Titel: | Schornsteine ohne Schornsteinfeger zu kehren. |
Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. LXVI., S. 280 |
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LXVI.
Schornsteine ohne Schornsteinfeger zu
kehren.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. April
1829. S. 232.
Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
Schornsteine ohne Schornsteinfeger zu kehren.
„Wenn man berechnet, „sagt der Einsender,“ daß viele
Schornsteine nur 9 Zoll auf 14 im Gevierte in der Weite haben, so muß ein kalter
Schauder uns uͤberlaufen, so oft wir bedenken, daß menschliche Wesen,
Kinder in ihrem Wachsthume, durch solche enge Raͤume durchgejagt werden,
und es waͤre zu wuͤnschen, daß die Gesezgebung diese Barbarei
verboͤte und bestrafte, sobald es moͤglich ist die Schornsteine
auf eine andere Weise zu reinigen.“
149)
„In Schottland kehrt man die Schornsteine zuweilen dadurch, daß man einen
Buͤndel Ginster oder Stechpalmen mittelst eines Seiles oben durch den
Schornstein herablaͤßt, und dann in demselben hin und her zieht. In
vielen Gegenden Englands kehrt man auf dieselbe Weise. Diese Kehrmethode wurde
seit einigen Jahren dadurch sehr verbessert, daß man sich einer biegsamen Stange
bedient, die aus mehreren leicht zusammenzufuͤgenden Stuͤken
besteht, an diesen die Stechpalmen oder den Ginster befestigt, und damit in den
Schornstein hinauffaͤhrt, so daß das gefaͤhrliche Hinaufklettern
auf das Dach zum Herablassen der Leine durch den Schornstein gaͤnzlich
vermieden wird.“
„Dieser leztere Apparat hat selbst wieder, sowohl in Hinsicht auf die
Stangen als auf die Kehrbesen, mehrere Veraͤnderungen erhalten. Die Besen
erhielten eine zahllose Menge von Formen, und die Stange wurde in ihren
einzelnen Stuͤken der Laͤnge nach in der Mitte durchbohrt, so daß
man den Strik durch diese Roͤhren ziehen und sie zur Stange
zusammenbinden konnte, waͤhrend sie im Schornsteine hinaufgeschoben
wurde. Allein alle diese Verbesserungen hatten, abgesehen von dem
gewoͤhnlichen Baue der Schornsteine, der sie oft ganz unbrauchbar macht,
ihre Fehler, von welchen die wichtigeren folgende sind. 1) Wenn die Stange nicht
die gehoͤrige Dike hat, so kann der Besen nur klein seyn, und wird
folglich nicht gehoͤrig kehren. 2) Ein groͤßerer Besen wird bei der
weiteren Oeffnung des Schornsteines allerdings leicht eingefuͤhrt werden
koͤnnen, um aber bis zu dem obersten Ende des Schornsteines hinauf zu
gelangen, muß die Stange sehr stark seyn, sonst bricht sie. 3) Wenn man einen
großen, oder nur einen mittelmaͤßig großen Besen braucht, so muß man
sorgfaͤltig darauf Acht geben, daß ein Zeichen gegeben wird, sobald der
Besen oben am Schornsteine durch ist, besonders wo Kappen oben aufgenagelt sind.
4) Waͤhrend der Besen in die Hoͤhe geschoben wird, geraͤth
das zur Aufnahme des Rußes bestimmte Tuch mehr in Unordnung, als wenn man
denselben herabzieht, und doch wirkt gerade im ersten Falle der Besen auf
diejenigen Stellen, wo der Ruß am diksten sizt. Diese Bemerkungen beziehen sich
auf alle bis jezt oͤffentlich bekannt gemachten Vorrichtungen zum
Schornsteinkehren, und gelten entweder einzeln oder alle zusammen von jeder
derselben.“
„Nach meiner Art kann ein großer Besen eben so leicht und in eben so
kurzer Zeit in den Schornstein hinaufgefuͤhrt werden, als ein kleiner,
indem die Stuͤke, aus welchen die Stangen bestehen, sehr leicht durch die
Hand laufen. Bei Vergleichung der Ursachen, warum ein Besen, wenn er etwas groß
ist, schwer in den Schornstein hinauf-, aber leicht herabgeht, fand ich,
daß wenn man dem Besen eine Art von Band gibt, er eben so leicht hinauf-,
als herabgehen muß; und darauf gruͤndete ich eine Vorrichtung, die meinen
Erwartungen entsprach. An meinem Apparate sind alle Stuͤke an den
Gefuͤgen beweglich, bis man endlich einen Ring uͤber dieselben
zieht, der sie befestigt. Der Besen ist in eine Huͤlle eingeschlossen,
und nimmt dann wenig Raum ein: diese Huͤlle wird durch Ringe und ein Ende
eines langen Kupferdrathes festgehalten. Wenn meine Vorrichtung in Ordnung
gebracht ist, laͤßt sie sich sehr leicht und schnell in dem Schornsteine
hinauffuͤhren, und eben so leicht wieder zuruͤkfuͤhren,
wenn sie zu hoch hinaufgekommen waͤre. Sobald sie auf die
gehoͤrige Hoͤhe gekommen ist, zieht man an dem Drathe, die Binde
um die Huͤlle wird los, die Fischbeine, aus welchen der Besen besteht,
oͤffnen sich, in Folge ihrer Elasticitaͤt, nach auswaͤrts,
und die Buͤrste faͤllt dann entweder von selbst herab, oder wird
mittelst des Drathes und einer an demselben befestigten Schnur herabgezogen. Auf
diese Weise kann man einen großen Besen, der weit besser kehrt, leicht anwenden,
und seine Arbeit faͤngt von oben an.“
„Die Stange kann nun sehr leicht gebaut werden, da der haͤrteste
Theil ihrer Arbeit, das Hinausschieben des Besens, von ihr genommen ist. Ich
habe aber noch einen anderen Vortheil bei meiner Einrichtung, der eben so
wichtig ist; das Tuch naͤmlich, welches den Ruß auffaͤngt (oder
der sogenannte Vorhang) und so eingerichtet ist, daß kein Staͤubchen Ruß
herabfallen kann, und die Maschine dadurch doch nicht in ihrer Arbeit gehindert
wird. Es ist so einfach und so leicht anzuwenden, daß man es auf keine andere
Weise bequemer und schneller brauchen kann; wenigstens ist dieß nicht der Fall
mit den geknoͤpften Vorhaͤngen, welche der Schornsteinfeger nie
gehoͤrig einknoͤpft, und wodurch er, zuweilen absichtlich, alle
Kehr-Apparate bei den Parteien in Mißcredit bringt. Diesen Vorhang werde
ich unten beschreiben.“
„Fig.
22. stellt den ganzen Apparat in seiner Vollkommenheit dar. Er besteht
aus einer Menge von Stuͤken, die der Laͤnge nach in ihrer Mitte
durchbohrt sind: das Loch, in welches der Drath eingezogen wird, befindet sich
ungefaͤhr zwei Zoll weit von den Enden eines jeden Stuͤkes. Diese
Drathe sind unter einem beweglichen Ringe verbunden und halten die Stuͤke
zusammen, waͤhrend sie bei der Arbeit herabgezogen werden. Von den ersten
zwoͤlf Stuͤken zunaͤchst am Besen mag jedes Einen Fuß lang
seyn. Die folgenden zwoͤlf Stuͤke koͤnnen jedes anderthalb
Fuß lang seyn. Die uͤbrigen (die Stange mag so lang seyn, als sie will)
duͤrfen nie uͤber zwei Fuß lang seyn. Die Durchmesser am Ende des
Holzes sind ungefaͤhr drei Viertel Zoll, und die Zunahme oder Verdikung,
die den Ring vor dem Auf- oder Absteigen hindert, braucht nicht viel mehr
als die Metalldike zu betragen.“
„Fig.
23. zeigt das obere und untere Ende zweier solchen
Stangenstuͤke vergroͤßert, um die Art zu zeigen, wie die
Gefuͤge gebildet sind. Bei a, a, sind
Loͤcher zur Aufnahme des Drathgewindes, bb, durchgebohrt, welches dadurch gebildet wird, daß man ein gerades
Stuͤk Drath in das Loch, a, des
Stuͤkes, dd, bringt, und dasselbe in
die Figur ebb biegt, (Fig. 24.). Das
Stuͤk cc wird dann dicht auf das
Stuͤk, d, d, gesezt, der Drath bei e offen gestrekt, und die beiden Enden des Drathes
in das Loch a des Stuͤkes cc eingefuͤgt, worauf der Ring, cc, uͤber diese ganze Vorrichtung
gezogen wird.“
150)
„Fig.
24. ist das Drathgewinde, dessen Seiten vier bis fuͤnf Zoll
lang seyn koͤnnen, waͤhrend der Ring sechs Zoll lang
ist.“
„Fig.
25. die lederne Huͤlle, die das Fischbein des Besens
umhuͤllt und zusammenhaͤlt, aa
ist eine Reihe von Knopfblechen. bb, eine
Reihe kleiner in das Leder eingelassener Ringe, cccc vier lederne Spizen, deren jede an ihrem Ende mit einem Ringe
versehen ist.“
„Fig.
26. ein doppelter Kupferdrath, der durch die Ringe durchgezogen wird, nachdem diese
durch die Knopfbleche oder Knopfloͤcher durchgezogen wurden.“
„Fig.
27. die Huͤlle auf dem Besen aufgezogen. Die oberste Reihe der
Besenreise steht frei heraus, und die Enden des Kupferdrathes, aa, sind durch die Ringe, c,
c, c, c, gezogen, und halten die vier ledernen Spizen nieder, e ist ein starker messingener Glokendrath, von der
Laͤnge der Stange, oder noch laͤnger. Ein Ende desselben ist in
dem Auge des doppelten Drathes befestigt, und eine kleine Kette oder Schnur, ff, ist an diesem und an der Huͤlle
festgemacht, wodurch, wenn der Drath aus den Ringen gezogen wird, dieses
Kettchen oder die Schnur die Huͤlle festhaͤlt.“
151)
„Fig.
28. ist der Vorhang vor dem Kamine. Ein rundes Loch ist in der Mitte
desselben ausgeschnitten, und an den Rand desselben der obere Rand eines weiten
Sakes angenaͤht, n, welcher sich in einen
Aermel endet, h. Das Stuͤk der Stange
zunaͤchst unter dem Besen wird innenwendig durch den Aermel
durchgeschoben (von der Seite des Kamines heraus) und an dieses Stuͤk
werden nach und nach die uͤbrigen befestigt. Da die untere Oeffnung des
Aermels klein ist, so schließt sie die Hand leicht, wenn dieselbe die Stange bei
dem Kehren an diesem Orte pakt. Der weite Sak dient dazu, um die Stange auch
senkrecht zu fuͤhren, da man oͤfters weit in den Schornstein
hinein mit derselben fahren muß.“
Fig. 29.
zeigt die Art, wie dieser Apparat gebraucht wird. Die Stuͤke ABCDEFG werden in dem Zimmer, in welchem man
den Kamin kehren will, quer neben einander hingelegt, und wenn der Boden mit
einem Teppiche belegt ist, wird denselben ein altes Tuch untergebreitet. Nachdem
die Stange A in den Schornstein hinaufgebracht und
das Ende h in die Hand gebracht wurde, wird der
Drath von B aufgezogen oder ausgestrekt, und in die
Loͤcher von A eingefuͤgt, der Ring
daruͤber herabgezogen, und auf aͤhnliche Weise mit den
uͤbrigen Stuͤken verfahren, nur daß der Ring abwechselnd
hinaufgezogen und herabgeschoben werden muß. Der Ring i wird dann den Drath C bedeken, u.s.f.
mit k, l, m, bis n
uͤber G kommt.“
„Wenn man die Stuͤke immer in derselben Ordnung brauchen will, und
es sollten deren 8 seyn, so braucht man nur die ersten vier Stuͤke mit
den Zahlen 1, 2, 3, 4, zu bezeichnen, und eine Kerbe darunter zu schneiden, die
anderen mit 1, 2, 3, 4 und einem kupfernen Naͤgelchen zu bezeichnen.
„Beim Tragen kann man diese Stangen in Stuͤke von 6 Fuß
Laͤnge zusammenbringen, und in ein enges Futteral steken, nachdem man die
Buͤrste abgenommen hat.“
„Wenn die Stange auch 70 Fuß lang seyn sollte, so laͤßt sie sich
doch leicht paken und transpotiren: jeder Junge kann sie in einer Hand tragen.
Der Vorhang schließt so genau, daß man bei Anwendung desselben den Kamin eines
Sizzimmers gekehrt hat, ohne daß es noͤthig gewesen waͤre den
Fußboden wegzunehmen.“
152)
Tafeln
