Titel: | Trostgründe bei Hungertod für Mechaniker und Chemiker von ausgezeichneteren Talenten; oder über die Nothwendigkeit und die Mittel, dürftige Männer von Genie im Fabrikwesen zu unterstüzen. |
Fundstelle: | Band 17, Jahrgang 1825, Nr. LXXXI., S. 358 |
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LXXXI.
Trostgruͤnde bei Hungertod fuͤr
Mechaniker und Chemiker von ausgezeichneteren Talenten; oder uͤber die
NothwendigkeitAlles, was geschieht, geschieht weil es nothwendig so geschehen mußte; das
Nothwendigs aber geschieht nur selten irgendwo. Tausend
und Eine Nacht. und die Mittel, duͤrftige Maͤnner von Genie im Fabrikwesen zu
unterstuͤzen.
Aus dem London Journal of Arts and Sciences. Mai.
1825, S. 308 und Jun. S. 372–374.
Trostgründe bei Hungertod für Mechaniker und Chemiker.
In einem Zeitalter, wo das menschliche Elend, so unbedeutend,
so wenig bemitleidenswerth es auch seyn mag, sicher ist, Theilnahme und sehr oft
sogar Linderung und Huͤlfe zu finden; wo jeder Tag irgend ein neues Beispiel geneigter
Wohlthaͤtigkeit der Reichen liefert, einen Theil ihrer Schaͤze mit den
minder Gluͤklichen oder Nothleidenden unter ihren Mitbuͤrgern zu
theilen; in einem solchen Zeitalter scheint es sonderbar und unerklaͤrlich,
daß die maͤchtigen Anspruͤche des nothleidenden Genies so lange
ungefuͤhlt und unbeachtet bleiben konnten.
Es ist entehrend fuͤr den Charakter einer Gemeinde, deren Wohlstand und
Gewicht von dem bluͤhenden Zustande ihrer Manufacturen abhaͤngt; es
gereicht noch mehr denjenigen zum Vorwurfe, die sich unmittelbar mit praktischen
Wissenschaften beschaͤftigen: daß der arme talentvolle Kuͤnstler,
diese Haupt-Triebfeder ihres Gluͤksrades, unter allen
Ungluͤcklichen derjenige seyn muß, der am meisten aller Freunde und alles
Schuzes beraubt seyn soll.
Wenn wir umherbliken wollen, so koͤnnen wir auf allen Seiten Menschen sehen,
an welchen die Natur mit der freigebigsten Hand ihre schoͤnste Gabe,
Staͤrke des Geistes, verschwendete; Menschen, die sie zu den
schaͤzbarsten Gliedern, zur Zierde der Gesellschaft schuf, und die vergebens
kaͤmpfen, ihre Talente zu entfalten; die gerade dadurch zur Armuth und zum
Elende verdammt sind, weil sie ihre Kraͤfte geltend machen wollen: denn, wem
die Natur hoͤhere Kraft verlieh, dem gab sie auch den unbesiegbaren Wunsch,
dieselbe zu irgend einem nuͤzlichen Zweke zu verwenden. Allein diejenigen
Menschen, die in einem Kreise steter Freuden und Lebensgenuͤsse sich drehen,
und geschuͤzt gegen alle Stuͤrme des Lebens uͤber die Untiefen
desselben hinschweben, uͤbersehen in der Windstille, die ihnen schmeichelt,
die Gefahren ihrer Reisegefaͤhrten, deren Verdienste sie eben so wenig
achten, als die Leiden derselben.
Vergebens werden wir die Ursache einer eben so beispiellosen als sonderbaren, einseitigen, Apathie aufzuspuͤren uns
bemuͤhen; ich sage einseitigen Apathie; denn, wenn
wir sehen, daß so viele Leute mit einer Art von Gierde sich beeilen, jedes neue
Ungluͤk aufzusuchen; wenn wir sehen, daß sie mit Entdekung irgend einer neuen
Art von Elend, um nur etwas zu haben, wo sie helfen koͤnnen, sich eben so
eifrig beschaͤftigen, wie ein Naturhistoriker mit Entdekung irgend einer
neuen Art eines Naturkoͤrpers, oder ein Physiker mit Loͤsung irgend
einer großen Aufgabe; so wird es uns wahrlich schwer zu entdeken, warum gerade
derjenige Gegenstand, der ihre Aufmerksamkeit vor anderen zu verdienen scheint,
allein so sehr vernachlaͤßigt bleiben soll. Es ist wahrlich unbegreiflich,
daß Mechaniker, die einen so großen Theil unserer Bevoͤlkerung bilden, die
mit allem Rechte die nuͤzlichste Classe der
Gesellschaft genannt werden, deren Wohl, folglich, auch unser eigenstes Interesse ist, so
blindlings und so grausam hintangesezt werden koͤnnen. Auch der
selbstsuͤchtigste Kniker muͤßte erroͤthen, wenn er einen Grund
dieser zur Sitte gewordenen Illiberalitaͤt auffinden wollte, und es kann
keinen Grund geben, den irgend ein wohlwollender Mensch nicht mit Verachtung
zuruͤkweisen wuͤrde. Daß man hieruͤber noch nicht
kraͤftig das Gefuͤhl des Publicums in Anspruch genommen hat; daß nur
zufaͤllig dieser Gegenstand zuweilen zu seiner Kenntniß gelangt;Dieser Gegenstand wurde, wie es uns scheint, zuerst von einem unserer
Correspondenten im September- und October-Hefte 1823.
(Polytechn. Journ. Bd. XII. S. 383.
Bd. XIII. S. 392.) in Anregung
gebracht, der die Gruͤndung eines Institutes fuͤr Mechaniker
vorschlug, welches zeither auch wirklich errichtet wurde.A. d. O. dieß vermag diese traurige Erscheinung keineswegs zu erklaͤren: denn
es laͤßt sich doch natuͤrlicher Weise nicht anders denken, als daß
auch die leiseste Erwaͤhnung eines solchen tiefen Elendes selbst jene Wesen
zur warmen Theilnahme ruͤhren muͤßte, die weit weniger vom Geiste der
Wohlthaͤtigkeit beseelt sind, als das brittische Volk.
Nicht Menschlichkeit allein, unser eigenes Interesse fordert uns hier auf. Bedenken
wir doch den großen mannigfaltigen Gewinn, den Wissenschaften und Kuͤnste
haͤtten machen koͤnnen, und der dadurch rein verloren geht, daß ein
Genie aus bloßem Mangel an Mitteln nicht im Stande ist, seine Entwuͤrfe zu
verfolgen! Mancher Mann von Talent haͤtte eine Leuchte auf unbetretenem Pfade
werden koͤnnen, waͤre er nicht bei seinem ersten Aufschwunge
zuruͤkgerissen worden durch die bleiernen Fesseln der Armuth, die ihn zwangen
seine Entdekungen in ihrer Kindheit zu lassen, und schon bei seinem ersten Versuche,
weil der Freund ihm fehlte, der die Fesseln brechen helfen sollte, ihn fuͤr
immer laͤhmten. Doch, dieß ist nur ein kleiner Theil des Gewinnes, den wir
haͤtten machen koͤnnen, oder vielmehr des Verlustes, den wir uns
selbst verursachten; nur ein kleiner Theil der Leiden aller Art, die wir Talenten
fuͤhlen lassen. Wir duͤrfen nicht vergessen, daß, wo wir einen Mann
von Talent zuruͤkstoßen, wir eben dadurch auch jeden anderen beleidigen, und
fuͤr alle verantwortlich werden. Wer mag sich alle den Kummer ausmahlen, den
derjenige empfinden muß, welcher Zeit, Gesundheit, Vermoͤgen der Erreichung
eines Zwekes opferte, der das allgemeine Wohl zur Absicht hatte: des
Ungluͤklichen, der, getrieben vom Sporne des Genies, alle seine
Kraͤfte verschwendete, um seinem Lande irgend einen National-Vortheil
zu erringen, und endlich seine mit so vielen Aufopferungen geleisteten Dienste nicht
einmahl erkannt sieht: wer fuͤhlt nicht volles Mitleid bei solchem Wehe, und fluchtDas mag in England erlaubt seyn; auf dem festen Lande darf man dieß nicht. Es
gilt hier, hier und da, fuͤr Lohn, fuͤr baares, contrahirtes,
Geld, daß man die Luft seines Vaterlandes athmen darf, dem man mit Freude
alles opferte. A. d. Ueb. dem Undanke derjenigen, die ihn in diesen traurigen Zustand brachten? Wer
kann, ohne das Kehrgemaͤlde lieber sehen zu wollen, einen Kuͤnstler
vor Augen halten, der alle seine kleine Habe dem lobenswerthen Streben opferte,
irgend ein Werk seines Genies zu vollenden, und der von diesem seinen Genie, welches
ein Segen fuͤr das ganze Land haͤtte werden koͤnnen und sollen,
welches ihm Rang und Achtung haͤtte gewaͤhren sollen, nur Armuth,
Elend und Entmuthigung erntet. Begleiten wir diesen Ungluͤklichen auf dem
Irrgange seines finsteren Verhaͤngnisses; wir finden ihn vielleicht, mitten
in seinem Elende, ermuntert seine Arbeiten wieder aufzugreifen und fortzusezen;
ermuntert (so schmerzlich und widerlich auch der Gedanke ist, daß es solche Menschen
geben koͤnne, so gibt es deren doch), ermuntert von einem jener
verachtenswerthen und immer speculirenden Schufte, die stets bereit sind,
Ungluͤkliche und Verlorne zu ihrem Vortheile zu benuͤzen; die voll
Mitleid mit dem Armen sprechen, seinen Hunger mit honigsuͤßen Worten zu
stillen suchen, und ihm einen langen Kuͤchenzettel von Versprechungen des
Dankes in schoͤner Perspektive zeigen. Emporgehoben aus der Tiefe, in der er
versank, kehrt er mit verjuͤngter Kraft zu seiner Arbeit zuruͤk, und
im Vertrauen auf die Wahrscheinlichkeit der goldenen Verheißungen, die er als eben
so viel Geld betrachtet, das er nur einzustreichen braucht, scheut er nun nicht
laͤnger mehr, was Klugheit ehevor ihm nicht gestatten wollte: Auslagen. Er wird ja in Baͤlde die Mittel besizen,
alles wieder auszugleichen, und ohne Furcht und Mißtrauen wird nun alsogleich wieder
Hand an's Werk gelegt. Seine großmuͤthigen Goͤnner beobachten mit
Sorgfalt die Fortschritte seiner Arbeiten, und naͤhren die Hoffnungen, die
sie in ihm erregten. Der arme Narr stuͤrzt sich Klafter tief in Schulden;
allein er freut sich der Vollendung seines Werkes. Welches Entzuͤken ergreift
den ungluͤklichen Betrogenen, wenn, nach so vielen aͤngstlich
durchwachten Naͤchten, nach so vielen Tagen muͤhevoller Arbeit er
endlich an das Ziel seiner Hoffnungen gelangt! Sein Herz schlaͤgt hoch empor
in der Freude des Vorgenußes, wenn endlich die gluͤkliche Stunde gekommen
ist, in welcher er seinen geehrten Wohlthaͤtern das gelungene Werk seiner
muͤhevollen Arbeiten vorstellen kann, und bescheiden ihren Beifall erwartet.
Sie versichern ihn, daß er ihre Erwartungen uͤber alle Maße
uͤbertroffen hat; sie erheben seine Talente, den hohen Werth seiner Erfindung in den
schmeichelhaftesten Superlativen; sie wuͤnschen ihm Gluͤk zu dem unsterblichen Ruhme, den er erhalten wird, und
– versprechen ihm die Fortdauer ihrer Gewogenheit.
Dieß ist der schoͤne Lohn fuͤr alle seine Anstrengungen; dieß ist die
einzige Erfuͤllung der falschen Verheißungen, die man ihm als Lokspeise
vorhielt. Es liegt ihnen nichts daran, daß sie ihn verfuͤhrten, Schulden zu
machen, die er, ohne ihre Versprechungen, als ehrlicher Mann sich geschaͤmt
haben wuͤrde, jemahls auf sich zu laden; es kuͤmmert sie nichts, daß
sie diejenigen waren, die seinen Charakter brandmarkten, und ihn in Verderben und
Schande stuͤrzten: sie koͤnnen ja jezt die Fruͤchte seines
Genies in vollem Maße ernten, und freuen sich, daß Verdienst
sich selbst lohnt. Nur fuͤr eine Art von Wohlthat, die sie ihm
unwillkuͤrlich erwiesen, ist er ihr Schuldner geworden: seine
suͤßesten Hoffnungen hat ihre Grausamkeit mit einem Mahle zerstoͤrt;
er hat den schreklichen Uebergang von vorgenossenem Wohlstande zu mehr dann bitterer
Armuth, zur Schulden-Last, durchlebt; sein ehrlicher Name ist beflekt; ein
Kerker ist sein Aufenthalt geworden: so haben sie Alles freundlich zu paaren gewußt,
ein Leben zu enden, das dem, der es schleppen mußte, eine Last ward, die, schwerer
noch fuͤr den durch so viele Anstrengungen erschoͤpften
Koͤrper, als die Masse des Elendes, die ihn druͤkt, ihn endlich in das
lang ersehnte Grab versenkt.
Wer, der der Menschheit auch noch so fern verwandt seyn will, tritt nicht mit
Schauder zuruͤk vor einem solchen Gemaͤhlde! Wer sollte sich nicht
aͤrgern, daß solche Auftritte in der Welt auch nur der Phantasie noch
moͤglich scheinen koͤnnen! Doch, leider, ist dieß keine Ausgeburt der
Phantasie; es ist kein aufgepuztes Maͤhrchen, das Elend nachaͤfft, um
Mitleid zu weken; es ist nur ein schwacher Umriß zu oft und nur zu wirklich
vorhandenen Elendes.
Jakob Croß, der ungluͤkliche und grob beleidigte
Dulder, war ein armer Mechaniker zu Paisley. Er hat zu verschiedenen Mahlen mehrere
wichtige Verbesserungen an den Kunst-Weberstuͤhlen fuͤr
figurirte Gewebe erfunden, und es gelang ihm endlich, nach unermuͤdeten
Arbeiten, dieselben so sehr zu vervollkommnen, daß der Zieh-Junge
gaͤnzlich entbehrlich an denselben geworden ist. Waͤhrend seiner
Arbeiten wurde er haͤufig von den Fabrikanten zu Paisley zur Fortsezung
derselben aufgemuntert: sie kannten sein Genie, und wußten gar wohl dasselbe zu
wuͤrdigen. Diese Aufmunterungen bestanden indessen lediglich in Hoffnungen
reichlicher Belohnung fuͤr seine Beharrlichkeit. Endlich gelang es ihm,
seinen Erfindungen die Weihe der Vollendung zu geben; allein, diese hatten ihm mehr,
als seine spaͤrliche Habe, gekostet, ehe er sie der Vollendung nahe bringen
konnte, und seine Belohnung dafuͤr war in schoͤnen Worten bezeugter
Beifall seiner wohlgewogenen und großmuͤthigen Beschuͤzer: diesen Lohn
spendeten sie ihm auch dann noch, als sie durch wirkliche
Erfahrung von dem großen Werthe seiner Erfindung bereits uͤberzeugt
waren, und taͤglich hohen Gewinn von denselben ernteten. Das Bureau
fuͤr Aufnahme der Fabriken in Schottland (Board of
Trustees for the improvement of Manufactures in Scotland) belohnte Croß mit
100 Guineen: ein deutlicher Beweis der Brauchbarkeit dieser Erfindungen: allein der
Betrag dieses großmuͤthigen Geschenkes ward schon fruͤher zur
Vollendung derselben verwendet, und das arme Opfer blieb noch immer in Schulden. Croß vermochte nicht, den Druk des Elendes zu ertragen,
das uͤber ihn sich haͤufte: seine Gesundheit, die schon fruͤher
durch den Mangel litt, den er sich auflegen mußte, um seine Arbeiten fortsezen zu
koͤnnen, unterlag dem Kummer und der getaͤuschten Hoffnung; nach
zwoͤlf monatlichem bangen Harren wenigstens einen Theil der
glaͤnzenden Hoffnungen erfuͤllt zu sehen, die man ihm vorhielt, starb
er als hingefallenes Opfer des Geizes und niedertraͤchtiger Undankbarkeit,
und hinterließ eine junge, mutterlose und huͤlflose Familie als Erbe seiner
Armuth und seines Ruhmes.
„Wer, der ein Menschen-Herz in seiner BrustTraͤgt, kann so etwas sehen, ohne zu erroͤthen,Und seinen Blik zu senken, wenn er denkt, daß auchEr selbst der Menschen-Raçe angehoͤrt?“
Die vielen Erfindungen des Hrn. Croß bilden eine
merkwuͤrdige Epoche in der Geschichte der Webekunst: die Nachwelt wird sie
noch bewundern, wenn der Name und die Leiden ihres ungluͤklichen Erfinders
laͤngst in Vergessenheit versunken seyn werden. Wir koͤnnen hier bloß
einen kurzen Umriß derselben liefern. Schon im Jahre 1804 begann er seine
Beobachtungen uͤber die Maͤngel der damahls noch in der Weberei
gebraͤuchlichen Maschine, und seit dieser Zeit hat sein fruchtbares Genie
beinahe in jedem Jahre irgend eine schaͤzbare Verbesserung an denselben
anzubringen gewußt! Im J. 1817–18 verfertigte er zuerst das Modell eines
Weberstuhles mit Zuͤgen, bei welchem man keinen Ziehjungen noͤthig
hatte, und unterzog dasselbe der Beschauung und Pruͤfung der Fabrikanten und
Weber, die, einstimmig, demselben die hoͤchsten Lobspruͤche
ertheilten.
Da dieses Modell klein, und daher nothwendig unvollkommen war, so forderte man ihn
auf, ein anderes in groͤßerem und mehr brauchbarem, Maßstabe zu verfertigen;
man gab ihm zu verstehen, daß man mit Vergnuͤgen jede Auslage erstatten
wuͤrde, das Unternehmen moͤge gelingen, oder nicht.
So ermuthigt sezte er seine Arbeiten fort; allein, durch allerlei unguͤnstige
Umstaͤnde mißlang fuͤr dieß Mahl seine Unternehmung, die ihm 18 Pfund,
15 Shill., 6 Den. kostete. Um ihn, wie man ihm versprochen hatte, zu
entschaͤdigen, veranstaltete man eine Subscription unter den Fabrikanten, und
diese trug ihm 12 Pfund, 15 Shill., 6 Den., so daß er, außer der vielen Zeit, die er
bei Verfertigung desselben verlor, noch einen reinen Verlust von 6 Pfund erlitt.
Ungeachtet dieses Verlustes und der haͤufigen Unterbrechungen der Arbeit, die
seine schwaͤchliche Gesundheit veranlaßte, benuͤzte er jeden Augenblik
der weilenweise wiederkehrenden Gesundheit mit ausdauerndem Fleiße, und brachte im
Jahre 1820 eine groͤßere Maschine dieser Art zu Stande. Er uͤbergab
dieselbe einem Ausschusse von Fabrikanten und Webern, die im hoͤchsten Grade
damit zufrieden waren, und dringend auf eine allgemeine
Versammlung antrugen, in welcher man sich uͤber die Art und Weise
beratschlagen sollte, wie man Hrn. Croß nach Verdienst
belohnen koͤnnte.
Es kam eine Subscription zu Stande, wodurch Hr. Croß
veranlaßt werden sollte, seine Arbeiten noch weiter fortsezen zu koͤnnen: der
Ertrag der großmuͤthigen Beitraͤge war 16 Pf. 7 Shill., 6 Den. Der
arme Croß hatte aber mehr als 12 Pfund an Taglohn
bezahlen muͤssen: mit dem Ueberreste sollte er „seine Arbeiten fortsezen,“ und seine Familie, die damahls aus 6 Individuen bestand, welche noch keinen
Haͤller verdienen konnten, fuͤnf Monate lang ernaͤhren. Er
brachte indessen, da seine Gesundheit auf eine kurze Zeit uͤber sich so
ziemlich erholt hatte, und die erbaͤrmliche Aufmunterung, die er erhielt, ihn
noch nicht muthlos machen konnte, noch eine groͤßere, und in jeder Hinsicht
vollkommnere, Maschine zu Stande, und stellte auch diese wieder den
Ausschuͤssen der Fabrikanten und Weber vor. Diese waren nun alle so sehr mit
seinen Arbeiten zufrieden, und so durchdrungen von seinen Verdiensten, daß sie ihm.
geschriebene Zeugnisse ihres Beifalles ausstellten
(eines derselben hat 18, das andere 15 Unterschriften), und eine neue
General-Versammlung ausschrieben, um neuerdings die Art
und Weise in Berathung zu ziehen, „wie man Hrn. Croß belohnen koͤnne.“ Das gesammte
Publicum ward in einem weit verbreiteten Rundschreiben dazu eingeladen. Man las bei
dieser Versammlung eine Darstellung der„Unter den vielen Erfindungen des Hrn. Croß duͤrfen wir nur seinen Augen-Pfosten
fuͤr Gaz-Aufzuͤge; seine
Hinter-Schaͤmel fuͤr Druk-Geschirre; seine
Trommel-Maschine und Geschirre; seinen langen
Schweif fuͤr das Doppel-Geschirr zum Zusammenziehen der
Blumen, wodurch man in vielen Faͤllen die Haͤlfte der
Auslage erspart etc. anfuͤhren, die alle von großen Nuzen
sind.“ A. d. O. zahlreichen Erfindungen des armen Dulders, so wie die schmeichelhaften
Berichte der Weber und Fabrikanten vor, die diese Maschine in Thaͤtigkeit sahen: die Weber, die
dieselbe bereits benuͤzten, wurden besonders hieruͤber befragt. Es
folgte noch ein Mahl eine Subscription auf dieses Affen-Spiel von Großmuth,
und der Erfolg derselben war die prachtvolle Summe von 3 Pfund, 1 Shill., 6 Den.
Dieß war also die edle Erfuͤllung jener lotenden Verheißungen, die man diesem
Ungluͤklichen vorhielt; jene großen Versprechungen, durch welche man ihm Zeit
und Gesundheit stahl, die er fuͤr sich und seine Familie auf eine
vortheilhaftere Weise haͤtte benuͤzen koͤnnen.
Um die vielen Versuche anstellen zu koͤnnen, die zur Vollendung seiner
Erfindung nothwendig waren, verwandte er mehr als 100 Pfund, die er borgen mußte;
uͤberdieß mußte er, waͤhrend der Zeit, als er sich mit diesen
langwierigen Arbeiten beschaͤftigte, noch seine Familie ernaͤhren, und
zum Ersaze fuͤr Alles und Alles erhielt er, wie wir gesehen haben, 31 Pfund,
14 Shill., 6 Den.! Nun erst fing er an zu fuͤhlen, wie schaͤndlich man
ihn betrogen hatte; erdruͤkt von den Hoͤllen-Qualen der
Glaͤubiger, zu deren Befriedigung er keine Moͤglichkeit mehr vor sich
sah; ermuͤdet von koͤrperlichen Leiden und von Seelenpein, in der
bitteren Ueberzeugung gaͤnzlicher Verlassenheit fuͤr die Zukunft
sanken seine Kraͤfte unter der unendlichen Masse von Leiden; sein ohnedieß
schwacher Koͤrper ward die Beute eines Zehrfiebers, und in dem
huͤlflosesten Zustande verschmachtete dieses Opfer seines eigenen Genies im
J. 1824. noch kaum 45 Jahre alt, und gluͤklich nur durch seinen Tod, der ihn
von aller Qual befreite. Vor seinem Tode hatte er noch das Vergnuͤgen, seine
Maschine allgemein von den großmuͤthigen Fabrikanten eingefuͤhrt zu
sehen, und mehrere derselben gaben ihm noch schriftliche ZeugnisseWir uͤbergehen diese hier angefuͤhrten Zeugnisse der HHrn.
Wilh. Clark, Jos. Flemyna, Joh. Macpherson, die alle von
den Vorzuͤgen und Ersparnissen sprechen, die sie durch Hrn. Croß's Erfindung machten, und ihm doch nichts
dafuͤr gaben. in die andere Welt mit, daß sie sich auf dieser bei seinen Erfindungen ganz
wohl befinden.
Das große Geschenk des Board of Trustees erheiterte
zwar noch etwas seine lezten Tage; allein es kam zu spaͤt, um seine
zerruͤttete Gesundheit wieder herstellen zu koͤnnen. Ohne die
wirkliche Wohlthaͤtigkeit eines einzigen Individuums waͤren seine 4
Waisen (3 Maͤdchen und 1 Knabe) gaͤnzlich verlassen gewesen, und
wuͤrden das hoͤchste Maß von Mangel und Elend zu erdulden gehabt haben. Durch
die menschenfreundliche Huͤlfe dieses Einen und die Verwendung eines
Maͤdchens als Magd in einer Fabrik sind sie nun vielleicht so gut versorgt,
als viele andere Kinder ihrer Nachbarn aus derselben Classe: allein, keines
derselben hat bisher auch nur die mindeste Erziehung
erhalten, und wenn nicht irgendwo wieder ein Wohlthaͤter sich findet, so
scheint keine Moͤglichkeit vorhanden, daß sie jemahls eine erhalten
werden.
Dieß ist die traurigste Geschichte Eines Individuums, und dieß ist Ein Fall, der, wie
wir hoffen, als hinreichender Beweis der dringenden und schreienden Nothwendigkeit gelten kann, bei Zeiten kraͤftige
Maßregeln zu ergreifen, wodurch die Wiederkehr eines aͤhnlichen Falles
fuͤr immer vermieden wird. Wir halten es aber fuͤr unsere Pflicht,
noch Eine aͤhnliche Geschichte aus den vielen anderen gleichen Inhaltes, die
uns bekannt geworden sind, hier in Kuͤrze zu erzaͤhlen, indem sie ein
Individuum betrifft, welches, wo moͤglich, noch mehr Anspruch auf unsere
Dankbarkeit und Freigebigkeit besizt, als der mißhandelte Croß. Wir meinen Heinrich Bell, der das erste Dampfboth in England auf dem
Clyde erbaute, und jezt, fuͤr das hohe Geschenk, das er uns gegeben hat, alle
Bitterkeiten der Armuth und des Mangels zu losten hat. Seine wenigen Mittel
gestatteten ihm nicht sich die Vortheile seiner Erfindung durch Patent-Rechte
zuzusichern: er begnuͤgte sich, das erste Dampfboth ausgeruͤstet zu
haben, und glaubte, daß es ihm die Auslagen, die er dabei hatte, ersezen
wuͤrde.
Kaum hatte aber fein kleines Both Wind und Wogen besiegt, und das volle Gelingen des
ersten Versuches erwiesen, als diese Idee von Leuten aufgegriffen wurde, die mehr
Mittel hatten, diesen Plan im Großen auszufuͤhren, und viele groͤßere
und bequemer ausgeruͤstete, Bothe waren aus der Stelle ausgeruͤstet.
Dadurch ward sein kleines Schifflein bald uͤberfluͤßig, und Er, der
sein ganzes Vermoͤgen daran sezte, und noch in schwere Schulden sich
stuͤrzen muͤßte, um die Richtigkeit seiner Theorie zu beweisen, und
Anderen den Weg zum Reichthume zu zeigen. Er blieb ungeachtet, unbedauert und
verlassen. Ungeachtet dieser fehlgeschlagenen Erwartung und seiner schwachen
Gesundheit, (er erlitt eine schwere Verwundung bei dem Aufsezen einer Maschine) hat
er gegenwaͤrtig, mit einer Beharrlichkeit, die den Glanz seines Genies noch
mehr verherrlicht, die ganze Kraft seiner Talente auf den Bau eines Dampfwagens
hingerichtet, der, wie er hofft, von allen Maͤngeln frei bleiben soll, welche
aͤhnliche Maschinen bisher hatten. Man darf sicher hoffen, daß, ehe er noch
dieses Unternehmen vollendet hat, man Mittel gefunden haben wird, dem rechtlichen
Eigenthuͤmer die Wohlthat seiner Erfindung zuzusichern.
Wir haben hier nur eine unvollendete Skizze der niederschlagenden Verachtung entworfen, welche
mittellose Genies zu erdulden haben, und haben aus der großen Menge bloß zwei
Beispiele ausgehoben, welche die Wahrheit unserer Behauptung nur zu deutlich
erweisen: wir glauben, daß jene Haͤnde, in denen die Abhuͤlfe dieses
Jammers gelegen ist, das volle Gewicht derselben fuͤhlen werden. Wir haben
die Armuth allein als das Hinderniß betrachtet, welches dem Genie im Wege steht,
seine Kraͤfte auf eine wohlthaͤtige Weise zu entwikeln. Dieser
wichtige Gegenstand laͤßt sich aber auch noch von einer anderen Seite
betrachten, die, obschon sie minder deutliche Beweise des Elendes darbiethet, doch
nicht minder traurige und verderbliche Folgen zeigt: wie oft verlaͤßt nicht
ein unerzogener Mechaniker, der nur sehr unvollkommene Kenntnisse besizt, und doch
sich einbildet viel zu verstehen, jede andere nuͤzliche
Beschaͤftigung, um sich irgend einer Chimaͤre hinzugeben, die ihn
endlich zum Untergange fuͤhrt? Dieser Fall hat sehr haͤufig Statt,
obschon die Nachricht von demselben nicht so haͤufig in das Publicum gelangt,
und diese Verirrungen verdienen desto mehr unsere Aufmerksamkeit, je mehr sie sich
bei irgend groͤßeren natuͤrlichen Anlagen ereignen. Taͤgliche
Erfahrung zeigt die Gefaͤhrlichkeit eines solchen Geschenkes der Natur, das
nicht zu handhaben ist, wo es nicht durch eine hinlaͤngliche Masse von
Kenntnissen, die die verderblichen Ausschweifungen desselben bis zur ruhigen
Untersuchung herabzustimmen vermoͤgen, gezaͤhmt wird. Gaͤnzlich
dem ungeregelten Einfluße dieses gefaͤhrlichen Geschenkes uͤberlassen,
wird der nicht Wissenschaftlich gebildete Mechaniker ein Projectant, der immer nach
grundlosen Planen hascht, und den einen halb verdaut verlaͤßt, um dem anderen
nachzulaufen. Haͤufig irre gefuͤhrt durch das Gewoͤhnliche:
Reichthum wartet auf Gelingen; verlaͤßt er seine taͤgliche Arbeit, und
vernachlaͤßigt Alles, um einem Irrlichte nachzulaufen: Pepetuum mobile genannt, und ein Patent, aus dem muͤhevollen
Ersparnisse hart verduͤnnter Pfennige, wird nicht bloß unnuͤz, sondern
verderblich. Es mag wohl oͤfter der Fall seyn, daß seine Projecte sehr wohl
gegruͤndet sind; allein, der Mangel an Kenntniß einiger der ersten
Grundprincipe wird fuͤr ihn ein unuͤbersteigliches Hinderniß, welches,
obschon es oͤfters an und fuͤr sich unbedeutend ist, durch die
vergebenen Bemuͤhungen, dasselbe zu beseitigen, nur um so mehr noch
hinderlich wird, und verderblichen Zeit- und Geld-Verlust
veranlaͤßt. Jeder Tag bringt irgend eine neue Anstalt zur Abhuͤlfe
menschlichen Elendes in dieser oder jener Gestalt hervor: aber keine dieser
Anstalten wird dringender, als jene, die dieser Art von Elend abhelfen soll, und
keine wird mehr Gegenstaͤnde finden koͤnnen, die ihrer
wohlthaͤtigen Absichten wuͤrdiger waͤren: „ihr Gewinn
ist der Nuzen des Publicums, und ihre Arbeiten sind die Annehmlichkeiten des
Lebens.“
Nachdem wir durch lebendige Beispiele das Daseyn des Elendes erwiesen haben, welches
wir schilderten, und folglich auch die Nothwendigkeit eines allgemeinen
Zusammenwirkens zur Unterdruͤkung des immer wachsenden Uebels, wollen wir zur
Betrachtung der schiklichsten Mittel zur Entfernung desselben uͤbergehen, in
der freudigen Hoffnung, daß unsere Bemuͤhungen, sollten sie auch der Sache,
fuͤr welche sie sprechen, noch so unwerth seyn, nur ein kleines Vorspiel
desjenigen sind, was andere auf eine kraͤftigere Weise ausfuͤhren
werden.
Wenn man die vorangeschikten Thatsachen erwaͤgt, so scheint es, daß die
Mittel, diesem Uebel abzuhelfen, folgende Zweke erfuͤllen muͤssen:
1. Es muß dem, von Armuth gedruͤkten, Talente Gelegenheit verschafft werden,
seine Kraͤfte frei aͤußern zu koͤnnen.
2. Es muß demselben, noͤthigen Falles, durch einen Unterricht nachgeholfen
werden, der seine Kraͤfte staͤrkt und entwikelt, denselben die zur
Ausdauer noͤthige Maͤßigung gewaͤhrt, und das
Truͤgerische phantastischer Plane und mißverstandener Grundsaͤze
enthuͤllt.
3. Es muß den Arbeiten desselben solcher Schuz gewaͤhrt werden, daß verdienter
Lohn daraus fuͤr seine Bemuͤhungen hervorgeht.
Bei Erwaͤgung der hier aufgestellten Saͤze ist es vielleicht am Besten,
zuerst zu untersuchen, was man bisher fuͤr Wege eingeschlagen, oder
vorgeschlagen hat, um diese Zweke zu erreichen, und dann die schiklichsten und
anwendbarsten Mittel aufzusuchen, um dasjenige zu ersezen, was allenfalls noch
fehlen koͤnnte.
Ein Correspondent des London-Journal hat, soviel wir wissen, zuerst die
traurigen Verhaͤltnisse, in welchen sich soviele geistreiche Mechaniker
befinden, in der Absicht dargestellt, dieselben zu beseitigen, und eine Gesellschaft
als das schiklichste Mittel in dieser Hinsicht vorgeschlagen. Verschiedene Plane zur
Leitung derselben wurden vorgelegt. Da diese indessen etwas außer dem Bereiche der
Abwendbarkeit zu liegen scheinen, und wir an einem anderen Orte Gelegenheit finden
werden, die Verfassung einer Gesellschaft zu entwikeln, die zu unserem Zweke
geeignet ist, so wollen wir hier bei den Verdiensten derselben nicht laͤnger
verweilen. Eines unserer kleineren periodischen Blaͤtter hat sich zeither
dieser Sache mit Waͤrme angenommen, ist aber gegen den Plan einer
Gesellschaft, weil er „zu sehr den Neuerungen bloßgestellt
ist,“ und schlaͤgt an der Stelle desselbe eine Ausdehnung der
Patent-Geseze vor, so daß der Schuz derselben auch dem Aermsten erreichbar
werden kann, Wenn wir diesen Vorschlag recht verstehen, so scheint es, als ob wir
unsere Patent-Geseze nach dem Continental-Systeme umformen sollten,
und wir wollen, unter
der Voraussezung, daß wir recht verstanden haben, die Einwuͤrfe dagegen
vortragen, die uns alsogleich und unwillkuͤrlich auffielen. Es ist, erstlich,
kaum zu erwarten, daß ein Monopol in der kurzen Zeit von
2 bis 5 Jahren, selbst wenn es unentgeltlich ertheilt wuͤrde (und dieses ist
es wahrscheinlich, was man wuͤnscht), fuͤr die Muͤhe und
Auslagen entschaͤdigt, die man bei Ausfuͤhrung der unbedeutendsten
Erfindung aufwenden muß; der kurze Schuz wuͤrde aufhoͤren, ehe irgend
eine durch Patent-Recht geschuͤzte Verbesserung (wir sprechen von mechanischen Verbesserungen), wenn dieselben noch so
leicht eingefuͤhrt werden koͤnnte, allgemein angenommen werden kann:
auf der einen Seite verfließen Jahre, ehe sie hinlaͤnglich bekannt wird; auf
der anderen braucht es Jahre, bis ein Fabrikant von der Brauchbarkeit derselben sich
hinlaͤnglich und so sehr uͤberzeugt, daß er seine alten Maschinen
aufgibt. Dieß gilt von jeder neuen Erfindung im Maschinen-Baue: so lange der
Fabrikant sein Maschinen-Wesen noch so leidentlich gut findet, widersezt er
sich jeder Neuerung, außer er wird durch Concurrenz oder durch andere aufregende
Verhaͤltnisse dazu gezwungen. Ferner wird ein guter Theil derjenigen, die von
einer solchen Patent-Erfindung Vortheil ziehen koͤnnen, warten, bis
die Patent-Zeit verlaufen ist, da sie dann die Vortheile dieser Erfindung
weit wohlfeiler erlangen koͤnnen. Und endlich bleibt der arme Erfinder, der
keinen Freund hat, jezt, wie ehevor, gleich fern vom
Ziele; er hat keinen Vortheil, keinen Nuzen von seinem Talente: sein Patent ist jezt
dem Raube aller derjenigen offen, die von seiner Armuth und seinem wehrlosen
Zustande Vortheil ziehen wollen (und solcher Edlen gibt es viele): und bleibt ihm
keine Moͤglichkeit auch nur Ersaz zu finden.
Wenn aber auch diese Einwuͤrfe wegfielen, so gewaͤhrt dieser Plan nur
eine halbe Maßregel. Es ist nur fuͤr vollendete
Erfindung gesorgt. Der arme Kuͤnstler braucht aber
einen Freund, mit dem er sich berathen, dem er sich anvertrauen darf. Er hat nicht
bloß Schuz noͤthig, und Belohnung fuͤr das, was er zu Stande gebracht
hat; er braucht Beistand, um die Fruͤchte seiner praktischen Beobachtungen
zur Reife zu bringen; um jene Kenntnisse zu erlangen, die ihn in den Stand sezen,
diese Beobachtungen mit der gehoͤrigen Genauigkeit anzustellen, und bei
Zeiten zu bemerken, wenn er mit seinen Planen auf Abwege geraͤth. Man muß ihn
nicht bloß belohnen, wenn er erfunden hat, man muß ihm
erfinden helfen; und wie koͤnnte man diese Pflicht besser erfuͤllen, als durch eine
Verbindung von Individuen, welchen das Wohl talentvoller Ungluͤklichen
redlich und warm am Herzen liegt. Man sagt dagegen, „daß dieß Eingriffen
und Neuerungen die Thore oͤffnet.“
Das Erfindungs-Tribunal
von Amtswegen“ (Official
Board of Invention), das unsere Gegner vorschlagen, wird
dieß nicht minder. Nach beiden Planen muß ein solches „Tribunal“ vorhanden seyn, und in jedem
Falle muß, „um das Verdienst und den Werth der gemachten Verbesserungen
vor demselben zu bestimmen“, dasselbe aus wissenschaftlich
gebildetenUnd praktisch erfahrnen!!! A. d. Ueb. Maͤnnern bestehen. Allein, die Mitglieder eines aͤmtlichen Tribunals (Official
Board) haben kein Interesse an dem Gelingen: sie
begnuͤgen sich damit, ihre Amts-Schuldigkeit erfuͤllt zu haben,
und es laͤßt sich nicht erwarten, daß ohne wechselseitiges und allgemeines
Interesse eine solche Angelegenheit mit der geeigneten Aufmerksamkeit
durchgefuͤhrt, gefoͤrdert und vollendet wird. Dieses aͤmtliche
Tribunal wird, wie es uns scheint, keine andere Wirkung hervorbringen, als die, die
wir so eben angegeben haben, und wir gestehen aufrichtig, daß wir, in dieser
Hinsicht, keine Veraͤnderung an den Patent-Gesezen wuͤnschen
koͤnnen; denn, wenn wir bedenken, wie oft diese Geseze einer neuen Revision
unterzogen wurden, wie viele Zeit, Sorgfalt und Kenntnisse man sowohl bei Abfassung,
als bei Verbesserung derselben auf sie verwendet hat, und wie sie, ungeachtet alles
dieses Kraftaufwandes, doch noch in vieler Hinsicht mangelhaft sind, so kann uns
eine solche Veraͤnderung an denselben nicht anders, dann als ein
zweifelhafter und gefaͤhrlicher Versuch erscheinen. So weise und umsichtsvoll
auch diese Geseze allerdings abgefaßt sind, so eifersuͤchtig sie auch jede
Art von Monopol im Auge halten, so wird es ihnen doch nicht moͤgliche in
jedem Falle zu entdeken, ob dasjenige, wofuͤr man ihren Schuz verlangt, auch
neu ist.
Wir sehen daher auch von Zeit zu Zeit verschiedenen Individuen Patente auf dieselbe Erfindung ertheilen; auf Dinge, die die ganze Welt
schon vor Jahrhunderten wußte. Die Erklaͤrung des Patentes (Specification)
wird dem Publicum zwar offen vor die Augen hingelegt, und wenn der
Patent-Traͤger ungerechte Anspruͤche wagt, koͤnnen die
Individuen die sich dadurch gekraͤnkt glauben, Abhuͤlfe verlangen.
Worin besteht aber diese Abhuͤlfe? In einem Processe! Ein Patent-Traͤger muß dasselbe Gesez gegen den
anderen Patent-Traͤger in Anspruch nehmen, das diesen schuͤzen
soll; diejenigen, die die Werkzeuge ihrer taͤglichen Arbeit jezt als das
ausschließende Eigenthum eines anderen erklaͤrt sehen, muͤssen
gleichfalls zu einem Processe ihre Zuflucht nehmen, und alle Auslagen und
Verdrießlichkeiten eines Rechtshandels auf sich laden, um von dem Druke ihres
Gegners frei zu werden, wenn sie anders nicht bei fortgeseztem Gebrauche ihres
rechtmaͤßigen Eigenthumes sich der Klage und der Strafe eines Eingriffes in die
Patent-Rechte aussezen wollen.
Es ist, leider, nur zu gewiß, daß dieses Uebel wirklich Statt hat: man darf nur die
jaͤhrlichen Patent-Listen fluͤchtig durchlaufen, um eine Menge
der entscheidendsten Beweise hieruͤber zu finden. Es ist offenbar
unmoͤglich, die haͤufigen Gesuche um Patente einer so strengen
Pruͤfung zu unterziehen, daß man mit aller Sicherheit die Anspruͤche
der Bittsteller auf Originalitaͤt geltend machen kann. Man kann nicht
voraussezen, daß diejenigen, deren Aufsicht diese Untersuchung anvertraut ist, mit
jeder bereits vorhandenen Erfindung vertraut seyn sollten, und es ist
unmoͤglich, alle bereits ertheilte Patente durchzusehen: wuͤrde man
wissenschaftlich gebildete Leute zu diesem Behufe anstellen, so koͤnnte man
sie als partheiische Richter in dieser Angelegenheit betrachten. Es scheint also,
daß dieses Uebel immer so wird bleiben muͤssen: das einzige Mittel, daß
dasselbe nicht noch aͤrger wird, ist die laͤstige, aus diesem Grunde
vielleicht aber auch zugleich nothwendige, Taxe fuͤr
Talente; diese ungeheuere Ausgabe, die man fuͤr ein Patent machen
muß. Wollte man die Taxe aufheben, oder auch nur herabsezen, so wuͤrden noch
mehr Gesuche um Patente eingereicht, und es muͤßten folglich noch mehr Patente ertheilt werden; die Patente wuͤrden
noch mehr und bis zur verderblichsten Unzahl vervielfaͤltigt werden, und in
demselben Verhaͤltnisse wuͤrden die Nachtheile unuͤberlegter
Patent-Vertheilungen zunehmen muͤssen.
Die Society of Arts hat einen großen Namen, große
Einkuͤnfte, und gibt jaͤhrlich einen Band heraus, in welchem die
Preise, die sie ausschreibt, und die Belohnungen, die sie vertheilte, gedrukt
erscheinen; man koͤnnte also (und wenn man nach dem Scheine urtheilen
will, wird man auch) glauben, daß diese Gesellschaft eine maͤchtige
Stuͤze fuͤr huͤlflose Talente ist: es ist aber offenbar,
daß sie den beiden Duldern, deren Leidensgeschichte wir oben erzahlten, keine
anpassende Belohnung ertheilen konnte. Außer den Aufmunterungen, welche sie
kleinen Maͤdchen und Jungen ertheilt, damit sie Zeichnen lernen, sehen
wir in der That nichts Gutes, was sie hervorbringt. Es ist offenbar, daß sie.
Erfindungen, die wirklich von wahrem Werthe sind,
nicht zu belohnen im Stande ist, und es ist eben so offenbar, daß solche
Erfindungen ihr gar nie werden vorgelegt werden: denn wer wird die Vortheile
eines Patentes mit einem Praͤmium vertauschen wollen, das nicht einmahl
die Auslagen ersezt, die man fuͤr seine Erfindung machen mußte; ja sogar
in vielen Faͤllen nicht einmahl die Kosten des Modelles traͤgt,
welches die Gesellschaft verlangt, oder die Muͤhe und Auslagen, um bei
den langen und gedehnten Sizungen derselben die Aufwartung machen zu
koͤnnen. Unter denjenigen, die aus ihren Arbeiten Nuzen
ziehen wollen, wird man diesen Mann nicht finden. Die Jahres-Listen
uͤber die ausgeschriebenen Belohnungen biethen einen hoͤchst
unterhaltenden Contrast zwischen den Individuen dar, welche dieselben in
Anspruch nahmen, und denjenigen, welchen sie erhielten. Beurtheilt man die
Gesellschaft nach den einen, so wird man sie unter der Menge nuͤzlicher
Institute Europens hoch ansezen muͤssen; nach den anderen aber sinkt sie
zu den unbedeutendsten herab. Wir waͤhlen aus den Buͤchern dieser
Gesellschaft nur folgende Belohnung, die in mehreren Sizungen nach einander
ausgeschrieben wurde, und die als schoͤnes Beispiel statt aller
uͤbrigen gelten mag. N. 244. Demjenigen, der
eine Maschine zur Foͤrderung der Kohlen oder Erze aus den Gruben angeben
wird, die besser ist, als irgend eine bisher gekannte und gebrauchte, und deren
Anwendung wohlfeiler zu stehen kommt, die goldene Medaille oder 50 Guineen, wenn
er sie der Gesellschaft mittheilt.“ Wenn diese Maschine besser seyn soll, als irgend eine bisher bekannte oder
gebraͤuchliche, so muß sie besser seyn, als die Dampf-Maschine; so muß der Erfinder die Vortheile
eines Patentes aufgeben, und der Gesellschaft noch ein Modell liefern; und dieß
alles fuͤr 50 Guineen, und fuͤr die Ehre (bald haͤtten wir diesen wichtigen Umstand
vergessen), diese Summe aus den Haͤnden der Gesellschaft zu empfangen.
Ein anderer Preis wurde auf ein Mittel ausgeschrieben, das Auffiegen der
Pulvermuͤhlen zu verhindern. Der Preiswerber sollte aber Zeugnisse von einem
oder von mehreren Pulvermuͤllern darlegen, daß man ihre Muͤhlen mit
aller Sicherheit angezuͤndet hat. Die uͤbrigen Preisaufgaben sind
groͤßten Theiles eben so absurd, und es wundert uns durchaus nicht, daß diese
Aufgaben nicht geloͤst wurden.
Eine Gesellschaft, die so große Capitalien besizt, koͤnnte, wenn sie
gehoͤrig geleitet wuͤrde, von großem Nuzen werden; allein in ihrer
gegenwaͤrtigen Verwaltung ist sie schlechter als gar keine, und kann folglich
fuͤr unsere Absichten, zu gar nichts nuͤzen.
In dieser Ruͤksicht muͤssen wir hier auch noch zweier vereinter
Gesellschaften von Capitalisten erwaͤhnen, die unter der Firma „Englischer und auslaͤndischer
Patent-Verein“ (The British
and Foreign Patent Association) und „Englische Erfindungs- und
Entdekungs-Compagnie“ (The British Invention and
Discovery Company) bestehen, und welche beide, nebst anderen Zweken, auch die
Absicht haben, armen Erfindern die Mittel zu verschaffen, Patente sich ertheilen
lassen zu koͤnnen. Wir haben keine ausfuͤhrliche Entwikelung dieser
ihrer Absichten zu Gesichte bekommen, und koͤnnen daher kein Urtheil
uͤber den wahrscheinlichen Nuzen faͤllen, den sie gewaͤhren werden; wir
haben aber allen Grund zu besorgen, daß eine Gesellschaft, deren einziger Zwek es
ist, von den Talenten anderer Vortheil zu ziehen,
schwerlich jener Freund des nothleidenden Kuͤnstlers seyn kann, den wir
suchen.
Die bisher betrachteten, vorgeschlagenen oder ausgefuͤhrten, Plane beziehen
sich lediglich auf Belohnung des talentvollen Mechanikers
wir glauben alles zusammengestellt zu haben, was in den neuesten Zeiten in Hinsicht
auf diesen Gegenstand gethan und geschrieben wurde. Wir kommen nun auf den wichtigen
Gegenstand – Bildung desselben.
Das Londoner-Institut fuͤr Mechaniker (London
Mechanic's Institute) ist gegenwaͤrtig die einzige Anstalt, die in
die ser Hinsicht zu London vorhanden ist. Es scheint uns unmoͤglich, daß ein
Institut dieser Art einzig und allein durch Beitraͤge derjenigen unterhalten
wird, fuͤr deren Wohl es errichtet ist, wenn man nicht weit mehr
Haͤller von dem armen Mechaniker erpressen will, als er fuͤglich
ersparen kann, und eben dadurch einen der Hauptzweke dieses Institutes verfehlt:
Verbesserung des Zustandes der arbeitenden Classe. „Man kann das
Londoner-Institut keinesweges als guͤltigen Beweis gegen uns anfuͤhren, indem dasselbe durch
reichliche Geschenke einzelner großmuͤthiger Individuen gegruͤndet
wurde, und dadurch auch unterhalten wird. Zieht man diese Geschenke aus dem
Fonde derselben weg, und laͤßt man ihm bloß die Beitraͤge der
Mitglieder, so wird es nur als Beweis fuͤr unsere Behauptung dienen:
denn, so zahlreich auch die Mitglieder desselben gegenwaͤrtig sind, (und
es laͤßt sich erwarten, daß die Zahl derselben nach einiger Zeit sich
vermindern wird), so koͤnnen sie doch nimmermehr die schweren Ausgaben
bestreiten, die jezt schon nothwendig geworden sind.Im ersten Berichte der Edinburger Kunstschule (Edinburgh School of Arts) heißt es: „Man wird
einsehen, wenn man einen Blik in die Zukunft wirft, wo die Gluth der
Neuheit sich gekuͤhlt haben wird, daß man gehoͤrig
gebildete Lehrer nur unter Belohnungen wird erhalten koͤnnen,
wodurch die Lage derselben so gebessert wird, daß ein Mann von
Erziehung es der Muͤhe werth finden kann, eine solche Stelle
zu suchen, und daß, wenn die Beitrage niedrig bleiben sollen, was
durchaus nothwendig ist, durch Subscription
oder auf andere Weise neue Quellen fuͤr die Einnahme
eroffnet werden mussen.“
A. d. O.
Dieses Institut ist bereits der Gegenstand so verschiedener und entgegengesezter
Meinungen geworden, welche in manchen Faͤllen so sehr mit aller Galle des
Partei-Geistes durch gefuͤhrt wurden, daß wir fuͤrchten, manche
unserer Leser werden uns kaum das Vertrauen schenken, daß wir diesen Gegenstand mit
aller Unparteilichkeit eroͤrtern. Diejenigen, die, wie wir selbst, keiner
politischen Partei angehoͤren, und folglich (denn dieß folgt als
Corollarium), keine Partei bei dieser Untersuchung bilden, werden, wir sind es
uͤberzeugt, unserer Meinung beitreten, daß, unter der gegenwaͤrtigen
Verwaltung, dieses Institut, wenn nicht ganz unnuͤz ist, doch wenigstens mehr Uebles, als Gutes bringt.
Die urspruͤngliche Absicht dieses Institutes war wohlwollend und
hoͤchst nuͤzlich: „Unterricht der Mitglieder in den
Grundsaͤzen der Kunst, die sie ausuͤben, und in den verschiedenen
Zweigen nuͤzlicher Kenntnisse.“ Allein das Ungluͤk
wollte, daß dieses Institut von seiner Entstehung an unter der Leitung von
Maͤnnern war, die von Vorurtheilen des Partei-Geistes maͤchtig
ergriffen waren; der Unterricht erhielt folglich einen starken Geruch von diesem
besonderen Zweige von Kenntnissen. Der wuͤrdige Praͤsident widersprach
zwar in seiner Einweihungs-Rede, anspielend auf Bemerkungen dieser Art, die
sich schon fruͤhe im Publicum verbreiteten, „aller Absicht auf
Einmengung politischer Ansichten,“ und wir wissen, daß, was seine
Person betrifft, er die Wahrheit sprach; allein, wie schnell ist nicht, mit
Beihuͤlfe seiner Mitarbeiter, dieses Institut zum Werkzeuge einer Partei
geworden! Freiheit und Unabhaͤngigkeit sind der Stoff einer jeden
abgehaltenen Rede geworden, und ein heftiger Partei-Geist beseelte jede
Sizung.Man sehe die Reden bei der Eroͤffnung des Institutes,
vorzuͤglich jene Brougham's, Hume's, Tortens's etc., bei dem Gastmahle der Jahresfeier. A. d. O. Man sagte den Arbeitern auf eine liebevolle Weise, wie ungerecht die Geseze
dieses Landes gegen dieselben waͤren; die Fragen uͤber Emancipation
der Katholiken und Parlaments-Reform wurden nicht bloß geduldet, sondern in
Schuz genommen und beklatscht, und es stand nicht lauge an, so bekannte sich eine
Stuͤze dieses Institutes oͤffentlich zu diesen Grundsaͤzen, und
empfahl dringend Vorlesungen uͤber polemische Theologie und Politik. Wir
sprechen hier von einer, neulich aus der Feder des Hrn. Brougham ausgeflossenen Broschuͤre, und sagen voraus, daß, wenn
dieses Institut laͤnger unter solcher Leitung bleibt, es zum Mistbeete der
Zwietracht und Abtruͤnnigkeit von der wahren Kirche wird.
Dieß ist die Bildung, die der Verfasser Verbreiter zu sehen wuͤnscht, denn
hierauf legt er den groͤßten Nachdruk, und unterstuͤzt seine Ansicht
mit dem kindischen Argumente: „Was koͤnnte daraus auch fuͤr
ein Nachtheil erwachsen? Wenn die Kirche wirklich gut, die Constitution wirklich gut
ist, so kann sie durch pruͤfende UntersuchungenEs heißt in Hrn. Brougham's Broschuͤre:
„Man kann sich keine groͤßere Wohlthat denken, als
diejenigen der Welt erweisen wuͤrden, die eine wohl
uͤberlegte Auswahl aus den Werken unserer besten
Schriftsteller uͤber Moral, Politik und Geschichte
veranstalteten, und dieselbe in wohlfeilen Ausgaben heftweise
besorgten.“
Warum sollten politische Werke nicht eben so gut, als andere in
wohlfeilen Ausgaben und heftweise erscheinen.“ S. 4.„Dem Volke erlauben, oder vielmehr dasselbe einladen, an solchen Unternehmungen Theil
zu nehmen, ist nicht bloß nicht
gefaͤhrlich, sondern selbst wohlthaͤtig
fuͤr den Staat.“Und warum sollte nicht jeder Gegenstand, der die Staatswissenschaft,
zum Theile oder im Allgemeinen betrifft, in wohlfeilen Ausgaben
behandelt werden koͤnnen?“„Die Mißbraͤuche, welche sich durch die Laͤnge
der Zeit in unsere Constitution eingeschlichen haben; die Fehler,
die man bei Verwaltung derselben begeht, und die Verbesserungen,
welche durch veraͤnderte Umstaͤnde, selbst in den
Grundsaͤzen derselben, nothwendig geworden sind,
koͤnnen hoͤchst zwekmaͤßig auf dieselbe Weise
erlaͤutert werden.“ S. 5.„Es ist kein Grund, warum Moral-Philosophie und Politik
nicht in oͤffentlichen Vorlesungen
erklaͤrt werden soll.“ S. 11.„Vorlesungen uͤber Moral und Politik werden auch dort
an genehm seyn, wo es den Lehrern der Chemie und Mechanik an Feld
gebricht.“ S. 27. A. d. O. nicht leiden.“ Allerdings wird, dem Himmel sey Dank! unsere
Kirche und unsere Constitution immer desto hoͤher in der Achtung
verstaͤndiger Maͤnner emporsteigen, je strenger man sie untersucht und
pruͤft. Wird aber der Narr jemahls uͤber irgend einen Gegenstand eben
so urtheilen, wie der Weise? Wird der unerzogene Mechaniker die feingesponnenen
Raͤsonements des Atheisten aufzuwinden, oder die Ungluͤk verbreitenden
Tiraden undankbarer Unterthanen durchzuschauen vermoͤgen? Diesem Zweken soll
jedoch der Mechaniker „jeden aͤnderten Tag eine Stunde oder
zwei“ opfern: dieß ist der nuͤzliche Unterricht, den er empfaͤngt. Wie kann man hier
von Zeit- und Geld-Ersparungen sprechen, und in demselben Athem zeigen
und rathen, wie man beide wegwerfen soll? Der Mechaniker soll jeden Augenblik dem
Studium der Grundsaͤze seiner Kunst widmen, und den Rest dazu verwenden, Gott
und seinem Koͤnige fremd zu werden!
Dieß ist die Außenseite dieses Werkes, dessen Inneres uns
den reinen Hibernicismus darstellt. Der philanthropische Verfasser wuͤnscht
keine andere Kraft im Volke, als die der Whiggs, und alles, was der Kuͤnstler
an Zeit und Geld ersparte, soll dem Erwerbe der Grundsaͤze derselben geopfert werden. Das ist fuͤrwahr ein
tiefes Studium, und es war sehr gut ausgedacht, jeder
Fabrik einen Vorleser zu empfehlen, da es nur wenigen gegoͤnnt scheint, eine
Sache so tief zu
ergruͤnden, daß sie bis auf diese Grundsaͤze hinab gelangt
waͤren. So erwekt man und naͤhrt man auf die uͤppigste Weise
den Geist der Erfindung; so erhebt man den britischen Kuͤnstler uͤber
jeden anderen in Europa. Es ist offenbar, daß diese Schrift keinen anderen Zwek
hatte, als Projekten fuͤr das politische Glaubensbekenntniß des Verfassers zu
machen, und daß die Volks-Erziehung nur Nebensache war: denn die
Haͤlfte einer jeden Seite dieser Schrift ist der Freiheit und
Unabhaͤngigkeit gewidmet.„Es scheint aber rathsam, daß selbst dort, wo man unentgeltlichen
Beistand erhalten kann, etwas einer anstaͤndigen Belohnung
Aehnliches herbeigeschafft werden sollte, sowohl um den Grundsaz der
Unabhaͤngigkeit unter der arbeitenden Classe aufrecht zu
erhalten, als um zugleich auch fuͤr genauere und
regelmaͤßige Erfuͤllung der Pflichten derselben zu
sorgen.“ S. 12.„Ich habe gesagt, daß man sowohl fuͤr die Unabhaͤngigkeit dieser Unternehmungen,
als fuͤr das Gedeihen derselben sorgen muͤsse. Ich, meines
Theiles, bin sehr geneigt jeden Vortheil, den die Masse des Volkes in
Hinsicht auf Unterricht durch Vermehrung seiner Abhaͤngigkeit von
seinen Vorgesezten erhalten soll, fuͤr etwas zweideutig zu
halten: wenigstens bringt er eben soviel Unheil, als Gutes.“
S. 16 etc. A. d. O. Der arme Kuͤnstler muß fuͤr sein Lernen bezahlen; denn sonst
verliert er seine Freiheit, wenn er umsonst hoͤrt; er muß die Vorlesungen
uͤber Politik hoͤren, denn sonst verliert er seine
Unabhaͤngigkeit. Es gibt auch eine Art von Sclaverei in religioͤsen
Meinungen; er muß also Formen verachten lernen, und der Natur und Thom. Paine
folgen.
Wie kann man erwarten, daß dieses Institut unter solchen Fuͤhrern gedeihen
kann? Wir verstehen unter Gedeihen, eine wohlthaͤtige Wirkung erzeugen;
gedeihen mag es in einem anderen Sinne; es ist aber nicht immer die gute Sache,
welcher die Meisten anhaͤngen. Indessen ist dieß aber nicht der einzige
Fehler, in welchen man bei diesem Institute verfiel; wir koͤnnen die
Grundsaͤze uͤberhaupt nicht billigen, auf welche man es
gruͤndete. Es ist ein nicht zu billigender Geist, den man hier so ernstlich
einschaͤrft. (Denn es ist durch nichts begruͤndet), daß man jeden
unentgeltlichen Unterricht verschmaͤhen soll. Dieß geschieht, sagt man, um
bei den Mitgliedern des Hauses jene Theilnahme an dem Wohle desselben zu erhalten,
die fuͤr sein Wohl so nothwendig ist. Es ist wahr, wir gestehen es, daß, wenn
ein armer Kuͤnstler seinen Beitrag bezahlt hat, er
sich, natuͤrlich, interessirt fuͤhlen wird, etwas dafuͤr
zuruͤk zu erhalten; wie oft wird er aber seinen hart verdienten Pfennig
ansehen und Anstand nehmen, indem er zwischen den Vortheilen, die er zu erwarten,
und der Auslage, die er zu machen hat, schwankt, ehe er sich entscheiden kann,
soviel, von seiner geringen Ernte hinzugeben. Wir glauben (ohne den
unersaͤttlichen Durst nach Kenntnissen in Betrachtung zu ziehen, von welchem, wie wir
hoͤren, die Leute so sehr geplagt sind, daß die Handwerksleute noch mehr
Interesse finden wuͤrden, wenn die Taxe auf ein Viertel ihres
gegenwaͤrtigen Betrages herabgesezt wuͤrde; wenn sie aber
verschmaͤhen sollten, ihren „brennenden Durst“ auf eine
so wohlfeile Weise zu loͤschen, so koͤnnte man ihren
verwoͤhnten Gaumen vielleicht durch den Kizel der Ehre reizen. Ein anderer Grund, warum diese armen Leute ein
Fuͤnftel ihres jaͤhrlichen Verdienstes hergeben sollen, um, ungeachtet
ihres heftigen Durstes nach Unterricht, Geschmak und Interesse an demselben zu
finden, ist dieser, daß man die Lehrer anstaͤndig bezahlen kann, damit sie
nicht unterlassen, ihre Pflichten regelmaͤßig zu erfuͤllen. Der lezte
und unverantwortlichste Grund aber ist die Erhaltung des „Grundsazes der
Unabhaͤngigkeit unter der arbeitenden
Classe.“ Dieß ist der wahre Grund: die alte Leier wird hier wieder
angeschlagen. Allein, Niemand wird sich einbilden, daß die Kuͤnstler um ein
Tuͤpfelchen mehr abhaͤngig werden koͤnnten, wenn man nicht wuͤnschte, daß sie es
wuͤrden. Diesen Wunsch sprechen die Eigenthuͤmer dieses
Institutes selbst aus, und ziehen auf denselben hin: wir sehen die Mitglieder dieses
Institutes zu der niedrigsten Abhaͤngigkeit von denjenigen verdammt, die so
heftig gegen alle Abhaͤngigkeit das Wort erheben. Aus solchen Gruͤnden
schließt man, daß die Leitung aller Angelegenheiten lediglich in den Haͤnden
derjenigen belassen werden sollte, fuͤr deren unmittelbaren Gewinn ein
solches Institut berechnet ist. Allein, auch hierin sind wir einer anderen Meinung,
und drei Viertheile der Institute fuͤr Mechaniker, die neulich in unserem
Koͤnigreiche entstanden,Wir fuͤhren hier nur die Institute zu Leeds, Manchester und Aberdeen
an, die neuerlichst errichtet wurden, und die Kunstschule zu Edinburg. In
dem ersten Berichte dieser Schule heißt es: „Es versteht sich, daß
Leute von Erziehung den Gang, welchen der
Unterricht zu nehmen hat, wenn er seinen Zwek erreichen soll, und welche
Buͤcher in der Bibliothek hierzu am besten taugen, eher zu
bestimmen im Stande sind, als Ungebildete. Der
Lernende soll nichts anderes zu thun haben, als bei dem Unterrichte,
so wie in einer Schule, gegenwaͤrtig zu seyn. A. d.
O.
bestaͤtigen uns in unserer Meinung. Da wir sie als Schulen fuͤr Erwachsene betrachten, so sehen wir
nicht ein, wie die Schuͤler die Leitung ihrer
eigenen Tutel haben sollten, oder auch nur dazu faͤhig, seyn
koͤnnten.
Wenn aber auch diese Institute fuͤr Mechaniker vollkommen im Stande
waͤren, ihre Zweke zu erfuͤllen, so muͤßten wir dieselben doch
immer verwerfen, indem sie zu unserem vorliegenden Zweke nicht taugen: denn wir sind
der Meinung, daß allem Elende des armen Mechanikers auf die kraͤftigste Weise durch ein einziges Institut abgeholfen werden kann. Wie dieses
einzurichten ist, so daß aller Mißbrauch, der sich in aͤhnliche Verbindungen
eingeschlichen hat, beseitigt werden kann, ist ein schwieriges, aber, wie wir sicher
hoffen, nicht unmoͤgliches Unternehmen.Wir enthalten uns, bis zum Beschluße im naͤchsten Hefte, aller
weiteren Anmerkungen uͤber diesen Aufsaz, aus welchem mancher Leser
eine ganz andere Ansicht von England gewinnen wird, als man
gewoͤhnlich hat. A. d. Ueb.
(Der Beschluß im naͤchsten Hefte.)