Titel: | Ueber die Anwendung und Verbesserung des Gußeisens. Von Hrn. Daniel Treadwell, Mechaniker in den Vereinigten Staaten N. Amerik. |
Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. LXVII., S. 284 |
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LXVII.
Ueber die Anwendung und Verbesserung des
Gußeisens. Von Hrn. Daniel
Treadwell, Mechaniker in den Vereinigten Staaten N. Amerik.
Aus dem Boston Journal of Science. In Gill's technological and
microscop. Repository. Bd. V. N. IV. S. 222.
Treadwell, uͤber die Anwendung und Verbesserung des
Gußeisens.
Der haͤufige Gebrauch, den man heute zu Tage von Gußeisen selbst zu Zweken
macht, an welche man vor wenigen Tagen noch gar nicht dachte, gibt jeder
Untersuchung der Eigenschaften und der Verfertigung desselben einen gewissen Grad
von Wichtigkeit. Gußeisen ist heute zu Tage nicht mehr bloß das Material zu unserem
Kuͤchengeschirre und grobem Hausgeraͤthe; es wird nicht bloß beinahe
ausschließlich zu Maschinen aller Art verwendet; man baut heute zu Tage
HaͤuserMan hat den Uebersezer verhoͤhnt, als er vor 8 Jahren im Polyt. Journ. von Haͤusern aus Gußeisen
sprach. Was man in Europa verhoͤhnt, wird in Amerika
ausgefuͤhrt. Es ging selbst den Dampfbothen nicht besser. A. d.
Ue. und Schiffe aus Gußeisen, und Straßen und Bruͤken. Es gibt in England
allerdings Verhaͤltnisse, die einen weit ausgedehnteren Gebrauch des
Gußeisens beguͤnstigen, als bei uns (in den Vereinigten Staaten
Nord-Amerikas). Eisen und Steinkohlen sind in England im Ueberflusse,
waͤhrend das Holz daselbst theuer und selten ist. Wir, in Neu-England,
haben dafuͤr keine guten Steinkohlen, aber große Waͤlder von
Bauholz.
Indessen ist der Gebrauch des Gußeisens zu Maschinen bei uns ziemlich allgemein
geworden. Ohne Gußeisen koͤnnten die Erfindungen unseres Zeitalters gar nicht
ausgefuͤhrt werden. Eine Maschine aus Holz, das bestaͤndig dem
Schwellen, Schwinden und Werfen unterworfen ist, so oft der hygrometrische Zustand
der Atmosphaͤre sich aͤndert, ist immerdar in Gefahr in Unordnung zu
gerathen. Man kann sagen, daß eine Maschine aus Holz morgen ein ganz anderes Ding
ist, als sie heute war; daß sie sich selbst nicht zu erhalten weiß. Eine Maschine
aus Gußeisen bleibt hingegen immer dasselbe Ding, und die Ausdehnungen und
Zusammenziehungen derselben bei Wechsel der Temperatur sind unbedeutende
Kleinigkeiten.
Es bleibt indessen noch Manches zu thun uͤbrig, um das Gußeisen bei uns zu
vervollkommnen. Leider wird es, so schlecht es auch seyn mag, so sehr gesucht, daß
sich kaum erwarten laͤßt, daß unsere Eisenhuͤtten- und
Gußmeister der Verbesserung ihrer Arbeiten die gehoͤrige Aufmerksamkeit
schenken werden. Der senkrechte Guß ist in den Gießereien
in unserer Nachbarschaft noch nichts weniger als gemein, obschon er Vortheile
gewaͤhrt, die so allgemein anerkannt sind, daß er laͤngst
haͤtte allgemein eingefuͤhrt werden sollen. Man hat durch Versuche
erwiesen, daß die Staͤrke einer senkrecht gegossenen Eisenstange sich zu
jener einer horizontal gegossenen, wie 1218 zu 1166 sich verhaͤlt; sie ist
uͤberdieß weit weniger blasig und weit weniger jenen Maͤngeln
ausgesezt, die so oft alle Berechnung und alle Geschiklichkeit des Mechanikers zu
Schanden machen. Diese Vorzuͤge der senkrecht gegossenen Eisenstange sind
nicht, wie man sagt, die Wirkung der bloßen Lage, sondern des Drukes der senkrechten
Metallsaͤule. Wenn dieser Druk noch durch die Schwere eines fremden
aͤußeren Metalles vermehrt wird, so wird der Guß noch kraͤftiger,
oder, wie man sagt, gesunder. Man hat diesen Grundsaz erst neuerlich so weit
getrieben, daß man den Guß durch mechanische Mittel preßte.
Man hat das Gußeisen in drei verschiedene Arten getheilt, in weißes, graues und
schwarzes; allein diese Arten gehen in jedem Grade so sehr in einander uͤber,
daß manches derselben weder zur einen noch zur anderen Art zu gehoͤren
scheint. Der weiße Guß ist hart und bruͤchig, und es scheint, daß man noch
nicht recht weiß, woher dieß kommt. Der schwarze Guß ist dagegen weich und
muͤrbe, und traͤgt alle Spuren einer zu großen Menge Kohlenstoffes an
sich. Der graue Guß, oder, wie man ihn zuweilen nennt, das Kanonenmetall, ist den
beiden uͤbrigen zu jedem Zweke vorzuziehen; es ist weich genug, um der Feile
nachzugeben, und ist doch dabei staͤrker, als die beiden anderen.
Gußeisen sollte, wo man es zu Maschinen oder zu Gebaͤuden verwendet, niemals
einem Gewichte oder Druke unterworfen werden, der eine bleibende Veraͤnderung
in der Figur desselben, oder, wie es die Arbeiter nennen, ein sogenanntes Sezen
erzeugt. Da dieß nur bei einer Veraͤnderung der Verhaͤltnisse der
lezten Theilchen gegen einander geschehen kann, so wird eine kleine Vermehrung einer
Kraft, die bereits hinreicht, diese Veraͤnderung zu erzeugen, auch
hinreichend seyn, dieselbe so sehr zu vergroͤßern, daß endlich alles
Verhaͤltniß unter diesen Theilchen aufhoͤren muß. Obschon man diese
Bemerkung als Grundsaz gelten lassen kann, so findet dieser Grundsaz jedoch in der
Anwendung seine Graͤnze, welche von der Gestalt und Groͤße der Stange, von der Art des
Eisens und von der Richtung der Kraft abhaͤngt. Es scheint bei einigen
Koͤrpern der Fall zu seyn, vorzuͤglich bei solchen, welche ein
krystallini'sches oder glasiges Gefuͤge haben, daß, wenn sie stark gespannt
werden, oder wenn ihre Theilchen einmal uͤber einen gewissen Punkt hinaus von
einander entfernt sind, die Trennung derselben vollkommen wird. Dieser Punkt steht
im Verhaͤltnisse mit ihrer Elasticitaͤt, d.h. mit derjenigen Kraft,
durch welche sie in ihre vorigen Verhaͤltnisse gegen einander, oder
abstaͤnde von einander zuruͤk zu treten vermoͤgen. Bei diesen
kann keine bleibende Veraͤnderung in ihrer Figur erzeugt werden; der Bruch
ist die Folge der Anwendung einer jeden Kraft, die ihre Elasticitaͤt
zerstoͤrt.
Die harte Art des Gußeisens naͤhert sich diesem glasartigen Gefuͤge,
und man hat bei dem Gebrauche desselben den bedeutenden Voltheil, daß, wenn diese
Art von Gußeisen bricht, sie auf der Stelle bricht, waͤhrend, bei den
weicheren Arten von Gußeisen, die einer bleibenden Veraͤnderung ihrer Figur
faͤhig sind, der Bruch oft dann erst erfolgt, wann die Kraft einige Zeit
uͤber zu wirken fortfuhr. Wenn nun eine Kraft auf dieses Eisen wirkt, die im
Stande ist eine solche Veraͤnderung zu erzeugen, und eine Zeit lang forgesezt
wirkt, oder wenn die Richtung, unter welcher sie wirkt, bestaͤndig wechselt,
wie dieß bei Maschinen oft der Fall ist, so wird am Ende ein Bruch zum Vorscheine
kommen. Es haͤngt indessen sehr viel von der Gestalt der Stange ab, und von
der Richtung der Kraft, wenn diese bestaͤndig ist. So kann an einer
Gußeisenstange, wann die Kraft quer an derselben angebracht und das Eisen weich ist,
eine Veraͤnderung in der Entfernung der Theilchen uͤber die
Graͤnze ihrer elastischen Kraft hinaus Statt haben, ohne daß diese Theilchen
ihre Zusammenhangsanziehung (cohesive attraction)
verlieren. In diesem Falle erleiden die Theilchen in der Mitte der Stange keine
Spannung, bis nicht die Stange etwas gekruͤmmt wird, wo sie dann noch eine
staͤrkere Kraft auszuhalten vermoͤgen, ehe die aͤußeren Theile
bis auf den Brechpunkt gespannt werden. In jenen Faͤllen hingegen, wo die
Richtung des Bruches unter einem rechten Winkel auf die Richtung der Kraft steht,
gilt der oben aufgestellte Grundsaz, naͤmlich, daß die angewendete Kraft
nicht hinreichen darf eine bleibende Veraͤnderung in der Figur zu erzeugen.
Doch dieß koͤnnte vielleicht zu tief aus dem dunklen Abgrunde der lezten
Atome gegriffen seyn, und wir hoffen, daß man uns entschuldigen wird, wenn wir obige
Thatsachen auf diese Weise unter einander verbanden.
Bei Gußeisenstuͤken, welche eine Spannung oder eine Gewalt nach der Quere
erleiden muͤssen, macht man gewoͤhnlich die Tiefe um mehrere Male
groͤßer, als die Breite, indem man allgemein annimmt, daß die Staͤrke sich wie
das Quadrat der Tiefe multiplicirt mit der Breite verhaͤlt. Allein, nach den
Versuchen des beruͤhmten sel. Hrn. Rennie (Phil. Trans. P. J. 1828.), galt diese Regel bei einer
Eisenstange von 4 Zoll Tiefe und 1/4 Zoll Breite nicht ganz, obschon sie derselben
ziemlich nahe kam, und dieser Herr haͤlt es fuͤr offenbar, daß das
System des Stellens auf die Kante (deping) beinahe seine
Graͤnze erreicht hat.
Versuche uͤber die absolute Staͤrke des Eisens wurden von mehreren
Physikern sowohl als Mechanikern angestellt. Die oben erwaͤhnten Versuche des
Hrn. Rennie verdienen alle Aufmerksamkeit: sie wurden mit
einem Apparate angestellt, der ganz geeignet war genaue Resultate zu liefern. Sie
zeigen die Kraft, mit welcher das Eisen dem Zusammendruͤken widersteht; die
Kraft, mit welcher dasselbe dem Drehen widersteht; die Zaͤhigkeit desselben,
wenn die Kraft an demselben in der Richtung seiner Achse, und wenn sie unter rechten
Winkeln auf dieselbe angewendet wird.
Seine Versuche in Hinsicht auf die Kraft, mit welcher das Eisen dem
Zusammendruͤken widerstrebt, gaben folgende Resultate. Wuͤrfel von
einem Achtelzoll, aus der Mitte eines großen Blokes genommen, wurden von einem
Gewichte von 1440 Pfd. zerquetscht; und, was etwas anomal zu seyn scheint, bei
mehreren Versuchen mit Wuͤrfeln von derselben Flaͤche mit dem vorigen,
aber von einer groͤßeren Hoͤhe, wurde die Kraft, die zum Zerquetschen
derselben erforderlich war, vergroͤßert. Wuͤrfel von einem Viertelzoll
wurden im Durchschnitte von keiner geringeren Kraft, als von 10,351 Pfd.
zerquetscht. Die Kraft des Widerstandes verhaͤlt sich, wie man erwarten
konnte, nicht wie die Flaͤche, sondern stieg in einem noch rascheren
Verhaͤltnisse.
Hr. Rennie fuͤhrt nur zwei Versuche uͤber
Gußeisen an, um die Kraft zu bestimmen, mit welcher dasselbe eine Last zu tragen
vermag, die unmittelbar an den Enden der Stange aufgehaͤngt ist. Diese
Versuche wurden mit einer Stange von 1/4 Zoll Flaͤche angestellt, und gaben
ein Mittel von 1193 Pfd.; also 19,088 Pfd. auf den Zoll. Nach Muschenbroeck's Versuchen traͤgt eine Stange von Einem Zoll
Flaͤche 63286 Pfd. Hr. Rennie hat gefunden, daß
wenn Stangen von einem Viertelzoll im Gevierte mit einem Ende in einem
Schraubenstoke festgehalten werden, und ein drei Fuß langer Hebel an derselben so
angebracht wird, daß man sie drehen oder winden kann, sie eine Kraft von 9 Pfd. an
den Enden des Hebels auszuhalten vermag.
Seine Versuche uͤber die Staͤrke einer Eisenstange, mit welcher
dieselbe einer quer auf sie angebrachten Kraft zu widerstehen vermag, gaben folgende Resultate. Eine
Stange von einem Zoll im Gevierte brach unter einem Gewichte von 1086 Pfd., wann die
Stuͤzen, welche sie zu beiden Seiten trugen, 2 Fuß 8 Zoll von einander
entfernt waren; als diese Stuͤzen nur Einen Fuß vier Zoll von einander
entfernt waren, brach eine Stange von derselben Groͤße unter 2320 Pfd. Eine
Stange von zwei Zoll Tiefe und einem halben Zoll Dike bei zwei Fuß acht Zoll
Laͤnge brach unter 2185 Pfd., und als die Stuͤzen Einen Fuß vier Zoll
weit von einander standen, brach sie mit 4508 Pfd. Dreiekige Prismen, deren
Querdurchschnitt dieselbe Flaͤche mit den vorigen Stuͤken hatte,
brachen unter 1437 Pfd., wem einer der Winkel nach oben gekehrt war, und mit 840
Pfd., wenn der Winkel nach unten gekehrt war: in beiden Faͤllen standen die
Stuͤzen 2 Fuß 8 Zoll von einander. Stangen, die drei Zoll tief und ein
Drittelzoll dik sind, und vier Zoll tief und ein Viertelzoll sind, forderten die
eine 3588 Pfd., und 3979 Pfd. die andere um zu brechen, wenn die Stuͤzen 2
Fuß 8 Zoll von einander waren. Hr. Rennie wiederholte
auch den paradoxen Versuch des Hrn. Emerson, und fand ihn
bestaͤtigt, naͤmlich daß, wenn die Kraft auf eine Seite eines
dreiseitigen Prismas wirkt, dieses Prisma staͤrker wird, wenn man den Theil,
welcher den gegenuͤberstehenden Winkel bildet, wegschneidet, d.h., ein Theil
ist staͤrker als das Ganze.
Wir beschließen diesen Aufsaz mit einer vergleichenden Uebersicht der Staͤrke
einiger verschiedenen Metalle gegen Gewichte, welche an denselben aufgehaͤngt
werden. So halten, nach Hrn. Rennie's Versuchen,
Staͤbe von Einem Viertelzoll im Gevierte, an denselben aufgehaͤngt,
bis sie reißen:
Eine Stange
aus Gußeisen, horizontal
1166 Pfd.
– – – vertical
1218 –
– aus Gußstahl, vorher
gehaͤmmert,
8391 –
– Blasenstahl, verduͤnnt
durch Hammern,
8322 –
– Scharstahl, do
7977 –
– Schwedisches Eisen, do
4504 –
– Englisches Eisen, do
3492 –
– hartes Kanonenmetall,
2273 –
– Kupfer, gehaͤmmert
2112 –
– Kupfer, gegossen
1192 –
– aus
schoͤnem gelben Messing,
1123 –
– Zinn, gegossen
296 –
– Blei
gegossen
114 –