Titel: | Bemerkungen über Wasser-Räder und über einige herrschende Fehler bei der Anwendung des Wassers als Triebkraft. |
Fundstelle: | Band 27, Jahrgang 1828, Nr. LXI., S. 244 |
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LXI.
Bemerkungen uͤber
Wasser-Raͤder und uͤber einige herrschende Fehler bei der Anwendung
des Wassers als Triebkraft.
Aus dem Franklin-Journal, in Gill's technical
Repository. Novbr. 1827. S. 297.
Bemerkungen uͤber Wasserraͤder und uͤber
einige Fehler etc.
Ich seze voraus, daß heute zu Tage jeder, der den Bau eines
Wasserrades leiten, oder die Kraft bemessen will, mit welcher das Wasser wirkt, auch
weiß, daß das Wasser in der ersten Secunde ungefaͤhr 16 Fuß tief
faͤllt. Ich fuͤrchte aber, daß viele, die sich mit den eben
erwaͤhnten Arbeiten beschaͤftigen, das Verhaͤltniß nicht
kennen, in welchem sowohl der Raum als die Schnelligkeit zunimmt. Ich schloß dieß
nicht bloß aus dem Umgange mit mehreren Practikern, sondern selbst aus
Aufsaͤzen in wissenschaftlichen Journalen. Zum leichteren Beweise will ich
bloß einen Aufsaz in diesem (dem Franklin Journal. I.
Bd. S. 103.) hernehmen, der aus der Feder eines praktischen Mechanikers floß, und
von einem wissenschaftlichen Ausschusse durchgesehen wurde. Im dritten Saze dieses
AufsazesDieser Aufsaz ist der im polytechn. Journ. Bd. XXIII. S. 111. aus dem Franklin
Journal mitgetheilte. heißt es:
„Wasser faͤllt, als schwerer Koͤrper, in der ersten Secunde
16 Fuß; und es scheint offenbar, daß, wenn ein Wasserrad so getrieben werden
soll, daß das Wasser, mit welchem es beladen wird, 10, 11 oder 12 Fuß in Einer Secunde
zu fallen hat, nach welcher Rechnung die Raͤder gewoͤhnlich gebaut
werden, ein großer Theil der Kraft verloren geht.“
Wir finden hier erstlich Geschwindigkeit mit dem Raume verwechselt, durch welchen
Wasser in der ersten Secunde faͤllt; lezterer ist 16 Fuß, und erstere ist am
Ende der ersten Secunde von Nichts bis auf 32 gewachsen; so daß dieser Theil des
Sazes, in aller Strenge genommen, keinen Sinn gibt. Er ist jedoch als Maßstab
aufgestellt, durch dessen Vergleichung mit irgend einer gegebenen Geschwindigkeit
eines Wasserrades, wir im Stande seyn sollen, den Verlust zu bemessen, der durch zu
große Geschwindigkeit entsteht; so schließt der Verfasser fuͤr den Fall, daß
ein Rad die Geschwindigkeit von 10 bis 12 Fuß in einer Minute hat, indem er diese
Zahlen mit der mysterioͤsen Zahl 10 vergleicht: „daß ein großer
Theil der Kraft verloren geht.“ Die Hoͤhe des Falles, welche
den ganzen Betrag der Kraft anzeigt, ist nicht angegeben; das Verhaͤltniß,
zwischen einem bestimmten Theile und einem unbestimmten Ganzen anzugeben, ist aber
unmoͤglich.
Die Unbestimmtheit in den ersten Grundsaͤzen, die ich hier dem Verfasser
vorwerfe, zeigt sich noch deutlicher als Schlußfolge in den Bemerkungen am Ende, die
er uͤber gewisse Wasserwerke macht, welchen er vorstand. An der
Korn-Muͤhle zu Rariton und den Mehl-Muͤhlen am
Brandywine gibt er den Fall des Wassers zu 29 Fuß, den Durchmesser der Raͤder
zu 16 Fuß, und die Geschwindigkeit ihres Umfanges zu ungefaͤhr 10 Fuß in
Einer Secunde an (von einem Falle von 4 Fuß getrieben), woraus er den
klaͤglichen Schluß zieht: „an allen diesen Werken erhaͤlt
man nicht 50 p. Cent der angewendeten Kraft des Wassers.“ Etwas
einfache Arithmetik wird den Eigenthuͤmern dieser Muͤhlen eine
genuͤgendere Rechnung legen, und ihnen vielleicht die Auslagen eines neuen
Baues ersparen, um die lezten 50 p. C. ihrer Kraft hereinzubringen.
Die Schnelligkeit des Umfanges der Raͤder ist 10 Fuß in Einer Secunde. Diese
Schnelligkeit oder Geschwindigkeit erhaͤlt man, nach der unten
beigefuͤgten Tabelle, durch einen Fall des Wassers von 18 1/4 Zoll. Das
Wasser faͤllt aber auf die Raͤder unter einer Hoͤhe von 4 Fuß,
unter welcher die ausstroͤmende Geschwindigkeit 16 Fuß in einer Secunde ist.
Obschon nun also den Raͤdern durch die Stoßkraft des Wassers, das dieselben
mit einer um 6 Fuß groͤßeren Geschwindigkeit treibt, als ihre eigene, nicht
viel geholfen ist, so werden sie indessen durch dieselbe sicher nicht aufgehalten,
und wir haben keinen Grund, den Verlust groͤßer anzunehmen, als zu 4 Fuß, was
bloß ein Fuͤnftel der ganzen Kraft, oder eines Falles von 20 Fuß ist, so daß vier Fuͤnftel
als das Verhaͤltniß der wirklich angewendeten Kraft bleiben, statt weniger
als die Haͤlfte, wie es in dem hier angezogenen Aufsaze heißt.
Der Verfasser betrachtet hierauf unsere Wasser-Werke zu Fair-Mount
(Philadelphia), auf welche unsere Mitbuͤrger mit Recht so stolz sind, und die
sie mit Dank erfuͤllen, gegen jene wakeren Individuen, deren Gemeingeiste,
Unternehmungsgeiste, und deren Geschiklichkeit sie dieselben schuldig sind; da aber
mehrere wichtige Puncte in Bezug auf dieselben unrichtig angegeben sind, so ist es
nicht noͤthig sich in eine Pruͤfung seiner Schluͤsse
einzulassen. Ich will indessen versuchen meine Ansichten uͤber diesen
Gegenstand in Hinsicht auf Oekonomie und Verwendung der verbrauchten Kraft
vorzulegen.
Die Hoͤhe und der Fall betraͤgt bei hoher Fluth 6 Fuß 6 Zoll,
waͤhrend das Rad zu dieser Zeit zwei Fuß in der Fluth treibt. Wenn die Fluth
voruͤber ist, betragen erstere 8 Fuß und 6 Zoll, und da die Fluth in 24
Stunden zwei Mahl um ungefaͤhr 6 Fuß steigt und faͤllt, so will ich
annehmen, daß die Raͤder waͤhrend dieser 24 Stunden 7 bis 8 Stunden
lang mehr oder minder in der Fluth treiben, und daher die Hoͤhe und den Fall
im Durchschnitte auf 8 Fuß sezen.
Die Geschwindigkeit des Umfanges der Raͤder ist ungefaͤhr 12 Fuß in
Einer Secunde, was auf einen Fall von 27 Fuß zu rechnen ist. Das Wasser kommt auf
das Rad unter einer Hoͤhe von 12 Zoll; die ausstroͤmende
Geschwindigkeit betraͤgt demnach 8 Fuß in Einer Secunde. Allein, die
Richtung, welche das Wasser durch die Form der Oeffnung, durch welche es
ausstroͤmt, erhaͤlt, ist unter einem Winkel von 45° mit der
Brust des Rades; folglich kann seine Geschwindigkeit in der Richtung, in welcher das
Rad sich bewegt, nicht mehr als 5 1/2 Fuß in Einer Secunde betragen. Da aber das Rad
sich mit 12 Fuß auf die Secunde bewegt, muß es einen Theil seiner Kraft darauf
verwenden, seine eigene Geschwindigkeit dem Wasser mitzutheilen. Jeder, der
Fair-Mount besuchte, wird den Laͤrm gehoͤrt haben, den die
Fluͤgel des Rades durch ihr Schlagen auf das Wasser, das in die Eimer tritt,
erzeugen. Der ganze Verlust der Kraft laͤßt sich demnach auf folgende Weise
schaͤzen: – Die Geschwindigkeit des Rades, zu 12 Fuß in Einer Secunde,
wird durch das Wasser in einem Falle von 27 Zoll erlangt. Das Wasser faͤllt
auf das Rad in einer Hoͤhe von 12 Zoll. Die Geschwindigkeit in der verlangten
Richtung ist 5 1/2 Fuß in der Secunde, die einem Falle von 5 2/3 Zoll zukommt. Der
Unterschied ist eben so viel Verlust, naͤmlich 6 1/3 Zoll.
Gesammt-Verlust 33 1/5 Zoll. Oder so: – Die Geschwindigkeit des
Wassers in der verlangten Richtung ist jene, die einem Falle von 5 2/3, Zoll
zukommt. Unmittelbar wie es auf das Rad faͤllt, erhaͤlt es eine
Geschwindigkeit, die einem Falle von 27 Zoll zukommt. Die Differenz zeigt die
Geschwindigkeit an, die das Rad verwendet, um ihm die Geschwindigkeit mitzutheilen,
21 1/3 Zoll. Das Wasser kommt 12 Zoll unter der Oberflaͤche des Dammes auf
das Rad. Also Gesammt-Verlust, wie vorher, 33 1/2, Zoll.
Es scheint also, daß von der angewendeten Kraft ein Drittel durch das Uebermaß der
Geschwindigkeit, und durch die Art wie das Wasser in die Eimer gebracht wird,
verloren geht, und nur zwei Drittel der Kraft wirklich zur Arbeit verwendet
werden.
Die Hoͤhe, durch welche das Wasser von dem Damme zu dem Behaͤlter
hinauf gehoben wird, ist 96 Fuß. Das Wasser, welches dasselbe hebt, faͤllt 8
Fuß; es wuͤrden also, unter der Voraussezung, daß alle Kraft wirklich
verwendet werden koͤnnte, und kein Verlust durch Reibung etc.
entstuͤnde, 12 Gallons Wasser, die 8 Fuß hoch fallen, 1 Gallon Wasser in den
Behaͤlter 96 Fuß hoch heben, waͤhrend doch jedes Gallon Wasser, bis es
in den Behaͤlter kommt, einen Aufwand von 30 bis 40 Gallons Wasser aus dem
Wasserdamme kostet. Man nehme im Durchschnitte den Aufwand des Wassers um 1 Gallon
zu heben zu 36 Gallons an, so ist bloß ein Drittel dieser Kraft fuͤr den
Behaͤlter zu rechnen, und da ein Drittel durch die
uͤberfluͤßige Geschwindigkeit des Rades verloren geht etc., so bleibt
das uͤbrige Drittel fuͤr Reibung etc. Dieses lezte Drittel ist
indessen die Haͤlfte der wirklichen Kraft.
Ich habe hier die Raͤume und Geschwindigkeiten fallender Koͤrper in
verschiedenen Bruchtheilen einer Secunde berechnet, und theile die Resultate zum
Gebrauche derjenigen Practiker mir, die bisher die Muͤhe scheuten, dieselben
zu berechnen,
Ich versuche nach folgenden Daten:
Schwere Koͤrper fallen in der ersten Secunde durch einen Raum von 16 Fuß, an
deren Ende sie eine Geschwindigkeit von 32 Fuß in Einer Secunde erreicht haben. Die
Geschwindigkeit waͤchst wie die Zeiten; der Raum wie Quadrate der Zeiten.
Tabelle.
Zeit oder Dauer desFalles in Secunden.
Waͤhrend des
Falles durchlaufener Raum.
Erhaltene Geschwindigkeit
in einer
Secunde.
1/128
–
0
Fuß
9 1/90
Zoll
0 Fuß
3 Zoll
2/128
–
0
–
0 1/21
–
0 –
6 –
3/128
–
0
–
0 2/19
–
0 –
9 –
4/128
–
0
–
0 3/16
–
1 –
0 –
5/128
–
0
–
0 2/7
–
1 –
3 –
6/128
–
0
–
0 2/5
–
1 –
6 –
7/128
–
0
–
0 3/5
–
1 –
9 –
8/128
–
0
–
0 3/4
–
2 –
0 –
Zeit oder Dauer desFalles in Secunden.
Waͤhrend des
Falles durchlaufener Raum.
Erhaltene Geschwindigkeit
in einer
Secunde.
3/32
–
0
Fuß
1 2/3
Zoll
3 –
0 Zoll
4/32
–
0
–
3
–
4 –
0 –
5/32
–
0
–
4 2/3
–
5 –
0 –
6/32
–
0
–
6 3/4
–
6 –
0 –
7/32
–
0
–
9 1/4
–
7 –
0 –
1/4
–
1
–
0
–
8 –
0 –
9/32
–
1
–
3 1/6
–
9 –
0 –
10/32
–
1
–
6 3/4
–
10 –
0 –
11/32
–
1
–
10 2/3
–
11 –
0 –
12/32
–
2
–
3
–
12 –
0 –
13/32
–
2
–
7 2/3
–
13 –
0 –
14/32
–
3
–
0 3/4
–
14 –
0 –
15/32
–
3
–
6 2/11
–
15 –
0 –
1/2
–
4
–
0
–
16 –
0 –
17/32
–
4
–
6 1/5
–
17 –
0 –
18/32
–
5
–
0 2/3
–
18 –
0 –
19/32
–
5
–
7 2/3
–
19 –
0 –
20/32
–
6
–
3
–
20 –
0 –
21/32
–
6
–
10 2/3
–
21 –
0 –
22/32
–
7
–
6 3/4
–
22 –
0 –
23/32
–
8
–
3 1/5
–
23 –
0 –
3/4
–
9
–
0
–
24 –
0 –
25/32
–
9
–
9 1/5
–
25 –
0 –
26/32
–
10
–
6 3/4
–
26 –
0 –
27/32
–
11
–
4 2/3
–
27 –
0 –
28/32
–
12
–
3
–
28 –
0 –
29/32
–
13
–
1 2/3
–
29 –
0 –
30/32
–
14
–
0 3/4
–
30 –
0 –
31/32
–
15
–
0 1/5
–
31 –
0 –
1 Secunde
–
16
–
0
–
32 –
0 –
2 Secunden
–
64
–
0
–
64 –
0 –
15 Secunden
–
3,600
–
3
–
480 –
0 –
30 Secunden
–
14,400
–
0
–
960 –
0 –
eine Minute
–
57,600
–
0
–
1,920 –
0 –
Um nun zu bestimmen, wie viel eine gegebene Wasserkraft durch eine gegebene
Geschwindigkeit des Rades verliert, darf man nur den Raum bestimmen, durch welchen
das Wasser fallen muß, um diese Geschwindigkeit zu erhalten; dieser Raum, verglichen
mit dem ganzen Falle, loͤst die Frage. So z.B. seze man den ganzen Fall = 10
Fuß. Die Geschwindigkeit des Rades = 4 Zoll in einer Secunde. Diese Geschwindigkeit
kommt einem Falle von 3 Fuß oder einem Viertel des ganzen Falles zu, was das
gesuchte Verhaͤltniß ist. Oder man seze die Geschwindigkeit = 13 Fuß in Einer
Secunde, die einem Falle von 2 Fuß 75 Zoll zukommt; so ist der Verlust etwas mehr
als ein Viertel des ganzen Falles von 10 Fuß. Man muß jedoch hier besonders
bemerken, daß diese Schaͤzungen unter der Voraussezung gemacht sind, daß das Wasser auf
das Rad in der Richtung der Bewegung seines Umfanges faͤllt, und genau in
jener Entfernung unter der Oberflaͤche des Dammes, die der Geschwindigkeit
des Rades entspricht. Unaufmerksamkeit auf diesen Umstand ist eine wichtige und
haͤufige Ursache des Verlustes.