Titel: | Bericht des Hrn. Hericart de Thury, im Namen des Ausschusses der mechanischen Künste, über die Metallknöpfe mit Regenbogen-Farbenspiel aus der Fabrik der HHrn. Lalouel-Puissan und Andre Collas. |
Fundstelle: | Band 19, Jahrgang 1826, Nr. IX., S. 41 |
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IX.
Bericht des Hrn. Hericart de Thury, im Namen des
Ausschusses der mechanischen Kuͤnste, uͤber die
Metallknoͤpfe mit Regenbogen-Farbenspiel aus der Fabrik der HHrn. Lalouel-Puissan und Andre Collas.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement N. 245. S. 249.
(Im
Auszuge.)
Héricart de Thury uͤber die Metallknoͤpfe mit
Regenbogen-Farbenspiel.
Die HHrn. Lalouel-Puissan,
Metallknoͤpfe-Fabrikanten zu Paris, rue des
Vielles-Etures St. Martin N. 4, und André Collas, Kunstdrechsler, rue de Fouare N. 9,
haben der Société d'Encouragement
staͤhlerne Staͤmpel und vergoldete und versilberte Knoͤpfe mit
Regenbogen-Farbenspiele, wie man dasselbe nur an den haͤrtesten und
schoͤnsten Edelsteinen gewahr wird, uͤberreicht.
Seit langer Zeit kennt man in der Mineralogie das Phaͤnomen des
Regenbogen-Farbenspieles (das Irisiren) an den Quarz-Krystallen, an Demanten, Granaten, Eisenglanz, am
Schwefel, Bleie und Schwefel-Zinke, und an einer Menge anderer Mineralien, welches
entweder von sehr feinen uͤber einander liegenden Blaͤttchen, von
Streifen oder sehr feinen Linien, die die Abnahme oder das stufenweise
Uebereinanderliegen der Molecular-Blaͤttchen, der Krystalle anzeigen, oder
von einer Veraͤnderung der Oberflaͤche des Minerales, oder von irgend
einer anderen Ursache abhaͤngen.
Unter den Physikern, welche die Ursache dieses Farbenspieles zu erklaͤren
suchten, zeichnet sich Hr. Abbé Hauͤy
vorzuͤglich aus, der mit seinem bekannten Scharfsinne vor allem den Zustand
oder die Natur der Mineralien zu bestimmen suchte, welche dieses Farbenspiel
darbietet, dieselben nach dieser eingenommenen Ursache eintheilte, und darnach
mehrere Arten derselben beschrieb.
Die HHrn. Gay-Lussac und Arago
haben in ihrem Aufsaze uͤber den neuen Metall-Schmuk des Hrn. Barton an der Muͤnze zu LondonAnnales de Chemie et de Physique, Mai 1823.
Naͤhere Nachrichten findet man in diesem Journal B. X. S. 202 (116), Bd. XI. S. 247 und Bd. XIII. S. 78.D. bemerkt, daß, wenn man die Faden des Spinnengewebes der Gartenspinne, vom
Thaue leicht befeuchtetDer Thau ist durchaus nicht noͤthig; das Farbenspiel der Faden der
Spinnengewebe hat auch an den trokensten Sommer-Abenden statt, wenn sie sich
zwischen dem Auge des Beobachters und der untergehenden Sonne befinden.A. d. Ueb. in gewissen Lagen beschaut, vorzuͤglich bei einem schoͤnen
Sonnen-Aufgange, diese so wie vertiefte Linien auf polirten Metall-Flaͤchen,
Regenbogen-Farbenspiel zeigen, das vorzuͤglich dann sehr lebhaft wird, wann
diese Linien in verschiedenen Richtungen in regelmaͤßigen und sehr kleinen
Zwischenraͤumen gezogen worden sind; daß Dr.
Thomas Young auf unbestreitbare Art erwiesen hat, daß
dieses Farbenspiel auf polirten Metall-Flaͤchen von der Dazwischenkunft der
Lichtstrahlen herruͤhrt; daß Hr. Barton eine
gluͤkliche Anwendung dieser Theorie des Hrn. T. Young auf Irisirung der Metall-Flaͤchen machte, indem er mittelst
einer Demant-Spize, die von einer Mikrometer-Schraube gefuͤhrt wird, sehr
feine Linien auf dieselben einschneidet, wodurch diese Flaͤchen, die sonst
beim Kerzenlicht ganz matt sind, ein Regenbogen-Farbenspiel erhalten, das mit den
schoͤnsten Demanten wetteifert; daß diese Linien so fein sind, daß Hr. Barton deren zehn tausend auf einen englischen Zoll
zeichnete; daß er deren gewoͤhnlich nur 2000 zeichnet, und daß die
Stahlplatte, auf welcher diese Linien eingegraben sind, dann als Matrize dient, um
dieselben auf andere Koͤrper uͤberzutragen, wie z.B. auf vergoldete
oder versilberte Rokknoͤpfe. Sie versichern, daß der seel. Hr. Richer, einer unserer besten Instrumenten-Macher, eben
solche Knoͤpfe verfertigte, wie Hr. Barton.
Die HHrn. Lalouel-Puissan versichern, daß die vergoldeten
und versilberten Knoͤpfe, die sie der Société uͤbersandten, mit einem Stahl-Staͤmpel
mit irisirender Oberflaͤche ausgepraͤgt wurden, der so fein gravirt
ist, daß man die Striche weder sieht noch fuͤhlt: sie sind also auf dieselbe
Weise erzeugt, wie die Knoͤpfe des Hrn. Barton,
obschon vielleicht in dem Verfahren bei der Fabrication Unterschiede statt haben
moͤgen.
Die Staͤmpel der HHrn. Lalouel-Puissan sind theils
aus englischem, theils aus franzoͤsischem Stahle: lezterer ist Jackson von St. Etienne. Diese Staͤmpel werden
gehaͤrtet gedreht und polirt, ehe sie gravirt werden.
Die Gravirung besorgt Hr. Andre Collas, einer unserer
beruͤhmtesten Kunst-Drechsler, welcher bei der lezten Ausstellung sich durch
sehr schoͤngravirte Platten auszeichnete, welche er mittelst einer von ihm
erfundenen sehr sinnreichen Maschine verfertigt, auf die er sich ein Brevet
ertheilen ließ. Er glaubt daß die englischen Fabricanten den Dessins ihrer Stoffe
vorzuͤglich durch solche Maschinen jene Vorzuͤge ertheilen, die man so
sehr bewundert, und die Conté zuerst erfand,
obschon die Englaͤnder sich die Prioritaͤt derselben zueignen.Hr. Jomard sprach hiervon im Bulletin de la
Société, Juli 1823.A. d. Ueb. Zeither haben mehrere franzoͤsische Kupferstecher, vorzuͤglich
Hr. Emil Grimpé, sehr nuͤzliche Anwendungen
von dieser Maschine gemacht.
Hr. Collas hat es im Graviren dieser Staͤmpel
soweit gebracht, daß Hr. Barton selbst ihm den Rang nicht
streitig machen kann. Auf dem eingesandten Staͤmpel, einer ovalen Platte von
0,m 018 (8 Linien) Laͤnge, und 0,m 014 Breite, sind, im Felde des Ovales, 44
Dreieke von 0,m001 1/20 Grundlinie und 0,002 5/20
Hoͤhe, deren jedes 160 gravirte Linien haͤlt, so daß alle 44 zusammen
7,040 Linien halten. Die Einfassung besteht 1tens aus 12 kleinen Ovalen von 0m,000 19/20 in der Quere, deren jedes 80
Linien hat; alle zusammen haben 1,032; 2tens aus 12 kleinen runden Punkten, von 0m, 000 9/20 im Durchmesser, deren jeder 60
Linien haͤlt; alle zusammen 720. Dieß gibt nun, fuͤr diesen kleinen
Raum nicht weniger als 8,792 gravirte Linien.
Diese Anzahl von Linien wird mit der Maschine in 8 Stunden eingeschnitten, und kann
mit der groͤßten Praͤcision unmittelbar und mit der groͤßten
Schnelligkeit auf vergoldete und versilberte Knoͤpfe uͤbergetragen
werden, so daß man in kurzer Zeit viele Tausende von Abdruͤken erhalten kann,
die eben so nett und glaͤnzend irisiren, als der Stempel selbst.
Erstaunt hieruͤber bezeugten wir Hrn. Collas unsere
Verwunderung; er versicherte uns aber, daß auch andere Graveurs aͤhnliche
Resultate erhielten, und daß er neuerlich ganz ausgezeichnete Muster des
Uebertragungssystemes des Hrn. Perkins kennen gelernt
hat, z.B., auf einem Oval von Einem Centimeter (etwas mehr als 4 Linien.) im
Laͤngen-Durchmesser mit guillochirter Einfassung eine Karte von Columbien in
englischer Sprache so klein geschrieben, daß auch das schaͤrfste Auge hier
keine Schriftzuͤge vermuthen konnte. Er hofft durch seine Maschine
aͤhnliche Resultate zu erhalten.
Die Maschine zur Gravirung der Matrizen oder Staͤmpel zur Fabrication der
irisirenden Metallknoͤpfe der HHrn. Lalouel
Puissan, ist eine gluͤkliche und nuͤzliche Anwendung der
Kupferstich-Maschine. Wir wollen Hrn. Barton das
Prioritaͤts-Recht dieser Erfindung nicht streitig machen; die HHrn. Gay-Lussac und Arago haben
aber aͤhnliche Arbeiten auch von dem sel. Hrn. Richer gesehen, der seine Verfahrungs-Weise seinen Kindern hinterließ.
Diese Maschine laͤßt sich, außer zu den irisirenden Metallplatten, auch noch
3tens, zur Vervollkommnung der Kupferstecher-Kunst anwenden sowohl in der Strich-
als in der Punkt-Manier, und vorzuͤglich zur mikroskopischen Schrift, die
hier ganz anders ausfaͤllt, als nach Petit
Pierre's Methode (im Bulletin de la
Société N. 72. t. IX. p. 138.) 4tens zur Hohlgravirung fuͤr alle Arten
von Dessins auf Indiennen und Muslins sowohl auf flachen Flaͤchen, als auf
kleinen Walzen oder Raͤderchen, wodurch man eine Menge Details
ausfuͤhren kann, die die Hand des Graveurs nicht zu vollenden vermag. 4tens
zur erhabenen Gravirung an Banknoten, mittelst eines tiefen und sehr reinen Stiches identischer
Staͤmpel auf Stahl oder Kupfer, wo sich die beyden Stuͤke gleichzeitig
erzeugen, und wodurch man eine weit vollkommnere Identitaͤt erhaͤlt,
als durch die Reduction. 5tens, zur Gravirung derselben Lettern in verschiedener
Groͤße (Polytypage), indem man, groß oder klein,
die Umrisse fuͤr die erhaben zu bearbeitende Gravirung zeichnet, und mittelst
matten Grundes die hervorstehenden Theile die unberuͤhrt bleiben, heraushebt:
auf diese Weise koͤnnen die gothischen Majuskeln, die so viele
Schwierigkeiten darbieten, mit all ihrem Detail in allen Groͤßen rein
dargestellt werden. 6tens, zur Eintheilung mathematischer Instrumente; denn
abgesehen, von der Schnelligkeit, mit welcher hier gearbeitet werden kann, gibt
diese Maschine die hoͤchste Genauigkeit den Eintheilungen selbst: alle
Fehler, die bei Schrauben unvermeidlich sind, sind hier vermieden. Hr. Collas hat bereits die geeigneten Anstalten getroffen, um
seine Maschine zu allen diesen Zweken anzuwenden, und Hr. Francoeur erwartet davon die guͤnstigsten Resultate fuͤr die
Kuͤnste, die mechanischen sowohl als die bildenden, und selbst fuͤr
die Wissenschaft.
Die HHrn. Lalouel-Puissan, Besizer einer unserer
groͤßten Knopf-Fabriken, haben sich einstweilen mit Hrn. Collas associrt, und bedienen sich seiner
Gravir-Maschine; sie verfertigen mittelst derselben irisirende Knoͤpfe aus
Stahl und aus vergoldetem und versilbertem Metall mit den verschiedensten
Zeichnungen; sie spielen schoͤner und feuriger, als die feurigsten Demante,
und stehen in keiner Hinsicht, nach der
sorgfaͤltigsten Vergleichung, den englischen Knoͤpfen nach.
Man hat diesen Knoͤpfen vorgeworfen, daß sie zu theuer sind. Der Ausschuß der
Société hat sich uͤberzeugt,
daß der hohe Preis derselben lediglich den Kaufleuten, eigentlich den
Kraͤmern und den Schneidern, zuzuschreiben ist, die sie noch ein Mal und drei
Mal so theuer verkaufen, als sie in der Fabrik zu stehen kommen. Die Fabrik verkauft
sie zu 5–6 Franken das Duzend, so daß die Garnitur auf einen Rok 9 bis 10
Franken kostet, waͤhrend der Kraͤmer dieselbe zu 18 bis 20 Franken dem
Schneider verkauft, und dieser sie mit 25 bis 30 Franken in den Conto bringt.Unsere ehrenfesten Nuͤrnberger werden durch ihren wakern Kuppler
dafuͤr zu sorgen wissen, daß ihre lieben Landsleute, bei welchen
diese Knoͤpfe bereits anfangen, Mode zu werden, nicht noͤthig
haben, ihre baierschen Thaler dafuͤr in die Seine zu werfen.A. d. U.