Titel: | Beschreibung des Pavillons, welcher wegen eines Volksfestes bei Anwesenheit J. J. Königlichen Majestäten von Bayern in der k. Kreishauptstadt Augsburg, errichtet wurde. |
Fundstelle: | Band 34, Jahrgang 1829, Nr. XXVIII., S. 121 |
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XXVIII.
Beschreibung des Pavillons, welcher wegen eines
Volksfestes bei Anwesenheit J. J. Koͤniglichen Majestaͤten von Bayern in
der k. Kreishauptstadt Augsburg, errichtet wurde.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Beschreibung eines Pavillons.
Der so ruͤhmlich bekannte Arzt und Naturforscher Herr Hofrath Dr. Schultes,
gegenwaͤrtig Director der chirurgischen Schule in Landshut, theilte im
Polytechn. Journale Bd. XXXIII. S. 90. eine
Idee mit, wie ein leicht zu transportirendes, d.h. ein tragbares Haus hergestellt
werden koͤnne. Nachdem ich den angefuͤhrten Aufsaz gelesen und der
Sache nachgedacht hatte, war ich uͤberzeugt, daß sich das angegebene
Verfahren nicht nur im Kleinen zu Huͤtten, sondern auch im Großen zu
Wohngebaͤuden anwenden lassen wird, und ich nahm mir vor, bei erster
Gelegenheit diese Idee praktisch auszufuͤhren. Nachdem der Magistrat der
Stadt Augsburg benachrichtigt war, daß Ihre Majestaͤten der Koͤnig und
die Koͤnigin von Bayern die Stadt Augsburg mit Allerhoͤchst Ihrer
Gegenwart begluͤken wollten, wurde unter anderen Festlichkeiten ein Volksfest
im Freien veranstaltet, wozu ein Pavillon errichtet werden mußte, von welchem aus J.
J. K. K. M. M. die Volksbelustigungen bequem uͤbersehen konnten. Ich schlug
zu diesem Ende ein nach der Idee des Hrn. Hofraths Schultes von Kisten errichtetes Gebaͤude vor, dessen
Ausfuͤhrung mir auch uͤbertragen wurde, und welches allgemeinen
Beifall erhielt. Da diese Bauart von Wichtigkeit werden kann, so glaube ich eine
kurze Beschreibung dieses Pavillons mit den noͤthigen Bemerkungen
uͤber seine Auffuͤhrung zur oͤffentlichen Kenntniß bringen zu
muͤssen; um hier Weitlaͤuftigkeiten vermeiden zu koͤnnen, bitte
ich den oben angefuͤhrten Aufsaz nachzulesen.
Ich muß vor Allem bemerken, daß der Plaz, auf welchem dieser Pavillon erbaut werden
sollte, eine große, allen Seiten den Winden bloßgestellte Ebene ist; daß Ihre
Koͤnigl. M. M. sich in dem Pavillon mit Ihrem ganzen Gefolge aufhalten und
die Huldigung von 49 darin versammelten land- und herrschaftgerichtlichen
Deputationen empfangen sollten; daß das Gebaͤude so hoch gestellt werden
mußte, daß J. J. K. K. M. M. die großen Volksmassen und die verschiedenen
Volksbelustigungen uͤbersehen konnten; daß also Alles vollkommen fest,
geraͤumig und anstaͤndig seyn mußte.
Ich ließ nur zweierlei Gattungen von Kisten verfertigen; die einen waren 3', die
anderen 2' lang; alle waren 1' breit und 1' hoch. Bloß uͤber die vier
Hauptthuͤren ließ ich zwei Kisten von 4' und zwei andere von 5' Fuß
Laͤnge, aber auch diese von gleicher Hoͤhe und Breite wie die anderen
verfertigen. Bloß diejenigen Kisten, welche unmittelbar uͤber Thuͤren
und Fenster zu stehen kamen, waren mit Boden und Dekel versehen. Bei dieser
Einrichtung der Kisten kann man Gebaͤude jeder Art ohne Verwirrung sehr
leicht aufbauen und die Waͤnde gut fugen. In den meisten Faͤllen
braucht man die Kisten bloß zusammenzunageln und gar nicht zu hobeln. Fuͤr
obigen Zwek ließ ich sie auf der Außenseite hobeln und grau marmorartig
anstreichen.
Dem Sokel, auf welchem das Gebaͤude aufgefuͤhrt wurde, gab ich die Hohe
von 5'. Die erste Reihe Kisten sezte ich ganz senkrecht darauf, ließ sie auf den
Boden des Sokels annageln und mit kleinen Holzschrauben unter einander verbinden und
an die bereits aufgestellten Thuͤrregister befestigen. Nun brauchte man beim
Aufbauen bloß darauf zu sehen, daß man mit Kisten so abwechselte, daß eine gute Fugenverbindung
erhalten wurde. Die Kisten wurden unter einander theils durch Holzschrauben, theils
durch Naͤgel verbunden; die hierzu erforderlichen Loͤcher waren schon
im Voraus gebohrt worden. Dieses Gebaͤude, welches zwei Zimmer und einen Saal
von 16' Hoͤhe enthielt, war in 16 Stunden bis auf das Dach hergestellt. Als
Mauersohle gebrauchte ich 3zoͤllige Bohlen. Das Gebaͤlke und die
Sparren wurden aus 6zoͤlligen Holzstuͤken zusammengenagelt, mit
Brettern und hierauf mit Wachstuch gedekt, auf welchem lezteren schwarz
angestrichene Latten die ganze Laͤnge herab aufgenagelt wurden, um es gegen
den Wind zu sichern; so erhielt das Dach das Ansehen, als wenn es mit Eisenblech
gedekt waͤre.
Das Gesimse wurde durch angestrichene und gehoͤrig schattirte Bretter
gebildet. Die Kreuzstoͤke wurden nicht mit Fenstern versehen, sondern mit
feinem Mull uͤberzogen, die Zimmer aber geschmakvoll meublirt.
Erklaͤrung der Zeichnung.
Fig. 1. ist
der Grundriß, Fig.
2. der Aufriß.
a der mittlere Salon, 35' lang, 20' breit.
b und c sind Vorzimmer, 20'
lang, 18' breit.
d und e sind zwei Treppen,
welche zu den Vorzimmern fuͤhren.
f und g sind zwei
Terrassen.
Aus dem Gesagten ersieht man leicht, daß man auf die angegebene Weise sehr feste und
dauerhafte Gebaͤude jeder Art in sehr kurzer Zeit herstellen, abbrechen und
an anderen Orten wieder aufschlagen kann.
Das Zusammennageln und Aneinanderschrauben der Kisten waͤhrend des Aufbauens
kann man vermeiden, wenn man vier kurze Latten an den Eken jeder Kiste annagelt,
welche etwa zwei Zoll uͤber dieselbe hervorragen. Jede Kiste stekt dann fest
in der anderen und das ganze Gebaͤude erhaͤlt eine
betraͤchtliche Festigkeit und kann außerdem viel schneller aufgefuͤhrt
werden.
v. Hoͤßlin, Baurath in
Augsburg.