Titel: | Analyse römischer zu Famars gefundener Silber-Münzen. Von Hrn. H. Feneulle. |
Fundstelle: | Band 22, Jahrgang 1826, Nr. XLIII., S. 210 |
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XLIII.
Analyse roͤmischer zu Famars gefundener
Silber-Muͤnzen. Von Hrn. H. Feneulle.
Aus den Annales de Chimie. Juli 1826. S. 320. (Im
Auszuge.)
Feneulle's Analyse zu Famars gefundener
Silbermuͤnzen.
Das Dorf Famars (Fanum Martis) liegt eine Stunde suͤdlich von
Valenciennes, und war eine roͤmische Festung im belgischen Gallien, auf
welche die Roͤmer sich nach dem Untergange von Bavai im J. 385
zuruͤkzogen. Die ganze Gegend umher hieß Pagus
Fano-Martensis noch im 10. Jahrhunderte, wo der Nahme Hennegau (Hainaut) den classischen Nahmen zu
verdraͤngen anfing. Die Alterthuͤmer auf dem Mont-Joui (Mons Jovis) veranlaßten im J. 1822 einige Liebhaber des
classischen Alterthumes zu Valenciennes nachzugraben, und man fand mehrere Tausende
roͤmischer Muͤnzen.
Die Société d'Émulation de Cambrai
uͤberließ Hrn. Feneulle einige Muͤnzen, die er alle auf folgende Weise
analysirte. Er fing damit an, daß er das Stuͤk mit concentrirter
Salpetersaͤure behandelte, die Aufloͤsung zur Trokenheit abrauchte,
mit distillirtem Wasser wieder loͤste, und filtrirte. Auf dem Filtrum zeigte
sich immer eine mehr oder minder dunkel purpurfarbige Masse.
Die salpetersaure Aufloͤsung wurde mit Hydrochlorsaͤure
niedergeschlagen; das Gewicht des Hornsilbers (Chlorure
d'Argent) gab nach dem Schmelzen das Verhaͤltniß) des Silbers.
Das Kupfer erhielt man, indem man die salpetersaure Aufloͤsung in eine saure
schwefelsaure umwandelte, und man sammelte das Kupfer, indem man diese Aufloͤsung mit
einer Eisenplatte kochte.
Um die Natur des rothen Niederschlages auszumitteln, calcinirte man denselben in
einem Platinna-Tiegel bis zur Rothgluͤhhize, behandelte ihn dann mit heißer
concentrirter Hydrochlorsaͤure, die einen Theil Zinnes aufloͤste, das
man theils mit geschwefeltem Wasserstoffe, wodurch das Zinn braun niedergeschlagen
wurde, theils mit Chlor-Gold, das Purpur erzeugte, darstellte. Der in der
Hydrochlorsaͤure unaufloͤsliche Ruͤkstand loͤste sich
zum Theile in Koͤnigswasser auf, mit Ausnahme eines geringen Antheiles von
Zinn Peroxid, das man an der inneren Flamme des Loͤthrohres auf Kohle mit
etwas Soda erkannte; es bildete daselbst ein Metallkuͤgelchen. Die zweite
Aufloͤsung, der uͤberschuͤßigen Saͤure durch das
Abrauchen beraubt, zeigte mit Eisen-Protosulfat, mit salpetersaurem Queksilber, mit
Zinn-Protochloruͤr, unzweideutige Spuren von Gold.
Man betrachtete an allen diesen Muͤnzen, mit Ausnahme zweier, wo der in
Salpetersaͤure unaufloͤsliche Niederschlag reines Gold war, den
uͤbrigen Niederschlag als Zinn-Peroxid. Die Menge Goldes, die sie enthielten,
war unbedeutend: nach Abschlag des Sauerstoffes bestimmte man den Metall-Gehalt.
1) IMP. CAES. VESPASIANVS, AVG. Ruͤkseite: TR. POT. Eine aufrechtstehende weibliche Figur mit einem
Caduceus. Schwere: 3,04 Gramm.
Silber
2,431
Gramm
100
Kupfer
0,589
–
24,23Alle analysirten Muͤnzen wurden weiß gesotten, (decapé) daher etwas weniger
Kupfer, als wirklich vorhanden war. A. d. O.
Gold
0,02
–
ohne merkliche Spur von Zinn.
–––––
3,040
–
2) TRAIANO AVG. GER. DAC. PM. TR. P. Das Haupt mit einem
Lorbeerkranze. Ruͤkseite: COS. V. P. P. S. R, OPTIMO
PRINC. Eine aufrechtstehende Sieges-Goͤttinn. Schwere: 2,8
Gramm.
Silber
2,455
Gramm
100
Kupfer
0,341
–
13,9
ZinnGold
0,004
–
–––––
2,800
–
3) HADRIANVS AVG. COS. III. P.
P. Naktes Haupt. Ruͤkseite. SALVS AVG. Eine aufrecht stehende
weibliche Gestalt. Schwere: 3,47 Gramm.
Silber
2,808
Gramm
100
Kupfer
0,661
–
23,54
ZinnGold
0,001
–
–––––
3,470
–
4) Sabina, Hadrian's Gattin. SABINA AVGVSTA.
Ruͤkseite. VENERI GENETRICI. Eine aufrecht
stehende weibliche Gestalt. Schwere: 2,67 Gramm.
Silber
2,279
Gramm
100
Kupfer
0,381
–
16,717
Zinn
0,010
–
–––––
2,670
5) ANTONINVS AVG. P. P. TR. PXI. Das Haupt mit Lorbeer
umwunden. Kehrseite: COS. III. Eine aufrecht stehende
weibliche Gestalt mit einem Steuerruder. Schwere: 3,87 Gramm.
Silber
2,717
Gramm
100
Kupfer
1,053
–
38,75
100
ZinnGold
0,100
–
9,5
–––––
3,870
–
6) DIVA FAVSTINA. Ihr Kopf. Ruͤkseite: AVGVSTA. Ceres, aufrecht, mit Aehren in der Hand.
Schwere: 3,01 Gramm. Analyse an 2,54 Gramm.
Silber
2,038
Gramm
100
Kupfer
0,497
–
24,38
ZinnGold
0,005
–
–––––
2,540
–
7) AVRELIVS CAESAR AVG. PII. C. Sein naktes Haupt.
Kehrseite; TR POT. XII. COS.
II. Apollo aufrecht, in Frauenkleidern. Schwere: 2,92 Gramm.
Silber
2,326
Gramm
100
Kupfer
0,592
–
25,4
ZinnGold
0,002
–
–––––
2,920
8) FAVSTINA AVGVSTA: Ruͤkseite: FECVND. AVGVSTAE. Eine aufrecht stehende weibliche Figur
mit vier Kindern. Schwere: 3,51 Gramm.
Silber
2,806
Gramm
100
Kupfer
0,700
–
24,74
Gold
0,004
–
–––––
3,510
–
9) M; COMMODVS ANTONINVS AVG-Kehrseite: TR. P. VII. IMP. VI. COS. IIII. P. P. Eine
aufrecht stehende weibliche Gestalt neben einem Altare. Schwere: 2,703 Gramm.
Silber
1,814
Gramm
100
Kupfer
0,869
–
47,906
ZinnGold
0,02
–
–––––
2,703
10) IMP. GORDIANVS PIVS FEL. AVG. Kehrseite: IOVI STATORI. Jupiter stehend. Schwere: 3,4 Gramm.
Analyse an 3,34 Gr.
Silber
0,941
100.
Gramm
Kupfer
2,262
240,38
–
100
ZinnGold
0,137
–
6,056
–––––
3,340
–
11) IMP. M. IVL. PHILIPPVS AVG. Ruͤkseite: ANNONA AVG. G. Aufrecht stehende weibliche Figur mit
einem Fuͤhlhorne. Schwere: 3,5 Gramm. Analyse an 3,47 Gr.
Silber
1,508
Gramm
100
Kupfer
1,917
–
127,122
ZinnGold
0,045
–
–––––
3,470
–
12) M. OTACIL. SEVERA. AVG. Kehrseite: CONCORDIA AVG. G. Concordia sizend. Schwere: 3,165
Gramm. Analyse an 3,055 Gr.
Silber
1,158
Gramm
100
Kupfer
1,841
–
158,98
ZinnGold
0,056
–
–––––
3,055
–
13) IMP. C. M. Q. TRAIANVS DECIVS AVG. Kehrseite: VICTORIA AVG. Schreitende Sieges-Goͤttin.
Schwere: 3,768. Analyse an 3,758 Gr.
Silber
1,49
Gramm
100
Kupfer
2,213
–
148,523
ZinnGold
0,055
–
–––––
3,758
–
In dem, dem Purpur des Cassius aͤhnlichen, in der Salpetersaͤure
unaufloͤslichen Ruͤkstande ist die Menge Goldes unbedeutend. Dieses
Gold, wie der hochverdiente Klaproth schon bemerkte, fand sich an der
Oberflaͤche des von den Statuen genommenen Erzes, die in Muͤnzen
umgewandelt wurden. Da alle diese Muͤnzen in Hinsicht auf die Menge des
Zinnes von einander abweichen, so sollte man glauben, daß man entweder unreines
Kupfer nahm, oder vielmehr, daß Stuͤke Erzes mit Kupfer gemengt, und dann dem
Silber beigesezt wurden.So interessaͤnt und lehrreich es ist, die antiken Muͤnzen einer
chemischen Analyse zu unterwerfen, so waͤre es doch fuͤr den
Handel weit wichtiger, die Gold und Silber-Muͤnzen (nicht die
Scheidemuͤnzen, die das Publicum laͤngst gewohnt ist, als eine
Sportelsache fuͤr die Staats-Cassen zu betrachten) so wie sie von
Jahr zu Jahr in verschiedenen Staaten gepraͤgt werden, einer strengen
Analyse zu unterwerfen, und diese oͤffentlich bekannt zu machen. Es
ist unglaublich, wie sehr bei diesen Muͤnzen in Hinsicht auf Korn
allein die Staaten sowohl, als das Publicum benachtheiligt wird. Am besten
wissen dieß die Juden und Armenier, die in Einloͤsung gewisser
gangbarer Gold- und Silbermuͤnzen mehr Procent gewinnen, als mancher
getaufte Jude an Rothschilds und anderen Staatspapieren. A. d. U.