Titel: | Beschreibung eines sich ausdehnenden Stämpels (Expanding Piston) von der Erfindung des Hrn. Mottershead. |
Fundstelle: | Band 34, Jahrgang 1829, Nr. LXI., S. 248 |
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LXI.
Beschreibung eines sich ausdehnenden
Staͤmpels (Expanding Piston) von der Erfindung des
Hrn. Mottershead.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. October
1829. S. 611.
Mit Abbildung aus Tab.
V.
(Aus den Transactions of the Society of Arts)Die Society of Arts ertheilte Hrn. Mottershead fuͤr diese Erfindung die silberne Medaille und 20
Pfd. Sterl. – Hr. Mottershead und die Society of Arts wurde in einem der
lezten Hefte des Register of Arts
uͤber diese Erfindung und Preisvertheilung sehr bitter getadelt.
Erfahrung allein wird zeigen, wer Recht hat.A. d. Ue.
Mottershead, ausdehnender Staͤmpel.
Bei Dampfmaschinen mit niedrigem Druke reicht eine Baumwollen-Fassung des
Staͤmpels hin, um das Entweichen des Dampfes zwischen dein Staͤmpel
und den Wanden des Cylinders zu hindern. Bei Dampfmaschinen von hohem Druke aber
zerstoͤrt die Hize und die Elasticitaͤt des Dampfes alles genaue
Passen der Baumwollen-Fassung, und diese muß in aͤußerst unbequem
kurzen Zwischenraͤumen immer wieder erneuert werden.
Staͤmpel, die sich von selbst ausdehnen und ganz aus Metall sind (expanding pistons), wurden daher vorgeschlagen,
patentisirt, und kamen auch mehr oder minder in Gebrauch. An einem der besten dieser
Staͤmpel ist der Umfang in Segmente getheilt, zwischen deren Paaren sich ein
dreiekiger Keil befindet, dessen Spize gegen den Umfang, und dessen Grundlinie gegen
den Mittelpunkt gekehrt ist. Jeder dieser Keile ist an seinem Ruͤken mit
einer starken Feder versehen, welche die Spize des Keiles nach auswaͤrts zu
treiben strebt, und folglich auch die Segmente, gegen welche sie druͤkt.
Allein, man fand bei der Anwendung, daß die Spize des Keiles sehr geneigt ist
Streifen in dem Cylinder zu erzeugen und zulezt den Cylinder zu schinden und zu
zerstoͤren an denjenigen Stellen, an welchen der Druk mit staͤrkerer
Kraft, als durch die Segmente, ausgeuͤbt wirdEinen aͤhnlichen Kolben wie der hier beschriebene hat Dr. Alban im Polyt. Journ. Bd. XXXII. S. 153. beschrieben; auch
dieser behauptete, daß die Keilstuͤke Furchen in den Cylinder ziehen.
Ich habe aber vor kurzer Zeit einen mit Keilstuͤken versehenen
messingenen Kolben gesehen, welcher zwei Jahre lang in einem eisernen
Cylinder ohne alles Schmieren ging, und der dem
Cylinder nicht den geringsten Schaden zugefuͤgt hatte.G. Haevel..
Hrn. Mottershead's Staͤmpel besteht aus zwei Lagen,
und jede Lage bestehe aus 6 Segmenten. Von diesen sind abwechselnd drei so mit
Stiften befestigt, daß sie als feste Stuͤzpunkte fuͤr die drei
beweglichen dienen koͤnnen, die nach innen gekruͤmmt sind, und eine
starke Feder, wie die Sehne eines Bogens, uͤber die Kruͤmmung gespannt
haben, welche gegen die Seiten einer walzenfoͤrmigen Doke druͤkt, die den inneren
Raum des Cylinders ausfuͤllt. Hiernach ist nun offenbar, daß diese Segmente
durch die Wirkung ihrer Federn immer nach auswaͤrts gedruͤkt werden.
Die beweglichen Segmente nehmen einen etwas groͤßeren Theil der
aͤußeren Kruͤmmung ein, als die feststehenden; wenn daher die beiden
Lagen der Segmente so gestellt werden, daß die drei beweglichen Segmente der oberen
Lage mit den drei feststehenden der unteren correspondiren, so entsteht ein sich von
selbst ausdehnender Cylinder, an welchem jeder Theil, der den Cylinder
beruͤhrt, ein Segment eines Kreises von der Große der Hoͤhlung des
Cylinders selbst ist, und waͤhrend auf diese Weise das Austreten des Dampfes
gehindert wird, werden die Seitenwaͤnde des Cylinders auch nicht merklich
abgenuͤzt.
Die HHrn. Hefford und Thomas,
Maschinen-Macher, fuͤr welche Hr. Mottershead arbeitet, haben waͤhrend der lezten sieben Monate einen
solchen sich von selbst ausdehnenden Staͤmpel nach seiner Einrichtung
versucht. Die inneren Waͤnde des Cylinders wurden, nach Verlauf dieser Zeit,
nicht im Mindesten gestreift oder gefurcht befunden, und hatten ihre Politur
vollkommen gut erhalten. Der Staͤmpel arbeitet ohne Oehl, und wurde mittelst
eines Wasserdrukes von 7 Ztr. auf den Zoll probirt. Die Theile, aus welchen er
besteht, sind von Stuͤkgut (Bronze), aus sieben Theilen Kupfer und Einem
Theile Zinn. Drei andere Maschinen wurden neuerlich von denselben Fabrikanten mit
Hrn. Mottershead's Staͤmpel ausgestattet.
Erklaͤrung der Figuren.
Der sich von selbst ausdehnende Umfang des Staͤmpels wird in 6 Segmente
getheilt, die abwechsend sich von oben und unten deken, und so einen
hinlaͤnglich gleichfoͤrmigen Druk rings umher gegen den Cylinder
sichern. Fig.
16. ist ein Aufriß, Fig. 17. ein Grundriß des
fertigen Staͤmpels. Er besteht aus zwei Haͤlften oder Lagen, die
einander vollkommen gleich sind, und wovon jede drei schiebbare Segmente
enthaͤlt. Sie werden an die Staͤmpel-Stange c mittelst der Schulter d
und dem Schraubenniete e festgehalten. Fig. 18. zeigt eine
dieser Lagen oder Haͤlften, die untere naͤmlich, fertig, mmm sind die feststehenden Theile; fff die drei schiebbaren, die
ruͤkwaͤrts von den Federn ggg
hervorgeschoben werden. Fig. 19. zeigt die obere
Haͤlfte ohne die schiebbaren Segmente, iii
sind die drei Stellen, in welchen sie sich schieben. In der Naͤhe des Endes
einer jeden dieser Stellen, bei jjj, sind
laͤngliche Loͤcher zur Aufnahme der Stifte kkk
Fig. 18., der
schiebbaren Stuͤke, durch welche die Bewegung derselben beschrankt wird.
Einen solchen Stift sieht man in dem Aufrisse des schiebbaren Stuͤkes Fig. 20. Diese
Stifte hindern zugleich, daß die Segmente nicht fallen, oder von ihren Federn weiter,
als in Fig.
16, 17, 18, hinausgestoßen werden koͤnnen, waͤhrend sie jedoch
gestatten, daß diese Segmente mit dem Durchmesser a und
b vollkommen gleich gestellt und in den Cylinder
eingefuͤhrt werden koͤnnen. Fig. 21. ist eines der
schiebbaren Segmente h einzeln dargestellt. Fig. 22. ist
die Feder desselben, welche beinahe so tief ist, als die Segmente dik sind. Die drei
Stuͤzen oder Ausfuͤllungs-Stuͤke lll, zwischen welchen die Segmente sich schieben,
sind auf dem Theile a festgeschraubt, und die drei
anderen mmm, auf dem Theile b mit einer Schraube und mit zwei feststehenden Stiften auf jedem
befestigt. Fig.
23. ist ein Durchschnitt des Theiles b, ohne
die Fuͤllungs-Stuͤke m. n ist eine
Hoͤhlung, welche, in dem Theile a, die Schulter
d, und, in dem Theile b,
das Schraubenniet e, der Staͤmpel-Stange
aufnimmt, o ist ein Loch in dem Theile b zur Aufnahme eines feststehenden Stiftes p. Diese sind an dem Theile a so gestellt, daß die schiebbaren Stuͤke des einen Theiles
uͤber den Fuͤllungs-Stuͤken des anderen Theiles, zu
liegen kommen, und so ein ununterbrochenes, jedoch schiebbares Metall-Band
rings um den Staͤmpel bilden. Die Spizen der Schrauben und die Koͤpfe
der feststehenden Stifte in den Fuͤllungs-Stuͤken, so wie die
Kanten der Federn g, sind absichtlich etwas unter der
Oberflaͤche gehalten, damit sie nicht in Beruͤhrung mit den
gegenuͤberstehenden schiebbaren Stuͤken kommen. Ehe die Federn g eingesezt werden, werden die Segmente f und h in dieselbe
Flaͤche mit a und b
hineingeschoben und festgebunden: das Ganze wird dann auf der Drehebank wie ein
Cylinder umgedreht. Die schiebbaren Segmente und die
Fuͤllungs-Stuͤke sind vollkommen gleich hoch oder eben unter
einander; aber die kreisfoͤrmigen Stuͤke a
in Fig. 19.
und b in Fig. 18 und 23. ragen in
dem moͤglich mindesten Grade uͤber die Segmente empor, so daß, wenn
alle Theile unter einander verbunden sind, die schiebbaren Theile gerade so viel
Raum finden, als nothwendig ist, um sich frei zu bewegen, aber nicht mehr.