Titel: | Ueber die Reinigung des Themsewassers, wenn es in einem Gefäße ruhig stehen bleibt. Von M. Dr. Bostock, F. R. S. etc. |
Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. XII., S. 18 |
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XII.
Ueber die Reinigung des Themsewassers, wenn es in
einem Gefaͤße ruhig stehen bleibt. Von M. Dr. Bostock, F. R. S. etc.
Aus dem 2ten Theile der Philosophical Transactions for
1829 im Philosophical Magazine and Annals of
Philosophy. April 1830. S. 268.Da wir Bd. XXXVI. S. 275. des
unsterblichen Vauquelin Analyse
des Seinewassers den deutschen Fabrikanten
mittheilten, und dieser sich auf die Arbeiten seines Collegen Bostock gerade bei dem schwierigsten Theile der
Analyse des Flußwassers, der Bestimmung naͤmlich der Menge und Art der in
dem Wasser vorhandenen organischen Reste bezieht; da wir fruͤher die
Analyse des Themsewassers mittheilten; da sich die, wie es uns schien,
gefaͤhrliche Meinung verbreitet, daß das Flußwasser, wenn es sich durch
sich selbst, d.h., durch Faͤulniß gereinigt hat, der Gesundheit
unschaͤdlich ist: *) so glauben wir auch diesen Aufsaz unseren Lesern
nicht vorenthalten zu duͤrfen. Wir muͤssen jedoch hier bei einem
Worte in der Ueberschrift dieses Aufsazes verweilen, dessen der Hr. Verfasser
sich bediente. Die Ueberschrift lautet naͤmlich: „uͤber spontane (d.h. freiwillige) Reinigung (spontaneous Purification) des Themsewassers.“ Fern sey und bleibe es
von uns, uͤber das, was Philosophen und Theologen uͤber freien
Willen gesprochen und geschrieben haben, entscheiden und den alten Streit
aufwaͤrmen zu wollen; wir unterwerfen uns hieruͤber dem Ausspruche
unserer evangelisch-reformirten Kirche in vollster Hingebung; wir sind
aber, bei dem taͤglich mehr um sich greifenden Mißbrauche, den wir in der
Physik, Chemie, Medicin mit dem Worte spontan,
Spontaneitaͤt treiben sehen, welches durchaus gleichbedeutend
mit freiwillig, willkuͤrlich ist, der Meinung,
daß man sich huͤten muͤsse in die physischen Wissenschaften
(sciences exactes) Woͤrter aus den spekulativen Wissenschaften
uͤberzutragen, uͤber deren Begriff und Object sich selbst
diejenigen zanken, die dieses Wort erfanden und gebrauchen. Mag es nun mit dem
Begriffe und Objecte des Wortes freiwillig, spontan,
im Gebiete der intellectuellen Welt wie immer beschaffen seyn, so ist so viel
gewiß, daß dieses Wort in der materiellen Welt weder einen Begriff gibt, noch
ein Object hat, indem in dieser materiellen Welt alles was ist, nothwendig ist,
und nur so ist, wie es seyn kann, oder vielmehr, wie es in Folge aͤußerer
Einwirkungen seyn muß. Es gibt so wenig eine spontane, d.h., eine freiwillige
Faͤulniß, als es eine freiwillige Gaͤhrung gibt. Zu beiden ist der
Zutritt der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft durchaus nothwendig:
sobald dieselbe von einem Koͤrper abgehalten wird, der an und fuͤr
sich zur Gaͤhrung oder Faͤulniß auch noch so sehr geneigt ist,
wird er nie in Gaͤhrung oder Faͤulniß zu treten vermoͤgen.
Gaͤhrung oder Faͤulniß ist also die notwendige Folge des Zutrittes
der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft zu einem
faͤulniß- oder gaͤhrungsfaͤhigen Koͤrper. Die
Faͤhigkeit der Luft, Gaͤhrung oder Faͤulniß zu erregen, und
die Faͤhigkeit der einer Gaͤhrung oder Faͤulniß
faͤhigen Koͤrper in diese uͤberzugehen, ist wieder nicht
eine in der Willkuͤr der Luft oder dieser lezteren Koͤrper
gelegene Eigenschaft; sondern die nothwendige und unvermeidliche Folge der
Verwandtschaft ihrer lezten Grundbestandtheile, welche Verwandtschaft sich diese
Theile wieder nicht selbst gegeben haben, sondern die nothwendige Folge ihrer
Individualitaͤt sind, ohne welche sie nicht das waͤren, was sie
sind. Man sieht hieraus deutlich, daß, mag das Intellectuelle in dieser Welt,
oder das Spirituelle auch noch so viel Willkuͤr, freien Willen,
Spontaneitaͤt besizen, das Materielle keiner Spontaneitaͤt
faͤhig ist. Spontaneitaͤt der Bewegung etc. ist ein barer Unsinn.
Der Magnet muß, so lang er Magnet ist, das Eisen anziehen; er kann nicht anders;
das Eisen muß, so lang es reines Eisen ist, dem Magnete folgen; es kann nicht
anders. In der materiellen Welt, so weit sie reichen mag, herrscht nur
Nothwendigkeit nach ihren ewig unwandelbaren Gesezen, und das Wort
Spontaneitaͤt hat innerhalb der Graͤnzen derselben weder Sinn noch
Object.A. d. Ue.*) Polyt. Journ. XXXIII. B. S. 409.
Bostock, uͤber die Reinigung des Themsewassers.
In meinem den k. Commissaͤren im April 1828 uͤbergebenen Berichte
uͤber die Analyse des Themsewassers bemerkte ich, daß ich am Ende der Arbeit Themsewasser aus
der Gegend der Muͤndung des King's Scholars' Pond
Sewer erhielt, welches aͤußerst unrein, undurchsichtig vor Schlamm,
und hoͤchst stinkend war. Als es ungefaͤhr eine Woche lang bei mir
gestanden hatte, sezte sich eine bedeutende Menge schwarzes Wasser in demselben zu
Boden; das uͤbrige Wasser war indessen noch immer dunkelgefaͤrbt und
undurchsichtig, und roch noch so abscheulich, wie Anfangs. Durch Filtriren durch eine einen halben Fuß dike
Schichte von Sand und Holzkohle verlor Geruch und Farbe sich nur zum Theile.
Dieses Wasser blieb einige Zeit uͤber unbeachtet in meinem Laboratorium
stehen. Nach einigen Wochen bemerkte ich, daß eine große Veraͤnderung in dem
Aussehen desselben vorgegangen war. Es war viel klarer geworden, und beinahe der
ganze Bodensaz hatte sich an die Oberflaͤche hinaufgezogen, wo er eine
ziemlich regelmaͤßige Schichte von beinahe der Dike eines halben Zolles
bildete. Der Geruch war indessen noch immer aͤußerst widerlich, und
vielleicht sogar noch widerlicher als Anfangs. Von dieser Zeit an ging der
Reinigungsproceß, der auf diese Weise von freien Stuͤken, wie man sagt (spontaneously) anfing, ununterbrochen acht Wochen lang
fort, wo dann das Wasser vollkommen durchsichtig geworden war, keinen unangenehmen
Geruch mehr hatte, obschon es noch immer die urspruͤngliche schmuzige Farbe
zeigte.
Nachdem sich dieser Schaum gebildet hatte, war die naͤchste
Veraͤnderung, die ich bemerkte, die Abscheidung desselben in großen Massen
oder Floken. An diesen Floken, so wie an dem Schaume selbst, befand sich eine Menge
kleiner Luftblasen, welchen sie ohne Zweifel ihre Schwebefaͤhigkeit zu danken
hatten. Nach einiger Zeit sezten sich auch diese Massen wieder zu Boden, und ließen
die Fluͤssigkeit beinahe vollkommen frei von allen fremdartigen Stoffen. Die
Menge Gases, welche sich entwikelte, war unbedeutend, so daß es schwer hielt,
einiges zur Untersuchung zu erlangen. Es schien vorzuͤglich aus kohlensaurem
Gase zu bestehen, dem etwas geschwefeltes, und vielleicht auch gekohlstofftes
Wasserstoffgas beigemengt ist.
Als der Reinigungsproceß beinahe vollendet schien, wurde das Wasser durch Papier
filtrirt und auf dieselbe Weise, wie das uͤbrige, behandelt. Es war nun
vollkommen durchsichtig, ohne Geschmak und Geruch, behielt aber noch immer eine
etwas braͤunliche Farbe. Es perlte, wenn man es schuͤttelte oder aus
einem Gefaͤße in das andere goß, und wenn man es kochte, so entwich eine
Menge Gases aus demselben. Zu gleicher Zeit bildete sich ein duͤnnes
Haͤutchen von kohlensaurem Kalke auf der Oberflaͤche desselben, der
nach und nach zu Boden fiel. 10,000 Gran desselben ließen durch Abrauchen eine
lichtbraune Salzrinde zuruͤk, welche, vollkommen getroknet, 7,6 Gran wogen.
Die Pruͤfungsmittel zeigten in diesem Wasser Kalk, Schwefelsaͤure,
Kochsalzsaͤure und Bittererde. Es zeigte sich eine Spur von Thonerde und von
Kali, aber es konnte weder Ammonium, noch Schwefel, noch Eisen entdekt werden; Kalk,
Bittererde, die an Schwefel- und Kochsalzsaͤure gebunden, waren, wie
es sich von selbst versteht, in weit groͤßerer Menge vorhanden, als in dem
fruͤher analysirten Themsewasser. Wenn wir annehmen, daß die
Schwefelsaͤure mit einem Theile Kalk, der uͤbrige Kalk mit
Kohlensaͤure, ein Theil der Kochsalzsaͤure mit Bittererde und der Rest
derselben mit Soda verbunden ist, wie es im Themsewasser uͤberhaupt der Fall
war, so sind die Verhaͤltnisse dieser Salze in 10,000 Gran Wasser wie
folgt:
Textabbildung Bd. 37, S. 20
Kohlensaurer Kalk; Gr.; Gran;
Schwefelsaurer do; Kochsalzs. Soda; Salze im Lambethwasser, welches unter Gran
den fruͤher untersuchten Wassern das unreinste war. Bittererde
Das Resultat dieser Analyse zeigt, daß, obschon das Wasser durch diesen
Reinigungsproceß sich selbst von der großen Menge organischer Stoffe befreite, die
es enthielt, und einen Zustand von scheinbarer Reinheit erhielt, wodurch es zu
mehreren Zweken hinlaͤnglich brauchbar wird, doch die Menge dieser Salze um
das Vierfache vermehrt wurde. Die verhaͤltnißmaͤßig groͤßte
Zunahme zeigte sich bei den kochsalzsauren Verbindungen, die hier beinahe
zwoͤlf Mal mehr, als in dem gewoͤhnlichen Themsewasser vorkommen.
Kohlensaurer Kalk kommt nur zwischen zwei und drei Mal mehr vor, als in dem
gewoͤhnlichen Themsewasser, und schwefelsaurer Kalk ist zwischen fuͤnf
und sechs Mal mehr vorhanden. Ich kann hier bemerken, daß dieses Wasser, als ich es
in seinem unreinen Zustande untersuchte, sehr deutliche Anzeigen sowohl von Schwefel
als von Ammonium gab, von welchen beiden nach der Reinigung keine Spur mehr zu
entdeken war.
Man kann diesen Reinigungsproceß eine Art von Gaͤhrung nennen, d.h., einen
Proceß, in welchem ein Koͤrper, ohne irgend einen Zusaz, eine
Veraͤnderung in der Anordnung seiner Bestandtheile erleidet, und eine neue
Zusammensezung oder Zusammensezungen hervorruft. Die neuen Zusammensezungen waren,
in diesem Falle, durchaus gasartig, entwikelten sich, und gingen, bis auf einen
Antheil Kohlensaͤure, davon. Die salzigen Koͤrper, die durch diesen
Proceß nicht gelitten haben, blieben in der Aufloͤsung; sie ließen die
Fluͤssigkeit wohl frei von dem, was man Unreinigkeiten nennt,
uͤberluden sie aber so sehr mit erdigen und neutralen Salzen, daß das Wasser
aus einem weichen Wasser ein hartes wurde.Die Ausdruͤke hart und weich, die man so oft vom Wasser braucht, sind
offenbar relativ. Wasser, welches fuͤnf Gran salzige Stoffe in Einer
Pinte (1 Pfd.) enthaͤlt, wird aber allgemein als zu hart fuͤr
viele oͤkonomische und industrielle Zweke gehalten. Das in Frage
stehende Wasser hielt 4,36 Gran in del Pinte. A. d. O. (Dem Uebersezer
scheint der Ausdruk „salzige Stoffe“ (saline matter) etwas zu allgemein.)Als Quelle der salzigen Koͤrper koͤnnte man die organischen
Koͤrper betrachten, vorzuͤglich diejenigen, welche thierischen
Ursprunges sind, und die so haͤufig in der Themse abgesezt werden: und von
diesen sind die meisten sowohl Excremente, als Theile verschiedener unzersezter
thierischer Koͤrper. Die verschiedenen Arten weicher und leichter
aufloͤsbarer thierischer Zusammensezungen wirken als Gaͤhrungsstoff,
und werden selbst zerstoͤrt, waͤhrend die Salze, die ihnen beigemengt
sind, zuruͤkgelassen werden. Es laͤßt sich demnach begreifen, daß, je
unreiner das Wasser ist, desto vollkommener der Reinigungsproceß seyn wird, welcher
dadurch entsteht, und wir koͤnnen uns hiernach die allgemein angenommene
Meinung erklaͤren, daß das Wasser der Themse vorzuͤglich gut als
Mundvorrath auf Schiffen taugt, indem die außerordentliche Menge Unreinigkeit,
welche dasselbe enthaͤlt, den Gaͤhrungsproceß hervorruft, und dadurch
alle jene Koͤrper entfernt, welche irgend eine neue Veraͤnderung in
demselben erzeugen koͤnnten.Es scheint uns, daß es jeden ehrlichen Mann „wie Fieber,
hinuͤber und heruͤber“ ruͤtteln wird,
wenn er hoͤrt, daß das Wasser, mit welchem er Monate lang auf einer
Secreise seinen Durst loͤschen und seine Speisen bereiten soll, erst
durchgefault seyn soll, ehe er sich mit demselben laben kann. Ist es nicht
traurig genug, daß selbst das beste Quellwasser auf Schiffen theils in Folge
der Gefaͤße, in welchen es aufbewahrt wird, theils in Folge der Hize
leiden und ungesund werden muß? Halt man den Menschen in England fuͤr
eine Kroͤte, die von Pfuhlwasser fett werden kann? Ist es ein Wunder,
wenn wir auf Schiffen, zumal auf Transportschiffen, so viele
boͤsartige Krankheiten, vorzuͤglich Ruhren und Nervenfieber,
sich entwikeln und oͤfters mit einer pestartigen Sterblichkeit
wuͤthen sehen, wenn man solches Wasser fuͤr die Mannschaft an
Bord nimmt? Hat man in England so sehr alle Elemente der Medicin vergessen,
daß man die Wichtigkeit des Einflusses des Wassers auf die Gesundheit, als
eines der ersten Beduͤrfnisse des Lebens, nicht mehr einsieht? Es
will beinahe so scheinen, indem man einen Medicinae
Doctor durchgefaultes Wasser fuͤr gesundes Wasser
erklaͤren sieht.A. d. Ue.
Die braune Farbe, welche das Wasser nach seiner Reinigung noch behielt,Braune Farbe nach dem Reinigungs-Processe?
kann man Wasser rein nennen, das eine braune
Farbe (brown colour) hat? Es ist doch
unbegreiflich, wie weit man sich von der Wahrheit entfernen, und wie
unverschaͤmt man sich erlauben kann nicht bloß mit Worten und
Begriffen, sondern selbst mit Sachen zu spielen, von welchen Gesundheit und
Leben von Tausenden abhaͤngt! Braunes Wasser, wie Gallapfelaufguß,*)
ist reines Wasser! Und dieser Begriff von reinem
Wasser soll in einem Lande gelten, wo die Reinlichkeit, mit
Ausnahme von Holland, mehr geachtet wird, als in jedem anderen Lande; wo
jeder Mensch, den Bettler ausgenommen, taͤglich seine
Leibeswaͤsche wechselt, und der Bettler, wenn er Mitleid erregen
will, nicht von Hunger, sondern von seiner unreinen Waͤsche spricht!
(No clean linnen! Ich habe kein
neugewaschenes Hemd!) Moͤgen die englischen Minister die Thorheit und
die Raserei selbst noch emancipiren; von der Nothwendigkeit ihrem Volke
reines Trinkwasser zu geben, werden sie sich nie zu emancipiren
vermoͤgen. Wenn London und Paris fortfaͤhrt sich so zu
vergroͤßern, wie in dem lezten Jahrhunderte, und man zugleich
fortfaͤhrt, die unerlaͤßlichen Ruͤksichten auf die
ersten Beduͤrfnisse des Lebens: reine Luft, reines Wasser, freies
Sonnenlicht eben so sehr zu vernachlaͤssigen, wie bisher, so
koͤnnen ein paar Wochen, in welchen Cholera und Typhus an der Stelle
der Minister herrschen werden, diese Staͤdte in menschenleere
Schutthaufen verwandeln. Dieß war das Schiksal so vieler Staͤdte in
Asien und Afrika, deren Ruinen jezt noch einen groͤßeren Umfang
einnehmen, als die gegenwaͤrtigen Gebaͤude von London und
Paris: dieß war ihr Schiksal, als der Geiz ihrer Minister dem Volke Luft und
Wasser und Sonnenlicht versagte; als man die Wasserleitungen verfallen ließ,
die weise Koͤnige ihren Voͤlkern erbauten, und Berge von
Pallaͤsten und Hangenden Gaͤrten erbaute, die den
aͤrmeren Bewohnern Luft und Sonne raubten. Die Hand, die ihr Mane Tekel etc. an die Wand schrieb,
waͤhrend die Minister beim Schmause saßen, hat das Schreiben noch
nicht verlernt, und Sanherib's Wuͤrgengel ist nicht mit ihm zu Grabe
gegangen. Die Sultane sorgen, daß ihre Unterthanen wenigstens reines Wasser
in Fuͤlle bekommen; daß es sogar den Hunden daran nicht fehlen soll;
halten die englischen Minister, da einer derselben (Lord
Castlereagh-Londonderry) das Volk bereits fuͤr einen Haufen
Schweine (the swinish multitude)
erklaͤrte, die Menschen jezt nicht ein Mal mehr den Hunden gleich,
indem jeder Bauer weiß, daß sein Hund an der Kette reines Wasser haben muß,
wenn er gesund bleiben und Haus und Hof bewahren soll, waͤhrend sie
ihr Volk mit braunem Wasser traͤnken zu koͤnnen
waͤhnen? In der Fabel wollte die Kroͤte ein Ochs werden; die
englischen Minister scheinen den John Bull (den Hans Ochs, wie sie das
englische Volk nennen) in Kroͤten verwandeln zu wollen, die sich mit
Pfuhlwasser traͤnken sollen. A. d. Ue.*) Vergl. die unten folgende Note des Originales. A. d. Ue. schien von der Aufloͤsung einer geringen Menge des sogenannten Extractivstoffes
abzuhaͤngen, den man in Wasser findet, welches verwesene Pflanzenstoffe
enthaͤlt: man findet diesen Stoff fast immer in Teichen oder langsam
fließenden Wassern, die das abfallende Laub auffingen. Nach den starken Regen, die
im December 1827 fielen, war das Wasser des New-River, mit welchem die
Cisterne meines Hauses versehen wird, sehr truͤbe und dunkel gefaͤrbt.
Wenn es einige Stunden uͤber stand, sezte eine Menge erdiger Stoffe sich zu
Boden, und das Wasser war beinahe durchsichtig; allein die braune Farbe war noch
immer in demselben vorhanden.Es ist nicht leicht, einen genauen vergleichenden Maßstab fuͤr die
Schattirung dieser braunen Farbe des Wasser aufzustellen. Ein
Gallapfelaufguß, den man sich dadurch bereitet, daß man gepulverte
Gallaͤpfel in zwanzig Mal so viel Wasser (ihrem Gewichte nach) zehn
Tage lang digerirt, wird, wenn man ihn in der Folge mit eben so viel Wasser
(dem Umfange nach) verduͤnnt, so ziemlich genau die Farbe zeigen, die
das Wasser des New-River in jenem Zustande hatte, als ich dasselbe
untersuchte. A. d. O.
Ich fand, daß dieser Faͤrbestoff weder durch Kochen, noch durch Filtriren
durch Sand und Holzkohle sich beseitigen ließ, daß aber Alaun und gewisse
metallische Salze, vorzuͤglich wenn sie in demselben erhizt wurden, einen
Niederschlag bildeten, und das Wasser rein entfaͤrbten. Unter den
metallischen Salzen schien schwefelsaures Eisen (Eisenvitriol) am
kraͤftigsten zu wirken; ein Tropfen der Aufloͤsung dieses Salzes, mit
500 Mal so viel solchen Wassers (dem Umfange nach) gekocht, gab einen flokigen
pomeranzenfarbigen Niederschlag, und ließ das Wasser vollkommen farbenlos
zuruͤk. Dieselben Resultate erhielt ich auch, nur in einem geringeren Grade,
wenn diese Salze dem Themsewasser nach seiner Reinigung zugesezt werden.Sollte dieß vielleicht die Ursache seyn, warum die englischen Baͤker
so haͤufig Alaun, die brabantischen Kupfervitriol zu ihrem Brote
nahmen? Schlaͤgtsich dadurch vielleicht der braune
Faͤrbestoff in dem Wasser, welches bekanntlich sehr braͤunlich
wird, wenn man schlechtes kleienreiches Mehl mit Wasser anruͤhrt, aus
diesem Wasser nieder, und laͤßt dadurch das Wasser im Teige, so wie
das Mehl selbst, ungefaͤrbt zuruͤk? Wir haben nicht
wahrgenommen, daß die franzoͤsischen Chemiker bei ihrem Berichte
diesen umstand beruͤksichtigt haͤtten, und es scheint uns
hierin der wahre Grund der Anwendung des Alaunes und Vitrioles in den
Baͤkereien zu liegen. Die Baͤker wollen ihr schwarzes Mehl
dadurch bleichen und weiß machen: buscar pan de tras
trigo, wie Sancho Pansa deutlich genug sagte, ohne daß Hr. Tieck deßhalb denselben weniger mißverstanden
hatte als seine Vorgaͤnger. A. d. Ue.
Der Bodensaz, der durch Filtrirung aus diesem Wasser auf die oben angegebene Weise
entfernt wurde, schien eine heterogene Masse aus verschiedenen Substanzen. 9/10
ungefaͤhr war Kiesel-Sand. Es kam auch eine schwarze Masse in
derselben vor, welche dem ganzen Bodensaze eine dunkelgraue Farbe gab, die sich
durch Rothgluͤhhize verlor. Eine Menge feiner Fasern, die feinen thierischen
Haaren aͤhnlich sahen, und einige große Fasern, wahrscheinlich
vegetabilischen Ursprunges, zeigten sich gleichfalls in diesem Bodensaze, in welchem
auch Splitter von Holz, Bruchstuͤke von Steinkohlen, und kleine
glaͤnzende Koͤrnchen metallischer Natur, die Schwefelkies zu seyn
schienen, vorkamen. Die ganze Masse bestand mit einem Worte aus allen
Koͤrpern, die zufaͤllig in die Themse gebracht, und durch den
Gaͤhrungsproceß nicht zerstoͤrt wurden. Man muß daher sowohl in
Hinsicht auf Menge als Beschaffenheit dieser Koͤrper in jedem Kruge, den man
aus der Themse schoͤpft, etwas anderes finden, so daß es
uͤberfluͤssig waͤre hieruͤber genauere Untersuchungen
anzustellen. In dem gegenwaͤrtigen Falle betrug der Bodensaz, bei einer
Temperatur von 200° (F.; + 74 R.) getroknet, ungefaͤhr 9 Gran in
10,000 Gran Wasser.