Titel: Ueber die Nachtheile der Wiesen-Ranunkel oder sogenannten Schmalzblumen, und über die Nothwendigkeit der Maßregeln zur schleunigen Vertilgung derselben. Von Karl Whitlaw, Esqu.
Fundstelle: Band 21, Jahrgang 1826, Nr. LXXXIX., S. 373
Download: XML
LXXXIX. Ueber die Nachtheile der Wiesen-Ranunkel oder sogenannten Schmalzblumen, und über die Nothwendigkeit der Maßregeln zur schleunigen Vertilgung derselben. Von Karl Whitlaw, Esqu. Aus Hrn. Gill's technical Repository. Junius. 1826. S. 342. (Im Auszuge.) Whitlaw, über die Nachtheile der Wiesen-Ranunkel, oder sogenannten Schmalzblume. Der scharfe Ranunkel (Ranunculus acris), ist unter den vielen giftigen Gewaͤchsen der Ranunkel-Familie vielleicht der verderblichste. Ich weiß aus verschiedenen von mir angestellten Versuchen, daß diese Pflanze eine, der Hauptursachen des gegenwaͤrtig so sehr uͤberhand nehmenden Krebses ist. Das Vehikel, durch welche dieses Gift aus dem Ranunkel in den menschlichen Koͤrper gelangt, ist vorzuͤglich das fette Fleisch der Thiere, die diese Pflanze fraßen, und die Butter derselben. Es entwikelt sich vorzuͤglich leicht bei sogenannten gallichten Constitutionen in einem Alter von 35 bis 55 Jahren. Da das Landvolk keinen Unterricht uͤber sein physisches Wohl erhaͤlt,113)so darf es uns nicht befremden, wenn wir die Wiesen um die Doͤrfer mit giftigem Unkraute bedekt finden, die die Gesundheit der Bewohner der Nachbarschaft untergraben. Auf meinen lezten Reisen durch die Gegenden von Bach, Bristoll, Chippenham fand ich mehr Krebskranke daselbst, als ich jemahls irgendwo angetroffen habe. Ich verwies es den Landleuten, daß sie ihre Wiesen mit solchem giftigen Unkraute uͤber wachsen ließen; und sie entschuldigten sich damit, daß sie dabei ganz gut fuͤhren; daß ihre Thiere dabei fett wurden, und ihre Butter davon eine schoͤne gelbe Farbe erhielte. Ich habe indessen gefunden, daß, wenn man traͤchtige Kuͤhe auf feuchten, mit Ranunkeln uͤberwachsenen. Wiesen weiden laͤßt, sie ihre Kaͤlber haͤufig verwerfen, und daß sich oͤfters harte Knoten an ihren Eutern bilden, die so empfindlich werden, daß man den Thieren die Beine binden muß, um sie melken zu koͤnnen. Die Milch dieser Thiele wird rozig, wenn man sie mit Kaͤlbermagen gerinnen laͤßt, und auch, wenn man sie frisch zum Thee nimmt. Die Landleute bestaͤtigten diese meine Bemerkungen, die ich zuerst nur in den Umgebungen jener Staͤdte von Nord-America machte, wo man die Ranunkel mit dem Kleesamen aus Europa hin verpflanzte. Vor dreißig Jahren, ehe die Ranunkel in diese Gegenden kamen, kannte man daselbst den Krebs beinahe gar nicht: jezt nimmt aber dieses scheußliche Uebel daselbst beinahe in demselben Verhaͤltnisse zu, in welchem diese Giftpflanze sich immer mehr und mehr vermehrt, und es wird einst in America so fuͤrchterlich wuͤthen, als jezt in Europa. Als ich im Jahre 1818 am Columbia-Collegium in Suͤd-Carolina botanische Vorlesungen hielt, stellte ich mehrere Versuche an Thieren an, um die Wirkung dieser Pflanze zu beobachten. Ein Guͤterbesizer hatte Ranunculus acris in seinem Garten, und bald verbreiteten sich die Samen desselben uͤber seine Gruͤnde. Ich gab Hunden und Kazen die Pflanze zu fressen, und legte dieselbe den Thieren auch aͤußerlich auf die Haut zwischen den Schenkeln auf, und alle diese Thiere starben. Drei junge Leute, die bei mir Vorlesungen hoͤrten, legten sich die gequetschte Pflanze auf ihre Schenkel. Der eine derselben war blond und blauaugig, sehr gesund, und aß gern sauer und Pflanzen und Fruͤchte uͤberhaupt. Nach 12 Stunden war die Stelle, auf welcher der Ranunkel diese Zeit uͤber gelegen war, entzuͤndet, jedoch ohne Blasen, und die Entzuͤndung verlor sich ohne weiteren Nachtheil. Der Zweite, von strafferem Baue, hatte, nachdem die Wanze 12 Stunden lang auf seiner Haut gelegen war, Blasen an der Stelle, auf welcher sie gelegen war: diese Blasen heilten, nachdem sie aufgeschnitten und, wie gewoͤhnlich, verbunden wurden, sehr schnell weg. Der Dritte hatte schwarzes Haar und schwarze Augen, war gallichter Complexion, und sah gelblich aus; er aß gern Butter, Fleisch, vorzuͤglich Schweinfleisch, und war hartleibig. Der aufgelegte Ranunkel entzuͤndet seinen Schenkel so schnell, und so heftig, daß er jenen nicht 12 Stunden lang liegen lassen konnte, und das dadurch entstandene Geschwuͤr gab einen so uͤbelriechenden gauchigen Eiter, und nahm einen so boͤsartigen Character an, daß meine ganze Heilkunst erschoͤpft war, und ich einen Indianer zu Huͤlfe rufen mußte, der es indessen bald zuheilte. Das Geschwuͤr sah einem Krebse sehr aͤhnlich, so daß ich auf den Gedanken kam, der Ranunkel konnte Krebs erzeugen. Um sich zu uͤberzeugen, wie die von der sogenannten Schmalzblume (dem Ranunkel), gelb gefaͤrbte Butter wirkt, lege man sich ein Nuß großes Stuͤk hiervon auf die Zunge, und lasse es 8 bis 10 Minuten lang liegen, bis es schmilzt: hierauf seze man die Zunge einige Zeit uͤber der Einwirkung der Luft aus, und man wird sich bald uͤberzeugen, wie solche Butter auf Magen und Eingeweide des Menschen wirken muß. Wenn man solche Butter zerlaͤßt, und 24 Stunden lang, der Luft ausgesezt, in einer Temperatur haͤlt, die die Blutwaͤrme nicht uͤbersteigt, und sich die Nase, die Lippen und die Haͤnde damit beschmiert, so wird man sich uͤberzeugen, wie gut es ist, diese Pflanze zu vertilgen. Hr. Gill fuͤgt aus Bigelow's Medical Botany einige Bemerkungen bei, aus welchen erhellt, daß Wasser uͤber Ranunculus acris destillirt, wenn man dasselbe nur einige Secunden im Munde haͤlt, eine Empfindung von Schaͤrfe und ein gewist ses Steken erregt. Wenn man dieses Wasser hinabschlingt, so entsteht ein Gefuͤhl von Brennen im Magen. Dieses Wasser behaͤlt seine Schaͤrfe mehrere Monate lang, wenn es in glaͤsernen Flaschen, die gut geschlossen sind, aufbewahrt wird: wenn es friert oder stark gesotten wird, verliert es jedoch seine Schaͤrfe. Ranunculus bulbosus und repens ist eben so giftig, wenn auch die Wirkung derselben langsamer kommt. Auch sie erzeugen boͤsartige, krebsartige Geschwuͤre.