Titel: | Ueber Verfertigung sehr guter Grabstichel. Von Hrn. Gill. |
Fundstelle: | Band 17, Jahrgang 1825, Nr. XLIV., S. 183 |
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XLIV.
Ueber Verfertigung sehr guter Grabstichel. Von
Hrn. Gill.
In dessen technical Repository. April. 1825. S.
241.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Gill, über Verfertigung sehr guter Grabstichel.
Die wiederholten Aufmunterungen des beruͤhmten
Kupferstechers, Karl Warren, (sel. Andenkens), der sich
so oft, und mit Recht, beklagte, daß er fuͤr seine feinen Arbeiten keinen
einzigen guten englischen Grabstichel finden
koͤnne, und daß der beste, den er besizt, ein franzoͤsischer ist, veranlaßte mich seit mehreren Jahren
uͤber Verbesserung dieses, in der Kupferstecher-Kunst so wichtigen,
Werkzeuges nachzudenken. Hr. Warren hat seine Griffel
immer zur Nadel-Form zugeschliffen, und wenn die Spizen oder Kanten derselben
sich waͤhrend der Arbeit bogen oder brachen, so taugten sie ihm nicht mehr.
Ich versuchte endlich meine verschiedenen verbesserten Methoden in der
Stahlbereitung auf Vervollkommnung der Grabstichel anzuwenden, und war
gluͤklich genug bei dem ersten Versuche mein Unternehmen gelingen zu
sehen.
Ich fand bei Untersuchung des franzoͤsischen Grabstichels, der ein sehr
ungeschiktes Machwerk, aber zugleich auch von einem ganz ausgezeichnet trefflichem
Stahle war, daß er urspruͤnglich in Gestalt eines
Parallelogrammes geschmiedet, und dann erst in seine rautenfoͤrmige Form
zugefeilt war, so daß die Kanten aus den Seiten entstanden. Auf diese Art
waren die Kanten und die daraus gebildete Spize der unmittelbaren Einwirkung des
Hammers bei dem Schmieden ausgesezt, was kaum geschehen kann, wenn, wie
gewoͤhnlich, der Grabstichel gleich anfangs rautenfoͤrmig
ausgeschmiedet wird. Ich entschloß mich, diese entschiedene Verbesserung alsogleich
anzuwenden, und dieß geschah mit dem besten Erfolge.
Es ist uͤberfluͤßig zu bemerken, daß ich sorgfaͤltig alle
Ruͤksichten bei der Wahl des Gußstahles und bei der weiteren Bearbeitung
desselben nach meinen Aufsaͤzen uͤber „Eisen und Stahl“ im technical
Repository. (Vergl. polytechn. Journal B.
IX. S. 93. B. XII. S. 364.)
sorgfaͤltig beobachtete, so wie die gleichfalls daselbst angegebene
verbesserte und kuͤrzere Methode des Anlassens, und hierauf nothwendigen
Planirens und Verdichtens des Stahles nach dem Erkalten desselben. Der Stahl wurde
nicht, wie gewoͤhnlich, im offenen Schmiedefeuer, sondern in einem, an dem
einen Ende geschlossenen, Flintenlaufe, der horizontal in's Feuer gelegt wurde,
gehizt. Nachdem der Stahl rautenfoͤrmig zugefeilt, und dann
sorgfaͤltig gehoͤrig gehizt ward, wurde er endlich im Wasser
geloͤscht, und in einem Metallbade uͤber Holzkohlen-Feuer
sorgfaͤltig strohgelb temperirt.
Nie werde ich das Vergnuͤgen vergessen, welches mein sel. Freund Warren empfand, als er, nachdem er den Grabstichel in die
ihm gewoͤhnliche Form und Groͤße zugeschliffen, und auf dem Oehlsteine
sorgfaͤltig an den Kanten und an der Spize zur hoͤchsten Feinheit
abgezogen hatte, anfing denselben auf der Kupferplatte zu versuchen, anfangs bloß in
leichten, feinen und geraden Linien, dann in krummen, endlich in gekreuzten Linien,
bis er, immer mehr und mehr Vertrauen auf die Guͤte desselben gewinnend,
zulezt tiefe Einschnitte wagte. Alles dieß hielt der Grabstichel aus, ohne daß seine
Spize im Mindesten gelitten haͤtte. Er schnitt Kupfer wie Kaͤse, wie
einer meiner Freunde zu sagen pflegt, wenn er einen Grabstichel findet, der nach
seinem Sinne ist.
Dieses Gelingen des ersten Versuches veranlaßte mich, einige der besten chirurgischen
Instrumenten-Macher und Messerschmide Londons in meinen Dienst zu nehmen, und
ich hatte das Vergnuͤgen, die ersten Kuͤnstler der Hauptstadt mit meinen verbesserten
Grabsticheln und anderen Instrumenten mehrere Jahre lang zu versehen.
Ich muß hier nur noch bemerken, daß ich gluͤklicher Weise bei meinen Arbeiten
in Besiz einer bedeutenden Menge des beruͤhmten Huntsman's Gußstahl (Huntsman's
cast-steel) gelangte, der, weil er nicht die
gewoͤhnliche Form hatte, seit vielen Jahren in den Haͤnden eines der
Verleger Huntsman's zu London liegen geblieben ist. Ich
wuͤnschte herzlich, ich koͤnnte die Guͤte des heute zu Tage bei
uns fabricirten Gußstahles eben so sehr preisen; allein, ungluͤklicher Weise
kann ich es nicht; sey es nun, daß die Seltenheit des echten
schwedischen Stahl-Eisens in unserer Insel zur Verwendung einer
schlechteren Gattung von Eisen noͤthigt, oder daß aus anderen Ursachen die
Klagen uͤber die geringere Guͤte des englischen Gußstahles gegenwaͤrtig nur zu allgemein, und allerdings
gegruͤndet sind.
Ich hoffe, daß die neue Methode, Gußstahl zu verfertigen, auf welche Thompson sich ein Patent ertheilen ließ (das ich so eben
mitgetheilt habe), ein Mittel an die Hand geben wird, die geringere Guͤte
eines Artikels wieder zu erhoͤhen, mit welchem wir, bis auf die lezteren
Zeiten, den Alleinhandel von unserem Lande aus getrieben haben: denn sonst werden
unsere Nachbarn auf dem festen Lande uns bald in Verfertigung von
Gußstahl-Artikeln uͤberhaupt, und vorzuͤglich in Grabsticheln,
uͤbertreffen, indem es ein eitles Bestreben seyn wuͤrde, gute
Stahlwaaren aus schlechtem Stahle verfertigen zu
wollen.
Ich hatte anfangs immer die Gewohnheit, meine Grab-Stichel an den Kanten und
an der Spize vollkommen zuzuwezen, und ihre Guͤte, nach Art des Hrn. Waaren, auf einer Kupfertafel zu pruͤfen; ich fand
aber bald, daß diese Probe uͤberfluͤßig war, da, bei der Genauigkeit
meines Verfahrens, und bei der Guͤte meines Gußstahles, kaum ein merklicher
Unterschied zwischen denselben zu finden war.
Es ist vielleicht nuͤzlich, hier zu bemerken, daß die Grab-Stichel,
noch rothgluͤhend, nach Maßstaͤben geschmiedet wurden, die sie dik genug ließen, um,
nach dem Anlassen, sie unter dem Hammer ausbreiten, und, nachdem sie vollkommen kalt
geworden sind, zu einer nach anderen Maßstaͤben bestimmten Dike so austreiben
zu koͤnnen, daß sie durch die Feile die oben angebene rautenfoͤrmige
Gestalt erhielten.
Diese feine und langweilige Bearbeitung der Grabstichel mußte dieselben nothwendig
bedeutend theurer machen, als die auf die gewoͤhnliche Weise bearbeiteten:
dieß ist indessen fuͤr einen Kuͤnstler, der der Spize seines
Grabstichels fuͤr immer sicher seyn kann, eine Kleinigkeit, fuͤr
welche er durch die Zartheit und Leichtigkeit, mit welcher er seine Werke vollenden
kann, mehr dann reichlich entschaͤdigt ist. Ich wuͤnschte, daß auch
ich sagen koͤnnte, daß ich durch diesen hoͤheren Preis fuͤr die
Muͤhe und Auslagen, die ich auf Verfertigung dieser besseren Grabstichel
verwendete, entschaͤdigt worden waͤre. Dieß war aber nicht der Fall;
ich gewann nicht ein Mahl so viel dabei, als die gemeinen Griffel-Fabrikanten
bei ihrem gewoͤhnlichen Verfahren.
Fig. 14.
zeigt das Parallelogram mit der darin befindlichen Raute, und wie die stachen und
gehaͤmmerten Seiten die Kanten bilden, in welche der Grabstichel ausgefeilt
ist. Fig. 15.
stellt ein Vierek mit einem verkehrten Viereke in demselben vor, wenn auf
aͤhnliche Weise ein vierekiger Grabstichel daraus gefeilt werden soll.
Ueber Verfertigung verbesserter Aeznadeln und Punctirnadeln
oder sogenannter trokner Spizen (dry points)
fuͤr Kupferstecher.
Sie werden vierekig und schmal zulaufend geschmiedet, und, nachdem man sie auf die
verbesserte Methode angelassen hat, wieder durch kaltes Haͤmmern verdichtet.
Dann werden sie kegelfoͤrmig zugefeilt, und zulezt gehaͤrtet und so
temperirt, wie die Grabstichel.
Ueber einen verbesserten Griff an Aez- und
Punctir-Nadeln.
Die Kupferstecher haben es gern, wenn sie ihren Griff an den Nadeln, nachdem sie sich
ein Mahl an denselben gewoͤhnt haben, immer beibehalten koͤnnen; und doch
wuͤnschen sie, zugleich die Nadeln selbst nach Belieben wechseln zu
koͤnnen. Um diese Wuͤnsche zu vereinigen, hat Hr. Wilh. Beauchamp, Instrumenten-Macher fuͤr
Stok- und Taschen-Uhrmacher, in Grafton-Street, Soho, einen
neuen Griff mit einer schiklichen Vorrichtung vorgeschlagen, durch welche die Nadeln
in demselben festgehalten werden koͤnnen.
Fig. 16.
stellt den unteren Theil des verbesserten Griffes dar, mit der Aeznadel in
demselben. Fig.
17. zeigt die Nadel so zugerichtet, daß sie in denselben paßt. In dem
Stahl-Stiefel ist in der Mitte ein walzenfoͤrmiges Loch der
Laͤnge nach eingebohrt, wie die punctirten Linien in Fig. 16. zeigen, und ein
anderes rundes Loch quer durch denselben, etwas uͤber dem Ende des vorigen.
Von dem unteren Theile des obersten Loches bis zu dem Ende des unteren ist, wie Fig. 16.
zeigt, eine Furche eingefeilt. Der Stamm der Aeznadel ist cylindrisch, damit er in
das Loch des Stiefels genau paßt. Zu jeder Seite des oberen Endes desselben ist eine
Schulter weggefeilt, so daß in der Mitte eine flache Zunge uͤbrig bleibt, die
in den Ausschnitt des Stiefels paßt, und die Nadel hindert sich in demselben zu
drehen. Es wird gut seyn, wenn man die Zunge unten etwas diker laͤßt, als
oben, so daß sie keilfoͤrmig zulaͤuft: dadurch wird sie fester im
Stiefel gehalten werden.
Man wird bemerken, daß das Ende der Zunge etwas in das Querloch im Stiefel hinein
vorsteht. Dieß dient dazu, daß, wenn man irgend einen spizigen Koͤrper, z.B.
eine andere Nadel, in denselben hinein bringt, man die Nadel damit aus dem Stiefel
Hinaustreiben kann.
Hr. Beauchamp verfertigt auf eine aͤhnliche Weise
auch Griffe fuͤr die feinen Instrumente der Zahnaͤrzte, ihre Bohrer
etc., und ich erinnere mich vor mehreren Jahren einen Bohre Stok bei Hrn. Mandsley
auf aͤhnliche Weise vorgerichtet gesehen zu haben.