden, in welchen sie enthalten sind. Von Hrn. Becquerel, vorgelesen an der Académie des Sciences, am 3. Mai 1830. Aus den Annales de Chimie et de Physique. 13. Bd. S. 380. Mit Abbildung auf Tab. V. Becquerel, elektro-chemisches Verfahren um Blei und Braunstein aus Aufloͤsungen abzuscheiden. Sobald man die Entdekung gemacht hatte, daß die galvanische Saͤule die Eigenschaft besizt Saͤuren und salzige Aufloͤsungen mittelst zweier Platinnaplatten zu zersezen, die in dieselben eingetaucht sind, und wovon jede mit einem der beiden Enden des Apparates in Verbindung steht, fand man auch, daß Sauerstoff und Saͤuren immer gegen den positiven Pol hingefuͤhrt werden, und Wasserstoff und Basen gegen den negativen Pol. In dem Falle, wo die Aufloͤsung mehrere Verbindungen enthaͤlt, hat also auf jeder Seite eine Mischung von Koͤrpern von derselben Natur Statt, welche der chemischen Analyse zur Abscheidung uͤberlassen bleibt. Wenn man diese Abscheidung mittelst der galvanischen Saͤule bewerkstelligen will, so muͤssen die Apparate so vorgerichtet werden, daß die Natur einiger Elemente dadurch geaͤndert wird, ohne daß die uͤbrigen, mit welchen sie verbunden oder gemengt sind, dadurch litten. Die zahlreichen Untersuchungen, welche ich uͤber die bestehenden Verhaͤltnisse zwischen den Verwandtschaften und den elektrischen Kraͤften angestellt habe, sezten mich auch in den Stand diese Frage in Hinsicht auf das Blei und den Braunstein zu loͤsen, und es ist mir wahrscheinlich, daß man auch bei anderen Metallen aͤhnliche Resultate erhalten wird, wenn man ihre elektro-chemischen Eigenschaften gehoͤrig studiert. Die Elektricitaͤt kann also, wie man sehen wird, als sehr empfindliches Reagens nicht bloß zur Entdekung des in den Aufloͤsungen enthaltenen Bleies und des darin befindlichen Braunsteines dienen, sondern selbst noch dieselben mit Leichtigkeit daraus abscheiden, so daß keine Spur mehr von denselben darin zuruͤkbleibt, und ohne daß man zu besorgen haͤtte, daß andere Metalle zugleich mit den selben daraus entfernt wuͤrden. Es scheint mir, daß diese Resultate fuͤr die Chemie nuͤzlich seyn koͤnnen. Ehe ich die Grundsaͤze entwikle, auf welchen die elektro-chemische Analysirmethode beruht, von welcher ich so eben gesprochen habe, will ich den Apparat und das Verfahren beschreiben, dessen ich mich bediene. Man nimmt ein Trinkglas, AA, Fig. 49., und gießt salpetersaure Kupferaufloͤsung in dasselbe. Hierauf taucht man eine Roͤhre bb ' in dieselbe, deren unterer Theil mit Thon gefuͤllt ist, welcher mit einer Aufloͤsung von essigsaurer Soda etwas befeuchtet wurde, und gießt in den oberen Theil derselben eine Aufloͤsung von essigsaurem Eisen. Eine Platinnaplatte, cc ', welche mit dem positiven Pole einer galvanischen Saͤule von geringer Spannung (welche z. B. nur aus Einem Plattenpaare besteht) verbunden ist, taucht in die essigsaure Eisenaufloͤsung, und eine andere Kupferplatte, dd ', welche mit dem negativen Pole in Verbindung steht, taucht in die salpetersaure Kupferaufloͤsung. In dem Augenblike, wo der Apparat anfaͤngt zu wirken, wird das Kupfer, indem das salpetersaure Kupfer sich unter dem Einflusse sehr schwacher elektrischer Kraͤfte leicht zersezt, sich auf der Platte des gleichnamigen Metalles reduciren, waͤhrend der Sauerstoff und die Salpetersaͤure in die andere Roͤhre uͤbergehen werden, wo der Sauerstoff sich zum Theile entwikelt, waͤhrend die Salpetersaͤure das essigsaure Eisen zersezt, da sie sich mit dem Eisen verbindet und die Essigsaͤure verjagt. Da die Wirkung dieser Saͤule zu schwach ist, um fuͤr sich selbst die essigsaure Verbindung zu zersezen und die Uebertragung des Eisenoxydes nach dem negativen Pol zu bestimmen, so ist die nothwendige Folge diese, daß alle gebildeten Producte in der Roͤhre bleiben. Die Platinnaplatte behaͤlt ihren Glanz; welchen sie vor dem Versuche hatte. Wenn man der Aufloͤsung des essigsauren Eisens nur einen einzigen Tropfen essigsauren Braunstein zusezt, der nur ein Tausendstel Gramm von diesem Salze enthaͤlt, und selbst noch weniger, so wird die Platinnaplatte, welche der positive Pol ist, auf der Stelle eine leichte Bisterfarbe annehmen. Wenn man die Menge des essigsauren Braunsteines vermehrt, so wird die Farbe noch dunkler, und am Ende ganz schwarz. Diese Gegenwirkung hat so lang Statt, als Braunstein im essigsauren Eisen vorhanden ist; das, was also die Platinnaplatte auf obige Weise faͤrbt, ist das Braunsteinperoxyd. Bei diesem Versuche hat nun Folgendes Statt. Die Platinnaplatte aͤußert gegen die Aufloͤsungen der essigsauren Verbindungen eine zersezende Kraft, ohne jedoch die Zersezung derselben, wegen der geringen Spannung der Saͤule vollkommen bewirken zu koͤnnen; der Sauerstoff aber und die Salpetersaͤure, die in die Aufloͤsung gelangen, vollenden die Zersezung, indem der Sauerstoff den Braunstein, und wahrscheinlich auch das Eisen, uͤberoxydirt, und die Salpetersaͤure die Essigsaͤure verjagt, die frei wird. Da nun das Braunsteinperoxyd in der Essigsaͤure unaufloͤsbar ist, so sezt es sich auf der Platinnaplatte als ein Haͤutchen ab, dessen Theilchen ein metallisches Ansehen besizen, waͤhrend das Eisenperoxyd, wenn sich eines bildet, in den Saͤuren aufgeloͤst bleibt. Ich bediente mich einer Saͤule mit geringer Spannung, um dasjenige, was waͤhrend des Versuches Statt hat, desto deutlicher kennen zu lernen. Eine gewoͤhnliche Saͤule gibt aber dasselbe Resultat. Man gießt in eine Porzellankapsel die essigsaure Eisen- und Braunsteinaufloͤsung, und taucht dann zwei Platinnaplatten in dieselbe, deren jede mit einem Pole der Saͤule in Verbindung steht. Es wird alsogleich Zersezung des Wassers und Gasentwikelung Statt haben. Der Sauerstoff, der sich nach dem positiven Pole begibt, uͤberoxydirt den Braunstein, welcher dann die Essigsaͤure verlaͤßt, und sich, wie vorher, auf der positiven Platinnaplatte absezt. Man sieht nun, warum das salpetersaure Kupfer nothwendig war, wenn man die galvanische Saͤule nur unter geringer Spannung anwendete: da das Wasser nicht zersezt war, so mußte man sich Sauerstoff und eine staͤrkere Saͤure, als Essigsaͤure, verschaffen. Die leichte Zersezung des salpetersauren Kupfers gewaͤhrte den einen und die andere. Schwefelsaurer und salpetersaurer Braunstein fuͤhren zu demselben Resultate, wie der essigsaure, indem das Braunsteinoxyd in Schwefel- und Salpetersaͤure unaufloͤsbar ist. Die angefuͤhrten Versuche wurden hier aber vorzuͤglich mit essigsaurem Braunstein angestellt. Man kann sich kein einfacheres Verfahren denken, als diese Weise, den Braunstein von dem Eisen abzuscheiden. Es ist bloß noͤthig, eine Aufloͤsung dieser Metalle in Essigsaͤure zu bilden, und hinlaͤnglich große Platinnaplatten, und eine hinlaͤnglich starke galvanische Saͤule zu nehmen, wenn der Versuch rasch von Statten gehen soll. Wenn man mit kleinen Quantitaͤten zu thun hat, so reichen zuweilen einige Stunden hin, zumal, wenn man die Vorsicht braucht, von Zeit zu Zeit das Peroxyd, das sich auf der positiven Platinnaplatte absezt, wegzunehmen. Wenn die Aufloͤsung ein Gramm essigsauren Braunstein enthaͤlt, sind 24 Stunden nothwendig, zuweilen noch mehr: ich wiederhole jedoch, daß die Zeit von der Groͤße der Platten und von der Spannung der Saͤule abhaͤngt. Wenn die Platte aufhoͤrt sich zu faͤrben, kann man sicher seyn, daß die Aufloͤsung keinen Braunstein mehr enthaͤlt oder hoͤchstens nur eine unbestimmbar geringe Menge desselben, indem man auf diese Weise den tausendsten Theil eines Grammes, und selbst noch weniger, wenn er in Wasser aufgeloͤst ist, bestimmen kann. In dem Verhaͤltnisse, als die Zersezung Statt hat, wird die Fluͤssigkeit immer mehr und mehr sauer; aus diesem Grunde sezt sich nur wenig Eisenoxyd auf die negative Platte ab, weil es alsogleich wieder zum Theile aufgeloͤst wird. Wenn die Operation vollendet ist, waͤscht man diese Platte mit der Saͤure, um das wenige Eisenoxyd aufzuloͤsen, welches sich auf derselben findet, und das Braunsteinperoxyd zu sammeln, das sich daselbst anhaͤngen konnte. Es moͤgen was immer fuͤr Metalle mit dem Braunstein verbunden seyn, man wird lezteren auf diese Weise immer leicht davon abscheiden. Ich will hier nur des Zinkes und des Braunsteines erwaͤhnen, die, nach dem gewoͤhnlichen chemischen Verfahren, so schwer von einander zu scheiden sind. Gegen Ende der Arbeit wird die Fluͤssigkeit oͤfters rosenfarben, und, nach einiger Zeit darauf, wieder farbenlos, wenn die Wirkung der galvanischen Saͤule aufgehoͤrt hat. Dieß ruͤhrt davon her, daß die Saͤule auf das Tritoxyd reducirend wirkt, folglich eine geringe Menge dieses Salzes auf ein Minimum der Oxydation herabzusezen strebt. Wenn die Operation aber fortgesezt wird, so hoͤrt sie mit Zersezung dieses lezteren auf, so daß nichts mehr in der Aufloͤsung uͤbrig bleibt. Ich habe mich bei diesen Versuchen eines Trogapparates (pile à auge) von 30 Paar Scheiben bedient, von 8 Centimeter Hoͤhe und 6 Centimeter Breite. Sie waren, um ihre Wirkung zu verlaͤngern, mit einer leichten Kochsalzaufloͤsung belegt. Staͤrkere Saͤulen koͤnnten vielleicht, indem sie die Essigsaͤure zersezen, Wirkungen erzeugen, die den beabsichtigten entgegen waͤren, insofern man Braunsteinperoxyd erhalten will. Die Abscheidung des Bleies von anderen Metallen fordert einige Abaͤnderungen an dem hier oben angegebenen Verfahren, welches darin besteht, daß man eine Kapsel mit einer Aufloͤsung der essigsauren Verbindungen fuͤllt, und zwei Platinnaplatten in dieselben taucht, wovon jede mit einem Pole einer gewoͤhnlichen galvanischen Saͤule in Verbindung steht: bei dem Bleie kann diese Vorrichtung nicht angewendet werden, indem das Oxyd sich leicht reduciren laͤßt; das Metall wirft sich alsogleich auf die negative Platinnaplatte, so wie die uͤbrigen in der Aufloͤsung enthaltenen Grundlagen. Mit Saͤulen von geringer Spannung, und mit dem Apparate in Fig. 1. ist man diesem Nachtheile nicht ausgesezt. Das Blei verhaͤlt sich hier wie der Braunstein, d.h., es uͤberoxydirt sich, und sezt sich auf der positiven Platinnaplatte ab. Das Haͤutchen des Peroxydes ist oͤfters schwarz und krystallinisch; wenn man es zerreibt, kommt die Flohfarbe (puce) wieder zum Vorscheine. Da aber Saͤulen mit schwacher Spannung nur langsam wirken, so muß man, wo mit einer gewoͤhnlichen Saͤule gearbeitet wird, dieselbe so vorrichten, daß das Bleioxyd nicht auf den negativen Pol gefuͤhrt werden kann, wo eine Reduction Statt haben wuͤrde. Man erreicht diesen Zwek, wenn man sich desselben Apparates bedient, den man bei der gewoͤhnlichen voltaïschen Saͤule spielen laͤßt. Auf diese Weise macht man nicht bloß die kleinsten Bleitheilchen bemerkbar, die sich in der Aufloͤsung befinden, sondern man schafft sie zugleich auch alle so vollkommen heraus, daß selbst die empfindlichsten chemischen Reagentien, wie schwefelwasserstoffsaures Ammonium, nicht mehr im Stande sind Spuren davon zu entdeken, wenn die Operation ein Mal vollendet ist. Die Mittel, Bleiperoxyd von Braunsteinperoxyd zu unterscheiden, sind aus der Chemie bekannt, und beduͤrfen hier keiner Erwaͤhnung. Essigsaures Silber, aus Kapellensilber, reducirt das Blei sehr schnell, so wie auch das salpetersaure Silber. Man kann also dieses Verfahren mit Erfolg anwenden, um Blei aus allen Aufloͤsungen zu beseitigen, in welchen es sich befindet. Der Vortheil, den man hierbei, so wie bei dem Braunsteine hat, ist, daß man sich Operationen erspart, die oft mehr oder minder bedeutenden Verlust bei der Analyse veranlassen. Aus dem Obenerwaͤhnten erhellt nun der Vortheil, den man von der Wirkung der galvanischen Saͤule bei der chemischen Analyse erhalten koͤnnte, wenn man die elektro-chemischen Eigenschaften aller einfachen Koͤrper genauer kennte. Es ist wahrscheinlich, daß man dahin gelangen wuͤrde, sie wie Blei und Braunstein von einander zu scheiden. Neue Resultate werden uns vielleicht in den Stand sezen, diesen Untersuchungen noch eine weitere Ausdehnung zu geben, die der Chemie nuͤzlich werden kann.

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