Titel: | Bemerkungen über die Tinte. Von J. Bostock, M. D., F. R. S. etc. Präsidenten beim Ausschusse für Chemie. |
Fundstelle: | Band 38, Jahrgang 1830, Nr. XLII., S. 128 |
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XLII.
Bemerkungen uͤber die Tinte. Von J. Bostock, M. D., F. R. S.
etc. Praͤsidenten beim Ausschusse fuͤr Chemie.
Aus den Transactions of the Society of Arts. Im
Repertory of
Patent-Inventions. April. 1830. S. 239.
Bostock, Bemerkungen uͤber die Tinte.
Wenn man schwefelsaures Eisen und Gallaͤpfelaufguß mit einander mengt, um
Tinte daraus zu erhalten, so kann man annehmen, daß das Metallsalz oder Oxyd sich
wenigstens mit vier einander sehr nahe stehenden Pflanzengrundstoffen verbindet:
naͤmlich mit Gallaͤpfelsaͤure, mit Gerbestoff, mit Schleim und
mit Extractivstoff. Alle diese Stoffe scheinen in dem aufloͤsbaren Theile der
Gallaͤpfel als Bestandtheile desselben vorhanden. Man hat allgemein
angenommen, daß zwei derselben, die Gallaͤpfelsaͤure und der
Gerbestoff, zur Bildung der Tinte mehr wesentlich nothwendig sind, und daher
betrachten auch die besten chemischen Systematiker die Tinte als ein
Gerbestoff-gallaͤpfelsaures Eisen. Man hat ferner angenommen, daß
Eisenperoxyd allein die Eigenschaft besizt, jenes schwarze Compositum zu bilden,
welches man Tinte nennt, und daß die eigentliche Substanz der Tinte mehr mechanisch
in der Fluͤssigkeit schwebend erhalten, als aufgeloͤst ist.
Tinte, so wie sie gewoͤhnlich bereitet wird, ist sehr geneigt gewisse
Veraͤnderungen zu erleiden, welche die Guͤte derselben bedeutend
vermindern. Folgende drei sind die wichtigsten unter denselben: die Neigung
schimmelig zu werden; die Geneigtheit des schwarzen Stoffes derselben sich aus der
Fluͤssigkeit abzuscheiden, wodurch die Tinte dann, wie man sagt, schleimig
wird; und endlich der Verlust, ihrer Farbe, wo das Schwarz sich anfaͤngt in
Braun zu verwandeln, und endlich beinahe gaͤnzlich verschwindet.
Ueberdieß gibt es bei Bereitung der Tinte auch noch Gegenstaͤnde von
geringerer Wichtigkeit, welche beachtet zu werden verdienen. Die Consistenz
derselben sollte von der Art seyn, daß sie leicht aus der Feder fließt, ohne auf der
einen Seite so fluͤssig zu seyn, daß sie durch das Papier
durchschlaͤgt, oder auf der anderen Seite so dik, daß sie die Feder verlegt,
und lange Zeit uͤber nicht troken wird. Die Art der Schwaͤrze selbst
darf gleichfalls nicht außer Achtung gelassen werden. Ein Schwarz, das einen Stich
in's Blaͤuliche hat, ist angenehmer fuͤr das Auge, als eine Tinte, die
in's Braune zieht, und ein gewisser Grad von Glanz, insofern er mit der
gehoͤrigen Fluͤssigkeit der Tinte vertraͤglich ist, macht die
Schrift leserlicher und schoͤner.
Was nun die chemische Beschaffenheit der Tinte betrifft, so will ich bemerken, daß,
obschon sie nach der gewoͤhnlichen Bereitungsart derselben eine Verbindung
des Metallsalzes oder Oxydes mit allen vier oben erwaͤhnten
Pflanzengrundstoffen ist, ich doch sehr geneigt bin zu denken, daß die drei lezteren
derselben nicht nur nicht wesentlich zur Bildung der Tinte gehoͤren, sondern
daß sie vielmehr die Hauptursache sind, warum es so schwer wird, eine vollkommen
gute und haltbare Tinte zu bereiten. Ich habe mir es angelegen seyn lassen, diesen
Punkt durch eine Reihe von Versuchen zu erweisen, wovon Folgendes ein kurzer Auszug
ist. Ich bereitete kalt einen Gallaͤpfelaufguß, und ließ einen Theil
desselben so lang in einer flachen Schale der Einwirkung der atmosphaͤrischen Luft ausgesezt, bis
er mit einer dichten Schichte von Schimmel bedekt war. Der Schimmel wurde durch
Filtriren abgeschieden, und der klaren Fluͤssigkeit die gehoͤrige
Menge schwefelsaures Eisen zugesezt. Auf diese Weise erhielt ich eine Mischung von
dunkel schwarzer Farbe, die keine Neigung mehr zum Schimmeligwerden zeigte, und die
eine lange Zeit uͤber ohne alle weitere Veraͤnderung blieb.
Einem anderen Theile dieses Gallaͤpfelaufgusses sezte ich so lang
aufgeloͤste Hausenblase zu, bis kein Niederschlag mehr von derselben erzeugt
wurde. Als hierauf schwefelsaures Eisen zugesezt wurde, bildete sich eine schwarze
Mischung, die, wenn auch blaͤsser, als jene, welche aus der
ungefaͤllten Fluͤssigkeit entstand, doch eine vollkommene und haltbare
Tinte war.
Endlich hielt ich noch einen Theil des obigen Gallaͤpfelaufgusses einige Zeit
uͤber in Siedehize, wodurch ein Theil der Bestandtheile desselben
unaufloͤsbar wurde. Dieser unaufloͤsbare Theil wurde durch Filtriren
abgeschieden, und als ich hierauf schwefelsaures Eisen zusezte, erhielt ich eine
sehr vollkommene und haltbare Tinte.
Nach diesen drei oben angefuͤhrten Verfahrungsweisen wurde ein bedeutender
Theil des Schleimes, Gerbestoffes und Extractivstoffes aus dem Aufgusse entfernt,
waͤhrend der groͤßte Theil der Gallaͤpfelsaͤure in
Aufloͤsung blieb.
Da die drei Hauptursachen des Verderbens der Tinte, das Schimmeligwerden, das
Niederfallen des schwarzen Stoffes und das Braunwerden und Ausbleichen, ganz
verschiedene Processe sind, so laͤßt sich annehmen, daß sie von der Wirkung
verschiedener einander nahestehender Grundstoffe entstehen. Es ist wahrscheinlich,
daß das Schimmeligwerden hauptsaͤchlich von dem Schleime, das Niederfallen
des schwarzen Stoffes von dem Extractivstoffe abhaͤngt, indem lezterer die
Eigenschaft besizt, unaufloͤsbare Koͤrper mit Metalloxyden zu bilden.
Was die Wirkung des Gerbestoffes betrifft, so laͤßt sich aus seiner
Verwandtschaft mit Metallsalzen vermuthen, daß er, im ersten Falle, ein dreifaches
Compositum mit der Gallaͤpfelsaͤure und mit dem Eisen bildet, und daß,
in Folge der Zersezung des Gerbestoffes, dieses Compositum spaͤter selbst
wieder zerstoͤrt wird. Da es so aͤußerst schwer, wenn nicht
gaͤnzlich unmoͤglich ist, den Gallaͤpfelaufguß von irgend einem
seiner Bestandtheile vollkommen zu befreien, ohne zugleich die uͤbrigen in
einem gewissen Grade anzugreifen, so war ich nicht im Stande Resultate zu erhalten,
die man als entscheidend betrachten koͤnnte. Das allgemeine Resultat meiner
Versuche beguͤnstigt aber die oben aufgestellte Meinung, und fuͤhrt
mich zu dem Schlusse, daß die Tinte in dem Verhaͤltnisse weniger der
Zersezung oder irgend einer Art von Veraͤnderung unterliegt, je mehr sie bloß aus
gallaͤpfelsaurem Eisen besteht.
Die Versuche, welche ich oben anfuͤhrte, bestanden vorzuͤglich darin,
daß ich einen Probe-Gallaͤpfelaufguß machte. Ich macerirte
Gallaͤpfelpulver in fuͤnf Mal so viel Wasser (ihrem Gewichte nach),
und verglich diesen mit anderen Aufguͤssen, welche ich entweder schimmelig
werden ließ, oder aus welchen ich den Gerbestoff durch Hausenblase faͤllte,
oder welche ich einige Zeit uͤber kochen ließ, und sezte jedem derselben
sowohl frische Aufloͤsung von schwefelsaurem Eisen, als auch eine solche
Aufloͤsung des lezteren zu, welche einige Zeit uͤber der
atmosphaͤrischen Luft ausgesezt war. Die Natur der schwarzen Mischung, welche
hierdurch entstand, wurde dadurch gepruͤft, daß man einzelne Theile derselben
in cylindrische Glaͤser goß, und die Veraͤnderungen, welche sie theils
in Hinsicht auf Schimmel, theils in Bezug auf daß Niederfallen des schwarzen Stoffes
und der Veraͤnderung der Farbe erlitten, beobachtete. Die
Fluͤssigkeiten wurden auch dadurch unter einander verglichen, daß man Tropfen
derselben auf weißes Velinpapier fallen ließ, wodurch man sowohl die Farbe, als die
Consistenz derselben auf das Genaueste bestimmen konnte. Nach einem dritten
Verfahren wurden die einzelnen Aufguͤsse und Aufloͤsungen von
schwefelsaurem Eisen in hoͤchst verduͤnntem Zustande zusammengegossen,
wodurch ich im Stande war die Menge und die Schattirung des Faͤrbestoffes und
den Grad seiner Aufloͤsbarkeit genauer zu bestimmen.
Die praktischen Schluͤsse, welche ich mich aus obigen Versuchen zu ziehen
berechtigt glaube, sind folgende: Um eine Tinte zu erhalten, die wenig Neigung zum
Schimmel hat, ihren Faͤrbestoff nicht leicht fallen laͤßt, und
zugleich eine tief schwarze Farbe hat, die nicht verbleicht, muͤssen die
Gallaͤpfel einige Stunden uͤber in heißem Wasser maceriren, und die
Fluͤssigkeit muß hierauf filtrirt werden. Man sezt sie sodann vierzehn Tage
lang einer warmen Luft aus, und schafft hierauf allen Schimmel weg, der sich
waͤhrend dieser Zeit erzeugte. Man nimmt eine Aufloͤsung von
schwefelsaurem Eisen, welche einige Zeit uͤber der atmosphaͤrischen
Luft ausgesezt war, und die folglich eine gewisse Menge rothes Eisenoxyd in sich
enthaͤlt. Ich wuͤrde rathen den Gallaͤpfelaufguß bedeutend
staͤrker zu machen, als man gewoͤhnlich vorschreibt, und ich denke,
daß eine auf diese Weise bereitete Tinte keines Zusazes von irgend einem Schleime
(Gummi) bedarf, um die gehoͤrige Consistenz zu erhalten.
Ich habe hier nur noch beizusezen, daß eine der besten Fluͤssigkeiten zur
Verduͤnnung der Tinte, wenn sie entweder gleich Anfangs, oder in der Folge
durch Verduͤnstung zu dik wird, eine starke Abkochung von Kaffee ist, wodurch
die Zersezung der Tinte auf keine Weise beguͤnstigt, die Schwaͤrze derselben
hingegen vermehrt und derselben zugleich ein gewisser Glanz gegeben wird.59)