Titel: | Neues Heizungs-System mit heißem Wasser statt mit heißem Dampft. |
Fundstelle: | Band 27, Jahrgang 1828, Nr. LXV., S. 260 |
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LXV.
Neues Heizungs-System mit heißem Wasser
statt mit heißem Dampft.
Aus dem Mechanics' Magazine, N. 225, 15. Decbr. 1825.
S. 338.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Neues Heizungs-System mit heißem Wasser.
Nach dem lezten Theile der Transactions
of the Horticultural Society of London und Hrn. Loudon's lezter Nummer seines Gardener's Magazine ist ein ganz neues System der
Heizung der Glas- und Treibhaͤuser im Anzuge. Hr. Turner zu Rooksnest war der erste,
der vor 8 Jahren durch sein Beispiel und durch sein Ansehen die Beheizung der
Glashaͤuser mittelst Dampfes allgemein einfuͤhren halfDr.Schultes, der ehemalige Professor zu Landshuth,
hat schon vor 12 Jahren auf die Notwendigkeit der Beheizung der
Glashaͤuser mittelst Dampfes aufmerksam gemacht, und wurde
dafuͤr ausgelacht. A. d. U.. Seit dieser Zeit hat Hr. Ant.
Bacon, Mitglied d. Hort. Soc. und der
beruͤhmte Baumeister Atkinson, ohne daß einer
etwas von dem anderen wußte, heißes Wasser statt des Dampfes als Heizungsmittel
versucht, und die Vorzuͤge des ersteren vor diesem so unwiderlegbar erwiesen,
daß Hr. Turner selbst einer
der Ersten geworden ist, der diese Art von Heizung der seinigen vorzog, weßwegen ihn
auch Hr. Loudon mit Recht
einen umfassenden und freisinnigen Mann nennt. Herrn Bacon's Versuche erzaͤhlt sein
Gaͤrtner Whale in den Transactions auf eine sehr lehrreiche Weise. Von Hrn. Atkinson's Verfahren wissen wir
bisher nichts, als daß es jenem des Hrn. Bacon
„aͤhnlich“ ist, und daß seine Versuche eben so
gluͤklich gelangen.
Hr. Whale bemerkt:
„daß die gewoͤhnlichen Zuͤge, wegen ihrer vielen
Gefuͤge und des Abfallens des Moͤrtels, zuweilen schwefeligsaure
Daͤmpfe fahren lassen, die den Pflanzen hoͤchst nachteilig
sindDieß ist naͤmlich der Fall, wo man Steinkohlen brennt, wie in
England; wo man Holz brennt, lassen die Zuͤge zuweilen den Rauch
durch, und werden auch dadurch den Pflanzen schaͤdlich. A. d.
U., und daß, wenn das Glashaus 40–50 Fuß lang ist, zwei Oefen nicht
im Stande sind, eine gleichfoͤrmige Temperatur zu erzeugen: es wird in
der Naͤhe der Oefen fuͤr die Pflanzen zu heiß, und in einiger
Entfernung von diesen und von den Zuͤgen ist es zu kalt.“
„Dampf vermeidet alle diese Nachtheile und laͤßt sich in den
groͤßten Haͤusern anwenden; man muß aber dabei Tag und Nacht
fuͤr gehoͤrige Unterhaltung des Feuers sorgen; der Dampfkessel und
der hierzu noͤthige Apparat fordert große Auslagen; es sind sehr oft
Reparaturen nothwendig; die Aufmerksamkeit auf das Feuer, die hier bei kleinen
Haͤusern eben so nothwendig ist, als bei großen, raubt Zeit; die Gefahr
einer Berstung des Kessels ist hier noch groͤßer, als bei einer
Dampfmaschine, indem
bei lezterer gewoͤhnlich eigene, gehoͤrig unterrichtete, Leute
angestellt sind, was bei Gaͤrtnern und ihren Gehuͤlfen nicht der
Fall ist.“
„Bei der Heizung mit heißem Wasser fallen alle obigen Nachtheile von Seite
der Zuͤge und des Dampfapparates weg. Der zu dieser Heizung
noͤthige Apparat ist einfach, und geraͤth nicht leicht in
Unordnung. Es kommt nur ein hoͤlzerner Dekel auf den Kessel und es sind
keine Sicherheits-Klappen nothwendig. Man braucht nicht viel
Brennmaterial, und wenn das Wasser einmahl gehoͤrig erhizt ist, wird nur
wenig Aufmerksamkeit mehr nothwendig seyn: denn das Wasser bleibt noch viele
Stunden lang heiß, wenn auch das Feuer bereits ausgegangen ist.“
In Hrn. Bacon's Garten sind
vier Treibhaͤuser fuͤr Trauben und Pfirsiche und eine Ananasgrube,
welche alle mit heißem Wasser geheizt werden. Hr. Whale erzaͤhlt, wie das Treibhaus
fuͤr Trauben nach dieser neuen Methode geheizt wird.
„Dieses Haus (siehe die Durchschnitts-Zeichnungen in Fig. 13.
und 14.)
ist 46 Fuß lang, und innenwendig 10 Fuß breit. Es wird von dem Kessel, A, geheizt, der in einer Vertiefung in der hinteren
Wand angebracht ist. Man gelangt zu dem Ofen, der ihn unter der Mauer heizt,
durch einen hinter derselben angebrachten kleinen Schupfen, B. Der Kessel ist 2 Fuß 6 Zoll breit und Einen Fuß 8
Zoll tief. Aus dem Ende des Kessels laufen horizontal vier Roͤhren aus
Gußeisen von 3 1/2 Zoll im Durchmesser, g, aus; zwei
derselben sind in dem Kessel gerade uͤber dem Boden desselben angebracht,
und die beiden anderen stehen gerade uͤber diesen, unmittelbar unter der
Oberflaͤche des Wassers. Das Haus ist durch glaͤserne
Scheidewaͤnde (siehe Fig. 15.) in drei
Abtheilungen, d, e, f, gebracht, damit man jede
Abtheilung einzeln heizen kann. Die mittlere Abtheilung hat zwei Fensterbreiten,
und jede der beiden anderen hat vier. Die Roͤhren laufen horizontal von
dem Kessel an die Vorderwand des Hauses, wo eine obere und eine untere
Roͤhre in die oͤstliche Abtheilung und zwei andere Roͤhren
in die westliche Abtheilung laufen und bis an das Ende des Hauses laͤngs
den Seiten der Zuͤge fortziehen, wo sie sich mit zwei daselbst
befindlichen Behaͤltern aus Gußeisen, g, g,
verbinden, deren jeder 3 Fuß 6 Zoll lang, 1 Fuß 6 Zoll breit, und 1 Fuß 8 Zoll
tief und mit eisernen Dekeln versehen ist. Diese Behaͤlter werden mit
Wasser gefuͤllt, welches mittelst Roͤhren mit dem Wasser in dem
Kessel in Verbindung steht.“
„Nachdem Kessel, Roͤhren und Behaͤlter mit Wasser
gefuͤllt wurden, wird das Feuer unter dem Kessel angezuͤndet. Das
erhizte Wasser wird an die Oberflaͤche in dem Kessel empor steigen, und
von dort aus durch die oberen Roͤhren seinen Weg in die Behaͤlter
finden, und das kalte Wasser aus denselben durch die unteren Roͤhren in
den Kessel zuruͤktreiben. Dieser Kreislauf wird regelmaͤßig so lang
fortwaͤhren, als Feuer unter dem Kessel ist; das heiße Wasser wird immer
in die Behaͤlter, und das in denselben abgekuͤhlte Wasser
zuruͤk in den Kessel fließen. Ich habe zu wiederhohlten Mahlen, nachdem
das Wasser erhizt wurde, ein Thermometer in die Behaͤlter am Ende des
Hauses gesenkt, und nur einen Unterschied von 3 bis 4 Graden
„(Fahrenheit)“ zwischen der Temperatur des Wassers in
denselben und in dem Kessel gefunden. Es ist nicht noͤthig, das Wasser
kochen zu machen, und wenn das Feuer gehoͤrig geleitet wird, wird kein
Dampf erzeugt werden und kein Wasser verloren gehen. Es ist jedoch
noͤthig, den Kessel von Zeit zu Zeit zu untersuchen, und Wasser
nachzufuͤllen, wenn einiges davon verdampft worden
waͤre.“
„Man kann am Kessel sowohl, als an den Roͤhren und
Behaͤltern, Klappen anbringen, um noͤthigen Falles Dampf in das
Haus zu lassen. Dieß wuͤrde aber ein Sieden des Wassers nochwendig
machen, und dieß wurde in diesem Hause nie gethan, indem man allen nothwendigen
Dampf durch Besprizen der Roͤhren mit einer Gießkanne hervorbringen
konnte.“
„Ich bin uͤberzeugt, daß die Vortheile dieser Beheizungsart jedem
practischen Gaͤrtner, der dieselbe benuͤzen will, vollkommen
Genuͤge leisten werden. Wenn das Wasser einmahl erhizt und das Feuer
gehoͤrig angeschuͤrt ist, kann er sich getrost zur Ruhe begeben
und sicher seyn, daß die Roͤhren uͤber Nacht nicht
auskuͤhlen und des Morgens noch warm genug seyn werden.“
Hr. Loudon fuhr, um sich selbst
durch den Augenschein von der Sache zu uͤberzeugen, nach Deepdene und
Rooksnest in Surrey und nach Pickley-Place und Sundridge-Park in Kent,
indem dort uͤberall die sogenannte Wasserheizung nach Bacon's Methode, nur mit einigen
Abaͤnderungen, bereits eingefuͤhrt ist.
Er theilt hieruͤber folgenden Bericht mit.
„Zu Deepdene wird eine Orangerie mittelst heißen Wassers geheizt, das
durch eiserne Roͤhren laͤuft, ohne Cisterne und ohne
Behaͤlter, die man fuͤr uͤberfluͤßig haͤlt.
Zu Rooksnest untersuchten wir zwei Gruben am 27. Septbr. Abends, und bemerkten
die Schnelligkeit, mit welcher das heiße Wasser herumlaͤuft: wir fanden
sie bei einem maͤßigen Feuer zu zwei Fuß auf Eine Minute. Als wir am
folgenden Morgen wieder in die Grube gingen, fanden wir die Roͤhren noch
immer warm, obschon seit 9 Uhr Abends nicht mehr nachgeschuͤrt wurde. Der
Gaͤrtner, Hr. Squib, ein ausgezeichneter Mann, der seinem Plaze zu Rooksnest schon
seit vielen Jahren Ehre bringt, stimmt vollkommen mit Hrn. Whale, und zieht diese Heizungsmethode der
Dampfheizung vor. Zu Bickley bei Bromley werden zwei Haͤuser mit dem
Wasser eines Kessels geheizt. Jedes Haus hat an dem, dem Kessel
gegenuͤber stehenden Ende, einen Behaͤlter; in einem dieser
Haͤuser sind die Roͤhren von Steingut und mit roͤmischem
Kitte an ihren Fugen vollkommen wasserdicht verkittet. Der Gaͤrtner, Hr.
Wells, ein sehr
geschikter Mann, ist ganz der Ueberzeugung des Hrn. Squib, und findet irdene Roͤhren
hinreichend, in manchen Faͤllen sogar besser, als metallne, weil sie
etwas Feuchtigkeit durchlassen. Zu Sundridge Park wird ein ungeheueres Glashaus
nebst zwei Trauben-Treibhaͤusern mit heißem Wasser geheizt,
welches zum Theile durch die Expansivkraft des Dampfes in dem Kessel durch die
Roͤhren fort getrieben wird. Man haͤlt diese Vorrichtung
fuͤr eine Erfindung des Grafen Chabanes; sie
ist sehr sinnreich, und mag als erster Fortschritt in der Wasserheizung gelten;
allein die Methode des Hrn. Whale ist so einfach und wenig kostspielig, daß Grafen Chabanes's Methode schwerlich
allgemein eingefuͤhrt werden wird. Hr. Thomson, der Kuͤchengaͤrtner,
der beide Methoden gleich gut versteht, zieht Hrn. Whale's Methode vor, und heizt mittelst
dieser ein Traubenhaus, wo die Roͤhren unter einem Fußwege, der bedeutend
tiefer als der Kessel liegt, durchlaufen.“
Um zu zeigen, daß, wenn das Wasser in dem Kessel und in dem Behaͤlter gleich
hoch steht, und so hoch, als der hoͤchste Theil der Roͤhre, eine
Circulation zwischen denselben Statt hat, die Roͤhren moͤgen noch so
tief hinabsteigen, hat Hr. Loudon folgende Erklaͤrung gegeben.
„Wenn die Dekel des Kessels und Behaͤlters wasserdicht befestigt
sind, wird eine senkrechte Roͤhre aus jedem (siehe Fig. 15.), wenn sie
zur gehoͤrigen Hoͤhe gefuͤllt ist, dieselbe Wirkung haben,
als wenn der Kessel, b, und der Behaͤlter,
c, in eben dem Maße verlaͤngert worden
waͤren. Die Roͤhren zwischen dem Kessel und dem Behaͤlter
koͤnnen, wenn diese beiden auf obige Weise vorgerichtet sind, nach jeder
Richtung hin, und auf- und abwaͤrts geleitet werden, nur
duͤrfen sie nicht hoͤher steigen, als das Wasser in dem Kessel und
in dem Behaͤlter, a, a, steht. Die
Roͤhre fuͤr das kalte Wasser, e, und
fuͤr das warme Wasser, g, wenn sie von dem
Kessel in den Behaͤlter laufen, (erstere oben, die andere unten)
koͤnnen seitwaͤrts in dem zu heizenden Raume, oder unter dem
Fußboden des zu heizenden Hauses, h, oder so hoch
oben angebracht seyn, daß sie weder den Pflanzen noch den Arbeitern in dem Hause
laͤstig werden.“
Hr. Wood zu Deepdene sagte, daß
bei dieser Methode bedeutend an Brennmaterial erspart wird. „Wir sehen
nicht ein“ sagt Hr. Loudon
„wie in dieser Hinsicht viel gewonnen werden kann; nach den Bemerkungen
des Hrn. Gilman im Mechanics' Magaz.
N. 211, 212, 213 uͤber Dampf laͤßt
sich dieß jedoch in Vergleich mit Dampfheizung erklaͤren, da man
gewoͤhnlich bei dem Kochen des Wassers mehr Hize anwendet, als das Wasser
als Wasser aufzunehmen vermag.
Bei Heizung mit heißem Wasser ist das Wasser selten uͤber 150°
heiß, und bei dieser Temperatur hat es eine groͤßere Verwandtschaft mit
dem Waͤrmestoffe, und vermag mehr davon aufzunehmen, als wenn es kalt
oder siedend heiß ist.“ Wir sind mit dieser Erklaͤrung nicht
ganz einverstanden, und glauben, daß die Ersparung ehe dem Umstande zuzuschreiben
ist, daß, wenn man mit Dampf heizt, mehr Dampf erzeugt wird, als man braucht, und
die Roͤhren Dampf von jeder Dichtigkeit leiten, waͤhrend diese
Roͤhren, wenn sie einmahl mit Wasser gefuͤllt sind, nicht mehr Wasser
aufzunehmen vermoͤgen.
Wenn man Glashaͤuser mit heißem Wasser heizt, kann man auch andere
Haͤuser damit heizen. Die Roͤhren brauchen nicht uͤber ein Zoll
dik zu seyn, und koͤnnen so geleitet werden, daß man sie gar nicht sieht.
Hr. Loudon hat wahrscheinlich
Recht, wenn er sagt: „fuͤr jeden Fall wird man den Dampf nicht mehr
laͤnger zur Heizung der Glashaͤuser brauchen.“