Titel: | Samuel Hall's verbesserte Dampfmaschine, worauf derselbe am 8. April 1824. sich ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 17, Jahrgang 1825, Nr. XXXIV., S. 152 |
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XXXIV.
Samuel Hall's verbesserte Dampfmaschine, worauf
derselbe am 8. April 1824. sich ein Patent
ertheilen ließ.
Aus dem Repertory of Arts, Manufactures and
Agriculture. Mai. 1824. S. 335.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Hall's verbesserte Dampfmaschine.
Der Zwek dieser Verbesserung ist Verminderung des
gegenwaͤrtig bei den Dampfmaschinen nothwendigen Materiales, und hierdurch
erzeugte Ersparung.
Dieser Zwek wird hier dadurch erreicht, daß der Dampf bei seinem Durchgange aus dem
Kessel unter einem hoͤheren Druke, als jener der Atmosphaͤre, mehr
oder minder vollkommen zersezt wird. Die auf diese Weise erzeugten Gasarten oder
elastischen Fluͤßigkeiten nehmen, unter einem gegebenen Druke und bei einer
gegebenen Temperatur, einen groͤßeren Raum ein als der Dampf, aus welchem sie
erzeugt werden; und, da sie meistens bleibend elastische Fluͤßigkeiten sind,
so gewaͤhren sie nebenher noch den Vortheil, daß sich man ihrer,
noͤthigen Falles, bei einer Temperatur bedienen kann, die nicht hoͤher
ist, als die der Atmosphaͤre.
Der Apparat zu dieser Verbesserung ist folgender:
RRRR, Tab. VI. Fig. 1, 2, 3, 4. ist ein hohler Cylinder
oder ein Gefaͤß aus Gußeisen oder irgend einem anderen schiklichen Materiale:
diesen Cylinder nenne ich den Ofen. Waͤhrend er in
Thaͤtigkeit ist, steht er senkrecht, und ist an seinem untersten Ende
luftdicht, und so durch eine Platte, V, Fig. 2, 3, 4. geschlossen, daß nur
die unten zu beschreibenden Muͤndungen frei bleiben: zwei derselben, eine
naͤmlich oben, die andere unten, Y und Z, Fig. 4. werden durch große
Sperr-Haͤhne abgesperrt, wie, IC und
Ib, in Fig. 2, 3, 4. oder durch Klappen, oder auf irgend
eine andere Weise, so daß das Gefaͤß, RRRR,
nach Belieben geoͤffnet oder luftdicht geschlossen werden kann. Dieses
Gefaͤß muß das Brenn-Material aufnehmen, welches durch den oberen
Sperrhahn, Ib, Fig. 2, 3, 4, in denselben gelangt,
und auf einem Roste von der Form eines doppelten Trichters ruht, welchen L, in Fig. 4. im Durchschnitte
darstellt: herausgenommen und im Perspective zeigt ihn Fig. 5. Der untere
Sperrhahn, IC, in Fig. 2, 3 und 4, dient zur Entfernung
der Asche und Klinker, und darf nur zu diesem Zweke geoͤffnet werden. Eine
andere Oeffnung, O, Fig. 2, 3 und 4, steht durch die
Roͤhren, NN und M, Fig.
1, 2
und 3, mit
einem Blasebalge oder mit einem anderen Geblaͤse in Verbindung, wodurch ein
starker Strom atmosphaͤrischer Luft durch das in dem inneren Raume, H, des Ofens, Fig. 4. in Feuer stehende
Brenn-Material durchgelassen wird, solang der obere Sperrhahn, Ib, offen steht: der Luftzug kann jedes Mahl durch
den Hahn, e, in der Roͤhre, N, abgesperrt werden, Fig. 1, 2, 3 und 4.
Dieser Cylinder oder Ofen ist außen von einem anderen Cylinder aus Gußeisen, oder aus
irgend einem anderen hinlaͤnglich starken Material, umgeben: diesen
aͤußeren Cylinder, wie er in Fig. 4. an, DD, im Durchschnitte dargestellt ist, nenne ich
den Kessel. Er laͤßt naͤmlich den Raum, GG, rings um den Ofen uͤbrig, und dieser
Raum muß mit Wasser beinahe ausgefuͤllt werden: dieses Wasser wird in Dampf
verwandelt, und daher muß der Kessel an allen seinen Verbindungen vollkommen
luftdicht seyn. Ein starkes Dampfrohr, K, Fig. 1, 2, 3, 4. mit einem
Sperrhahne, wie bei, d, steht mit dem oberen Theile des
Kessels in Verbindung, dem Raume, G, in Fig. 4. steigt herab, und
oͤffnet sich in das untere Ende des Ofen-Cylinders bei, X, ungefaͤhr um die Mitte des
trichterfoͤrmigen Rostes, so daß, wenn man den Hahn oder die Klappe, d, oͤffnet, der Dampf, der in dem Kessel, dem
Raume, G, sich befindet, durch das in dem Raume, H, befindliche Feuer zieht, und groͤßten Theils
in bleibend elastische Gasarten zersezt wird, die, mit einigen noch unzersezten Dampfe, durch die
Oeffnung, w, in den oberen Theil des Ofens steigen. An
der Oeffnung, w, ist eine Roͤhre, P, Fig. 1, 3 und 4. angebracht, welche die
bleibend elastischen Gasarten und den Dampf in den luftdichten
Dampfbehaͤlter, Q, leiten, Fig. 1–3, welcher mit
einer Sicherheits-Klappe, g, versehen seyn muß,
und aus diesem Behaͤlter gelangen sie mittelst einer Klappe, oder einem
Hahne, R'', an die Stelle, wo sie den
gewoͤhnlichen Staͤmpel des Dampfcylinders treiben, oder werden auf
irgend eine andere Weise so benuͤzt, daß sie an der Dampfmaschine eine
bewegende Kraft hervorbringen koͤnnen. Um den Kessel mit der
gehoͤrigen Menge Wassers zu versehen, und den durch die Verduͤnstung
Statt habenden Abgang zu ersezen, bediene ich mich eines starken Cylinders oder
Gefaͤßes, B, Fig. 1 und 2, welches ich die
Wassercisterne nenne. Dieses Gefaͤß muß vollkommen luftdicht seyn; es
erhaͤlt seinen Zufluß an Wasser durch den Hahn, C''. Aus dem oberen und unteren Theile der Wassercisterne laufen zwei
starke offene Roͤhren, E und F, in horizontaler Richtung, und oͤffnen sich in
den oberen und unteren Theil des Kessels, des Raumes, G,
in Fig. 1 und
4; so daß
das Wasser daselbst immer in gleicher Hoͤhe mit dem Wasser in der Cisterne
steht. Die Wasser-Cisterne, B, wird
noͤthigen Falles bei ihrem Hahne, C'', mittelst
einer Drukpumpe mit Wasser gefuͤllt, und hat eine Sicherheits-Klappe
bei, a. Um der Einfachheit willen ist hier bloß von
Einem Kessel und Ofen-Cylinder die Rede; aus den weiter unten angegebenen
Gruͤnden wird es aber nothwendig, deren wenigstens zwei zu haben, damit sie
abwechselnd wirken koͤnnen, und so eine stete Nachlieferung elastischer
Gasarten und Daͤmpfe unterhalten: indessen ist aber Eine Cisterne und Ein
Gasbehaͤlter hinreichend, um gemeinschaͤftlich fuͤr zwei oder
mehrere Oefen und Kessel zu dienen, und die Fig. 2 und 3. stellen die Einrichtung
dar, welche ich fuͤr zwei derselben vorschlage und empfehle, und die man in
Fig. 1. im
Grundrisse oder Vogel-Perspektive weit deutlicher sieht, wo die verschiedene
Lage der Theile gegen einander klar gezeigt ist: AAAA, ist ein Gestell aus Gußeisen oder eine Grundplatte auf welche der ganze Apparat
aufgesezt ist, und diese Platte steht auf Saͤulen oder Fuͤßen, oder
kann auf irgend eine andere Weise nach Belieben gestuͤzt werden. Bei, S, ist auch eine krumme Roͤhre dargestellt, durch
welche die Wasser-Cisterne mit dem Dampfbehaͤlter gelegentlich, wenn
der Hahn, h, geoͤffnet wird, in Verbindung
gebracht werden kann.
Um den oben beschriebenen Apparat in Thaͤtigkeit zu sezen, fuͤlle ich
zuerst die Cisterne, B, bis beinahe an die
Roͤhren, EE; das Wasser muß aber wenigstens
3 Linien tiefer stehen, als die Oeffnung dieser Roͤhren, so daß es nie in
dieselbe dringen kann; und dieses kann durch die zu solchen Zweken noͤthigen
und allgemein bekannten, Mittel leicht bewerkstelligt werden. Das Wasser fließt
durch die oben erwaͤhnten unteren Seitenroͤhren, FF, in jeden Kessel. Hierauf oͤffne ich
(man muß alle Sperrhaͤhne nach der Fuͤllung der Kessel sich als
geschlossen denken) die oberen weiteren Haͤhne an beiden Oefen, und lasse
durch dieselben rothgluͤhende Cokes, Steinkohlen, oder anderes brennende
Brenn-Material hinein, und oͤffne sodann die Sperrhaͤhne, ee, an den Windroͤhren, wo dann durch die
Blasebaͤlge oder durch irgend ein Geblaͤse ein voller Luftstrom durch
die Oefen faͤhrt (in welche von Zeit zu Zeit das nothwendige Brennmaterial
nachgeschuͤttet wird), bis endlich alles in dem Ofen in voller
Rothgluͤhehize steht, und das Wasser in den Kesseln, welche denselben
umgeben, Dampf von der noͤthigen Elasticitaͤt erzeugt hat, welche die
Klappe, a, oder irgend ein Maßstab fuͤr eine
gewoͤhnliche Dampfmaschine mit hohem Druke, anzeigt, welcher Maßstab an
irgend einem schiklichen Theile des Apparates anzubringen ist. Nur Erfahrung allein
kann die Elasticitaͤt und die Temperatur des Dampfes bestimmen, welche am
vortheilhaftesten ist; es scheint mir aber, daß, je hoͤher die Temperatur
ist, die mit Bequemlichkeit und Sicherheit angebracht werden kann, desto
vortheilhafter es seyn wird.
Waͤhrend dieser Zeit muͤssen die Wasser-Cisterne und der
Dampf-Behaͤlter durch Oeffnung des Hahnes, h, in der Roͤhre, S, Fig. 1 und 3. mit einander in
Verbindung gebracht werden so daß leztere mit Dampf von derselben Temperatur und von
demselben Druke, wie jener in den Kesseln und in der Wassercisterne, gefuͤllt
werden kann. Da nun auf diese Weise Dampf zum Umtriebe der Maschine erzeugt wurde,
so schließe ich den obigen Hahn, h, so, daß diese
besagte Verbindung abgesperrt wird, und sperre den Hahn, Ib, oben an einem der Oefen, und ebenso den Hahn,
e, der Windroͤhre, die in diesen Ofen leitet,
und oͤffne die Haͤhne der Dampfroͤhre, K, und der Roͤhre, P, welche den Ofen
mit dem Dampf-Behaͤlter verbindet. Der Dampf tritt augenbliklich unter
dem Roste, L, in den Ofen ein, und indem er durch das
Feuer aufsteigt, welches sich unter demselben Druke, wie der Dampf befindet, wird er
groͤßtentheils zersezt. Die elastischen Fluͤßigkeiten, welche das
Resultat dieser Zersezung bilden, treten aus dem Ofen in den
Dampf-Behaͤlter, und von da in den Werk-Cylinder der Maschine,
um daselbst Bewegung zu erzeugen. Nach einiger Zeit (deren Dauer in einigem
Verhaͤltnisse mit dem Druke stecht, unter welchem die Maschine arbeitet, so
wie mit der Groͤße des Feuers und der Art des angewendeten Brennmateriales)
wird das Feuer in dem Ofen so sehr abgefuͤhlt und vermindert seyn, daß es den
Dampf nicht mehr kraͤftig zersezen kann, und in diesem Falle muß der Hahn auf
der Dampfroͤhre, K, und auf der Roͤhre,
P, welche in den Dampf-Behaͤlter
leitet, geschlossen, und dafuͤr der Hahn oben an dem Ofen, und nachher auch
der an der Windroͤhre, N, geoͤffnet
werden, wo dann der Ofen, nachdem er noͤthigen Falles wieder frisches
Brennmaterial erhalten hat, wieder mit Luft aus dem Blasebalge oder aus dem
Geblaͤse versehen, und neuerdings heiß genug wird, um den vorigen Proceß
wiederholen zu koͤnnen.
Waͤhrend der Vorbereitung zur Wiederholung der Operation der Zersezung wird
der andere Ofen auf dieselbe Weise in Umtrieb gesezt. Es ist daher offenbar, daß,
wenn der Wind aus einem dieser Oefen abgesperrt wird, er zu dem anderen geleitet
werden muß, so daß das Feuer in diesem lezteren anfaͤngt in
Thaͤtigkeit zu gerathen, waͤhrend es in dem vorigen unter den Wirkungsgrad
abgekuͤhlt wird, wo es dann neue Luft, oder, wenn es verbrannt ist, neues
Nachfuͤllen fordert. Auf diese Weise ist man sicher, immer eine
hinlaͤngliche Menge elastischer Fluͤßigkeiten aus den Oefen zu
erhalten. Aus den oben angegebenen Ursachen lassen sich die Perioden der
abwechselnden Wirkungen dieser Oefen nicht mit Genauigkeit bestimmen, koͤnnen
aber waͤhrend des Gebrauches derselben leicht gesunden werden.
Die Aschen, Schlaken, Klinker lassen sich mittelst eigener Eisenstangen, die man bei
den unteren Haͤhnen der Oefen einfuͤhrt, leicht herausschaffen. Diese
Haͤhne muͤssen hierauf geschlossen werden, und so oft frisches Feuer
noͤthig ist, muß es, auf die oben angeben Weise, durch die oberen
Haͤhne nachgefuͤllt werden.
Dieser Apparat scheint mir zur Erreichung der angegebenen Zweke am
zutraͤglichsten, und ich nehme uͤbrigens alle Apparate, die auf
denselben mechanischen und chemischen Grundsaͤzen beruhen, als mein
ausschließliches Recht in Anspruch.Diese Maschine ist so, wie sie hier beschrieben ist, wenn sie ja wirklich
angewendet werden kann, eine der gefaͤhrlichsten
Dampf-Maschinen, die es gibt. Wenn nun Jemand die Idee, die so, wie
Hr. Hall sie ausfuͤhrte, von keinem Nuzen
ist, auf irgend eine bessere Weise der Welt nuͤzlich machen kann,
soll er hierzu das Recht nicht besizen? Wenn ein Arzt einen Kranken nicht
heilen kann, soll ein anderer nicht das Recht haben, denselben zu heilen?
Auf welche Ungereimtheiten fuͤhrt nicht das unselige
Patent-Wesen! A. d. Ueb.
Bemerkung des Patent-Traͤgers.
Der Zwek dieses Patentes ist Zersezung des Dampfes einer gemeinen Dampfmaschine
waͤhrend seines Ueberganges aus dem Kessel in den Werkcylinder. Die obige
Vorrichtung ist sehr bequem, wo es weder an Raum fehlt, noch irgend eine
Schwierigkeit bei Aufstellung einer hinlaͤnglichen Menge von Kesseln Statt
hat. Seit der Siegelung meines Patentes habe ich unter verschiedenen Umstaͤnden einige
Abaͤnderungen getroffen.
Zuweilen menge ich Metall-Oxide, wie Braunstein, Blei etc. oder andere
sauerstoffhaltige Substanzen mit dem Brennmateriale, um die Verbrennung desselben
bei der Zersezung des Dampfes zu beschleunigen; man erhaͤlt hierdurch den
Vortheil, daß sie zugleich auf den Staͤmpel mitwirken, indem ihr Volumen
durch die erhoͤhte Temperatur vergroͤßert wird.
Hr. Hall erbiethet sich zu Licenzen, und haͤlt
seine Maschine vorzuͤglich fuͤr Dampfbothe und Eisenbahnen sehr
dienlich.