Titel: | Ueber Erdbeeren-Treiberei im Winter und Frühlinge. Von Hrn. Wilh. Morgan, Gärtner bei Esqu. Heinr. Brown zu North-Mimms-Place, Hertfordshire. |
Fundstelle: | Band 12, Jahrgang 1823, Nr. LXXXII., S. 452 |
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LXXXII.
Ueber Erdbeeren-Treiberei im Winter und
FrühlingeVergl. dieses Journal Bd. 9. S. 256. Bd. X. 127. D.. Von Hrn. Wilh.
Morgan, Gaͤrtner bei Esqu. Heinr. Brown zu North-Mimms-Place, Hertfordshire.
Aus den Transactions of the London Horticultural
Society im Repertory of Arts. N. 225. 1823. S.
171. (Im Auszuge).
Morgan, über Erdbeeren-Treiberei im Winter und
Frühlinge.
Mit den eintretenden October-Froͤsten hat bekanntlich
die Cultur der Erdbeeren im Freien in unserem Klima ihr Ende, und man kann, im
Garten, bis zum naͤchsten Junius keine Erdbeeren mehr erhalten, sodern man muß sie in
Treibhaͤnsern ziehen, wo man welche haben will.
Die Alpen-Sorten sind die ersten, welche durch Anwendung kuͤnstlicher
Waͤrme Fruͤchte bringen, und diese muͤssen aus Samen gezogen
werden, welche man im naͤchst vorhergegangenen Sommer von den groͤßten
und beßten Fruͤchten, bei voller Reife derselben, gesammelt, von dem Fleische
gereinigt, getroknet, und zum Gebrauche gehoͤrig aufbewahrt hat. Diese Samen
werden im Jaͤnner in flache Kistchen von ungefaͤhr 3–4 Zoll
Tiefe ausgesaͤet, und ungefaͤhr 1/4 Zoll hoch mit Lauberde bedekt, und
einer gelinden Waͤrme, wie z.B. der Nachhize eines Ananas-Kastens oder einer
Fruͤhtreiberei von Pfirsichen, ausgesezt. Nachdem die rauhen Blaͤtter
der Saͤmlinge sich zeigen, bringt man sie zur Abhaͤrtung an einen
kuͤhleren Ort, damit man sie im Mai in Toͤpfe verpflanzen kann. Diese
Toͤpfe muͤssen 6 Zoll tief, und oben 6 Zoll im Durchmesser weit seyn.
In jeden Topf kommen 3 Pflanzen, welche waͤhrend des Sommers sammt den
Toͤpfen an einer schattigen Stelle des Gartens in die Erde gesenkt werden:
man gaͤtet sie fleißig, und begießt sie reichlich. Bei
eintreten-October-Froͤsten bringt man sie unter Dach; sie werden dann, wo der
Frost ihnen nicht geschadet hat, in Bluͤthe seyn, und koͤnnen Ende
Novembers in das Treibhaus gebracht werden oder in ein Ananas-Beet, wo sie den
Winter uͤber Fruͤchte bringen werden.
Die naͤchst beßten Sorten zum Treiben sind die Bather-Scharlach-, und die gemeine
Scharlach-Erdbeere. Diese werden im Mai oder fruͤhe im Junius in
Toͤpfe von der oben angegebenen Groͤße gesezt. Die spaͤteren
Auslaͤufer des vorigen Jahres taugen hierzu am beßten. Einige derselben
werden jezt schon Bluͤthen zeigen, die man aber abkneipen muß, so wie
uͤberhaupt alle Bluͤtheu und Auslaͤufer, die sich
waͤhrend des Sommers an den Topf-Pflanzen zeigen, weggenommen werden
muͤssen. Bis die Pflanzen gehoͤrig eingewurzelt sind, werden sie im
Schatten gehalten und fleißig begossen, dann senkt man die Toͤpfe an irgend
einem offenen Plaze im Garten in die Erde, und laͤßt sie dort solang, bis man
sie noͤthig hat. Im Jaͤnner bringt man sie in das Treibhaus auf
Stellen 1 1/2 Fuß weit
von den Fenstern. Waͤhrend ihres Wachsthumes muͤssen sie, so oft sie
troken geworden sind, begossen werden: da Hr. Morgan aber fand, daß es fuͤr
die Pflanzen nachtheilig ist, ihre Krone zu benezen, vorzuͤglich wenn die
Bluͤthe anfaͤngt sich zu zeigen, so stellt er die Toͤpfe in
Untersaͤze, und fuͤllt diese mit dem noͤthigen Wasser. Die
Scharlach-Erdbeeren treiben in einem Pfirsich- oder Traubenhause recht gut,
vertragen aber auch eine groͤßere Hize, zumahl wenn man ihnen,
waͤhrend sie in der Bluͤthe stehen, reichlich Luft geben kann. Nachdem
die Frucht sich angesezt hat, und zu schwellen beginnt, ist es gut, wenn man einige
Blaͤtter abkneipt, und von jeder Pflanze nur drei Blaͤtter
laͤßt: auf diese Weise fand er daß die Fruͤchte groͤßer wurden,
und einen besseren Geschmak erhielten. Auslaͤufer duͤrfen keine an den
Stoͤken gelitten werden. Um immer hinlaͤnglichen Nachwuchs an
Fruͤchten zu haben, ist es besser Nachwuchs an Stoͤken in
Kaͤsten unter Fenstern zu ziehen. Nachdem man die Beete aus Laub aufgerichtet
hat, stellt man die Toͤpfe auf die Oberflaͤche derselben, so nahe als
moͤglich. Einen Fuß weit von dem Fenster entfernt an einander, und
fuͤllt die Zwischenraͤume zwischen den Toͤpfen mit alter
Gaͤrberlohe oder leichter Lauberde aus. Wenn man Duͤnger zu den Beeten
genommen hat, wuͤrden die Stoͤke leiden, wenn man die Toͤpfe
unmittelbar auf denselben stellen wuͤrde: es muß daher in diesem Falle eine
Schichte von alter Gaͤrberlohe oder Lauberde wenigstens 3–4 Zoll hoch
zwischen dem Duͤnger und den Toͤpfen aufgeschuͤttet werden.
Taͤglich muß in den Kaͤsten, bis die Stoͤke zu bluͤhen
anfangen, Luft von hinten her gegeben werden, wo diese aber einmahl in der
Bluͤthe stehen, muß noch reichlicher geluͤftet, und, wenn die
Witterung schoͤn ist, muͤssen die Fenster abgehoben werden. Auf diese
Weise werden die Stoͤke reichlich Fruͤchte ansezen, und nachdem dieses
geschehen ist, kann man die Toͤpfe in das Ananas-Haus oder in irgend ein
anderes Treibhaus zum Ausreifen bringen.
Die Ananas-Erdbeeren kommen, der Zeit nach, nach den
Scharlach-Erdbeeren zum Treiben. Was von dem Versezen der Scharlach-Erdbeeren in
Toͤpfe gilt, gilt auch von den Ananas-Erdbeeren, nur daß von lezteren bloß
zwei Stoͤke in einen Topf kommen: die Wahl der Auslaͤufer, die Behandlung nach dem
Verpflanzen in Toͤpfe ist genau, wie bei den Scharlach-Erdbeeren. Man bringt
sie im Februar und Maͤrz in das Treibhaus; sie gedeihen, bis zum Ansezen der
Fruͤchte, am beßten in einem Pfirsich- oder in einem maͤßig warmen
Hause; nach angesezten Fruͤchten muͤssen sie aber in ein Ananashaus
zum Ausreifen. Bei dieser Sorte werden die Blaͤtter nicht abgekneipt: sie
wird aber eben so gewaͤssert, wie die Scharlach-Erdbeere, Wenn die
Ananas-Erdbeeren reif sind, schrumpfen sie in der Sonne und bei starker
Waͤrme zusammen, und verlieren ihren guten Geschmak: man muß daher die
Toͤpfe mit voll reifen Erdbeeren an einen kuͤhlen schattigen Ort
stellen.
Getriebene Erdbeeren muͤssen, wenn sie einen guten Geschmak bekommen sollen,
wo sie beinahe reif sind, durchaus so wenig Wasser als moͤglich erhalten.
Nachdem die Fruͤchte von den Stoͤken abgenommen wurden, werden die
Toͤpfe mit lezteren in irgend einem schattigen Beete eingesenkt, reichlich
begossen, und alle ihre Blaͤtter abgeschnitten. Auf diese Weise behandelt
werden sie, im folgenden Jahre getrieben, eben so reichliche Ernte liefern als
frisch versezte Pflanzen, Wenn man sie nicht zum Treiben noͤthig hat, so
koͤnnen sie in freies Gartenland versezt werden, und werden dann im Herbste
desselben Jahres Fruͤchte bringen.