Titel: | Kleiner Beitrag zur Kenntniß der englischen Kornmühlen von Dr. Ernst Alban. |
Autor: | Dr. Ernst Alban [GND] |
Fundstelle: | Band 31, Jahrgang 1829, Nr. LXXXXII., S. 329 |
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LXXXXII.
Kleiner Beitrag zur Kenntniß der englischen
Kornmuͤhlen von Dr. Ernst
Alban.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Alban, kleiner Beitrag zur Kenntniß der englischen
Kornmuͤhlen.
Man hat in Deutschland schon sehr viele Beschreibungen und Abbildungen der englischen
Kornmuͤhlen, und namentlich sieht man mancherlei Darstellungen derjenigen
Einrichtungen, der die Englaͤnder sich theils zur Befestigung, oder vielmehr
Aufhaͤngung der Laͤufersteine auf das Muͤhleisen, theils zur
Einfutterung des, sich im Bodensteine drehenden, Muͤhleisens selbst bedienen.
Einige der besten und gelungensten Darstellungen dieses Gegenstandes findet man in
Christians traité de mécanique
industrielle
Christians traité de mécanique
industrielle, Planche 41., so wie in den Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des
Gewerbfleißes in PreußeVerhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in
Preußen. Zweite Lieferung des Jahres 1825.. Unter allen diesen Darstellungen habe ich aber zu meiner Verwunderung die
derjenigen Einrichtungen ganz vermißt, die in und um London am haͤufigsten,
ja fast allgemein in Anwendung sindSie sind zwar nicht ganz wesentlich von allen denen, in jenen Werken
angegebenen, Einrichtungen verschieden, jedoch enthalten sie einige
Einzelheiten, die sich vortheilhaft auszeichnen, wenigstens in ihrer so sehr
zwekmaͤßigen Combination neu genannt werden koͤnnen.. Um hier eine kleine Luͤke auszufuͤllen, werde ich dasjenige
daruͤber mittheilen, was mir einer der ersten Muͤhlenbauer Londons,
Herr Manwaring in seiner
Werkstaͤtte, worin eine große Menge Mahlmuͤhlen gebaut wurden, zu
sehen mit (in England) seltner Bereitwilligkeit erlaubt hat.
Man sieht in Fig.
16 einen perpendikulaͤren Durchschnitt durch eine mit diesen
Einrichtungen versehene Kornmuͤhle. In der Figur sind jedoch nur alle
diejenigen Gegenstaͤnde abgebildet, die unmittelbar zur Erklaͤrung der
Einrichtungen dienen.
A, bezeichnet den Bodenstein, B, den Laͤufer, C, das
Muͤhleisen, das den Laͤufer traͤgt und umdreht. Dasselbe ist
ganz cylindrisch und gut und fleißig abgedreht. Sein oberer Theil, a, ist starker, und ist bestimmt in der, in den
Bodenstein eingelassenen, Buͤchse, D, zu
arbeiten. Auf dem staͤrkern Theile steht da, wo er aus der Buͤchse
hervortritt, ein vierekiger Zapfen, b, der sich nach
oben etwas verjuͤngt, und auf seiner oberen Flaͤche eine
halbkugelfoͤrmige Erhabenheit, c, hat. Auf dieser ruht die
Muͤhlhaue, d, mit einer gleichen Vertiefung. Sie
ist mit ihren Klauen in dem Laͤufer befestigt. In Fig. 17 und 18 sieht man
diese Muͤhlhaue besonders, und zwar in Fig. 17 im
perpendikulaͤren Laͤngsdurchschnitte, in Fig. 18 von unten
vorgestellt. a, und b, sind
die Klauen, c, ist die halbkugelfoͤrmige
Vertiefung. Vermittelst derselben ist der Laͤufer auf die
halbkugelfoͤrmige Erhabenheit des Muͤhleisens aufgehaͤngt, so
daß er frei darauf balancirt; denn der halbkugelfoͤrmige Kopf bildet
gleichsam ein allgemeines Gelenk. Daß bei dieser Einrichtung der Muͤhlstein
sehr gleich behauen seyn muß, um durch eine ungleiche Schwere nicht nach einer oder
der andern Seite zu sinken, versteht sich von selbst. Damit er aber selbst bei sehr
gleicher Bearbeitung auf dem Muͤhleisen balanciren koͤnne, ist es
noͤthig, daß sein Aufhaͤngepunkt uͤber seinem Schwerpunkte
liege. Dieserhalb ist die Muͤhlhaue doppelt gekroͤpft, in der Art, wie
sie in Fig.
16 und 17 erscheint, und reicht mit dieser Kroͤpfung bis uͤber die
Mitte der Oeffnung des Laͤufers hinauf. Um den Laͤufer zu drehen,
dient der vierekige Zapfen Fig. 16, b, des Muͤhleisens. Auf demselben steht eine
gußeiserne Huͤlse, e, die in Fig. 19, 20 und 21 besonders, und zwar in
Fig. 19
im Aufrisse, Fig.
20 im perpendikulaͤren Durchschnitte und Fig. 21 in einer Ansicht
von oben vorgestellt ist. Diese Huͤlse ist unten bis, a, cylindrisch, oben bei, b, vierekig und hat
hier einen Einschnitt, c, in welchen die
Muͤhlhaue eingreift, jedoch so, daß sie einiger Maßen frei darin spielt. Der
Einschnitt, o, der Huͤlse, der die
Muͤhlhaue umfaßt, dreht selbige mit dem Laͤufer herum. Bei, f, in Fig. 16, sieht man die
sogenannte Ruͤttelwelle, die oben aus der Oeffnung des Laͤufers
hervortritt, und den Schuh ruͤttelt.
Der Theil des Muͤhleisens, der mit, a, bezeichnet
ist, und sich in dem Bodensteine dreht, laͤuft daselbst zwischen metallenen
Futtern, g, g, die in der gußeisernen, mit
hoͤlzernen Keilen in eine vierekige Oeffnung des Bodensteines eingetriebenen
Buͤchse, D, so eingesezt sind, daß sie durch vier
Keile, h, h, die hinter ihnen in Furchen der
Buͤchse liegen, gegen das Muͤhleisen angedraͤngt werden
koͤnnen, um den Gang desselben in der Buͤchse stets fleißig zu
erhalten. Die Keile werden von unten hineingesezt, und koͤnnen durch
Schrauben, c, c, gestellt werden. Diese gehen durch die
untere Schlußplatte, k, die die ganze Buͤchse
nach unten verschließt und nur im Mittel eine Oeffnung fuͤr das
Muͤhleisen hat. Sie wird durch vier Schrauben an die Buͤchse
befestigt, und enthaͤlt zugleich vier Oeffnungen mit muͤtterlichen
Gewinden fuͤr die Stellschrauben der Keile. Die Stellschrauben treten nach
Durchdringung der Platte in Schlizen der Keile ein, die sich in den Keilen hinein
erweitern. In der Erweiterung spielt das aͤußerste, knopffoͤrmige Ende der
Stellschrauben. Bei einer solchen Anordnung wird der Keil gezwungen, jedem Zuge der
Schraube, dieser mag vorwaͤrts oder zuruͤk gehen, zu folgen. In Fig. 22 und
23 ist
einer der Keile besonders, und zwar von zwei Seiten vorgestellt. a, ist die Stellschraube, b,
der Schliz im Keile zur Aufnahme der Stellschraube, c,
die Erweiterung des Schlizes, worin der Knopf, d, der
Stellschraube sich dreht.
Nach oben wird die Buͤchse gleichfalls durch eine Schlußplatte, l, bedekt, die durch vier Schrauben an selbige befestigt
wird. Sie laͤßt, so wie die untere Schlußplatte, im Mittel eine Oeffnung
fuͤr das Muͤhleisen.
Um eine recht deutliche Ansicht von der Lage der Futter am Muͤhleisen und von
der Stellung der Keile zwischen den Futtern und der Buͤchse zu gewinnen, habe
ich in Fig.
24 einen horizontalen Querdurchschnitt durch die Mitte der Buͤchse
vorgestellt. Man sieht hier bei, a, das
Muͤhleisen, bei, b, b, b, b, die vier messingenen
Futter, bei, c, c, c, c, die Keile. Die Buͤchse
sowohl, als die messingenen Futter haben Ausschnitte fuͤr die Keile. Zwischen
den Futtern und der Buͤchse bleiben dreiekige Hoͤhlungen, d, d, d, d, worein in Oehl getraͤnkte Wolle
gestopft wird, die zur Schmierung des Muͤhleisens dient. e, e, e, e, sind die Schraubenloͤcher fuͤr
die zum Anziehen der obern Schlußplatte dienenden Schrauben. f, f, f, f, stellen die, rund um die Buͤchse herum eingetriebenen,
und zur Befestigung derselben in dem Bodensteine dienenden, hoͤlzernen Keile
vor.
Da, wo das den Laͤufer in Bewegung sezende gußeiserne Getriebe auf dem
Muͤhleisen sizt, ist lezteres staͤrker gearbeitet, wie in Fig. 16 bei,
m, zu sehen ist. Diese staͤrkere Parthie
verjuͤngt sich nach oben etwas, und das Getriebe, n, ist auf derselben verschiebbar, so daß es aufwaͤrts
geruͤkt und aus den Zaͤhnen des dasselbe umtreibenden Rades geschoben
werden kann. Ist es herabgelassen, so schließt es fest an das Muͤhleisen.
Seine Achsenoͤffnung ist genau so groß, daß dieser Anschluß erfolgt, wenn es
mit den Zaͤhnen des dasselbe umtreibenden Rades in richtigem Eingriffe steht.
Damit es sich auf dem Muͤhleisen nicht rund drehen koͤnne, ist in
dieses eine erhabene Leiste, o, eingeschoben, die in
eine Nut der Achsenoͤffnung des Getriebes greift.
Das Heben des Getriebes geschieht durch einen Ring, p,
der unter dem Getriebe liegt. Dieser ist an zwei cylindrischen Stangen, q, q, befestigt, die durch den Steg, r, gehen, und unter selbigem durch ein Querstuͤk,
s, in Verbindung stehen. Durch die Mitte des
Querstuͤkes ist eine Oeffnung gebohrt, die ein muͤtterliches Gewinde
enthaͤlt und eine Schraube, t, aufnimmt, deren
oberes Ende sich in dem
Steg mit einem Knopfgelenke dreht, am untern, unter dem Querstuͤke
befindlichen Ende aber mit zwei Handheben, u, u, zu
drehen, versehen ist. Wird die Schraube, t, umgedreht,
so schiebt sie das Querstuͤk mit den beiden cylindrischen Stangen und dem
Ringe aufwaͤrts und der Ring, der gegen das Getriebe druͤkt,
ruͤkt dieses endlich aus dem Eingriff mit dem dasselbe bewegenden Rade. Der
Steg, r, ist von Gußeisen und greift bei, v, mit einem Haken uͤber einen Zapfen des
Muͤhlengeruͤstes. An seinem entgegengesezten Ende ist er mit einer
Stellschraube versehen, vermittelst welcher der Steg mit dem Muͤhleneisen und
Laͤufer mehr oder weniger geluͤftet werden kann, je nachdem man
leztere dem Bodensteine naͤher oder entfernter umlaufen lassen will.
Auf dem Stege befindet sich die Pfanne, w, worin der
unten sich verjuͤngende und an seinem verstahlten Ende halb
kugelfoͤrmig gearbeitete, Theil des Muͤhleneisens, x, umlaͤuft. Die Pfanne ist von einer harten
Messingcomposition und hat eine Vertiefung, in deren Grunde eine
halbkugelfoͤrmige Grube fuͤr das Muͤhleisen angebracht ist. In
die Vertiefung wird das Fett gethan.
Um die Stellung der Pfanne regeln zu koͤnnen, ist sie in eine gußeiserne runde
und mit dem Stege aus einem Stuͤke gegossene Buͤchse, y eingesezt, doch so, daß zwischen ihr und den
Waͤnden der Buͤchse ein Spielraum von eines halben Zolles Breite
bleibt. Vier Stellschrauben, z, z, die durch die Wand
der Buͤchse dringen, und gegen die Pfanne geschoben werden koͤnnen,
vermoͤgen der Pfanne jede beliebige Stellung zu geben.
Stubbendorf im Monate December 1828.