Titel: Die hydrostatische Luftpumpe ohne Kolben und Ventile.
Autor: Johann Andreas Uthe [GND]
Fundstelle: Band 17, Jahrgang 1825, Nr. LVII., S. 272
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LVII. Die hydrostatische Luftpumpe ohne Kolben und Ventile. Von J. A. Uthe. Mit Abbildungen auf Tab. VII. Uthe's hydrostatische Luftpumpe ohne Kolben und Ventile. Im Jahre 1817, wo ich mich viel mit der Ausbildung der Gasapparate beschaͤftigte, und wo der suͤße Wahn mich lange gefangen hielt, meinem Vaterlande die Vortheile des Gas-Lichtes zu Theil werden zu lassen, bezwekte ich auch – fruͤher noch als die Englaͤnder transportable Gaslampen. Um aber die Gase in diesen Lampen mir Bequemlichkeit zu comprimiren, entwarf ich mir folgende Vorrichtung zu einer Luft- und Gas-Pumpe; die einzelnen Theile dazu wurden auch sogleich bearbeitet, und theilweise zusammen gerichtet; die Vollendung aber, blieb aus folgenden Gruͤnden dem vorigen Jahre aufgehoben. 1) War die ganze Struktur noch nicht geeignet meine Anforderungen in jeder Hinsicht zu befriedigen, indem die Wirkung bloß partiell war, wie bei der gewoͤhnlichen Kolbenpumpe; ich entwarf daher eine zweite Struktur, deren Wirkung perpetuell, und meinen Anspruͤchen genuͤgte. 2) Da meine schoͤnen Traͤume in Betreff der Gasbeleuchtung wie Spreu zerstoben, so warf ich in Unmuth auch diese Dinge bei Seite; im vorigen Jahre aber, wo ich die erstere Vorrichtung zu hydraulischen Versuchen benuͤzen wollte, wurde sie ganz zusammen gebauet. Da mir nun vor einigen Wochen eine aͤhnliche Vorrichtung von Hrn. Dr. Romershausen (in Kastner's Archiv) in die Haͤnde kam, so entschloß ich mich vergleichsweise, auch meine Struktur dem wissenschaftlichen Publikum mitzutheilen. Ob Hr. R. die Seinige wirklich ausgefuͤhrt, hat er nicht ausgesprochen; ich will daher aus Ruͤksicht fuͤr diejenigen, welche jene Beschreibung nicht kennen, die Meinige hier folgen lassen. Fig. 8 und 9. stellt die Maschine im Grund- und Aufriße dar; aa, sind zwei Gefaͤße, wovon das untere mit Queksilber gefuͤllt wird; diese Gefaͤße stehen durch die 4 Roͤhren, c, in Communication so, daß eine Wechselwirkung entsteht, und zwar auf folgende Weise: b, ist ein Hahn, in dessen Gehaͤuse die Roͤhren, c, luftdicht eingesezt sind; der Hahn selbst, welcher fest steht, ist schief durchbohrt, wie die punktirten Linien zeigen; die Roͤhren kommen daher untereinander in folgende Verbindungen: c' mit c'''', c'' mit den Einlaßrohre e, und c''' mit dem Auslaßrohre, d. Wird nun der Apparat umgedreht so, daß das untere Gefaͤß, a, oben kommt, was in sofern moͤglich ist, indem der Hahn, b, die Achse, und sein Gehaͤuse die Nabe bildet, so wird dieselbe Wechselverbindung unter den Roͤhren, wie zuvor, Statt finden. Will man nun einen luftleeren Raum erzeugen, so ist die Wirkung folgende: Zuerst denke man sich auf dem Teller, f, eine Gloke und dann das untere Gefaͤß, a, oben in dem Augenblik, wo es hinauf gedrehet wurde, so wird das Queksilber aus diesem Gefaͤße durch die Roͤhren, c' und c'''', in das untere Gefaͤß gelangen, indem es in das Rohr, c'', nicht fallen kann, weil dieses bis nahe an den obern Boden des Gefaͤßes hinauf reicht. Der Raum, welchen das Queksilber in dem Gefaͤße einnahm, muß nun mit Luft angefuͤllt werden, welche aus der Gloke durch die Roͤhren, c und c'' angezogen wird; im Gegentheile wird aus dem untern Gefaͤße die Luft durch das Queksilber ausgetrieben, und zwar durch die Roͤhren, c''' und d, indem das Rohr, c'''', bis nahe an den Boden des Gefaͤßes, a, hinabreicht, und so die Oeffnung dieser Roͤhre durch das herabfallende Queksilber sogleich gesperrt wird, mithin der Luft kein anderer Ausweg bleibt, als c'''. Der Wechsel dieser Gefaͤße wird nun fortgesezt, bis das Evacuum unter der Gloke vollkommen ist. Will man aber Luft oder Gase comprimiren, so wird bei f, das Rohr, welches die Gase aus den Gasometer herbei fuͤhrt, angeschraubt, und bei g, das Gefaͤß, welches man fuͤllen will, und die Manipulation ist dieselbe, das heißt, ist das Queksilber herabgefallen, so wird das untere Gefaͤß so oft hinauf gedreht, bis die Luft oder die Gase den Grad der Compression erreicht haben, den man ihr zu geben gedenket, welches man sogleich an dem Queksilberstande in den Roͤhren abnehmen kann. Mein Apparat ist 60'' par. hoch; ich kann daher einen Druk von 2 Atmosphaͤren erreichen; braucht man mehr, so darf man nur die Roͤhren, c, so lang machen, daß die Hoͤhe der Queksilbersaͤule dem gewuͤnschten Druke entspricht. In der Roͤhre, c'''', bleibt stets etwas Queksilber stehen, und um so mehr, je weiter die Arbeit vorgeschritten ist; dieses faͤllt nun, wenn die Roͤhre, c'''', oben zu stehen koͤmmt, in das Rohr, e, herab; in diesem darf es aber nicht stehen bleiben, weil es nicht allein aus der Oeffnung auf den Teller ausfließen, sondern weil es auch der Luft oder den Gasen den Weg versperren wuͤrde; es ist daher das Rohr, i, angebracht, welches in das Gefaͤß, h, eintaucht bis nahe auf den Boden, in dieses Gefaͤß, h, faͤllt nun waͤhrend der ganzen Arbeit das Queksilber, welches aus dem Rohr, c'''', heruͤber gebracht wird, herab, und sperrt so von selbst das Rohr, i. Merkt man, daß sich hier ein großer Theil angesammelt, so wird es unten durch den Hahn, x, abgelassen, und durch den Trichter, r, wieder in das Gefaͤß, a, eingebracht; wenn man aber comprimirt, so muß dieses durch den oberen Trichter, o, eingefuͤllt werden. Auch habe ich noch ein kleines Magazin an der Seite bei k, angebracht, wodurch man stets durch Oeffnen des Hahnes, q, den kleinen Queks. Abgang ersezen, und das Gefaͤß, a, voll erhalten kann; dieses macht dann den unteren Trichter, r, uͤberfluͤßig. Daß jeder Ausgang einen Hahn haben, so, wie des Queksilbers wegen alles Metall Eisen seyn muß, versteht sich wohl von selbst. Zu den Gefaͤßen, a, und den Roͤhren, c und i, habe ich Glas genommen, und dieses gewaͤhrt den Vortheil, daß ich stets beobachten kann, wie weit die Arbeit vorgeschritten; denn steht das Queksilber in der Roͤhre, c'''' 28'' hoch, so bin ich uͤberzeugt, daß die Luftleere vollkommen ist. Die Roͤhren c, haben 3''' Diam.; sowohl eine kleinere als groͤßere Weite bringen Nachtheil. An den Hahngehaͤuse, b, sind eiserne Schienen fest gemacht, welche durch die punktirten Linien, s, angedeutet sind, diese umfassen und tragen die Queksilbergefaͤße, a. m, ist der Fuß, und n, zwei Saͤulen von Holz, zwischen welchen sich der Apparat drehet. Ob gleich dieser Apparat einfach erscheint, und es auch wirklich ist, so ist doch dessen Ausfuͤhrung nichts weniger als leicht zu nennen; indem alles von Eisen und Stahl und mit der allergroͤßten Genauigkeit ausgefuͤhrt seyn muß; ist die Arbeit aber vollkommen gelungen, so kann man mit weit mehr Bequemlichkeit, als mit der Kolbenpumpe arbeiten; ja ein Kind kann ihn dirigiren. Spaͤter habe ich durch Kastner in seiner Physik erfahren, daß schon Hindenburg sich einer hydrostatischen Luftpumpe bedient! wie diese aber gestaltet gewesen, habe ich troz aller Muͤhe nicht ausmitteln koͤnnen. Sobald Zeit und Umstaͤnde es zulassen, werde ich auch die zweite. Struktur vollenden, welche eben so einfach, ohne Kolben und Ventile durch ihre perpetuelle Wirkung groͤßeres Interesse und allgemeineren Nuzen verspricht; ist dieses geschehen, dann werde ich mir auch die Erlaubniß nehmen, sie dem Publikum vorzulegen. Dresden im Mai 1825.

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