Titel: | Sicherheitswagen auf Eisenbahnen. Von Hrn. G. Wilson. |
Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. IV., S. 8 |
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IV.
Sicherheitswagen auf Eisenbahnen. Von Hrn.
G. Wilson.
Aus dem Mechanics' Magazine. N. 326. 7. Nov. S.
184.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Wilson, Sicherheitswagen auf Eisenbahnen.
Die Resultate der lezten Versuche auf der Manchester- und
Liverpool-Eisenbahn lassen erwarten, daß diese Art von Forderung der Menschen
und Waaren bald allgemein eingefuͤhrt seyn wird. Alles, was Vorurtheile und
Furcht hier zu beschwichtigen vermag und hoͤhere Sicherheit gewaͤhren
kann, muß daher willkommen seyn: denn, wenn auch Eisenbahnen bisher der sicherste
Weg auf Erden gewesen sind, so sind sie es vielleicht nicht mehr in demselben Grade,
wenn man so ungeheuer schnell auf denselben faͤhrt und noch schneller fahren
wird.
Es wird vor Allem noͤthig seyn, die Eisenbahnen mit einem Gelaͤnder zu
versehen, und dieses Gelaͤnder koͤnnte vielleicht so eingerichtet
werden, daß, waͤhrend es alle Gefahr fuͤr Fußgaͤnger und umherweidendes Vieh
beseitigt, zugleich jede Tendenz, die ein Dampfwagen bei einer so ungeheueren
Schnelligkeit vielleicht erlangen koͤnnte von der Bahn abzuweichen,
vollkommen verhuͤtet wuͤrde. Fig. 11. zeigt im
Durchschnitte den doppelten Nuzen eines solchen Gelaͤnders, aa, sind die Unterlagen. bb, die eisernen Schienen, cc, die Raͤder des Wagens, mit einem
vorspringenden Rande an der inneren Kante. dd,
senkrechte Pfosten oder Stangen, die in die Unterlagen eingelassen sind, und das
horizontale Gelaͤnder, e, tragen, welches
uͤberhaͤngt, und parallel mit der Eisenbahn laͤuft. Es steht
von derselben in der Breite des Rades, und um etwas Weniges mehr, als der
vorspringende Rand des lezteren ab. Da das Rad auf diese Weise gleichsam
eingehaͤuset ist, so kann es nicht ausspringen, so lang der Parallelismus
zwischen der Bahn und dem Gelaͤnder beobachtet wird, da jede Tendenz hierzu
von dem uͤberhaͤngenden Gelaͤnder verhuͤtet wird. Wenn
man dagegen einwendet, daß Schmuz oder Schnee auf der Bahn bei der geringen
Entfernung des Gelaͤnders von lezterer Reibung veranlassen kann, so ist
leicht dadurch abgeholfen, daß man die Tiefe an der hervorstehenden Kante des Rades
und den Raum zwischen der oberen Oberflaͤche des Rades und der horizontalen
Schiene der Bahn vergroͤßert; und wenn dieß zu unbequem waͤre,
koͤnnte man das horizontale Gelaͤnder, e,
gleichweit von dem hoͤchsten Punkte des Rades und den Seiten des Wagens
entfernt halten, wodurch das Umwerfen, nicht aber das Fahren aus der Bahn,
verhindert wuͤrde.
Es waͤre der Muͤhe werth, zu untersuchen, in wiefern dadurch vielleicht
auch Naͤsse von der Bahn abgehalten und das Verderben der eisernen Schienen
der Bahn vermindert werden konnte. In der Nahe von Newcastle hat man bereits
Untersuchungen uͤber das Abschaͤlen und Verrosten der Eisenschienen
auf Eisenbahnen angestellt, deren Resultate ich nicht kenne. Vielleicht schadet in
unserem feuchten Klima der Regen nicht besonders; es ist jedoch noch eine Frage.
Da man, vor Schnelligkeit der Bewegung, keine Stundenzeiger lesen kann, so
schlaͤgt Hr. Wilson vor, an dem Gelaͤnder,
Fig. 13,
ein flaches Stuͤk Eisen anzubringen, bc,
das mit einem Ende etwas absteht, und in der Richtung, dc, jeden Wagen fahren laͤßt, nicht aber in der Richtung, ec. Wenn nun jede halbe Meile, meint er, eine
solche Feder angebracht waͤre, die an eine Gloke am Dampfwagen
schluͤge, so konnte man darnach die durchlaufenen Streken zahlen. Zugleich
waͤre das Zusammenstoßen zweier Wagen auf derselben Bahn dadurch
unmoͤglich gemacht.Es will uns beinahe scheinen, als ob diese Sicherheitsmaßregeln die Gefahr
mehr vergroͤßerten, als verminderten. Wenn, bei
den ersten Versuchen auf einer Eisenbahn mit Dampfwagen mit einer
Schnelligkeit von 20 engl., 5 deutschen Meilen in Einer Stunde zu fahren,
kein Ungluͤk geschah; so sollte man billig erwarten koͤnnen,
daß, wo man noch mehr eingeuͤbt seyn wird, die Gefahr noch mehr
vermindert seyn wird. Es moͤgen vielleicht auf diesen Probefahrten
hundert und tausend sogenannte Schneller geschehen seyn, die den Wagen an
das hier projektirte Gelaͤnder angeworfen haͤtten, wenn es
vorhanden gewesen waͤre, und dieses und den Wagen vielleicht selbst
zerrissen haben wuͤrden. Ohne Gelaͤnder wird der Wagen
vielleicht hundert Mal wieder in's Geleise kommen, wenn er davon fuͤr
Secunden abgewichen ist; mit demselben zerreißt er sich oder das
Gelaͤnder. Es wird bei diesen Dampffahrten, wie bei unseren
Kutschenfahrten gehen; Millionen fahren und fahren mit heiler Haut, und von
diesen Millionen ist Einer unter 9 bis 10,000, der sich dabei den Hals
bricht. Soll man deßwegen die Wagen aufgeben? A. d. Ue.