Titel: | Beschreibung neuer Bogen, welche Hr. Ainger zum Baue der Brüken mit weiter Spannung vorschlägt. |
Fundstelle: | Band 22, Jahrgang 1826, Nr. LXXXVI., S. 392 |
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LXXXVI.
Beschreibung neuer Bogen, welche Hr. Ainger zum Baue der
Bruͤken mit weiter Spannung vorschlaͤgt.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement. Aug. l. J. S. 256.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Ainger's Beschreibung neuer Bogen zum Baue der Bruͤken mit
weiter Spannung.
Der Bau der Bogen zu Bruͤken mit weiter Oeffnung und
gedruktem Gewoͤlbe ist eine der schwierigsten Aufgaben in der
Zimmermanns-Kunst. Die Bogen an den englischen Bruͤken lassen in Hinsicht auf
Festigkeit noch vieles wuͤnschen, so wie auch in Hinsicht auf Ersparung an
Materialien und Leichtigkeit in ihrer Auffuͤhrung. Man suchte diesen
Maͤngeln abzuhelfen; allein die Versuche sind bisher im Allgemeinen nur wenig
gelungen.
Die bisherigen Fehler bestehen 1) in der großen Menge Zapfenloͤcher, die man
in die Hauptbaͤume der Zimmerung einschlaͤgt, um darin die
Stuͤzen und Querbaͤume, die sie verbinden, einzuzapfen: durch diese
Zapfenloͤcher leidet die Festigkeit des Holzes bedeutend. 2) In der zu großen
Schiefheit, die man den meisten Hoͤlzern in Hinsicht auf die Richtung des
Drukes gibt, den sie zu erleiden haben. 3) In dem Mangel irgend eines
kraͤftigen Mittels, die verschiedenen Theile der Zimmerung gehoͤrig zu
befestigen.
Der Schaden der Zapfenloͤcher, zumahl, wo sie zusehr gehaͤuft oder
einander gegenuͤber an einem Holze angebracht sind, ist nur zu bekannt. Der
geringste Druk biegt das auf diese Weise mißhandelte Holz, oder macht es brechen.
Hr. Ainger half diesem Nachtheile auf folgende Weise
ab.
Die Hauptstuͤke des Bogens, s,b, s,c, s,g, k,c, k,g, k,h, Fig. 28., sind weder mit
Zapfenloͤchern durchbohrt, noch auf irgend eine Weise geschwaͤcht,
außer an jenen Puncten, wo sie die Stuͤzen oder Verbindungs-Halbmesser
aufnehmen: b,r, c,q, etc., wo sich kleine seichte Einschnitte an denselben
befinden. Sie haben
nur einen einzigen Durchschnitts-Punct bei, o, wo sie in
einem Kerne von Gußeisen aufgenommen werden, den man in Fig. 29. im Grundrisse
und Aufrisse findet. Dieser Kern, so wie die Sohlen, a, i, k,
s, die auch aus Gußeisen sind, sind ausgeschweift, damit sie leichter
werden, und so gestellt, daß die Balken, welche sich auf dieselben stuͤzen,
nach der Richtung ihres Drukes rechte Winkel mit denselben bilden. Diese Sohlen sind
mittelst Bolzen und Schrauben auf den Unterlagen, a, s, k,
i, gehoͤrig befestigt. Die krummen Stute a,b, b,c, sind auf
eichene Kniestuͤke, wie gewoͤhnlich, aufgebolzt.
Hr. Ainger vermied die haͤufigen Durchschneidungen
der Bogen und das Schiefstehen der Stuͤke durch Verminderung des
unmittelbaren Drukes auf die Puncte, d, c, f, und ließ
denselben durch ein System von Spannriegel aus Hammer-Eisen von den Puncten, c, und, g, tragen, die alle
Theile der Zimmerung fest unter einander verbinden: ein Vortheil, den man an allen
bis zur Stunde gespannten Bogen vermißt. In c, und g, sind die sogenannten Saͤttel aus Gußeisen
befestigt, welche Fig. 31. im Durchschnitte und im Grundrisse zeigt. Von hier aus laufen
die Spannriegel, c, s, und, g,
k, die sich in ein Auge oder in einen Ring enden, in welchen von einer
Seite die Bolzen, a', die sich auf die Saͤttel
stuͤzen, und von der anderen aͤhnliche Bolzen, die durch die Sohlen,
k, und, s, laufen,
eintreten. Von denselben Saͤtteln laufen noch zwei aͤhnliche
Spannriegel aus, die, nachdem sie sich bei einem einzigen Bolzen, x, vereinigten, sich bis, y,
y, Fig.
29., verlaͤngern, wo sie durch die Keile, b', b', fest gehalten werden. Ehe man sie vollkommen befestigt, vermehrt
man ihre Spannung, indem man einen Keil, t, uͤber
dem Bolzen, x, eintreibt, wodurch derselbe in einen
Einschnitt in dem Kerne, o, gebracht wird. Die Bolzen,
die sich auf den Saͤtteln stuͤzen, verbinden sich unter einander durch
laͤngliche Ringe aus gehaͤmmertem Eisen, v,
v, Fig.
31. Außer diesen Spannriegeln laͤuft aus dem Mittelpuncte, o, noch eine andere Reihe von eisernen Stangen aus, die
sich auf Bolzen in den Sohlen, k, s, stuͤzen;
eine andere Reihe von solchen Stangen kreuzt die vorigen, und ist, auf einer Seite,
an den Bolzen der Saͤttel, c, g, auf der anderen
an jenen der Sohle, a, i, befestigt. Da, wo sie
uͤber und unter dem Bogen Winkel bilden, in den Puncten, b, r, q, d, p, e, n, etc., sind sie mittelst Bolzen,
c', c', befestigt, die auf Kissen aus Gußeisen
ruhen, die man in Fig. 30. im Durchschnitte und von oben gezeichnet sieht. Zwischen den
unteren Kissen, l, m, n, p, q, r, fuͤhrt er zu
jeder Seite Keile aus Eichenholz ein, die, zu gleicher Zeit mit dem Keile, t, mit großen hoͤlzernen Schlaͤgeln
eingetrieben, alle Theile der Zimmerung fest zusammenhalten, und sie Probe fest
machen. Dadurch werden zugleich die Ungleichheiten in der Laͤnge der Stangen
und die Fehler in den Dimensionen des Gebaͤlkes, wenn sich welche
faͤnden, hereingebracht, und Alles in der Zimmerung kann sich nun
gehoͤrig an einander schließen. Es waͤre uͤberfluͤßig zu
bemerken, daß auf der anderen Seite der Bruͤke sich ein aͤhnliches
System von Spannriegeln, eisernen Stangen etc. befindet, und daß die Bolzen mit
Vorstekkeilen befestigt sind.
Wir muͤssen nun sehen, wie der Widerstand der Puncte, c, und, g, auf die Puncte, s, e, f, uͤbertragen wird. Die Puncte, c, und g, koͤnnen
sich nicht einander naͤhern, ohne die krummen, c, d,
d, e, etc. zu zerbrechen, und der Durchschnitts-Punct, o, der eisernen Stangen, c, o, g,
o, kann sich nur insofern senken, als mehrere oder alle Stuͤke, s,c, c,o, k,g, g,o, gleichfalls zerbrochen werden. Da sich nun aber das
in, e, befindliche Gewicht, welches diese Wirkung
hervorbringen kann, leicht berechnen laͤßt, muͤssen die oben
erwaͤhnten Spannriegel stark genug seyn, um den erforderlichen Widerstand zu
leisten, und dann wird das senkrechte Stuͤk, e,
o, hinreichen, um die Last des Punctes, i, zu
tragen. Auf dieselbe Weise werden die Puncte, d, und,
f, durch die Stangen, c,p, p,e, und e,n, g,n, gestuͤzt, mittelst der Halbmesser, d,p, f,n. Diese Halbmesser koͤnnen, zur groͤßeren
Staͤrke, mit den Stuͤken, c,o, g,o, durch eiserne Zapfen
oder Baͤnder vereinigt seyn, damit sie nicht durch Zapfenloͤcher
geschwaͤcht werden. Man hat die Zapfen in der Figur wegen der Kleinheit des
Maßstabes nicht dargestellt.
Dieses Spann-Riegel und Stangen-System hat auch noch einen anderen nicht minder
wichtigen Zwek in oͤkonomischer Hinsicht. Die Menge hoͤlzerner und
eiserner Haken und Zapfen, die man bei so vielen Bogen-Bruͤken findet,
faͤllt weg, und soviel auch hier Eisen gebraucht zu seyn scheint, ist es doch
um die Haͤlfte weniger, als an der Waterloo-Bogenbruͤke zu London
gebraucht wurde.
Die Groͤße der Stangen und Spannriegel berechnet Hr. Ainger zu 3 Zoll im Gevierte fuͤr diese, und zu Einem Zoll
fuͤr die Stangen, um die noͤthige Festigkeit zu erhalten.
Er spricht noch uͤber die Versuche an einem der Society
for the Encouragement uͤberreichten Modelle, das 20,000 Pf. trug,
und die erwuͤnschtesten Resultate gewaͤhrte, und empfing dafuͤr
die goldene Medaille.