Titel: | Hrn. Roth's Apparat, um Syrupe im leeren Raume zu verdampfen. |
Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. LXV., S. 269 |
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LXV.
Hrn. Roth's
Apparat, um Syrupe im leeren Raume zu verdampfen.
Aus dem Industriel. Mai. 1829.Wir theilen diesen Aufsaz mit, so wie er uns eingesendet
wurde, ohne fuͤr das, was er ausspricht,
verantwortlich seyn zu wollen. Wir haben uͤbrigens
unsere Meinung uͤber den Werth des Systemes dieses
Apparates in unserer lezten Abhandlung uͤber den
Runkelruͤben-Zuker (man vergl. diesen Band des
polyt. Journals S.
210.) frei geaͤußert.A. d. O..
Mit Abbildung auf Tab. VI.
Roth's Apparat, um Syrupe zu
verdampfen.
Dieser in Frankreich erst vor Kurzem eingefuͤhrte Apparat,
auf welchen der Erfinder ein Brevet
nahm, zeichnet sich durch seine große Einfachheit aus. Ein
kupferner, hermetisch geschlossener Kessel und einige
hoͤlzerne Kufen sind gewisser Maßen Alles, was hierzu
noͤthig ist. Den leeren Raum erzeugt der Dampf, welcher
spaͤter durch kaltes luftleeres Wasser verdichtet wird.
Das Verfahren bei diesem Apparate ist aͤußerst einfach:
man braucht weder Pumpe, noch irgend ein
Huͤlfsgeraͤthe, oder irgend eine Triebkraft. Der
leere Raum wird ohne alle Luftpumpen erhalten und unterhalten,
deren sich Howard bei seiner
Erfindung, in luftleerem Raume zu kochen, bediente; das zur
Verdichtung des Dampfes nothwendige Wasser steigt fuͤr
sich selbst in den zu seiner Aufnahme bestimmten
Behaͤlter, welcher sich in einer Hoͤhe von 8 bis
10 Fuß uͤber den Fußboden befindet. Ein etwas
verstaͤndiger Arbeiter kann den Apparat leicht bedienen;
denn der Dienst ist eben so einfach, als der Apparat selbst: es
handelt sich nur darum, einige Haͤhne zu drehen. Das
Kochen geschieht mittelst Dampfes von gewoͤhnlichem
Druke, so daß hier auch nicht an die mindeste Gefahr zu denken
ist. Die Probe wird nach dem Faden genommen. Man kann mittelst
einer Art von Sonde, die an dem Kessel angebracht ist, etwas
Fluͤssigkeit aus demselben nehmen, ohne daß Luft dadurch
in den Kessel tritt. Dieses Instrument ist einfacher und
bequemer.
Hr. Leclerc, Fabrikant des
inlaͤndischen Zukers, war der Erste der diesen neuen
Apparat in seiner Fabrik in der Naͤhe von Peronne
einfuͤhrte. Er bedient sich des Dampfes eines bedekten
Kessels, in welchem er den Syrup concentrirt, nachdem er ihn
abgeschaͤumt hat. Dieser Kessel dient ihm als
Dampf-Erzeuger. Der in demselben erzeugte Dampf hizt den
Kessel, in welchem mittelst des leeren Raumes gesotten werden
soll, (die luftleere Pfanne; Vacuum-pan der Englaͤnder): Da aller
atmosphaͤrische Druk im Inneren des Kessels entfernt
wurde, so kann man, wenn der Dampf auch nur eine Temperatur von
80° Reaumuͤr hat, mittelst desselben sieden, und
bei einer Temperatur von 50 bis 60° kochen. Es
haͤngt von dem Arbeiter ab, die innere Temperatur zu
reguliren: er kann sie nach Belieben steigen oder fallen machen.
Die Erfahrung hat erwiesen, daß es nothwendig ist, die
Temperatur gegen das Ende bis auf 68° zu erhoͤhen,
damit der Syrup die zur gehoͤrigen Krystallisation
noͤthige Temperatur erhaͤlt. Man kann dieß, ohne
daß aͤußere Luft eingelassen wird, bloß durch
Schwaͤchung der Verdichtung. Der innere Druk, den das
Queksilber im Glase anzeigt, wechselt innerhalb
correspondirender Graͤnzen mit der Spannung, die der
Dampf erhaͤlt. Uebrigens haͤngt dieser Druk nur
vom Dampfe ab; die atmosphaͤrische Luft, die demselben
beigemengt ist, hat kaum Antheil daran. Die Ausschließung der
Luft ist vollkommen, und der leere Raum erhaͤlt sich ohne
bedeutende Verunreinigung waͤhrend des ganzen Verlaufes
der Arbeit, die man durch mehrere Stunden, wenn man will,
fortsezen kann. Um diesen leeren Raum in dem englischen Apparate
zu erhalten, muͤßten die Luftpumpen eine Vollkommenheit
besizen, die man ihnen bisher noch nicht zu geben vermochte.
Der Apparat des Hrn. Roth laͤßt
sich in jeder Groͤße anbringen, und unter allen
Localitaͤts-Verhaͤltnissen. Wassermangel
hindert die Anwendung desselben nicht; denn man braucht nicht so
viel Wasser, als bei den englischen Raffinerien nothwendig ist;
nur den vierten Theil ungefaͤhr; man braucht 3 1/2, Liter
Wasser auf 1 Liter Syrup. Ferner ist es moͤglich, und
sogar vortheilhaft, das Wasser, das man zur Verdichtung
noͤthig hat, nicht zu oft zu erneuern. Wenn das Wasser
aus dem Apparate heraustritt, wo es eine Temperatur von 40 bis
45° erhielt, kommt es in einen Behaͤlter, der
außerhalb der Werkstaͤtte angebracht ist, in welchem es
sich schnell abkuͤhlt, indem es in demselben an die
Oberflaͤche in die Hoͤhe steigt. Die
Saugroͤhre, die das Wasser in den Apparat
zuruͤkfuͤhrt, nimmt dasselbe aus der Tiefe des
Behaͤlters. Dieses abwechselnde Auf- und
Niedersteigen derselben Wasser-Masse laͤßt sich
einige Zeit lang fortsezen, und koͤnnte selbst eine
unbestimmte Zeit uͤber dauern, wenn das Wasser nicht
endlich verdaͤrbe. Diesem lezteren
Nachtheile entgeht man dadurch, daß man es mit Kalk
saͤttigt.
Die Pfanne mit dem leeren Raume des Hrn. Roth verduͤnstet bei gleicher
Oberflaͤche viel schneller, als ein offener Kessel im
freien Feuer. Im gehoͤrigen großen Maßstabe
aufgefuͤhrt siedet dieser Apparat in Einem Tage in Einem
Kessel 4000 Liter Syrup; er kommt also gewiß nicht hoch zu
stehen, und ist in dieser Hinsicht mit jenem des Hrn. Howard gar nicht zu vergleichen. Sein
einfacher und fester Bau, die Entfernung aller Reibung, macht
die Unterhaltung desselben eben so leicht, als wenig
kostbar.
Die Vortheile bei diesem Apparate sind: 1) eine bedeutende
Ersparung an Brennmaterial; 2) werden die auf diese Weise
gekochten Syrupe nicht geschwaͤcht, und geben mehr und
schoͤneres Product; 3) geben sie mehr Zuker und weniger
braunen Syrup (Melasse) im
Verhaͤltnisse von ungefaͤhr 10 p. C.; 4) erspart
man Zeit beim Abwaschen der Zukerhuͤte (terrage); entfernt man die dem
Fabrik-Gebaͤude so schaͤdlichen, und
uͤberhaupt ungelegenen Daͤmpfe; 6) erhaͤlt
man eine große Menge warmen Wassers, welches man zu
verschiedenen anderen Zweken benuͤzen kann.
Erklaͤrung der Figuren.
A, Fig.
1. Kessel zum Sieden. O, runde
Oeffnung in der Mitte desselben. PP, Zwischenraum zwischen zwei Boͤden. Diese
zwei Boͤden sind etwas gewoͤlbt, und stoßen mit
ihren Woͤlbungen an einander, in deren Mitte sie mittelst
Nieten mit einander verbunden sind. Der Dampf kommt in den
Zwischenraum PP, und heizt
beide Boͤden.
B, Kuppel aus Kupfer. U, Tubulirung mit einem genau
schließenden Dekel. l, metallener
Stoͤpsel, der in den Dekel eingerieben ist. Man sieht ihn
deutlicher in L.
WW, Doppelboden oder
Huͤlle aus Gußeisen.
A, B, C sind mittelst großer
eiserner, durch Bolzen angezogener, Zaͤume in demselben
Gefuͤge vereint.
cc kreisfoͤrmige
Roͤhre in Form eines Ringes. Sie ist an ihrer
Oberflaͤche mit einer Menge kleiner Loͤcher
versehen, die den Dampfstrom vertheilen.
Y, Roͤhre, durch welche der
Dampf eintritt. Dieser Dampf, der nur Dampf von niedrigem Druke
ist, (von Einer Atmosphaͤre), wird entweder von einem
Dampfkessel, oder von irgend einem geschlossenen Kessel, der zum
Verduͤnsten oder zum Concentriren dient,
herbeigeschafft.
D, Hahn zum Ausleeren des Kessels
A. d, Hahn zum Ausleeren des
durch die Verdichtung der Daͤmpfe in der Huͤlle
oder im Doppelboden erzeugten Wassers.
S, Sonde. (Man sieht sie deutlicher
in Fig. S.) Dieses Instrument,
welches zum Probe-Nehmen dient, besteht aus einem
kupfernen, gut geschlagenen Und gebohrten Cylinder, der außen
einen kegelfoͤrmigen Eingang hat, und einen
Staͤmpel aus demselben Metalle aufnimmt. Die Stange
dieses Staͤmpels fuͤhrt unter dem Griffe einen
Kegel, der in die Dille paßt, die den Eingang in den
Pumpen-Cylinder bildet. Eine kleine in dem
Staͤmpel angebrachte Hoͤhle correspondirt mit
einer Oeffnung, die durch den Koͤrper der Pumpe gebohrt
ist. Wenn der Staͤmpel bis auf den Boden
hinabgedruͤkt und so gedreht wurde, daß die Oeffnungen
auf einander fallen, so tritt die Fluͤssigkeit in die
Hoͤhlung ein. Wenn man daher die Probe nehmen will, darf
man nur den Staͤmpel ziehen.
t, Thermometer. m, Baro- oder vielmehr
Manometer. (Éprouvette à
Mercure. Siehe Figg. T.
M.)
x, Mauerwerk, in welchem der Kessel
eingemauert ist.
VV', hoͤlzerne Kufen. Um sie
luftdicht zu machen, stehen sie in anderen Kufen E in Wasser untergetaucht.
k, Scheidewand aus geflochtenen
Weiden.
z, Verbindungs-Roͤhre
zwischen den Kufen VV
' am oberen Theile derselben.
N, Roͤhre und Niveau des
Wassers.
R, Wasserbehaͤlter.
H, Roͤhre, die das Wasser aus
dem Behaͤlter aufsaugt.
Fig. II. Durchschnitt der Haͤhne 1, 2, 3, 4, 5 und 6.
Fig. III. ist ein Durchschnitt der Verbindung der Roͤhre
des Hahnes D mit dem
Siedekessel.
Verfahrungsweisen.
Man fuͤllt den Kessel A. Der
Syrup kommt entweder durch die Tubulirung U, deren Dekel man abnimmt, oder, bequemer, durch eine
eigene Roͤhre hinein, die mit einem Hahne versehen ist
und mit dem Syrup-Behaͤlter in Verbindung steht.
Diese Roͤhre ist in der Zeichnung nicht angegeben.
Nachdem der Kessel bis auf O
gefuͤllt ist, sezt man ihn mittelst des Hahnes Nro. 1. in Verbindung mit dem
Dampf-Kessel, oder mit dem Kessel, welcher den Dampf
liefert. Die oberste Schichte des Syrupes bei O geraͤth bald in eine
Temperatur, welche jener des Siedepunktes nahe kommt.
Waͤhrend dieser Zeit erhizt sich die in der Kuppel
enthaltene Luft, so wie auch die Luft, welche diese Kuppel von
außen umgibt, und theilt die Hize dem Metalle auf beiden
Oberflaͤchen mit. Man schließt dann auf einen Augenblik
den Hahn 1, und laͤßt den Dampf in den Ring cc gelangen, wodurch die Luft
sowohl aus der Kuppel B, als aus der
Kufe V getrieben wird, und durch den
Hahn 4 ausfaͤhrt. In wenigen Augenbliken
ist die Luft vollkommen ausgetrieben. Wenn man dann den Dampf
neuerdings unter den Kessel laͤßt, darf man nur den Hahn
4 schließen, und den Hahn 5 oͤffnen, der mit der Kufe V in Verbindung steht, die mit
Wasser gefuͤllt ist. Ein- oder zweimaliges
Versuchen reicht hin, um zu sehen, wie stark man den Hahn N. 5. drehen darf, damit die
Ausstroͤmung weder zu stark, noch zu schwach wird. Die
Arbeit geht hierauf fort, ohne daß man den Apparat mehr zu
beruͤhren braucht.
Um das Wasser in die Kufe V'
zuruͤk zu fuͤhren, die bei jeder Arbeit
gefuͤllt werden muß, darf man nur am Ende den Hahn b oͤffnen. Das Wasser steigt
in Folge des atmosphaͤrischen Drukes empor.