Titel: | Verbesserung im Seifensieden, worauf Karl Türner Sturtevant, Seifensieder zu Hackney, Middlesex, sich am 26. May 1829 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. CVII., S. 477 |
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CVII.
Verbesserung im Seifensieden, worauf Karl Tuͤrner Sturtevant,
Seifensieder zu Hackney, Middlesex, sich am 26. May 1829 ein Patent ertheilen
ließ.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Februar
1830. S. 85.
Sturtevant, Verbesserung im Seifensieden.
Meine Erfindung besteht in einem Verfahren, durch welches ich im Stande bin, reine
alkalische Lauge mit thierischen oder vegetabilischen Stoffen im Seifenkessel zu
verbinden, so daß ich also Statt der jezt gewoͤhnlichen rohen Alkalien, wie
z.B. Barilla (Soda), Kelp, kaustische Alkalien anwenden kann, und dabei den
Ruͤkstand vermeide, den man bei dem sogenannten Aeschermachen (black asc making) hat, wodurch so viel thierischer Stoff
zu Grunde geht.
Mein Verfahren besteht in Folgendem: Ich gebe zuerst etwas Wasser und Seife in den
Kessel, menge beides gehoͤrig, und seze dieser seifenaartigen Mischung etwas
weniges Talg, Fett oder Oehl bei. Dieser Mischung ruͤhre ich so viel
kaustische Sodalauge zu, als von derselben aufgenommen werden kann, ohne sich
abzuscheiden. Auf diese Weise fahre ich fort, thierischen oder vegetabilischen Stoff
und kaustische Sodalauge zuzusezen, bis der Kessel voll ist, und steige nach und
nach mit den zugesezten Mengen der thierischen und vegetabilischen Stoffe, so wie der Kessel sich
immer mehr und mehr fuͤllt, indem ich waͤhrend dieser ganzen Arbeit
immer fleißig umruͤhre. Nachdem dieß geschehen ist, gieße ich die Seife auf
die gewoͤhnliche Weise in Formen. Die beste Staͤrke fuͤr
kaustische Sodalaugen ist, wie ich glaube, ungefaͤhr 1260 specif. Schwere;
die Temperatur beim Sude ist die gewoͤhnliche. Ich empfehle jedoch kleinere
Kessel von laͤnglicher Form, die ungefaͤhr zwei bis drei Tonnen (40
bis 60 Ztr.) fassen, und ich ziehe die Dampfheizung vor.
Bemerkung des Patent-Traͤgers. Um dem
Publikum uͤberhaupt eine richtige Idee von der Natur meiner Verbesserung zu
geben, auf welche ich mir obiges Patent geben ließ, wird es vielleicht nicht
uͤberfluͤssig seyn ein paar Worte uͤber die gewoͤhnliche
Weise Seife zu sieden hier beizufuͤgen. Bekanntlich besteht Seife aus
thierischem oder vegetabilischem Fette, SodaIn England und Italien; bei uns haͤufig aus Potasche. A. d. Ue. und Wasser in bestimmten Verhaͤltnissen. Obschon man dieß sehr
richtig wußte, wurde doch Seife nie durch unmittelbare Verbindung ihrer drei
Bestandtheile bereitet, sondern man sott die rohe alkalische Lauge, die man aus
Barilla, Kelp etc. erhielt, und die man vorher durch Zusaz von lebendigem Kalk
kaustisch machte, zugleich mit dem Fette in großen Kesseln. Da die Lauge bedeutende
Mengen neutraler Salze und kohlensaurer Soda enthaͤlt, so braucht man eine
große Menge derselben um das Fett zu saͤttigen, und daher muß man mehrere
Suͤde vornehmen. Nachdem die Lauge ihr freies kaustisches Alkali dem Fette
mitgetheilt hat, wird sie aus dem Kessel abgelassen, und heißt dann todte Lauge (spent lee). Diese Lauge besteht aus neutralen Salzen,
aus kohlensaurer Soda, und aus einem Theile thierischen Fettes, das in derselben
aufgelost ist. Um nun die alkalischen Theile aus derselben wieder zu erhalten, macht
man den sogenannten Aescher (black ash); eine Arbeit,
deren Beschreibung hier uͤberfluͤssig ist, die aber theuerer zu stehen
kommt, und sehr stinkt. Man hat sie daher in vielen Fabriken gaͤnzlich
aufgegeben und verkauft sie fuͤr eine Kleinigkeit, oder laͤßt sie ganz
weglaufen. Obschon die Neutralsalze keinen Bestandtheil der Seife bilden, so ist
doch bei der gegenwaͤrtigen Seifensiederei ihr Daseyn in der Lauge
unvermeidlich notwendig, und in einigen Faͤllen, wo man Alkalien anwendet,
die entweder keine solche Salze, oder nur eine geringe Menge derselben enthalten,
bedient man sich des Kochsalzes an ihrer Stelle.
Nach meinem Patent-Verfahren wird man aber sehen, daß kein solches Neutralsalz
in der Lauge notwendig ist; daß ich vielmehr die Sodalauge rein anwende, so daß es
durchaus nicht noͤthig ist irgend etwas in den Kessel zu thun, was nicht zur Zusammensezung
der Seife unmittelbar gehoͤrt.
Die Vortheile dieses Verfahrens werden jedem Seifensieder einleuchten. Da es hier
keine todte Lauge (spent lees) abzulassen gibt, geht
weder Alkali noch Talg verloren und es ist kein Aescherbrennen noͤthig; der
Hauptuͤbelstand, der Seifensiedereien so laͤstig macht, ist hier
beseitigt, und die Arbeit ist bedeutend abgekuͤrzt.
Diese Art Seife zu bereiten laͤßt sich auf alle verschiedenen Arten von Seife
anwenden, die man heute zu Tage bereitet, und eine auf diese Weise bereitete Seife
steht in keiner Hinsicht derjenigen nach, die nach dem bisher gewoͤhnlichen
Verfahren bereitet wurde.
Der Erfinder schmeichelt sich, daß, da reine Soda auf eine sehr wohlfeile Weise aus
dem englischen Alkali (British Alkali) durch Zersezung
des Kochsalzes erhalten werden kann, die Verfertigung dieses inlaͤndischen
Fabrikates durch seine Verbesserung eine große Ausdehnung erhalten kann.Der Patent-Traͤger hat hier wie die meisten
Patent-Traͤger die Hauptsache mit Stillschweigen umgangen;
naͤmlich die Weise, wie er reine Soda erhaͤlt. Daß man nach
seiner Methode gute Seife erhaͤlt, und einer Menge von
Unbequemlichkeiten bei der gewoͤhnlichen Seifensiederei entgeht,
unterliegt keinem Zweifel. Die Frage ist nur, wie er sich eine reine
Sodalauge bereitet? Aus Barilla und Kelp erhaͤlt er sie gewiß nicht.
Nach einer Andeutung in den lezten Zeilen seiner Bemerkungen scheint er sie
durch Zersezung von Kochsalz zu erhalten. Wie er sich aber hierauf kann ein
Patent ertheilen lassen, da die Gewinnung der Soda aus Kochsalz allgemein
bekannt ist, und selbst auf dem festen Lande allgemein betrieben wird, sehen
wir nicht ein. Auch sehen wir nicht ein, wie er einen Seifensieder, der
allenfalls so klug ist, den gewoͤhnlichen Schlendrian aufzugeben, und
nach einer rein chemischen Methode bei seiner rein chemischen Arbeit zu
verfahren, hindern kann, nach dieser Methode zu arbeiten. Er wird in jede
Seifensiederei einen Aufseher stellen muͤssen, der dem Seifensieder
verbietet, so zu verfahren, wie er verfaͤhrt, wenn er sein
Patent-Recht geltend machen will. A. d. Ue.