Titel: | Ueber vergoldeten Silberdraht. Aus Dr. Guil. Lewis Commercium philosophico-technicum. |
Fundstelle: | Band 13, Jahrgang 1824, Nr. LXXXXVI. LXXXXV. , S. 460 |
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LXXXXVI.
LXXXXV.
Ueber vergoldeten Silberdraht. Aus Dr. Guil. Lewis
Commercium philosophico-technicum.
In Th. Gill's Repertory of Arts. November
1823. S. 306. December. S. 364.
Ueber vergoldeten Silberdraht.
Es gibt nur sehr wenigen reinen Gold-Draht, und dieser
wird vorzuͤglich zum Filigran gebraucht. Der Draht, den man
gewoͤhnlich Gold-Draht nennt, ist Silber und bloß uͤbergoldet.
Eine ungefaͤhr einen Zoll dike, zwei Fuß lange, und ungefaͤhr zwanzig
Pfund schwere Silberstange wird mit Gold uͤberlegt und dann zu Draht gezogen,
indem man dieselbe nach und nach durch eine Menge von Loͤchern zieht, die in
regelmaͤßiger Abstufung unmerklich abnehmen.
Das zu diesem Zweke angewendete Gold muß durchaus so rein als moͤglich seyn;
denn hiervon haͤngt vorzuͤglich die Schoͤnheit und
Dauerhaftigkeit der Spizen, Borten, Brocade und anderer daraus verfertigten
Kunstarbeiten ab. Ungluͤklicher Weise hat aber hier noch mehr Mißbrauch
Statt, als bei den Gold-Blaͤttchen, indem die Dehnbarkeit des Goldes
in dieser Form durch Legirung noch weniger leidet. Die geruͤhmten
Vorzuͤge der franzoͤsischen Goldtressen vor den meisten englischen,
die man irrig verschiedenen Ursachen zugeschrieben hat, scheint einzig und allein in
der verschiedenen Feinheit des Goldes zu liegen: unsere Arbeiter bekamen in neueren
Zeiten feineres Gold unter die Haͤnde, als fruͤher, und ihre Werke
galten dann nicht fuͤr schlechter, als die franzoͤsischen: denn man
kann nicht zweifeln, daß der englische Kuͤnstler, dem es doch wahrlich nicht
an Geschiklichkeit fehlt, mit gleich guten oder besseren Materialien gleich gute
oder bessere Arbeiten zu liefern im Stande seyn wird. Es ist daher noͤthig,
das Gold hierzu nicht bloß in dem reinsten Zustande, in welchem man dasselbe auf die
gewoͤhnliche Weise erhalten kann, sondern, wo moͤglich, in einem noch
reineren anzuwenden.
Was das Silber betrifft, welches das Innere des Drahtes bildet, so ist die Feinheit
desselben von minderer Wichtigkeit. Erfahrne Arbeiter haben mich belehrt, daß es gut ist, wenn
es etwas mit Kupfer, wodurch es die gehoͤrige Haͤrte bekommt, legirt
ist, indem feines Silber, wenn es im Feuer angelassen wird, so weich wird, daß es
den Gold-Ueberzug beinahe in sich einsinken laͤßt. Man sagt, daß das
franzoͤsische zur Vergoldung bestimmte Silber mit 5–6 Penny =
WeightEin Penny-Weight ist 24 Gran Troy-Gewicht. A. d. Ueb., und das unsrige mit 12 Penny-Weight Kupfer im Pfunde
Troy-Gewicht legirt ist. Einige glaubten, daß man das zu starke Weichwerden
des Silbers dadurch vermeiden koͤnnte, daß man weniger Hize anwendete und daß
feines Silber, insofern es eine glaͤttere Oberflaͤche annimmt, als das
legirte, den goldenen Ueberzug mehr spielen laͤßt. Ich kann hieruͤber
nicht entscheiden.
Das Gold wird in diken, absichtlich fuͤr den Golddrahtzug bereiteten
Blaͤttchen auf die Silberstange aufgelegt und mit dem Polier-Stahle
stach gedruͤkt: je diker die Vergoldung ausfallen soll, desto mehrere nimmt
man. Als leichteste Vergoldung gestattet die Parliaments-Acte 100 Gran Gold
auf ein Pf. oder 5760 Gran Silber. Die staͤrkste Doppel-Vergoldung
ist, wie Dr. Halley von den Drahtziehern hoͤrte,
120 Gran Gold auf das Pfund: man sagte mir aber, daß man in neueren Zeiten mehr Gold
dazu nimmt.
Die erste Arbeit bei dem Drahtzuge sowohl als die Zurichtung und Vergoldung der
Silber-Stange wird von dem Raffineur vorgenommen, der sich harter
Stahl-Platten mit aufgeschweißtem weichen Eisen auf dem Ruͤken
derselben bedient, um dem Brechen des Stahles vorzubeugen. An diesem Hintertheile
sind die Loͤcher viel weiter, als die correspondirenden Loͤcher in dem
Stahle, und von kegelfoͤrmiger Form, theils damit die Stange an dem
aͤußeren Rande sich nicht krazt, theils damit man Wachs einlegen kann, um die
Stange leichter durchgehen zu machen, und das Abreiben des Goldes zu Kindern.
Nachdem die Platte gehoͤrig befestigt ist, wird ein Ende der Stange, das
etwas verduͤnnt wurde, durch jenes Loch gestekt, in welches dasselbe gerade
paßt, und mit einer starken Zange gepakt, deren Faͤnge beinahe wie eine Feile
gezaͤhnelt sind, damit die Stange bei dem starken Zuge, welcher nothwendig
wird, nicht ausglitscht. Die Arme sind aufwaͤrts gebogen, und ein ovaler Ring
umfaßt diese Kruͤmmungen, so daß dieselbe Kraft, die die Stange zieht,
zugleich die Faͤnge zusammenhaͤlt. An diesem Ringe ist ein Seil
befestigt, das mir seinem anderen Ende um eine senkrecht stehende Winde
laͤuft, die von mehreren Maͤnnern gedreht wird. Die auf diese Weise
gezogene Stange wird gehoͤrig angelassen, dann auf dieselbe Art durch das
naͤchste Loch gezogen, und das Anlassen und Ziehen wiederholt: lezteres mit
immer geringerer Gewalt, je duͤnner die Stange wird. Wenn diese endlich so
duͤnn, wie ein Federkiel geworden ist, wird sie dem Drahtzieher aufgerollt
uͤbergeben.
Das weitere Verfahren fordert Platten von anderer Beschaffenheit, indem die
staͤhlernen Platten, sie moͤgen hart oder weich seyn, nun den Draht
wezen oder die Oberflaͤche desselben hakerig machen und das Gold abstreifen
wuͤrden. Die jezt zur Arbeit noͤthigen Platten kommen aus Lyon in
Frankreich, und werden hier gebohrt.Waͤhrend des lezten Krieges wurden indessen viele solche Platten in
Großbritannien verfertigt und fuͤr Lyoner-Platten verkauft,
ohne daß die Arbeiter den mindesten Unterschied hierbei wahrgenommen
haͤtten. Gill. (In Wien und Augsburg
werden diese Platten von vorzuͤglicher Guͤte gefertigt und
fuͤr jedes Beduͤrfniß gebohrt geliefert. D.) Sie werden aus einer Metall-Composition verfertigt, die man geheim
haͤlt, deren Hauptbestandtheil jedoch offenbar Eisen ist: ich habe
angefangen, diese Composition zu untersuchen, und werde die Resultate meiner
Erfahrung in einem kuͤnftigen Bande dieses Werkes mittheilen.Wir bedauern unendlich, daß der gelehrte Verfasser nicht Aufmunterung genug
gefunden hat, sein Werk fortzusezen. Wir besizen indessen einige Notizen
uͤber die Lyoner-Platten, die wir spaͤter unseren
Lesern mittheilen werden. Gill. Es gibt zweierlei Arten dieser Platten: die einen sind von bedeutender Dike,
solang der Draht selbst noch etwas dik ist; die anderen, fuͤr den feineren
Draht, sind nur ungefaͤhr halb so dik, indem es hier weniger Kraft bei dem
Ziehen bedarf. Das Metall selbst biethet noch in seinen Eigenschaften bedeutende
Verschiedenheiten dar, die sich weder durch das Auge noch sonst durch etwas, ausser durch
wiederholte Versuche, unterscheiden lassen: die dikeren Platten werden, wo sie gut
befunden wurden, sehr theuer bezahlt. Die Lyoner-Platten, obschon sie
sproͤde sind, sind noch zaͤhe genug um die Loͤcher in denselben
mittelst einiger Hammerschlaͤge weiter und enger schlagen zu lassen, so daß,
wenn die Loͤcher an einigen derselben durch das Durchziehen gewisser
Laͤngen von Draht zu weit geworden sind, sie dadurch wieder auf die
gehoͤrige, zur Unterhaltung der Abstufung noͤthige Weite
zuruͤkgebracht werden koͤnnen. Die Loͤcher werden, nach jedem
Aufschlagen derselben, mit einem langen duͤnnen Instrumente aus feinem Stahle
geoͤffnet, das man den Griffel (point) nennt: ein
Ende desselben, ungefaͤhr 5 Zoll lang, ist vierekig, und dient als Handgriff;
das andere zwei Mahl so lange ist rundlich und laͤuft verduͤnnt in
eine feine Spize zu. Die ersten Loͤcher werden am fruͤhesten zu weit,
und so sehr ausgerieben, daß sie sich nicht mehr gehoͤrig verengern lassen,
und dann muͤssen die zweiten, die indessen gleichfalls weiter geworden sind,
die Stelle derselben vertreten, und werden nach und nach wieder durch die auf sie
folgenden ersezt: und so biethet jede Platte, insofern sie mit mehr kleinen
Loͤchern versehen ist, als urspruͤnglich noͤthig waren, immer
eine in ununterbrochener Reihe fortlaufende Abstufung von Lochern dar, nachdem die
groͤßeren Loͤcher unbrauchbar geworden sind. Es erfordert viele
Geschiklichkeit von Seite des Arbeiters, das Loch dem Drahte gehoͤrig
anzupassen, damit der Draht nicht zu leicht durchlaͤuft, und daher an der
gehoͤrigen Ausdehnung verliert, und damit er auch nicht zu schwer durchgeht,
und im Ziehen abbricht. Um dieß mit groͤßerer Sicherheit bestimmen zu
koͤnnen, als durch den bloßen Widerstand des Drahtes nicht moͤglich
ist, bedient der Arbeiter sich einer Messing-Platte, die er die Form (the size) nennt, an
welcher er mittelst Einschnitten, die an einem Ende, wie Grade angebracht sind, die
Zunahme an Laͤnge bestimmt, welche eine gewisse Laͤnge Drahtes zu
erreichen hat, wenn sie durch ein neues Loch gezogen wird: strekt sich der Draht bei
seinem Durchgange durch das Lock zu wenig oder zu viel, so muß das Loch hiernach
erweitert oder verengert werden. So wie man mit diesem Instrumente die Ausdehnung
bestimmt, so besizt man andere zur Bemessung des Grades der Feinheit des Drahtes selbst:
Einschnitte von verschiedener Breite in diken polirten staͤhlernen Ringen
dienen hier als Eichmaß.
Der Drahtzieher beginnt seine Arbeit damit, daß er den von dem Raffineur erhaltenen
Draht anlaͤßt. Dieß geschieht dadurch, daß er denselben in einer
walzenfoͤrmigen, ungefaͤhr 6 Zoll tiefen Hoͤhlung, die man die
Grube (pit) nennt, und die absichtlich in dieser
Hinsicht unter einem Schornsteine angebracht ist, aufgerollt auf einige
angezuͤndete Holzkohlen legt, und mehrere brennende Holzkohlen in dieselbe
hineinwirft. Da die Grube unten keine Oeffnung hat, um der Luft Zutritt zu
gestatten, so brennen die Kohlen nur sehr schwach und geben nur so viel Hize, daß
das Metall rothgluͤhend wird, ohne daß es in Gefahr geriethe zu schmelzen.
Man stoͤßt nun das Metall in Wasser um es schneller abzukuͤhlen,
obschon es ohne allen Zweifel noch weicher werden wuͤrde, wenn man es
allmaͤhlich von selbst erkalten ließe. Man bringt sodann ein Ende desselben
durch das erste Loch der diken Platte, und befestigt dasselbe an einem aufrecht
stehenden hoͤlzernen Cylinder, welcher ungefaͤhr 6–8 Zoll im
Durchmesser hat. Oben an dem Cylinder sind zwei Buͤgel befestigt, durch
welche der lange Hebelarm durchgeschoben wird, mit welchem der Cylinder von mehreren
Maͤnnern um seine Achse gedreht wird. Waͤhrend der Fortsezung dieser
Arbeit, die man das Streken (degrossir) nennt, wird der Draht haͤufig nach jedem Durchgange
durch ein Loch oder durch das zweite Loch angelassen und im Wasser geloͤscht,
bis er so duͤnn, wie das duͤnnere Ende einer koͤlnischen
Tobakpfeife geworden ist. In diesem Zustande wird er fuͤr den
Fein-Drahtzieher in Stuͤke geschnitten.
Bei dem feinen Drahtzuge ist das Anlassen nicht mehr noͤthig, es ist aber noch
immer nothwendig bei jedem Loche, wie vorher, den Draht mit Wachs zu versehen. Da
man nun viel weniger Kraft braucht, den Draht durch die Platte zu ziehen, so ist ein
anderes Instrument nothwendig. Man bringt eine Art von Rad oder ein
kreisfoͤrmiges Stuͤk Holz, das einen viel groͤßeren Durchmesser
hat, als der vorige Cylinder, horizontal an. An seiner oberen Oberflaͤche
befinden sich, in verschiedener Entfernung von der Achse mehrere kleine
Loͤcher und in das eine oder in das andere dieser Loͤcher, je nachdem
mehr oder minder Gewalt noͤthig ist, wird die Spize eines aufrechten Griffes
eingesenkt, dessen
oberes Ende in einem Loche eines Querholzes angebracht ist. Von diesem wird der
Draht auf einen kleinen Cylinder, den man das Raͤdchen (rotchet) nennt, auf der
Spindel eines Spinnrades aufgewunden, und, da dieser lezte Cylinder auf seiner Achse
hinter der Platte befestigt ist, wird der Draht wieder auf ersteres aufgezogen,
u.s.f. bis er die gehoͤrige Feinheit erlangt hat, wo er dann angelassen und
fuͤr die Plattmuͤhle hergerichtet wird. Dieses Anlassen geschieht auf
eine andere Art, als vorher und mit weit geringerer Hize; denn, wenn der Draht jezt
roth gegluͤht wuͤrde, so wuͤrde er seinen Goldglanz verlieren
und schwarz, blaͤulich oder weiß werden, wie ich es oft an verschiedenen
Stuͤken versuchte. Der Draht wird, in dieser Absicht, auf große hohle,
kupferne Spulen aufgewunden, welche senkrecht aufgestellt und mit einigen
angezuͤndeten Holz- oder Klein-Kohlen umgeben werden. Man
bringt die Kohlen allmaͤhlich der Spule naͤher und naͤher, und
gibt einige Klein-Kohlen in die Spulen selbst hinein, sorgfaͤltig den
Draht beachtend, damit, sobald er die gehoͤrige Farbe zeigt, man denselben
alsogleich aus dem Feuer nehmen kann. Diese Operation erfordert sehr viele
Genauigkeit und wird großen Theils von dem Meister selbst verrichtet. Obschon der
Draht auf diese Weise noch genug von jener Schnellkraft, welche er durch das Ziehen
erhielt, beibehaͤlt und bei weiten nicht so weich wird, als er es durch
groͤßere Hize werden koͤnnte, wird er dadurch doch hinlaͤnglich
weich, um unter der Platt-Muͤhle gehoͤrig nachzugeben.
Die Plattmuͤhle besteht aus zwei Walzen, welche auf einer Drehebank
gehoͤrig abgerundet, ausgezeichnet gut polirt und mit ihren Achsen parallel
uͤber einander gestellt werden. Man kann sie mittelst Schrauben so nahe an
einander bringen, daß sie mit ihrem Umfange sich beinahe einander beruͤhren,
und beide zugleich mittelst einer Kurbel drehen. Die unterste Walze hat
ungefaͤhr zehn Zoll im Durchmesser, die obere gewoͤhnlich kaum mehr
als zwei, obschon ewige dieselbe groͤßer machen; es wuͤrde in der That
bequemer seyn, wenn sie so groß, oder beinahe so groß als die untere waͤre.
Ihre Breite oder Dike ist ungefaͤhr fuͤnf Viertel-Zoll. Der
Draht wird nun von der Spule abgewunden und laͤuft zuerst durch die
Blaͤtter eines alten Buches, welches durch ein kleines Gewicht geschlossen
erhalten und wodurch der Draht etwas gespannt wird. Hierauf geht er durch einen
engen Spalt in einem aufrechten Stuͤke Holzes, das man das Schiff (Ketes) nennt, woran
man erkennt, ob er Knoten oder Verdoppelungen hat. Von hieraus wird er durch ein
kleines kegelfoͤrmiges Loch in einem Stuͤke Eisen, das man den Leiter nennt, auf irgend eine besondere Stelle der Walze
hingeleitet, so daß, wenn irgend eine Unvollkommenheit oder Unebenheit auf der
Oberflaͤche derselben, oder auch nur Schmuz, weil bereits viel Draht
daruͤber gelaufen ist, sich zeigte, der Draht auf eine andere Stelle, und
zwar im lezteren Falle so lang geleitet werden kann, bis die ganze Walze schmuzig
geworden ist, und sodann gepuzt und mit dem sogenannten Putty (welches man aus
calcinirtem Zinne und Blei bereitet) frisch polirt werden muß. Die Arbeiter
schaͤzen die Walzen nach der Zahl der Drahte, welche dieselben aufzunehmen
vermoͤgen, d.i., nach der Zahl der Plaͤze, auf welche man den Draht
abwechselnd hinleiten kann. Gute Walzen nehmen vierzig Drahte auf. Der zwischen den
Walzen geplaͤttete Draht wird wieder, nachdem er durch dieselben gelaufen
ist, auf einer Spule aufgewunden, welche von einem Rade gedreht wird, das an der
Achse einer dieser Walzen befestigt und so eingerichtet ist, daß die Bewegung der
Spule genau gleichen Gang mit der Walze haͤlt.
Man hat die Walzen sowohl als die Ziehplatten oft aus Frankreich kommen lassen und
gedacht, daß der Draht durch die franzoͤsischen Walzen mehr Schoͤnheit
und Glanz bekommt, obschon es nicht scheint, daß die franzoͤsischen Walzen
irgend einen bleibenden Vorzug vor den englischen besizen, oder daß der Glanz, den
die Waare dadurch bekommt, ein bedeutender Vortheil waͤre; denn er vergeht
nur zu schnell. Der wichtigste Punct bei Bereitung dieser Walzen ist der, daß sie
jene vollkommen gerechte und gleiche Oberflaͤche erhalten, welche das
Plaͤtten eines so feinen Drahtes fordert. Die Walzen sind innenwendig Eisen
und eine Platte aus feinem Stahle ist um dieselbe umgeschlagen und darauf
aufgeschweißt. Wo die beiden Enden der Stahlplatte an einander stoßen findet sich
gewoͤhnlich irgend eine Unvollkommenheit: gewoͤhnlich sieht man die
Verbindung quer
uͤber die Oberflaͤche der Walze hinlaufen. Bei sehr breiten Walzen
haben einige sinnreiche Kuͤnstler den aus dieser Ursache entstehenden
Maͤngeln dadurch abgeholfen, daß sie, statt einer breiten Platte, sich einer
langen, schmalen Stange Stahles bedienten, und diese mehrere Mahle um die Walze
wanden, damit die kleinen Ungleichheiten in Haͤrte und Dichtigkeit, die aus
der Vereinigungs-Linie entstehen, nach der Richtung des Drahtes kommen, der
durch die Walzen durchlaͤuft, und nicht quer uͤber dieselbe hinziehen.
Bei schmalen Walzen zum Draht-Plaͤtten wuͤrde diese Vorrichtung
sehr vielen Schwierigkeiten unterliegen; derselbe Zwek ließe sich aber dadurch
vielleicht noch kraͤftiger erreichen, wenn man den Stah statt in Form einer
geraden Stange, in Form eines Ringes goͤße, der einen etwas kleineren
Durchmesser hat, als die Walze, zu welcher er bestimmt ist; dann diesen Ring auf dem
Schnabel des Ambosses und auf der Flaͤche desselben abwechselnd
aushaͤmmerte, um allen seinen Theilen die noͤthige Form und die
gehoͤrige Ausdehnung zu geben; hierauf denselben in einen Model
braͤchte, die Achse in der gehoͤrigen Lage befestigte, und in den
Mittelraum Gußeisen einlaufen ließe, welches, da es bei dem Sezen oder Erkalten
bekanntlich sich ausdehnt, uͤberall die Hoͤhlung genau
ausfuͤllen, und sich unbeweglich festsezen wuͤrde sowohl am Ringe als
an der Achse.
Ausdehnbarkeit des Goldes sowohl am Drahte als in
Blaͤttchen.
Die ungeheuere Ausdehnung, zu welcher das Gold in obigen Operationen ausgestrekt
werden kann, hat mehrere Individuen veranlaßt, Versuche anzustellen, um den Grad
derselben durch Maß und Gewicht mit Genauigkeit zu bestimmen. In einem Versuche Réaumur's wogen 42 3/10 Zoll Goldes in
Blaͤttchen einen Gran Troy-Gewicht, und Hr. Boyle fand, daß 50 7/10 nur einen Gran wogen. Da ein Kubikzoll Gold 4902
Gran wiegt, so betrug die Dike des Goldblaͤttchens bei dem Einen Ein
207,355tel, bei dem Anderen nur Ein 248,532tel Eines Zolles.
Dr. Halley fand, daß 6 Fuß eines außerordentlich feinen
Goldbrahtes nur Einen Gran wogen. Hr. de Réaumur
laͤßt noch vier Zoll mehr auf dieses Gewicht gehen, und man sagt, daß Hr. Boyle, wenn anders kein Rechnungs-Fehler
unterlaufen ist, noch feineren Golddraht besessen haben soll, als der so eben
angefuͤhrte gewesen ist. Nimmt man an, daß 6 Fuß einen Gran wiegen, und
rechnet man nach dem Verhaͤltnisse, in welchem das Gold gewoͤhnlich
von unseren Drahtziehern zu ihrem Drahte genommen wird, so wird die Laͤnge,
in welcher ein Gran Goldes sich auf dem Drahte ausdehnen laͤßt, beinahe 352
Fuß.
Durch das Plaͤtten wird der Draht, nach Hrn. de Réaumur, noch um ein Siebentel der Laͤnge nach ausgedehnt,
und um 1/96 breiter: bei einigen Versuchen, die ich von Draht-Ziehern
unternehmen sah, ist die Ausdehnung in die Laͤnge geringer, in die Breite
aber um so viel groͤßer, so daß die Quadratflaͤche wenigstens der
Angabe von Réaumur gleich kommt. Es wird also ein
Gran Gold in dem geplaͤtteten Drahte zur Laͤnge von ungefaͤhr
401 Fuß ausgedehnt; zur Oberflaͤche von ungefaͤhr 100 Zoll und zu
einer Duͤnne von einem 492,090tel Zoll.
Hr. de Réaumur schaͤzt die Ausdehnbarkeit
des Goldes noch hoͤher. Er sagt, daß der Draht vergoldet bleibt, wenn nur ein
Theil Gold auf 360 Theile Silber genommen wird, daß der Draht dann noch durch das
Plaͤtten um 1/4 seiner Laͤnge gestrekt, und um 1/48 Zoll breiter
gefletscht werden kann. In diesem Falle wird ein Gran Gold auf 2900 Fuß in der
Laͤnge, oder uͤber eine halbe „(engl.)“ Meile ausgedehnt, und bedekt eine Flaͤche
von mehr als 1400 Zoll. Er berechnet die Dike des Goldes an den duͤnnsten
Stellen des Ueberzuges manchen Drahtes auf nicht hoͤher als auf ein vierzehn
Milliontel eines Zolles; also nur auf den hundertsten Theil der Dike eines
Gold-Blaͤttchens. Und ungeachtet dieser außerordentlichen Zartheit
wird an einem Stuͤk solchen vergoldeten Drahtes, wenn man es in warmes
Scheidewasser taucht, und das Silber nach und nach aufloͤsen und
herausfressen laͤßt, der noch uͤbrige duͤnne Ueberzug des
Goldes zusammenhaͤngen, und solang die Fluͤssigkeit dasselbe vor dem
Zusammenfallen hindert, eine zusammenhaͤngende undurchsichtige Roͤhre
bilden. Wenn dieser Versuch gelingen soll, darf das Scheidewasser nicht zu statt und
die Hize nicht zu groß seyn; denn sonst wuͤrde die Saͤure zu heftig und zu schnell auf das
Silber wirken, und die Goldtheilchen trennen.
Ob irgend ein anderes Metall sich in irgend einem aͤhnlichen Grad ausdehnen
laͤßt, ist noch ungewiß; denn, da der hohe Werth dieses Metalles dasjenige
ist, was die Kuͤnstler anspornt demselben die moͤglich groͤßte
Ausdehnung zu geben, so hat man bei den uͤbrigen weniger kostbaren Metallen
noch nicht dieselben Anstrengungen versucht. Es waͤre der Muͤhe werth,
daß man, um eine gehoͤrige Vergleichung anstellen zu koͤnnen, den
Versuch machte, das Silber auf dem Golde auszudehnen, wie man das Gold auf dem
Silber ausgedehnt hat. Man muß ferner noch bemerken, daß, da Gold beinahe zwei Mahl
so schwer als Silber ist, oder beinahe noch ein Mahl soviel Masse unter gleichem
Umfange enthaͤlt, wenn gleiche Gewichttheile dieser beiden Metalle auf
gleichen Umfang ausgedehnt werden, das Silber kaum etwas mehr als die halbe Dike des
Goldes haben wird, und daß umgekehrt, wenn man dem Silber dieselbe Ausdehnung, wie
jene des Goldes ist, hinsichtlich seines Umfanges geben koͤnnte, dasselbe
hinsichtlich auf die Menge seiner Masse, beinahe doppelt so dehnbar seyn
wuͤrde.
Anwendung des Golddrahtes auf andere Koͤrper.
Es gibt verschiedene Arten, das auf diese Weise ausgedehnte Gold zur Bedekung der
Oberflaͤche anderer Koͤrper zu benuͤzen. Zu Spizen und Borten
wird gelbe Seide, deren Farbe jener des Goldes so nahe als moͤglich kommt,
mit dem geplaͤtteten Golddrahte uͤbersponnen. Der Draht wird von einer
Spule abgewunden und auf den Seidenfaden aufgesponnen, und mittelst einer
sonderbaren Maschine, deren Beschreibung hier nicht gegeben werden kann, weil sie
zusammengesezt ist, werden durch Umdrehung eines Rades mehrere Faden zugleich
uͤbersponnen. Der Hauptkunstgriff besteht darin, daß die Bewegung so geleitet
wird, daß die verschiedenen Umwindungen des geplaͤtteten Drahtes auf jedem
Faden genau an einander stoßen, und dadurch eine beinahe ununterbrochene Deke
bilden.
Man bereitet zu Mailand, wie man sagt, einen geplaͤtteten Draht, der nur auf
einer Seite vergoldet und so gewunden wird, daß nur die vergoldete Seite oben zu liegen kommt;
diese Bereitungsart wird aber geheim gehalten, und wurde in anderen Oertern mit
schlechtem Erfolge versucht. Es gibt auch einen vergoldeten Kupferdraht, der auf
dieselbe Weise bereitet wird, wie der vergoldete Silberdraht.Es scheint uns, daß dieser Draht aus Silber, oder aus Kupfer, das nur auf
einer Seite vergoldet ist, wie bei der Silberplattirung, verfertigt werden
kann, wenn man ihn in schmale Streifen schneidet, und dann durch
Loͤcher von correspondirender Form zieht, wie die Uhrfedern an
Pendel-Uhren, bis er endlich duͤnn genug wird, um zwischen den
Walzen geplaͤttet werden zu koͤnnen. Gill. Savary bemerkt, daß diese Art von Draht, die man
falschen Golddraht nennt, vorzuͤglich zu Nuͤrnberg verfertigt wird,
und daß die Geseze in Frankreich befehlen, daß man denselben, zur leichteren
Unterscheidung von dem vergoldeten Silberdrahte, nur zum Ueberspinnen des Hanfes und
Flachses verwenden duͤrfe. Einer unserer Schriftsteller sagt, daß die
Chineser, statt des geplaͤtteten vergoldeten Drahtes, sich vergoldeter
Papierstreifen bedienen, welche sie theils in ihre Stoffe einweben, theils zum
Ueberspinnen der Faden verwenden: dieses Verfahren empfiehlt er,
unbedaͤchtlich, den englischen Webern. Moͤgen diese Stoffe auch noch
so schoͤn seyn, so koͤnnen sie doch nimmermehr dauerhaft ausfallen,
und, nach du Haldes Bemerkung, bedienen die Chinesen selbst sich dieser Gewebe nur
zu Tapeten und Zierrathen, die nicht getragen und der Feuchtigkeit ausgesezt werden
duͤrfen.
Reinigung des Goldes von Platinna, Silber und unedlen
Metallen.
Wenn man Gold in Koͤnigswasser aufloͤst, so laͤßt dieses das dem
Golde beigemischte Silber zuruͤk, und wenn man der Aufloͤsung gewisse
Koͤrper zusezt, so scheiden sie das Gold aus derselben, ohne andere Metalle
zugleich mit ausscheiden zu koͤnnen, so daß man hierdurch das Gold auf den
hoͤchsten Grad von Reinheit bringen kann.
Man bringt das Gold in duͤnne Plaͤttchen gefletscht oder
gekoͤrnt, in ungefaͤhr drei Gewichtstheile maͤßig starkes
Koͤnigswasser, und daß Gefaͤß in gelinde Waͤrme, und sezt etwas
Seesalz zu: die Aufloͤsung wird alsogleich mit bedeutendem Aufbrausen beginnen, und, wenn sie
nachlaͤßt, wird etwas neuerdings zugeseztes Seesalz dieselbe wieder erweken,
so daß man nur immer nach und nach etwas Seesalz zusezen darf, bis die ganze
Aufloͤsung vollendet ist. Gewoͤhnlich braucht man den dritten Theil
des Gewichtes des Koͤnigswassers an Seesalz. Die klare Aufloͤsung wird
abgegossen, und der Ruͤkstand durch doppeltes Filtrirpapier filtrirt. Das,
was unaufgeloͤst zuruͤkbleibt, wird zwei oder drei Mahl mit Wasser auf
dem Filtrum ausgewaschen, und diese Fluͤssigkeit zu der vorigen
zugegossen.
Um das Gold aus der Aufloͤsung zu erhalten, empfiehlt Cramer zwei Methoden: Destillation der Aufloͤsung, und
Faͤllung des Goldes durch Queksilber. Allein nach keiner dieser Methoden ist
man sicher, das Gold rein zu erhalten; denn, wenn es auch vorher auf der Kapelle
abgetrieben wurde, so wird doch die Platinna, wenn es welche enthielt, auch nach dem
Abtreiben darin bleiben; in einigen Faͤllen wird es etwas Kupfer enthalten:
diese beiden Metalle loͤsen sich in Koͤnigswasser auf; das Queksilber
faͤllt die Platinna zugleich mit dem Golde, und die Destillation laͤßt
das Kupfer mit der Platinna zuruͤk.
Die Reinheit des Goldes wird durch Faͤllung mit
gruͤnem Vitriole sicher gestellt. Der Vitriol wird in kaltem Wasser
aufgeloͤst, die Aufloͤsung filtrirt, und in grosser Menge der
Goldaufloͤsung zugesezt: man muß 10 bis 12 Mahl mehr Vitriol, als Gold, zur
Aufloͤsung nehmen. Da der Niederschlag langsam niederfaͤllt, so muß
die Aufloͤsung 24 Stunden lang, und daruͤber, bei Seite gestellt
werden: die klare, obschon stark gefaͤrbte Fluͤssigkeit wird
abgegossen; das braune Pulver am Boden des Gefaͤßes in etwas Scheidewasser
gekocht, dann mit Wasser gewaschen, und mit etwas Salpeter geschmolzen.
Das auf diese Weise gereinigte Gold scheint vollkommen fein,
wie man es auf keine andere Weise im Großen erhalten kann. Dieses Verfahren
kommt nicht so hoch, wie die unvollkommnere Quartation mit Scheidewasser, wo drei
oder mehr Theile Silber einem Theile Gold zugesezt, und wenigstens sechs Theile
Scheidewasser zur Aufloͤsung des Silbers erfordert werden, waͤhrend
das Gold in obigem Verfahren nur die Haͤlfte des Aufloͤsungsmittels
fordert. Man kann einen
großen Theil des Aufloͤsungsmittels wieder durch Destillation aus der
Fluͤssigkeit erhalten, welche nach der Faͤllung des Goldes
uͤbrig bleibt.Diesen Scheidungsgegenstand findet man am vollstaͤndigsten im
chemischen Handbuch fuͤr Probirer Gold- und Silberarbeiter; von S. Stratingh x. Aus
dem Hollaͤndischen uͤbersezt von I. H. Schultes. Augsburg und
Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung. 8. 1823 beschrieben.
D.
Kunkel war der Erste, der diese Faͤllung durch
Vitriol bemerkte. Da er aber einen Vitriol anwendete, der sowohl Kupfer als Eisen
enthielt, scheint er geglaubt zu haben, daß diese Wirkung vom Kupfer abhinge, und
empfiehlt den blauesten und kupferreichsten Vitriol als den beßten; nach ihm
empfehlen die Meisten, die dieses Verfahrens erwaͤhnen, blauen oder
Kupfer-Vitriol. Ich habe nicht gefunden, daß dieser den mindesten
Niederschlag in einer Goldaufloͤsung hervor zu bringen vermag, so daß Kunkels
Entdekung durch diesen Mißgriff in dem Fallungsmittel unnuͤz wurde, bis Brandt gluͤklicher Weise bemerkte, daß der gruͤne Vitriol jene Wirkung hervor bringt, die dem
blauen zugeschrieben wurde.