Titel: | Hrn. Webb's Dampffloß. |
Fundstelle: | Band 38, Jahrgang 1830, Nr. II., S. 6 |
Download: | XML |
II.
Hrn. Webb's Dampffloß.
Aus dem Mechanics' Magazine. N. 360. S.
297.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Webb's Dampffloß.
(Wir theilen diese Notiz mit, nicht als ob wir glaubten, daß dadurch ein Floß auf
unseren Fluͤssen mit Vortheil getrieben werden koͤnnte, sondern weil
es uns scheint, daß dadurch ein Versuch einer Abaͤnderung im Baue der
Floͤße veranlaßt werden koͤnnte, dessen Resultate vielleicht
fuͤr die Floßschifffahrt nuͤzlich seyn duͤrften. Der Versuch
koͤnnte hoͤchstens 10–12 fl. kosten, und so viel kann doch
jeder Floßmeister fuͤr den schlimmsten Fall ins Wasser werfen.
Gelaͤnge der Versuch, so wuͤrden diese paar Gulden in einigen Fahrten
durch eben so viele Hunderte hereingebracht werden.)
(Red. d. Polyt. Journ.)
„Die Seiten, „sagt Hr. Webb,“ muͤssen flach, senkrecht und mit einander
parallel seyn vom Hintertheile bis zum Vordertheile, und unter dem Boden zu
beiden Seiten hinausragen, wie AA, im
Durchschnitte des Hintertheiles, Fig. 9., zeigt, so daß
also vom Hintertheile bis zum Vordertheile ein offener Raum, H, uͤbrig bliebe. B ist das obere Verdek. Unter demselben, in dem Raume D, sind Blasebaͤlge angebracht, mit welchen
eine am Boden liegende Roͤhre in Verbindung steht. Das Ende dieser
Roͤhre laͤuft durch den Mittelpunkt des Vordertheiles bei E in das Wasser, Fig. 8. Diese
Roͤhre muß gekruͤmmt seyn, so daß das Ende gegen das Hintertheil
sieht.“
„Wenn die Blasebaͤlge durch die Dampfmaschine abwechselnd getrieben
werden, wird die Roͤhre mit verdichteter Luft gefuͤllt, und diese
wird in das Wasser
hinausgetrieben, wie man bei G, Fig. 8., sieht, und im
Grundrisse des Vordertheiles, Fig. 10. Da nun die
Luft auf das Wasser stoͤßt, wird das Fahrzeug vorwaͤrts getrieben;
denn es ist hinlaͤnglicher Raum da, um die Beruͤhrung des
Fahrzeuges selbst zu vermeiden. So wie die Kraft der Luft erschoͤpft ist,
steigt diese ihrer geringeren Leichtigkeit wegen in die Hoͤhe, sammelt
sich unter dem Boden und fuͤllt den Raum H.
Die Hervorstehenden Seiten, AA, Fig. 9.,
lassen dieselbe nicht entweichen, und da die Luft aus der Roͤhre am
Vordertheile ausgetrieben wird, wird alle uͤberschuͤssige Luft am
Hintertheile entweichen, bei G, Fig. 8.“
„Da nun auf diese Weise das Floß durch die dadurch erlangte
groͤßere Leichtigkeit oder Schwimmkraft in die Hoͤhe steigt, wird
sich in Hinsicht der Schnelligkeit seiner Bewegung mancher Vortheil ergeben. Die
Luft in dem Raume, H, wird sich ausdehnen, und da
sie in der Roͤhre mehr verduͤnnt ist, weil diese weniger
eingetaucht ist, so werden die Blasebaͤlge, bei derselben Kraft,
schneller arbeiten, und das Floß wird, da es weniger taucht, d.h. weniger Wasser
vor sich hinzuschieben hat, weit weniger Widerstand in seiner Bewegung finden,
als wenn es tiefer getaucht ist.“
„Das Floß duͤrfte nicht breiter gebaut seyn, als ein Dampfboth mit
seinen Ruderraͤdern.“
„Die hohlen Raͤume, CC, welche
der Laͤnge nach hinlaufen, koͤnnten mit Korkspaͤnen
ausgefuͤllt seyn, wenn allen Falls ein Lek sich zeigte.“
„In der Roͤhre E befindet sich eine
Klappe in der Naͤhe des Endes derselben, welche den Eintritt des Wassers
abhaͤlt, wenn die Blasebaͤlge nicht arbeiten.“
„Der untere Theil des Ruders wird von einem hervorragenden Stuͤke
Holzes in der Mitte des Raumes H
gestuͤzt.“
(Wir wollen nun diese hier mit Hrn. Webb's Worten
angegebene Vorrichtung auf sich beruhen lassen, und nur auf den jedem Floßmeister
bekannten Grundsaz zuruͤkkommen, daß, je weniger das Floß getaucht ist, desto
leichter dasselbe zu rudern und vorwaͤrts zu treiben ist. Dieser Grundsaz ist
bei der bisherigen deutschen Art Floͤße zu bauen, beinahe gaͤnzlich
außer Augen gelassen; man baut an der Drau und an der Sau, an den kleinen aber
reißenden Stroͤmen, die aus dem noͤrdlichen und suͤdlichen
Abhange der Karpathen in die Ebenen Ungerns und Galiciens hinausstroͤmen.
Floͤße, die, bei weil schwereren Lasten, als die Floͤße auf der Iller
und Iser und am Leche tragen, ohne Vergleich weniger tief tauchen; oft kaum drei
Zoll tief. Diese Floͤße sind aus leeren Faͤssern gebaut, welche in
vier parallelen Reihen, ein Faß hinter dem anderen, der ganzen Laͤnge des
Floßes nach befestigt sind. Solche Floͤße tauchen, mit vielen hundert Zentnern belastet, nicht drei
Zoll tief, und fahren im seichtesten Wasser sicher. Man glaubt nicht, was ein leerer
Doppeleimer fuͤr Schwimmkraft besizt! Man darf nicht besorgen, daß das Floß
untergeht, wenn ein Faß einen Lek bekommt; es bekommt denselben nicht so leicht,
weil das Floß nicht so tief taucht, und wenn eine Reihe von Faͤssern durch
einen Unfall weggestreift wird, so taucht das Floß hoͤchstens ein paar Zoll
tiefer, ohne uͤbrigens gefaͤhrdet zu seyn. In vielen Gegenden an der
unteren Donau, besonders in Ungern, ist der Gewinn an Faͤssern großer, als an
den ganzen Baumstaͤmmen. Wir haben in Galicien ein Floß aus
Brunnenroͤhren gesehen, welche an beiden Enden zugepfropft waren. Es lag so
zu sagen nur auf dem Wasser, als es leer war, und tauchte, beladen, um die
Haͤlfte weniger als gewoͤhnliche Floͤße. Wir empfahlen einem
Steyermaͤrker, zu Eisenerz oder Vordernberg Roͤhren aus Eisenblech von
dem Durchmesser der gewoͤhnlichen starken Floßbaͤume machen zu lassen,
und so das steyrische Eisenblech auf der Mur
in natura nach Ungern zu floͤßen, das steyrische
Holz aber zum Betriebe der Eisenwerke zu sparen: man lachte uns aus, und sprach von
Tollhaͤuslerei; zeither hat man aber ganze Schiffe aus Eisenblech gebaut,
Segelschiffs und Dampfbothe.
Wenn man nun aber auch weder Floͤße aus Faͤssern noch aus
Brunnenroͤhren benuͤzen wollte; so fragt es sich: ist der Bau der
Floͤße, so wie er gegenwaͤrtig ist, nach welchem eine Reihe von
Baͤumen flach und parallel neben einander hingelegt und mit einander
verbunden wird, wirklich der beste? Waͤre es nicht besser, das Floß in der
Mitte etwas nach aufwaͤrts gewoͤlbt zu bauen, nur auf den beiden
Seiten auf das Wasser druͤken und in demselben schwimmen, die mittleren
Floßbaͤume aber eigentlich nur auf dem Wasser ruhen zu lassen,
ungefaͤhr wie in Fig. 11.? Waͤre es
nicht noch besser, wie in Fig. 12., die drei
aͤußersten Floßbaͤume, abc, an ihren
beiden Enden, vorne und ruͤkwaͤrts, unten mittelst einer dreispizigen
eisernen Klammer zu verbinden, in die beiden innersten Baͤume, aa, innerhalb der Klammer, an beiden Enden des
Floßes ein Segment aus einem 3–4zoͤlligen Pfostenbrette, d, einzuzapfen, und auf der oberen Kante desselben dann
die Floßbaͤume zu befestigen? Auf diese Weise wuͤrde die in dem
dadurch entstehenden Hohlraume befindliche Luft, wenn die Zwischenraͤume
zwischen den Baͤumen mit nassem Moose und darauf genagelten Brettern
luftdicht verschlossen wuͤrden, dem Floße eine Schwimmkraft geben, die ihn
kaum ein paar Zoll wuͤrde tauchen lassen. Im Modelle geht dieß; ob es im
Großen auch geht, das wird ein Floßmeister, dem es darum zu thun ist, sein Gewerbe
zu fordern, vielleicht richtiger beurtheilen, als eine ganze Akademie; denn wir
sahen heute, die nicht lesen und nicht schreiben konnten. Groͤßeres
ausfuͤhren, als noch keine Akademie ausgefuͤhrt hat, und sogar das,
was Akademien als unausfuͤhrbar verworfen haben. Gelehrte Zuͤnfte
sind, als Zuͤnfte, so schlecht wie jede andere Zunft.)