Titel: | Ueber den Bau der Wasserräder, und die Art, das Wasser auf dieselben so einwirken zu lassen, daß sie die größte Wirkung hervorbringen. Von Hrn. W. Parkin, Mechaniker. |
Fundstelle: | Band 23, Jahrgang 1827, Nr. XXVII., S. 112 |
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XXVII.
Ueber den Bau der Wasserraͤder, und die
Art, das Wasser auf dieselben so einwirken zu lassen, daß sie die groͤßte Wirkung
hervorbringen. Von Hrn. W.
Parkin, Mechaniker.
Aus dem Franklin Journal in Gill's
technical
Repository. Novbr. 1826. S. 290.
Parkin, uͤber den Bau der Wasserraͤder.
Bei dem Baue der Wasserraͤder, vorzuͤglich
solcher, die eine große Kraft zu aͤußern haben, ist die Anwendung des Eisens
eine wesentliche Verbesserung. Wo immer dieses Metall um einen maͤßigen Preis
zu haben ist, und wo man geschikte Arbeiter findet, die es billig verarbeiten,
sollten die Wasserraͤder durchaus aus Eisen seyn, indem sie, gehoͤrig
gehalten, und in reinem, nicht in gesalzenem, Wasser getrieben, Jahrhunderte lang
dauern, und folglich am Ende am wohlfeilsten zu stehen kommen. Nur die ersten
Gestehungskosten kommen etwas hoch, und ich wuͤrde daher rathen, bei allen
sehr großen Raͤdern die Achse aus Gußeisen zu verfertigen, und, um die
groͤßte Staͤrke mit der mindesten Schwere zu verbinden, sollte die
Achse hohl in sechs- oder achtekiger Form gegossen werden, mit starken
eisernen Vorspruͤngen, um die Arme und das Zahnrad gehoͤrig darauf
befestigen zu koͤnnen. Diese Vorspruͤnge muͤssen mit
staͤhlernen Schluͤsseln gehoͤrig an ihrer Stelle befestigt
werden.
Was die Stellung der Wasserraͤder nach der verschiedenen Hoͤhe des
Falles des Wassers betrifft, durch welches dieselben getrieben werden, so muß ich
bemerken, daß unterschlaͤchtige Raͤder bei einem Falle voll 2 bis 9
Fuß am vorteilhaftesten sind; bei einem Falle von 10 Fuß und daruͤber sind
Eimer- oder Brust-Raͤder am zutraͤglichsten, die, bis zu
einem Falle von 20 bis 25 Fuß, ungefaͤhr um ein Sechstel hoͤher seyn
muͤssen, als der Fall, durch den sie getrieben werden. Bei beiden dieser
Raͤder muß das Wasser auf das Rad von der Oberflaͤche des Wehres aus
fallen. Ich weiß, daß dieser Grundsaz mit der gewoͤhnlichen Praxis im geraden
Widerspruche steht, und vielleicht gibt es wenige Raͤder in unseren Staaten,
die, so wie sie jezt gestellt sind, bei solcher Anwendung des Wassers getrieben
werden koͤnnten: der Grund hiervon wird aus Folgendem erhellen.
Bei Bestimmung der Verhaͤltnisse der inneren Raͤder, die die Maschine
treiben, wird es, zur Erlangung der groͤßten Kraft, nothwendig, die
Geschwindigkeit des Umfanges des Wasserrades zu beschraͤnken, so daß dieselbe
nicht mehr als 4 bis 5 Fuß in Einer Secunde betraͤgt, indem man aus genauen
Versuchen weiß, daß die groͤßte Kraft, die man durch das Wasser erhalten
kann, sich innerhalb dieser Graͤnzen befindet. Als fallender Koͤrper
faͤllt das Wasser mit einer Geschwindigkeit von beinahe 16 Fuß in der ersten
Secunde, und es ist offenbar, daß, wenn ein Wasserrad so getrieben werden soll, daß
das Wasser, mit welchem dasselbe beladen ist, 10, 11 bis 12 Fuß in einer Secunde
fallen muß (und auf diese Art sind die meisten Raͤder vorgerichtet), ein
betraͤchtlicher Theil der Kraft verloren gehen muß, oder vielmehr bloß dazu
verwendet wird, durch unnoͤthige Reibung das Rad zu zerstoͤren, auf
welches dasselbe faͤllt.
Bei dem gewoͤhnlichen Muͤhlenbaue und bei der gewoͤhnlichen
Weise, das Wasser auf die Raͤder fallen zu lassen, fand man es
unumgaͤnglich nothwendig, eine Wasserhoͤhe von 2 bis 4 Fuß
uͤber der Oeffnung zu haben, durch welche das Wasser in die Eimer fließt, oder gegen
die Brettchen des Wasserrades schlaͤgt: denn ohne diese Vorsicht kann das Rad
nicht mit der erforderlichen Geschwindigkeit getrieben werden. Man hat aus diesem
Umstande irrig geschlossen, daß der Schlag oder Stoß, den ein auf diese Weise
gefuͤlltes Wasserrad erhaͤlt, groͤßer als die Kraft ist, die
voll der wirklichen Schwere des Wassers allein abhaͤngt. Diese Theorie habe
ich von praktischen Maͤnnern vertheidigen gehoͤrt; sie nimmt aber in
der That nur zu einem Irrthume ihre Zuflucht, um einen anderen zu verbessern.
Oberschlaͤchtige Raͤder wurden in vielen Faͤllen nur deßwegen
angenommen, um das Wasser leichter in die Eimer zu bekommen: wenn man aber das Rad
auf seine gehoͤrige Geschwindigkeit beschrankt, so verschwindet diese
Schwierigkeit von selbst.
In Folge der ausserordentlichen Geschwindigkeit, mit welcher die Wasserraͤder
gewoͤhnlich getrieben werden, unterbricht schon eine kleine Anhaͤufung
von Hinter-Wasser die Wirkung derselben, oder haͤlt sie bedeutend auf;
wenn man sie aber in ihrer Geschwindigkeit gehoͤrig beschrankt, wird der
Widerstand des Hinter-Wassers betraͤchtlich vermindert, und
betraͤgt nur ungefaͤhr so viel, als wenn das Wasser aus einem um
einige Zoll niedrigeren Wehre ausfloͤße, als derjenige ist, unter welchem das
Wasserrad sich befindet. Bei unterschlaͤchtigen Raͤdern, die von einem
niedrigen Falle getrieben werden, oder durch die Fluth leiden, kann dem Widerstande
des Hinter-Wassers dadurch begegnet werden, daß man die Schaufeln in dem Rade
nicht genau in eine Linie von dem Mittelpuncte des Rades her stellt, sondern 6 oder
8 Zoll davon abweichen laͤßt, damit dem Wasser der Abfluß von der
aufsteigenden Schaufel erleichtert wird.
Wenn Wasserraͤder gebaut werden, die mit einer Geschwindigkeit von 4 bis 5 Fuß
in Einer Secunde laufen sollen, so wird es noͤthig, sie breiter zu halten,
damit sie dieselbe Menge Wassers bearbeiten, die zum Treiben eines schnell laufenden
Wasserrades nothwendig ist. Wenn daher Jemand, der eine Muͤhle errichten
will, ein Wasser hat, das fuͤr ein 5 Fuß breites Rad hinreicht, dessen Umfang
10 Fuß in Einer Secunde laufen soll, so ist es offenbar, daß, wenn er alles Wasser
benuͤzen will, das ein solches Rad faßt, sein Rad 10 bis 12 Fuß, statt 5 Fuß,
breit seyn muß, denn sonst geht Wasser verloren, indem ein langsam sich bewegendes 5
Fuß breites Rad nicht
mehr Raum hat, als die Haͤlfte davon zu fassen. Die Hauptvortheile, die man
bei der vorgeschlagenen Methode, die Raͤder dem Falle anzupassen,
erhaͤlt, sind, nebst der Art das Wasser anzubringen,
1) Verminderung der Reibung auf den Hauptlagern (und an dem ersten Paare der
Zahnraͤder) wodurch, bei einiger Sorgfalt, sie immer kalt laufen, und die
Achse weit laͤnger gut erhalten wird, als wenn die Lager nicht
abkuͤhlen koͤnnen.
2) Wenn man das Wasser nach dem Grundsaze seiner wirklichen Schwere allein
benuͤzt, und es immer nur von der Hoͤhe der Oberflaͤche des
Wehres nimmt, so ist seine Kraft doppelt so groß, als bei der gewoͤhnlichen
Anwendungs-Methode desselben.
3) Der kostbare Kanal, der das Wasser zu den Raͤdern fuͤhrt, ist
uͤberfluͤßig; denn es wird auch ein seichterer, und folglich
wohlfeilerer, hinreichen.
4) Der Widerstand des Hinter-Wassers ist, soviel moͤglich,
vermindert.
5) Die Gefahr des Feuers ist geringer, weil auch die Reibung geringer ist.
Ich will diesen Aufsaz mit Bemerkungen uͤber Muͤhlen enden, die ich in
diesem Jahre untersuchte.
Hrn. Smith's neu erbaute Korn-Muͤhle auf dem
Rariton bei New-Brunswick, New Jersey, hat 16 Fuß
hohe und 14 Fuß breite Raͤder, und 4 Fuß Wasserhoͤhe. Die
Raͤder laufen in einer Minute 12 Mahl um, also 10 Fuß in Einer Secunde,
waͤhrend die Steine (von 5 Fuß im Durchmesser) 100 Umdrehungen machen.
Die Wasserraͤder an den Mehl-Muͤhlen zu Brandywine, bei
Wilmington, sind 16 Fuß hoch, der Fall ist 20 Fuß, und sie drehen sich 10 bis 15
Mahl in einer Minute.
Bei allen diesen Muͤhlen verliert man mehr als 50 per Cent der Kraft des
Wassers.
Die Wasserraͤder zu Fair-Mount, die Philadelphia mit Wasser versehen,
sind 16 Fuß hoch, und 14 Fuß breit; die Wasserhoͤhe ist 5 Fuß, und sie laufen
13 Mahl in Einer Minute herum; was 11 Fuß fuͤr die Secunde an der Bewegung
des Umfanges des Rades gibt.
Der Bau des hier angewendeten Raͤderwerkes macht den Werkmeistern Ehre: wenn
aber mein Grundsaz uͤber die Anwendung des Wassers richtig ist, wird man bald einsehen, daß
bedeutend viele Kraft desselben dabei verloren geht.
Wenn diese Wasserraͤder, so wie sie gegenwaͤrtig stehen, auf nicht mehr
als 5 Umdrehungen in Einer Minute beschrankt waͤren, und die Pumpen dieselbe
Zahl von Zuͤgen machten, die sie gegenwaͤrtig machen, 13
Doppel-Zuͤge; so koͤnnte jedes Rad zwei Pumpen treiben bei dem
Wasser, das jezt nur Eines treibt. Wenn aber die Raͤder 18 Zoll tiefer in den
Fluth-Weg gestellt wuͤrden, so wuͤrden zwei Drittel dieses
Wassers, die jezt Eine Pumpe treiben, zwei Pumpen eben so schnell treiben. Dieß wird
einleuchtend seyn, wenn man bedenkt, daß durch die verminderte Geschwindigkeit 150
p. C. Wasser mehr in das Rad geworfen und daselbst behalten wird, und den Vortheil,
der zwischen Wasser, das 4 1/8 Fuß, statt 11 Fuß in Einer Secunde faͤllt.
Statt hat, in Anschlag bringt.