Titel: | Bemerkung über die Anwendung des Apparates, mit welchem man an der Charité zu Paris täglich tausend Portionen Knochengallerteauflösung bereitet. Mitgetheilt von Hrn. D'Arcet. |
Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. LII., S. 211 |
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LII.
Bemerkung uͤber die Anwendung des
Apparates, mit welchem man an der Charité zu Paris taͤglich tausend
Portionen Knochengallerteaufloͤsung bereitet. Mitgetheilt von Hrn. D'Arcet.
Im Recueil industriel N. 33. S.
305.
Mit einer Abbildung auf Tab. V.
D'Arcet, Apparat zur Knochengallerteaufloͤsung.
Der ununterbrochene Gebrauch, den man seit mehreren Monaten von meinem im X. Bd. S.
168. des Recueil industriel (im Polytechn. Journ. Bd. XXXIII. S.
222.) beschriebenen Apparat machte, veranlaßte mich eine Verbesserung an
demselben anzubringen, die ich fuͤr sehr nuͤzlich halte, und die ich
mich beeile hier bekannt zumachen, um denjenigen, die sich dieses Apparates bedienen
wollen, die Schwierigkeiten zu ersparen, die ich gefunden habe, wenn man mit großen
Cylindern arbeiten muß.
Ich habe gesagt, daß man die Menge des verdichteten Wassers in den Cylindern
abaͤndern kann, wenn man denselben eine große Oberflaͤche im
Verhaͤltnisse zu ihrem Wuͤrfel gibt; wenn man der Oberflaͤche
derselben die Politur nimmt, und sie matt braun macht, und wenn man sie endlich
durch was immer fuͤr ein Mittel gehoͤrig abkuͤhlt. Die
Erfahrung hat mich zeither gelehrt, daß man die Verdichtung des Dampfes bei der
Achse der Cylinder anfangen muͤsse; auch habe ich dieses Mittel sogleich in
dem Hospiz der Charité an dem daselbst befindlichen Apparate angebracht, und
den erwuͤnschten Erfolg dadurch erhalten. Diese Verbesserung besteht in
Folgendem.
Ich bringe kaltes Wasser in jeden Cylinder uͤber die Knochen und in den
Mittelpunkt eines jeden Korbes. Dieses Wasser, welches aus einem ziemlich hoch
gelegenen Behaͤlter kommt, gelangt so zu sagen Tropfen fuͤr Tropfen
und nur in solcher Menge in jeden Cylinder, daß es genau diejenige Menge Wassers
bildet, welche zur Verfertigung so vieler Rationen Knochengallerteaufloͤsung
gehoͤrt.
Dieses Wasser wird, sobald es auf die Oberflaͤche der Knochen gelangt, die auf
eine Temperatur von 106° des hundertgradigen Thermometers erhizt sind,
schnell heiß und vermengt sich mit dem Wasser, welches durch Verdichtung des Dampfes
entsteht, laͤuft durch den Cylinder in der Richtung der Achse desselben,
waͤscht nach und nach die Knochen, und loͤst die Gallerte in dem Maße
auf, als sie aufloͤslich wird.
Die Roͤhre, welche das kalte Wasser in jeden Cylinder fuͤhrt, ist mit
einem Hahne versehen, welcher das Wasser nach Belieben absperren und den Zufluß
desselben so reguliren kann, daß unter dem Druke, welchen das Wasser erleidet und
welcher immer gleichfoͤrmig erhalten werden muß, man immer diejenige Menge
Wassers erhaͤlt, deren man bedarf, so daß man immer in gleichen
Zeitraͤumen gleiche Mengen Wassers bekommt. Ein Beispiel wird die Sache
erlaͤutern.
Die vier Cylinder des Apparates am Spitale der Charité, welche zusammen eine
Oberflaͤche von vier Quadratmeter bilden, koͤnnen in Einer Stunde 6
Liter Wasser brauchen. Wenn man aber mit diesem Apparate 1000 Portionen
Knochengallerteaufloͤsung in Einem Tage erhalten will, so wuͤrde man
ungefaͤhr 21 Liter solcher Aufloͤsung in jeder Stunde erhalten
muͤssen. Man muß also ungefaͤhr 15 Liter kalten Wassers in Einer
Stunde auf die Oberflaͤche der Knochen oben in dem Cylinder
einfuͤhren. Die 5 1/4 Liter Knochengallerteaufloͤsung, die dann in
Einer Stunde aus jedem Cylinder ausfließen werden, werden bestehen aus
1,50 Liter Gallerteaufloͤsung, die durch den in dem Cylinder verdichteten
Dampfe erzeugt wird; und aus
3,75 Liter Gallerteaufloͤsung, die durch das oben in dem Cylinder nach der Richtung seiner Achse
eingelassene kalte Wasser gebildet wird.
Die Vortheile dieses Verfahrens sind einleuchtend. Wenn der Dampf in der Mitte der
Cylinder, und nicht an den Waͤnden, verdichtet wird, kann man niedrigere
Cylinder brauchen, die, im Verhaͤltnisse zur Oberflaͤche, einen
groͤßeren Wuͤrfel bilden, und vorzuͤglich weniger kosten; man
erhaͤlt mehr concentrirte Aufloͤsungen; man kann, wenn man will, bei
einer hoͤheren Temperatur arbeiten, ohne Gefahr zu laufen, daß entweder die
in der Mitte befindlichen Knochen nicht aufgeloͤst werden, oder daß die
Gallerte derselben zersezt wird; man erhaͤlt eine mehr klare
Aufloͤsung, die man alsogleich Statt des Wassers zum Kochen der
Gemuͤse und zur Verfertigung der Suppen brauchen kann; die Knochen werden in
dem Apparate alle gleichfoͤrmiger ausgezogen; man kann sich endlich dikerer
Cylinder oder solcher Gefaͤße bedienen, die schlechtere Waͤrmeleiter
sind und wenig Wasserdampf verdichten, was zur Bereitung einer concentrirten
Gallertes aufloͤsung, die bei dem Abkuͤhlen leicht stokt, sehr
zutraͤglich ist.Hr. Jourdan, Administrator des Spitales der
Charité, der mit vielem Eifer und mit großer Beharrlichkeit sich den
Vorurtheilen und dem Schlendrian in Hinsicht auf Anwendung der
Knochengallerte als Nahrungsmittel widersezte, ließ zum Dienste des Spitales
Saint Louis, an welchem er gleichfalls
Administrator ist, einen Apparat von derselben Groͤße, wie an der
Charité, erbauen. Er hat zu diesem neuen Apparate vier Roͤhren
aus Gußeisen verwendet, die ehevor als Wasserleitungen dienten. Dieser
Apparat arbeitet sehr gut und erzeugt eine sehr reine
Knochengallerteaufloͤsung. Hr. Jourdan gab
auch ein Beispiel, wie in theuren Zeiten solche Apparate aus Materialien
gebaut werden koͤnnen, die sich in jeder großen Stadt finden. Sein
Apparat im Spitale St. Louis zeigt deutlich, daß Roͤhren aus Gußeisen
sehr gut als Cylinder dienen koͤnnen, und daß es folglich
moͤglich ist Apparate zur Knochengallerteaufloͤsung zu
erhalten, die beinahe keiner Ausbesserung beduͤrfen und
unzerstoͤrbar sind. A. d. O.
Die Figur und die Erklaͤrung, die ich hier beifuͤge, werden diese
Einrichtung leicht begreiflich machen. In Fig. 13. auf Tab. V.
ist
ABDF, ein senkrechter Durchschnitt eines der vier
Cylinder.
GHIK, ist der senkrechte Durchschnitt des mit
Knochen angefuͤllten Korbes in dem Cylinder.
ECC, eine Roͤhre, welche den Dampf in den
unteren Theil des Cylinders fuͤhrt, wie oben angegeben wurde.
LL, Roͤhre zur Einfuͤhrung des
kalten Wassers in das Innere des Cylinders.
M, Hahn auf der Rohres, um den Zufluß des kalten Wassers
nach Belieben zu reguliren und zu sperren. Das Loch dieses Hahnes ist so groß, daß
unter dem im Cylinder bestehenden Druke nur 3,75 Liter kalten Wassers in Einer
Stunde einfließen koͤnnen.
N kleine zinnerne Roͤhre, die sich in die
Roͤhre L einreibt, wie man bei S sieht. Diese Rohre leitet das kalte Wasser in den Mittelpunkt des
Cylinders. Sie ist an dem Ende, R, zugestoͤpselt,
und hat nur unten ein kleines Loch, bei o.
Man bringt diese Roͤhre an ihre Stelle, nachdem man den mit Knochen
gefuͤllten Korb in den Cylinder herabgelassen hat, ehe man den Dekel
aufsezt.