Titel: Rettungs-Mittel für Verunglükte im Eise, von Hrn. Capitain G. Manby.
Fundstelle: Band 19, Jahrgang 1826, Nr. XCIV., S. 371
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XCIV. Rettungs-Mittel fuͤr Verungluͤkte im Eise, von Hrn. Capitain G. Manby. Mit Abbildungen auf Tab. IX. Manby's Rettungs-Mittel fuͤr Verungluͤkte im Eise. Das Mechanics' Magazine theilt in seinem 126. St., 21. Jaͤner 1826 (da die Jahreszeit die Gefahr des Einbrechens des Eises fuͤr Personen, die sich theils aus Kurzweil auf demselben befinden, theils gezwungen sind, sich auf demselben aufzuhalten, wieder herbeifuͤhrt), Beschreibung und Abbildung des Rettungs-Apparates des Hrn. Capitaͤnes Georg Manby mit, welcher sich bei der Humane Society durch zwoͤlfjaͤhrige Erfahrung erprobt, und bei den wohlthaͤtigen Anstalten dieser menschenfreundlichen Gesellschaft127) eine große Anzahl Menschen aus dem Eise gerettet hat. Hrn. Capit. Manby's Rettungs-Apparat aus dem Eise besteht: 1) Aus einem Seile (Fig. 1.) mit einer schwimmenden Schlinge, welche durch Fischbein auseinander gespannt erhalten wird, und mit einem eifoͤrmigen Stuͤke Holz oder Kork in gehoͤriger Entfernung von derselben versehen ist, so daß dieses leicht mit der Hand gefaßt werden kann. Dieses Seil wird der am Rande des Eises Hangenden Person, die in Gefahr ist unterzusinken, zugeworfen. 2) Aus einem tragbaren Bothe (Gig-boat), (Fig. 2 und 3.) der leichteren Tragbarkeit wegen aus duͤnnen Weidenreisern geflochten. Die darin, in zinnernen Gefaͤßen, enthaltene Luft laͤßt es nicht untersinken; auf dem Eise laͤuft es auf Walzen, und wird dadurch aufrecht erhalten. Man bedient sich desselben, wenn die Stelle, wo das Eis eingebrochen ist, zu weit entfernt ist, als daß man das Seil mit Sicherheit werfen koͤnnte, oder wo die gewoͤhnlichen Mittel vergebens sind. Das Gewicht dieses ganzen Bothes betraͤgt nicht viel uͤber 20 Pfd. Die vordere Rolle kann leicht so eingerichtet werden, daß man dem Bothe jede beliebige Richtung geben kann. 3) Aus Haken mit eisernen Spizen (Fig. 4 und 5.), mit welchen das Both auf dem Eise vorwaͤrts treibt. 4) Aus einem Sucher, welcher sich, nach der Tiefe des Wassers, augenbliklich verlaͤngern laͤßt, (Fig. 7.), falls die Person bereits untergesunken waͤre, um dieselbe aufzusuchen, und aus der Tiefe heraufzuziehen auf die Oberflaͤche des Wassers. 5) Aus tragbaren Leitern, um eine Verbindung zwischen dem Boche und dem Eise herzustellen, wenn die untergesunkene Person durch die Stroͤmung bereits von dem Orte, wo sie einbrach, weggefuͤhrt wurde. Diese Leitern (Fig. 7, 8, 9.) koͤnnen durch Schieben oder Einpassen verlaͤngert, und, noͤthigen Falles, auch schwimmend erhalten werden. Die Anwendung dieser Geraͤthe geschieht auf folgende Weise. Man seze, das Eis sey unter irgend einer Person eingebrochen. Sie wird sich instinctmaͤßig an dem Rande des Eises zu halten suchen. Wenn das Eis stark genug ist, kann sie dieß gewoͤhnlich einige Zeit uͤber aushalten, indem nicht viel dazu gehoͤrt, etwas im Wasser schwimmend zu erhalten. Wenn das Eis fest ist, kann der Ungluͤkliche leicht auf die gewoͤhnliche Weise gerettet werden; wenn man sich aber demselben entweder weder der Spruͤnge des Eises, oder wegen der offenbaren Schwaͤche desselben nicht naͤhern kann, wird das Seil (Fig. 1.), wenn die Entfernung nicht zu groß ist, um den Verungluͤkten zu retten, mit der Hand geworfen. Wenn ihm das Seil zugeworfen wurde, wird er das eifoͤrmige Stuͤk zu ergreifen suchen, und sich dadurch schwebend erhalten; mit der anderen Hand kann er sich die Schlinge uͤber den Kopf thun, und mit dem Arme durchschliefen. Er wird dann den Knopf oder Ring, mit welchem die Schlinge versehen ist, anziehen, damit diese nicht weicht, und so kann eine Person, die sicher auf dem Eise steht, den Leidenden aus demselben befreien. Dieses Seil (welches Hr. Manby urspruͤnglich zur Rettung aus dem Eise vorrichtete), wurde zeither von mehreren Officieren der Flotte mit dem besten Erfolge zur Rettung in's Wasser gefallener Individuen angewendet. Wenn aber, wie es so oft der Fall ist, das gebrochene Eis zu breit ist, als daß die gewoͤhnliche Huͤlfe geleistet werden koͤnnte, oder daß man das Seil werfen koͤnnte, wird eines der oben, Fig. 2, 3. abgebildeten Bothe angewendet. Diese Bothe sind so leicht als moͤglich, um so schnell als moͤglich bei der Hand zu seyn; denn Schnelligkeit ist bei Rettung der sicherste, und oͤfters der einzige Buͤrge des Gelingens; die Ewigkeit des Grabes haͤngt hier von einem Augenblike ab. Ein kraͤftiger Mann kann, indem er die Spizen der Haken in das Eis einsezt, mit der Stammkraft seiner Arme ein solches Both mit großer Schnelligkeit uͤber das Eis hintreiben. Wenn die Person, welche in Gefahr ist, sich noch am Rande des Eises festhaͤlt, so wird das Hintertheil des Boches gegen dieselbe hingekehrt, und mittelst einer daran angebrachten Leiter kann sie dasselbe leicht erreichen. Sollte der Ungluͤkliche, erschoͤpft oder erstarrt vor Kaͤlte, bereits untergesunken seyn, muß alsogleich die Suchstange Fig. 6. (welche sich verlaͤngern laͤßt, und immer im Bothe liegen muß), angewendet werden, um den Untergesunkenen heraufzufoͤrdern, bevor der lezte Lebensfunken verlischt. Um soviel moͤglich in groͤßers Tiefen hinabreichen zu koͤnnen, hat man die Stange gegliedert, und jedem Gliede 6 bis 9 Fuß Laͤnge gegeben. Diese Glieder sind alle genau von gleicher Staͤrke, und passen vollkommen in einander; Eines in alle und alle in Eines. Eine Feder haͤlt, sie an jedem Gelenke fest, sobald sie wechselseitig in ihre Stiefel eingepaßt sind, und auf diese Weise bilden sie eine feste Stange von beliebiger Laͤnge. Mit diesem einfachen Instrumente kann man nun den Untergesunkenen aufsuchen, wenn er von einer leichteren Stroͤmung unter dem Eise fortgefuͤhrt worden seyn sollte. Dieß ist oͤfters leichter und schneller moͤglich, als man glaubt. Damit man den Ungluͤklichen nicht allenfalls wieder verliert, nachdem man ihn bereits mit der Suchstange gefunden hat, indem die Glieder derselben nachgaben, und auseinander gingen, ist in einem Ringe an den eisernen Haken (Fig. 6.) ein Seil befestigt; die scharfen Spizen an den Haken sind geschuͤzt, so daß sie, wenn sie auch anderswo, als an den Kleidern, fangen, keine bedeutende Verwundung erzeugen. Wenn der Untergesunkene einmahl gefaßt ist, so braucht es, nach dem bekannten Geseze der Hydrostatik uͤber specifische Schwere, wenig Anstrengung, um ihn auf die Oberflaͤche des Wassers emporzuheben. Wenn nun der Verungluͤkte in einiger Entfernung von dem staͤrkeren Theile des Eises empor gebracht wurde, wird die tragbare Leiter sehr nuͤzlich werden koͤnnen. Ein Ende derselben ruht auf dem Eise, das andere auf dem Bothe; man kann sie auch mittelst einer duͤnnen luftdichten zinnernen Buͤchse, die mit Weiden umflochten, und an einem Ende derselben angebracht ist, Fig. 9., schwimmend erhalten. Wer immer bei Einbruͤchen des Eises gegenwaͤrtig war, wird wahrgenommen haben, daß die unteren Theile des Ungluͤklichen, der in dem Eise einbrach, und an dem Rande desselben haͤngt, unter das Eis hineingezogen werden. Die Gewalt dieses Hineinziehens unter das Eis macht es immer sehr schwer, und in einigen Faͤllen, wenn der Ungluͤkliche sehr ermuͤdet oder erstarrt ist, unmoͤglich, daß derselbe sich durch seine eigene Kraft auf das Eis emporschwingt, auf welchem die Leiter zu seiner Aufnahme bereit liegt. Die Leiter ist daher so vorgerichtet, daß sie, ungefaͤhr vier Fuß von ihrem Ende, in Angeln haͤngt, und, entweder durch das Ausziehen eines eisernen Stiftes, oder durch das Gewicht der lezten Stufe, die von Eisen ist, (Fig. 10.) augenbliklich faͤllt und senkrecht in das Wasser haͤngt, so daß der Ungluͤkliche mit geringer Anstrengung seine Fuͤße auf die Stufen der herabhaͤngenden Leiter bringen, und so heraufsteigen kann. Die Leiter wird auf diese Weise eine Art von Buͤhne, auf welcher der Koͤrper des Verungluͤkten von der Stelle, auf welcher er durchbrach, auf festes Eis gebracht werden kann. Sollte die Entfernung zwischen dem Bothe und dem Rande des Eises mehr als eine Leiter-Laͤnge betragen, so kann eine zweite Leiter mit der ersten so verbunden werden, daß das schmaͤhlere Ende an jener in das breitere von dieser geschoben, und daselbst mittelst eines Faͤngers festgehalten wird. Die Leiter kann auch mittelst eines laͤnglichen Faͤßchens (Fig. 11.), das mit einem Seile umschlungen ist, welches oben zwei Augen zur Aufnahme der Enden der Leiter bildet, schwimmend erhalten werden.128)

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