Titel: Ueber Filtrir-Apparate zum Filtriren des Wassers. Von Hrn Prof. Parrot.
Fundstelle: Band 33, Jahrgang 1829, Nr. LVIII., S. 235
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LVIII. Ueber Filtrir-Apparate zum Filtriren des Wassers. Von Hrn Prof. Parrot. Schreiben des Hrn. Prof. Parrot an den Herausgeber des Bullet. des Sciences technol. im April-Hefte desselben, S. 308. Mit Abbildung auf Tab. V. Parrot, uͤber Filtrir-Apparate zum Filtriren des Wassers. Nach dem Bullet. des Sciences technol. Juli 1828 (Polyt. Journ. Bd. XXX. S. 293.) legt man in Frankreich einen Werth auf Filtrir-Apparate zum Reinigen des Wassers auf Schiffen, indem man den Filtrir-Apparat mit doppeltem Zuge des Hrn. Zeni, der daselbst S. 21–26. beschrieben ist, von einer durch den General-Major der Marine ernannten Commission untersuchen und auf 6 Kriegsschiffen versuchen ließ. Dieß veranlaßt mich nun Sie zu bitten, folgende Bemerkungen in ihrem Bulletin einzuruͤken. Der Haupt-Vortheil an Hm. Zeni's Filtrir-Apparate ist der doppelte Zug. Der Haupt-Fehler an demselben ist, daß der Sand in dem Apparate selbst gewaschen werden muß, obschon das Mittel, welches Hr. Zeni hierzu vorschlaͤgt, sinnreich und einfach ist. Die fremden Koͤrper, welche dem Wasser beigemischt sind, haͤngen sich im Verlaufe weniger Tage in den Zwischenraͤumen des Sandes an, und zwar mit so viel Kraft, daß sie dem stets schwachen Zuge des Wassers, der in entgegengesezter Richtung Statt hat, und der den Sand waschen soll, nicht weichen koͤnnen. Ein Versuch, den man unmittelbar nach dem Filtriren einer gewissen Menge Wassers angestellt hat (so wie die Commission denselben machte), scheint nicht auf eine entschiedene Art zu beweisen, daß ein solches Waschen auch dann hinreicht, wann die Maschine bereits mehrere Tage lang im Gange war. Hr. Zeni mußte indessen eine solche Waschmethode ausdenken, weil es sehr schwer haͤlt den Sand aus einem ringfoͤrmigen Raume von ungefaͤhr 4 Zoll Breite und 3 Fuß Tiefe herauszuschaffen. Man erlaube mir einen Filtrir-Apparat vorzuschlagen, der gleichfalls zwei Zuͤge hat, aber viel einfacher, viel weniger kostspielig und weit leichter zu reinigen ist, und welchen ich vor ungefaͤhr dreißig Jahren erfunden, und in den Abhandlungen der oͤkonomischen Gesellschaft in Liefland (Actes de la Société économique de Livonie) beschrieben habe, aus welchen er bald darauf in das Magazin fuͤr Physik des Prof. Voigt zu Jena uͤberging. Ich habe das Andenken an denselben im 1. Bande meiner Unterhaltungen uͤber Physik (Entretiens sur la Phisique) S. 49., der im J. 1819. erschien, wieder hervorgerufen. Dieser Filtrir-Apparat besteht aus einem großen walzenfoͤrmigen Topfe Fig. 18., welcher durch eine senkrechte Scheidewand abcd in zwei abgesonderte halbwalzenfoͤrmige Kammern A und B getheilt ist. Diese beiden Kammern stehen unten mit einander in Verbindung, indem die Scheidewand abcd einen freien Zwischenraum zwischen ihrem unterenIm Originale heißt es durch einen Drukfehler oberen (supérieur.)A. d. Ue. Rande und dem Boden des Gefaͤßes laͤßt. Das ganze Gefaͤß bildet, wie man sieht, einen umgekehrten Heber. In den Schenkel A desselben gibt man groben Sand oder kleines Steingeroͤlle, in den anderen feinen Sand: dieser steht gleich hoch mit jenem, ungefaͤhr einen Zoll weit unter der Abzugroͤhre e. Das Wasser, welches man bei A hineinschuͤttet, filtrirt sich ein Mal waͤhrend es in dem Schenkel B hinabfließt, das andere Mal waͤhrend es in dem Schenkel B emporsteigt, und laͤßt so in dem kuͤrzeren Arme die feineren fremdartigen Theile zuruͤk. Um die allergroͤbsten Theile zuruͤk zu halten, breitet man auf der Flaͤche von b auf dem groben Sande ein Stuͤk doppelt zusammengelegten Flanell aus, den man alle zwei oder drei Tage herausnimmt und rein waͤscht. Eines solchen Filtrir-Apparates aus Toͤpfer-Thon habe ich mich waͤhrend meines Aufenthaltes zu Riga mehrere Jahre lang bedient. Ich erhielt dadurch aus der Duͤna ein sehr reines und helles Wasser, obschon dieser Fluß zu gewissen Jahreszeiten sehr viel Schlamm mit sich fuͤhrt. Ich habe kein Kohlenpulver genommen, obschon ich damals meine Versuche uͤber die Gas verschlingende Eigenschaft der reinen Kohle anstellte: Versuche, auf welche ich meine Theorie der Reinigung (Désinfection) des Wassers und des Brantweines gruͤndete. Die Ursache war, weil die Duͤna nur wenig oder gar keine faulenden Stoffe fuͤhrt, und noch mehr, weil ich damals schon die Ueberzeugung hatte, daß die Kohle sehr bald ihre antiseptische Eigenschaft verliert, und in wenigen Tagen gar keine chemische Wirkung mehr aͤußert, sondern bloß mechanisch, wie der Sand, durch Adhaͤsion wirkt. Wie sollte man auch wirklich annehmen koͤnnen, daß ein chemischer Stoff einen anderen oder mehrere andere, in unendlicher Menge aufzunehmen im Stande waͤre. Der Saͤttigungs-Punkt muß fruͤher oder spaͤter eintreten. Diese Betrachtung haͤtte Hrn. Zeni veranlassen sollen, seinen Kohlenstaub dem Sande nicht beizumengen, sondern denselben in den Ring-Raum auf den feinsten Sand zu legen, wo man denselben, so oft es noͤthig gewesen waͤre, haͤtte erneuern koͤnnen. Man wuͤrde dann noch den Vortheil haben, daß das Wasser, von dem feinsten Schlamme befreit, auf die Kohle kommt, waͤhrend es, wo es in dem inneren Raume angebracht wird, das Wasser noch ganz beladen mit Schlamm aufnehmen muß, von diesem Schlamme wie mit einer Rinde uͤberzogen wird, wodurch dann die Wirkung desselben auf das faule Wasser in dem Maße gehindert wird, als die Beruͤhrung desselben dadurch erschwert wird. Wenn man sich meines Filtrir-Apparates, der eigentlich eine kuͤnstliche Quelle istEin wiziger Kopf, der meinen Filtrir-Apparat im Gange sah, sagte mir im Scherze: „Das ist keine neue Erfindung. Das ist eine Quelle, wie die Natur sie nach Millionen hervorgebracht hat.“ , auf Schiffen bedienen will, so kann man ihn ganz aus Holz verfertigen, und ihm 4 1/2 Fuß Hoͤhe und 3 Fuß im Durchmesser geben. Fig. 19. ist ein senkrechter Durchschnitt eines solchen Apparates. ABCD ist das Gefaͤß in Form eines umgekehrten abgestuzten, sehr wenig erweiterten, Kegels mit vier eisernen Reifen. EF ist die Wand, deren Rand um 1/4 πγ von dem Boden BG absteht, um so einen freien Durchgang zu lassen, dessen Flaͤcheninhalt gleich ist dem horizontalen Durchschnitte eines der beiden Schenkel des Hebers, so daß der Durchgang des Wassers aus einem Schenkel in den anderen nicht verengt wird. In der Anwendung wird man daher bloß FI = 3/8 Durchmesser machen duͤrfen, der hier = 12 3/4 Zoll ist. Diese Hoͤhe wird wegen des Gitters, von welchem unten die Rede seyn wird, auf 11 Zoll reducirt. Man nimmt das halbkreisfoͤrmige Stuͤk G nicht wegEs ist im Originale nicht angedeutet, wo auch der Buchstabe F fehlt.A. d. Ue., um dem gegenuͤberstehenden Theile, welcher das schmuzige Wasser enthaͤlt, die gehoͤrige Staͤrke zu belassen. Ich habe es auch bei meinem kleinen thoͤnernen Filtrir-Apparate angebracht, theils um die Masse zu vermindern, die in den Ofen mußte, theils um das Vergnuͤgen zu haben, den Schleier meiner kuͤnstlichen Quelle zu sehen. Man kann dreierlei Arten von Sand anwenden. Die mittlere kommt auf den Boden bis zur Hoͤhe der Wand; die groͤbste in den Schenkel Q bis auf 1 1/2 Fuß vom oberen Rande, und gleichzeitig fuͤllt man, damit die Wand nicht verruͤkt wird, auch den feineren Sand in den Schenkel P bis auf 19 Zoll vom oberen Rande. Einen Zoll hoͤher steht die Abzugs-Roͤhre C, bloß aus Holz, um alle Beruͤhrung zwischen Wasser und Metall zu vermeiden. Zum Schließen dieser Roͤhre reicht ein Pfropfen aus Kork hin. Wenn man faul gewordenes Wasser mit Kohle reinigen will, nimmt man die oberste Schichte des feinen Sandes a weg, und ersezt dieselbe mit gestoßener Kohle, die man wieder einen halben Zoll hoch mit feinem Sande dekt, um dieselbe so viel moͤglich der atmosphaͤrischen Luft, und vorzuͤglich der in derselben enthaltenen Kohlensaͤure zu entziehen: denn reine Kohle verliert sehr bald ihre Kraft, wenn sie diese Luftarten eingesogen hat. Ich halte es nicht fuͤr uͤberfluͤssig, Praktiker daran zu erinnern, daß die Kohle ganz frisch und so lang dem Feuer ausgesezt werden muß, bis keine Flamme mehr sich an derselben zeigt, und daß sie gleich darauf angewendet werden muß. Wenn man sich Vorrath von Kohle fuͤr eine Seereise verschaffen will, muß man sie in Flaschen fuͤllen, und diese hermetisch schließen. Hoͤlzerne Gefaͤße geben gewoͤhnlich Anfangs dem Wasser einen Geschmak, und faulen in der Folge; dieß veranlaßte Hrn. Zeni, wie es scheint, eiserne Gefaͤße vorzuschlagen. Diese haben den Nachtheil, sich bedeutend zu oxydiren, nicht aber, wie es im Bulletin a. a. O. heißt, das Wasser zu zersezen; denn ich habe durch meine Versuche erwiesen (die sich in meinem deutschen Lehrbuche der Physik befinden), daß weder Eisen, noch Zink, noch Kupfer, noch Messing oder Blei, noch selbst Phosphor, sich auf Kosten des in dem Wasser enthaltenen Sauerstoffes oxydirt, sondern bloß auf Kosten des Sauerstoffes der in dem Wasser enthaltenen Luft, die sich aus der Atmosphaͤre immer in demselben erneuert. Man kann selbst aus Eisen- oder Zink-Feile, die in einer graduirten Roͤhre mit einer duͤnnen Schichte Wassers uͤbergossen ist, sich ein ziemlich gutes Endiometer verfertigen. Die Oxydation aus der Luft hat selbst durch Queksilber Statt. Um dem Holze unseres Filtrir-Apparates die uͤble Eigenschaft, dem Wasser einen Geruch und Geschmak zu geben, zu benehmen, darf man sich nur der schoͤnen Erfindung Berthollet's bedienen, die darin besteht, das Gefaͤß innenwendig zu verkohlen; eine Erfindung, die bald nach ihrer Bekanntmachung von Hrn. v. Krusenstern in seiner Reise um die Welt benuzt wurde. Er brachte nach 3 Jahren ein Faß Newa-Wasser, das sonst so leicht fault, vollkommen trinkbar, ohne Geruch, Farbe und Geschmak von seiner Reise um die Welt zuruͤkDer verdiente Capitaͤn Hall erreichte denselben Zwek auch mit eisernen Wasser-Gefaͤßen, wie wir bereits berichteten, die jezt auf der englischen Flotte fast allgemein eingefuͤhrt sind, und die den Vorzug zu verdienen scheinen. Der Schatten Berthollet's, den wir so sehr ehren, wie unser vielgeehrte Parrot, wird es uns verzeihen, wenn wir hier bemerken, daß das Verkohlen des Holzes zur besseren Erhaltung desselben im Wasser, wenigstens an Donau-Schiffen, gewiß uͤber 50 Jahre alt ist; denn vor so vielen Jahren sahen wir die Schiffe an der Donau außen zu diesem Behufe stellenweise verkohlen. Das Wasser in Schiffen, die zu Filtrir-Apparaten verwendet wurden, laͤnger frisch zu halten durch Verkohlung der inneren Waͤnde dieser Schiffe, hat der vortreffliche sel. Mederer v. Wuthwehr im lezten Tuͤrkenkriege die Oesterreicher an der Donau und an der Sau gelehrt. Auch Faͤsser sah der Uebersezer in Oesterreich schon vor 40 Jahren zur besseren Aufbewahrung des Wassers ausbrennen. A. d. Ue.. Es laͤßt sich begreifen, daß diese Verkohlung auch mit der Scheidewand EF vorgenommen werden muß, und sie muß einzeln und ehe geschehen, als man sie einzieht. Was die Anwendung dieses Apparates betrifft, so ist sie hoͤchst einfach. Ich will nur bemerken, daß, wenn man die moͤglich groͤßte Menge reinen Wassers erhalten will, man durch einige vorlaͤufige Versuche die Hoͤhe von d bestimmen muß, auf welcher das unreine Wasser in dem Schenkel Q gehalten werden soll. Denn da die Wassersaͤule der Hoͤhe db die Kraft ist, welche die Reibung in den Zwischenraͤumen des Sandes uͤberwindet, um das Wasser bei c ausfließen zu lassen, so wird, wenn diese zu hoch ist, das Wasser zu schnell ausfließen und nicht den gehoͤrigen Grad von Reinheit besizen; wenn sie aber, im Gegentheile, zu niedrig waͤreIm Originale heißt es durch Drukfehler zu hoch (trop de hauteur.)A. d. Ue., wuͤrde der Filtrir-Apparat nicht so viel reines Wasser geben, als er zu liefern vermag. Um nicht die Granzen eines Journal-Artikels zu uͤberschreiten, uͤbergehe ich die Beschreibung eines hoͤchst einfachen Apparates, um das unreine Wasser stets in gleicher Menge in das Filtrum einstroͤmen zu lassen, so daß es in demselben immer in gleicher Hoͤhe steht: dieser Apparat ist in Frankreich gewiß bekannt. Wenn man bemerkt, daß das aus dem Filtrir-Apparate ausfließende Wasser nicht ganz rein durchfließt, so muß der Sand mit einer etwas gekruͤmmten Schaufel herausgenommen und gewaschen werden: herausgenommen muß er zu beiden Seiten zugleich werden, bis man mit dem groben und feinen Sande fertig ist. Um beide Sandarten nicht mit der mittleren zu vermengen, was geschehen wuͤrde, wenn die Schaufel nicht uͤberall gleich tief ginge, bringt man an der Graͤnze beider bewegliche Gitter- oder Rost-Stangen an, ee und ii, welche das Eindringen der Schaufeln in die Tiefe reguliren. Um endlich auch das noch mit Leichtigkeit wegzuschaffen, was die Schaufel liegen ließ, bringt man auf der Hoͤhe einer jeden Rost-Stange eine vierekige Thuͤre von 8 bis 9 Zoll an, und, wenn man bis dahin gekommen ist, nimmt man die Rost-Stangen heraus, und neigt das Filtrum, um den mittleren Sand leichter herauszuschaffen. Der Sand muß in einem Gefaͤße gewaschen werden, das wenigstens zwei Mal so viel Raum haͤlt, als der Sand einnimmt, der gewaschen werden soll. Man fuͤllt es mit Wasser, und ruͤhrt den Sand in demselben kraͤftig um; man wechselt das Wasser drei, vier, fuͤnf Mal, bis es klar aus dem Gefaͤße ablaͤuft, worauf man den Sand neuerdings in den Filtrir-Apparat zuruͤkfuͤllt. Diese große Menge Wassers, die ich nothwendig fand, so wie das Umruͤhren des Sandes beweiset, daß Hrn. Zeni's Waschmethode nicht hinreicht, wenn das Waschen nicht oft wiederholt wird. An meiner Maschine darf der Sand nur ein Mal im Monate gewaschen werden.

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