Titel: | Bericht des Hrn. Héricart de Thury, im Namen eines besonderen Ausschusses, über die von Hrn. Sir Henry, Stahl-Fabrikanten und Messerschmied der medicinischen Facultät zu Paris, place de l'Ewle de Medicine N. 6, der Gesellschaft vorgelegten damascirten Stahl-Sorten. |
Fundstelle: | Band 10, Jahrgang 1823, Nr. XV., S. 85 |
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XV.
Bericht des Hrn. Héricart de Thury, im Namen eines besonderen Ausschusses, über die von Hrn. Sir Henry, Stahl-Fabrikanten und Messerschmied der medicinischen Facultät zu Paris, place de l'Ewle de Medicine N. 6, der Gesellschaft vorgelegten damascirten Stahl-Sorten.
Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement pour l'Industrie nationale. December 1821. S. 351.
Héricart de Tury's Bericht über Sir-Henrys damascirte Stahl-Sorten.
Vorläufige Bemerkungen.
Die Hrn. Stodart und Faraday haben durch ihre schoͤnen Versuche
uͤber Stahl-Legierungen die Stahl-Fabrikation eben so sehr gefordert, wie in
dem vorigen JahrhunderteVergl. polyt. Journal B. 3. S. 91.
Die vorstehende Abhandlung war dem Hrn. Berichterstatter noch nicht bekannt.
D.
Réaumur, Torbern, Bergmann, Swedenborg, Scheele, Meyer,
Swen-Rinmann, Perlt, und spaͤter, unter den franzoͤsischen
Chemikern, Vandermonde, Monge, Berthollet, Pelletier,
Guyton-Morveau, Vauquelin und Clouet.
Réaumur's ArbeitenArt de convertir le fer forgè en acier et
d'adaucir le fer fondu. Paris. 1722. ches Michel. A. d. O. haben uͤber die Stahl-Fabrikation großes Licht verbreitet; sie hatten
mannigfaltige Verbesserungen und Vervollkommnungen in dieselbe bringen
koͤnnen, blieben aber ungluͤklicher Weise meistens unbekannt, und nur
in den Studierstuben
einiger Gelehrten. Es ist in der That schwer zu erklaͤren, wie und warum
unsere Stahl-Fabrikanten und Stahl-Arbeiter bei den vielen Versuchen und trefflichen
Lehren, die Réaumur ihnen auf die faßlichste Weise gegeben hat, ihren alten
Schlendrian dem einfachen und bequemen Verfahren vorziehen konnten, daß dieser große
Gelehrte ihnen mit jener Klarheit, mit jenem Geiste und in jener Vollendung
vorzeichnete, die noch heute zu Tage die Schriften dieses beruͤhmten
Mitgliedes der franzoͤsischen Akademie auszeichnen. Die Stahl-Fabrikanten des
Auslandes wußten besser als wir (Franzosen), die Lehren und die Arbeiten
Réaumurs zu schaͤzen und zu benuͤzen; sie brachten dieselbe in
Anwendung, und verschafften ihren Fabriken dadurch jene Ueberlegenheit, welche sie
so lang auszeichnete, und die sie auch wirklich nur der Einfuͤhrung und der
praktischen Anwendung der von Réaumur in seiner
oben angegebenen Kunst, das geschlagene Eisen in Stahl zu
verwandeln, und das Gußeisen geschmeidig zu machen, aufgestellten
Grundsaͤze zu danken haben.
Dem beruͤhmten Bergmann verdanken wir die ersten
Angaben der Mittel, Stahl und Eisen zu analysiren; sein Verfahren, so sehr es auch
uͤbrigens damals Licht uͤber die Natur derselben verbreitete, war aber
noch unvollkommen und nicht genau genug: es wurde zeither von Vandermonde, Monge und Berthollet, nach Lavoisier's Theorie, berichtigt, und spaͤter hat
Hauguelin, in seiner schoͤnen Analyse des
Stahles von Groß-Remmelsdorf eine neue Methode bekannt gemacht, die wesentlichen und
zufaͤlligen Bestandtheile des Stahles mit Genauigkeit zu bestimmen.
Die HHn. Stodart und Faraday
haben, waͤhrend sie sich uͤberzeugen wollten, ob man durch Kunst
irgend ein Metallgemenge veranstalten koͤnnte, welches zur Verfertigung
schneidender Instrumente tauglicher waͤre, als reiner Stahl, nach einer Reihe
zahlreicher Versuche uͤber verschiedene metallische Verbindungen endlich
einen Stahl erzeugt, welcher jenem von Menauckabo in
Ostindien, den die Inder Wutz (wootz) nennenRevue enciclopédique. Juni 1819. Anal. d. Chimie. Oktober 1820. A. d. O., vollkommen aͤhnlich ist; sie haben seine Eigenschaften und Bestandtheile bestimmt, und
dadurch unseren Stahl-Fabrikanten ein Mittel an die Hand gegeben, ihren Stahl zu
vervollkommnen, und selbst, durch Verbindung verschiedener metallischer Substanzen
mit dem Stahle, eine neue Art von Fabrikat zu erzeugen. Baron Séquier, unser General-Consul zu London, beeilte sich, so bald er
von dieser Entdekung hoͤrte, zwei Stuͤke Wutz von der besten Sorte
(die auch Wallaston dafuͤr erkannte, die sie ihm
mittheilte) nach Frankreich zu schiken.
Nachdem unser College, Hr. Hatchette, diese beiden
Stuͤke im Bureau der Gesellschaft niedergelegt, und dieselbe mit den Arbeiten
der HHn. Stodart und Faraday
uͤber den Wutz und die Stahl-Legierungen mit
verschiedenen anderen Metallen bekannt gemacht hatteNotice historique sur les alliages d'acrier et sur
les Damas, Bulletin de la Société d'Encouragement.
November 1820. Nr. 197. S. 313., und Hr. Thenard einen besondern Fond zur
Wiederholung der von denselben angestellten Versuche verlangte, beauftragte die
Gesellschaft einen eigenen Ausschuß, bestehend aus den HHn. Hatchette, Baillet, Mérime'e, Bréant, Regnier und Héricart de Thury, die Versuche der englischen
Chemiker zu wiederholen, und neue Versuche uͤber die Verbindungen des Stahles
mit anderen Metallen anzustellen. Unser College Bréant, welcher selbst Versuche und Erfahrungen in seinem
Laboratorium in der Muͤnze angestellt hat, ist bereits zu neuen Resultaten
von hoher Wichtigkeit gelangt. Seine Stahlarten wurden den HHn. Cardeillac und Queillé,
den ausgezeichnetesten Messerschmieden unserer Hauptstadt, zur Pruͤfung
uͤbergeben, und diese erstattete an die Commissaͤre der Gesellschaft
die vortheilhaftesten Berichte hieruͤber, uͤbergaben derselben
zugleich auch verschiedene Gegenstaͤnde von hohem Werthe, welche sie aus dem
Stahle des Hrn. Bréant verfertigt hatten. Unser
College Mérimée, welcher im Jahr 1817 aus
England Muster von Wutz mitbrachte, den er schon damals als eine erdige
Stahl-Legierung betrachteteBemerkung uͤber das Verfahren bei der Stahl-Erzeugung in England. Bulletin de la Société
d'Encouragement. 17 Jahrgang. S. 110. A. d. O., hat uͤber die Arbeiten des Hrn. Bréant bereits zwei Berichte im Namen der Commission erstattet, bloß um ihm
das Vorrecht seiner Entdekungen zu sichern, und chronologisch zu beurkunden; denn
dieser geschikte Chemiker hat mehr als 300 Versuche uͤber Verbindung des
Stahles mit Platinna, Osmium, Gold, Silber, Kupfer, Zinn, Zink, Blei, Wißmuth,
Braunstein, Uranium, Arsenik, Borium etc. angestelltUeber Versuche, den Stahl durch Verbindung mit verschiedenen Substanzen zu
verbessern. Bulletin de la Société
d'Encouragement. Juli 1821. Nr. 205. S. 203. A. d. O..
Waͤhrend der Ausschuß sich mit diesen Untersuchungen befaßte, haben auch
mehrere andere Chemiker sich gleichfalls mit verschiedenen Verbindungen des Stahles
mit anderen Substanzen beschaͤftigt, und wenn wir den HHn. Stodart und Faraday die
Kenntniß der Natur des Wutz und der Verbindung des Stahles und des Silbers
verdanken, so muͤßen wir zugleich erinnern, daß die Kunst 1tens dem Hrn. Berthier den Chrom-Stahl (dessen Vorzuͤge durch
die Berichte des Hrn. Mérimée erwiesen
sind) und den Titan-Stahl verdankt; 2tens dem Hrn. Boussingault den Kiesel-Stahl nach Clouet,
welcher, nach angestellter Analyse, auch nicht ein Atoͤmchen Kohlenstoff
enthaͤlt; 3tens dem Hrn. Degrand-Gurgey einen mit
Platinna damascirten Stahl, uͤber welchen dieser beruͤhmte Fabrikant
schon seit vielen Jahren arbeitete als die ersten Nachrichten uͤber das Wutz
und die Metallverbindungen mit dem Stahle aus England nach Frankreich kamen; 4tens
endlich Hrn. Bréant verschiedene neue
Verbindungen, unter welchen mehrere derselben Eigenschaften zu besizen scheinen, die
nur den ausgezeichnetesten Stahlarten zukommen.
Diese verschiedenen Versuche und die Verbindungen, auf welche man durch sie gelangte,
sind allerdings durch die Resultate, zu welchen sie bereits fuͤhrten und noch
unfehlbar fuͤhren muͤßen, von hoher Wichtigkeit fuͤr die Kunst;
wir glauben jedoch hier bemerken zu muͤßen, daß, waͤhrend man neue
Verfahrungsweisen in unsere Stahl-Fabriken einzufuͤhren sucht, wir jenen Grad
von Vollkommenheit, zu welchem mehrere unserer Fabrikanten den gemeinen
kaͤuflichen Stahl bereits erhoben haben, nicht uͤbersehen
duͤrfen; ja wir glauben sogar, daß, in dieser Hinsicht, die Stahlarbeiter,
welche sich auf Verbesserung dieser Arten von Stahl verlegen, die groͤßten
Anspruͤche auf Unterstuͤzung und Aufmunterung besizen. Denn diese Art
von Stahlerzeugung hat bereits einen hohen Grad von Vollkommenheit erreicht, und
laͤßt in Hinsicht auf die Natur, die Guͤte, die Eigenschaften und die
Dauer ihrer Resultate weniger Ungewißheit, als diese neuen Verbindungen bisher nicht
gewaͤhren koͤnnen, da die HHn. Stodart und
Faraday selbst eingestehen, daß, z.B. in einer
Verbindung des Stahles mit dem Nikel, lezterer, weit entfernt die Oxidation des
Stahles zu hindern, dieselbe vielmehr gewaltig zu beschleunigen scheintHr. Bréant hat dieselbe Erscheinung auch an
einer Verbindung des Stahles mit Platinna, Hr. Mérimée an einer Mischung des Stahles mit Silber
bemerkt, und wir haben sie mehr dann einmal auf eine sehr deutliche Weist an
verschiedenen Stahl-Legierungen, die wir vergleichungsweise mit reinem
Stahle in Citronen- oder andere Pflanzen-Saͤuren tauchten,
wahrgenommen. A. d. O., waͤhrend eben dieser Nikel in Verbindung mit Eisen dieselbe, wenn
auch nicht, wie man sagte, hindert, doch wenigstens sehr verzoͤgert oder
schwaͤcht. Wir werden hier von einem dieser Fabrikanten sprechen, der den
reinen Stahl auf die einfachste Weise zu einem hohen Grad von Vollkommenheit
brachte, und, ehe wir sein Verfahren in Anregung bringen, in Kuͤrze der
gewoͤhnlichen kaͤuflichen Arten des Stahles erwaͤhnen, um die
Resultate, zu welchen er gelangte, desto gruͤndlicher wuͤrdigen zu
koͤnnen.
1. Von verschiedenen Sorten des gewöhnlichen käuflichen Stahles.
Man erklaͤrt den Stahl seit langer Zeit als eine Verbindung von Eisen und
Kohlenstoff, in welcher zufaͤllig sich andere Bestandtheile finden
koͤnnenRinamann erklaͤrt in der Encyclopedie méthodique den Stahl als ein
Eisen, welches, rothgegluͤht in kaltes Wasser getaucht,
haͤrter wird, als es vor dieser Operation gewesen ist, und Hassenfratz, in seiner Siderotechnic, nennt ein Eisen, welches langsam erkaltet, alle
Eigenschaften eines weichen Eisens besizt, durch das Erhaͤrten aber,
d.h. durch schnelles Erkaͤlten eine solche Haͤrte erlangt, daß
es die haͤrtesten Substanzen zu schneiden vermag, und zugleich auch
eine Elasticitaͤt, durch welche es seine Staͤrke unterhalten
und modificiren kann, Stahl. A. d. O.; indessen haben die Analysen von
Boussingault (Anal. de Chimie
Jan. 1821. Polytechn. Journal 1821) wie es
scheint, erwiesen, daß der Kehlenstoff nicht absolut nothwendig ist, um aus dem
Eisen etwas zu erhalten, das die Eigenschaft des Stahles besizt, indem er, wie er
sagt, nach Clouets's Verfahren, trefflichen Stahl ohne ein Atom Kohlenstoffes aus
99,20 Eisen und 0,80 Silicium erhielt.
Was uns betrifft, so glauben wir, daß der Stahl (der eigentliche Stahl) wirklich eine
Verbindung von Eisen und Kohlenstoff ist, und wir gruͤnden unsere Meinung auf
die directeste, die entscheidenste und unbestreitbarste Erfahrung, die jemals
gemacht wurde, auf die unseres Collegen Hatchett,
welcher, nachdem er mit Guyton de Morveau die Verbrennung
des Demantes durch die Sonnenstrahlen mittelst eines Brennspiegels gezeigt und
erwiesen hat, daß derselbe bloß aus reinem Kohlenstoffe besteht, seinen Freunden,
Welter und Clouet,
vorschlug, Stahl aus einer Verbindung von Eisen und Demant, oder reinem Kohlenstoffe
zu machen. Dieser schoͤne, aber heut zu Tage zu sehr vergessene. Versuch
wurde den 12. August 1799 im Laboratorium der polytechnischen Schule angestellt. Man
bediente sich eines Schmelztiegels aus weichem Eisen, den Clouet selbst aus auserlesenen Stiften clous
(d'èpingle) schmiedete. Der Tiegel hatte 8
Flaͤchen, und konnte mit einem aus demselben Eisen verfertigten Pfropfe, der
genau darauf paßte, verschlossen werden.
Wir glauben hier das uͤber diesen Versuch aufgenommene Protokoll
anfuͤhren zu muͤssen.
„Der angewendete Demant, sagt das Protokoll, wog 907 Milligrammen. Da er
nicht den ganzen Raum des Tiegels einnahm, so fuͤllte man diesen mit
Eisenfeile von demselben Eisen aus, aus welchem der Tiegel selbst geschmiedet
war. Der Tiegel wurde mit seinem eisernen Propfe, den man mit Gewalt eintrieb,
so geschlossen, daß so wenig Luft als moͤglich in dem Innern desselben
zuruͤkblieb. Der Tiegel und sein Propf wogen zusammen 55,8 Gr.; die
Eisenfeile, die den Demant bedekte, 2 Gr.; die Menge des den Demant umgebenden
Eisens war also 57,8 Grammen.“
„Nachdem der hervorragende Theil des PfropfesDieser Theil des Propfes und ein Rest des Stuͤkes, aus welchem der
Tiegel geschmiedet wurde, wurden dem Institute vorgelegt, um dasselbe
uͤber die Natur des angewendeten Eisens in Kenntniß zu sezen. A.
d. O. abgenommen worden war, sezte man den eisernen Tiegel allein, ohne
Dazwischenkunft irgend einer fremdartigen Materie, in einen sehr kleinen
hessischen Tiegel, und diesen in einen zweiten gleichfalls hessischen Tiegel:
der Zwischenraum zwischen diesen beiden Tiegeln wurde mit Kieselsand
ausgefuͤllt: welcher von allen eisenhaltigen Bestandtheilen vollkommen
befreit war, und der aͤußerste groͤßte Tiegel wurde endlich mit
einer Paste aus gestoßenen hessischen Tiegelscherben und rohem Thone verkittet,
und die ganze Vorrichtung ungefaͤhr eine Stunde lang dem Feuer einer
Schmiede-Esse mit drei Geblaͤsen ausgesezt.“
„Nachdem alles gehoͤrig erkaltet war, fand man in dem inneren
hessischen Tiegel den eisernen Tiegel in einen Klumpen Gußstahl verwandelt; er
bildete mit seinem Pfropfe und mit der Eisenfeile nur mehr eine rundliche und
vollendete Masse mit Ausnahme einiger Kuͤgelchen, die sich davon
abgeloͤst hatten, und die nur 884 Milligrammen betrugen. Der Stahlklumpen
wog 55,500 Gram.; das ganze Gewicht des erhaltenen Stahles betrug damals 56,384
Gram. Da aber das Eisen und der Demant vor der Operation 58,707 Gramme wogen, so
erlitt folglich das Eisen ungefaͤhr 2,323 Gramme Verlust. Dieß Eisen gab
dem hessischen Tiegel eine Reißbleifarbe.“
Unterzeichnet Clouet, Welter,
Hatchete.
Das Eisen ist waͤhrend dieser Operation so vollkommen geflossen, daß es selbst
auf seiner Oberflaͤche Spuren der schoͤnsten Krystallisation zeigte,
und es ist unmoͤglich zu glauben, daß irgend ein Theil des Demantes in seinem
Innern unangegriffen haͤtte bleiben koͤnnen, und nicht auf das
Wenigste sich mit dem Eisen verbunden haͤtte; der Unterschied der
specifischen Schwere selbst gestattete eine solche Vermuthung nichtEinige Umstehende wuͤnschten des Innere dieses Stahlklumpens zu sehen.
Er wurde auf dem Ambosse zerschlagen, was erst nach vielen Schlaͤgen
mit einem schweren Hammer gelang. Er theilte sich in zwei Stuͤke, die
bei der folgenden Sizung vorgelegt wurden: der Bruch war vollkommen
gleichfoͤrmig und von dem schoͤnsten Korne. A. d. O..
Der Demant ist also, wie unser College Hatchette es
vermuthete, durch die Anziehungskraft, welche das Eisen bei der Temperatur, die auf
beide wirkte, auf ihn aͤußerte, verschwunden: er verschwand aber nur als
Kohlenstoff, weil das Product seiner Verbindung dieselben Eigenschaften an sich
traͤgt, die dieser Stoff zu ertheilen vermag. Nun konnte die Verwandlung des
weichen Eisens des Tiegels in Stahl keinem Zweifel mehr unterliegen, und wirklich
brachte auch ein Tropfen verduͤnnter Salpetersaͤure, nachdem dieser
Stahl angeschliffen wurde, auf der Stelle einen dunkelgrauen Fleken hervor, der
demjenigen durchaus aͤhnlich war, welchen diese Saͤure auf jedem
englischen, oder nach Clouet's Verfahren gegossenem,
Stahle hervorbringt.
Man unterscheidet im Handel gewoͤhnlich dreierlei Arten Stahles,
naͤmlich 1tens den rohen Stahl, 2tens Caͤmentstahl, 3tens den Gußstahl;
kuͤnftig wird man aber auch, nach den neuesten Versuchen unserer Chemiker,
eine vierte Art, den legierten Stahl auffuͤhren
muͤssen.
I. Roher Stahl (acier de forge).
Der rohe Stahl, den man auch natuͤrlichen Stahl (acier naturel), Schmelz-Stahl (acier de
fusion), schweißbaren Stahl (acier soudabl), auch deutschen
Stahl (acier d'Allmagne) nennt, weil er
vorzuͤglich aus Deutschland nach Frankreich kommt, wird auf dem Frischherde
erhalten, wenn man gewisse leicht schmelzbare kohlenstoffhaltige Eisenerze oder
Gußeisen in demselben behandelt. Insofern er nur die erste Bearbeitung erhalten hat,
nennt man ihn rohen Stahl
, (acier de forge, acier
brut), auch Schmelzstahl (acier de fusion); wenn er
aber in mehrere Zaine gestrekt und geschmiedet wurde, und man einen Buͤschel
daraus gemacht hat, wird er Stahl von zwei Marken (acier
á deux marques) und endlich von drei Marken (à trois marques), wenn diese Zaine oͤfters gestrekt und
zusammen gewunden werden.
Dieser Stahl steht den beiden andern nach, denn er ist weich; da er indessen einige
nur ihm allein zukommende Eigenschaften besizt unter welche vorzuͤglich der
Umstand gehoͤrt, daß er nicht so leicht als die andern Stahlarten in den
vorigen Zustand des
Eisens zuruͤk tritt; daß er, ohne dadurch schlechter zu werden, einen
groͤßern Grad von Hize ertragen kann; daß er sich leicht schmieden und
schweißen laͤßt, und uͤberdieß gewoͤhnlich wohlfeiler zu stehen
kommt, so gibt man ihm in vielen Faͤllen vor den uͤbrigen Stahlarten
den Vorzug.
Zu diesem Rohstahle oder natuͤrlichen Stahle wird
der im Handel in Kisten von 0,65 bis 0,90 LaͤngeIm Originale ist nirgendwo das Maß, von welchem diese Decimalen genommen
sind, angegeben: wahrscheinlich ist es das franzoͤsische Grundmaß:
Metre. A. d. Ueb. gepakte steyrische Stahl gerechnet, der deutsche Stahl in Stangen, die mit einem Anker und sieben
im Kreise stehenden Sternen bezeichnet sind; der Koͤlnische in kleinen Staͤben von 0.08 Laͤnge, 0,027
Breite und 0,013 Dike, welche in Faͤssern gepakt werden; der ungrische in Buͤndeln von 4 bis 6 Staͤben,
die mit Eisen zusammengebunden werden, und mit einem Eichenblatte bezeichnet sind;
der Solinger und der franzoͤsische von Rives, aus dem ehmaligen Nivernois, aus den
Pyrenaͤen etc., in kleinen Staͤben von 0,16 bis 0,18 Laͤnge, in
Ballen gepakt.
Der Name Rosenstahl (acier á
la rose), den man diesem Stahle oͤfters zu geben pflegt,
ruͤhrt von dem gelben, pommeranzenfarbigen oder blauen Fleke her, den diese
Stangen nicht selten auf ihrem Bruche zeigen. Man unterscheidet ferner noch diesen
rohen Stahl unter verschiedenen Benennungen theils nach den demselben aufgedrukten
Zeichen, theils nach seinem Korne und nach der Menge seiner Adern, und wohl auch
nach der Zahl der Bearbeitungen, Frischungen und Haͤmmerungen, die ihm zu
Theil geworden sind.
II. Cämentstahl.
Caͤmentstahl ist eine Verbindung von reinem Eisen und von Kohlenstoff bei
einer hohen TemperaturMan bedient sich des milden und weichen Eisens, als des reinsten, oder des
milden und harten, welches bereits Kohlenstoff enthaͤlt, und welches
nicht mehr so lang der Caͤmentation ausgesezt werden darf. A. d.
O.; man erhaͤlt ihn, indem man lagenweise in einer blechernen
Buͤchse Gußeisen und Thon oder Ziegel, oder in Tiegel Staͤbe aus
reinem Eisen und gepulverte Kohlen, oder das in Stahlfabriken gewoͤhnliche
CaͤmentDie gebraͤuchlichsten Caͤmente sind jene Réaumur's
aus0,8oder0,4 Talg,0,4 –0,4 Holzkohle,0,4 –0,8 Asche,0,3 –0,3 Kochsalz.Einige Stahlfabrikanten ziehen heute zu Tage die
thierische Kohle der Holzkohle vor, wovon wir uͤbrigens den Grund
nicht einsehen. Wir verwerfen alle Geheimnisse bei der Caͤmentation,
indem wir gepulverte Kohle fuͤr das beste Caͤment halten,
unter der nothwendigen Bedingung daß die Theilchen des Eisens
waͤhrend der Caͤmentation sich durch den Waͤrmestoff
hinlaͤnglich von einander entfernen, um sich auf eine
gleichfoͤrmige bis in ihr Innerstes dringende Weise mit dem
Kohlenstoffe selbst zu verkoͤrpern. Unter den Caͤmenten, die
dem Stahle am meisten neue Eigenschaften zu ertheilen vermoͤgen,
muͤssen wir des kohlenstoffigen Eisens erwaͤhnen, von welchem
wir noch unten sprechen werden. A. d. O. eintraͤgt. In einigen Fabriken befeuchtet man die Kohle etwas, damit
die Lagen desto dichter gebildet werden koͤnnen; in andern vermeidet man
hingegen dieses Benezen auf das Sorgfaͤltigste, und nimmt nur die trokenste
Kohle die man erhalten kann, damit nicht das Wasser sich auf das Eisen werfe, und
dasselbe oxidireJournal de Arts et Manufactures. T. I. p. 41. A. d. O..
Einige nehmen nur mildes und weiches Eisen als das reinste; andere mildes und hartes,
indem dieses bereits Kohlenstoff enthaͤlt, und weniger lang mit dem
Caͤmente in Beruͤhrung bleiben darfThénard, traitè de Chimie
théorique et pratique; de l'acier ou proto-carbure de fer.
T. I. pag. 345. A. d. O.. Eine unerlaͤßliche Bedingung, um guten Caͤmentstahl zu
erhalten ist, daß man gutes Eisen waͤhle, und das beßte Eisen ist dasjenige,
welches mit der groͤßten Sorgfalt geschmiedet wurde, und dessen Theile alle
so innig wie moͤglich vereinigt sind; dieß ist der Fall bei dem schwedischen
Eisen, bei dem Eisen aus dem ehemaligen Berry, aus der ehemaligen Grafschaft Foix,
wenn es gehoͤrig geschmiedet und gegerbt wurdeAvis aux. ouvriers en fer sur la fabrication de
l'acier. Paris de l'imprimerie du departement de la guerre. A. d.
O..
Der Ofen wird auf 80 bis 90° am Pyrometer geheizt, und in dieser TemperaturTemperatr 5, 6, 7, 8, ja selbst 10 Tage lang, je nachdem er weit ist, enthalten, und
endlich langsam ausgekuͤhlt.
Wenn man die Staͤbe aus den Buͤchsen zieht, so haben sie am Umfang und
am Gewicht gewonnen, und zwar desto mehr, je mehr Kohlenstoff sie innwendig
durchdrang; einige Stahlfabrikanten glauben auch, je mehr Theile sich
waͤhrend der Operation oxidirten. Die Staͤbe sind an ihrer
Oberflaͤche gewoͤhnlich blasig, daher auch dieser Stahl alasiger Stahl (acier
boursoufflé) genannt wird. Man hizt sie neuerdings, und schmiedet
sie, und sie kommen dann als Huͤhnerstahl (acier poule) in dem Handel vor, und werden wegen der
Blasen so genannt, die sich zuweilen an ihrer Oberflaͤche finden.
Dieser Stahl kann ein- zweimal oder oͤfters caͤmentirt werden, je
nachdem er zu verschiedenen Zweken bestimmt ist. Er ist hart, bruͤchig, und
sein Bruch ist blaͤttrig; die Blattern aͤndern sich vom Mittelpunkte
gegen den Umfang hin, je nachdem der Kohlenstaub mehr oder minder in das Innere
dieser Staͤbe durchdrungen ist: ein Umstand, auf welchen man wohl zu achten
hat. Denn es giebt, wie unser achtenswerthe Praͤsident in seiner technischen
Chemie bemerkteChimie appliquée aux art, par Monsier le Comte
Chaptal. Paris 1807. A. d. O., ein gewisses Ebenmaß im Stahle zwischen Kohlenstoff und Eisen: wird dieses
uͤberschritten, so wird der Stahl schlecht, und naͤhert sich entweder
dem Gußeisen oder dem weichen Eisen.
Der Caͤmenstahl laͤßt sich schwerer schmieden und schweißen, als der
rohe Stahl; er wird desto schlechter, je oͤfter man ihn in das Feuer bringt,
und wird, wenn man ihn oft geschmiedet hat, endlich zu weichem Eisen. Er fodert eine
geringere Temperatur zu seiner Haͤrtung als der rohe Stahl, erhaͤlt
durch dasselbe ein feineres Korn, wird weniger glaͤnzend auf dem Bruche, und
laͤuft, wo man ihn durch Einwirkung der Waͤrme erhizt, leichter blau
an.
Nach Tiemann muß gut caͤmentirter Stahl weiß seyn, und nach dem Haͤrten
weder schwarze Raͤnder noch schwarze Fleken bekommen.
Der Blasenstahl von Newcastle, (acier à boules de Nowcastle) von Brunck, der
in der Buͤchse geschweißte Stahl (soudé en boîte),
der wieder caͤmentirte
und aufgetriebene Stahl (recèmentè et boursoufflè) der
geschmiedete Stahl (forgè) sind Arten
von Caͤmentstahl, welchen verschiedene Zeichen aufgedruͤkt werden.
III. Gußstahl.
Man erhaͤlt den Gußstahl, wenn man in einem geschlossenen Tiegel rohen oder
Caͤmentstahl mit gestossenem Glase, etwas Kalk und Kohlenpulver, oder bloß
mit gestossenem Glase und Kohle schmilztMonge, Vandermonde et Berthollet, Avis aux
ouvrier en fer sur la fabrication de i'acier fondu. A. d. O..
Nach Vanderbroeck verfertigt man heute zu Tage den
sogenannten Marschall-Stahl und Huntzmann-Stahl (acier Marschall et acier
Huntzmann), indem man grauen und gekohlstofften
Guß und weißen Guß mit Eisenabfaͤllen, Eisenfeile und selbst mit
Stahlabfaͤllen zusammen schmilzt.
Man kann denselben nach Clouet's MethodeJournal de Mines, Tom. IX et XVIII. A. d. O. dadurch erhalten, daß man bei dem Feuer einer Schmiedeesse drei Theile
Eisen, einen Theil kohlensauern KalkMan macht auch sehr guten Clouet'schen Stahl, wenn
man Kalk statt des Kalksteines nimmt. Boussingault. Anal. de Chimie. Tom.
XVI. Jan. 1821. A. d. O. und einen Theil gebrannten Kalk in einem guten Tiegel zusammen schmilzt.
Gußstahl ist der schoͤnste, der gleichste, der gleichfoͤrmigste unter
allen im Handel vorkommenden Stahlarten, und kommt entweder roh vor, so wie er aus dem Guße tritt, oder geschmiedet und verfeinert.
Der rohe Gußstahl, der noch die cylindrische Form der Model an sich traͤgt, in
welchen er gegossen wurde, hat einen dichten, ebenen, feinkoͤrnigen,
gleichfoͤrmigen, in's weißlich Graue ziehenden Bruch, laͤßt sich
schwer schmieden, und kann nur nach hinlaͤnglicher Bearbeitung leicht
geschmiedet und geschweißt werden.
Der geschmiedete Gußstahl kommt in Staͤben von verschiedener Dike vor, und
laͤßt sich leichter schmieden und schweißen als der rohe: die Fabriken der
Hrn. Marschall und Kuntzmann sind die beruͤhmtesten.
Diese Art Stahles kann bei einer weit niedrigeren Temperatur als alle uͤbrigen
gehaͤrtet werdenPerret, Mém. sur l' acier fondu,
couronné far la Société de Genève. A.
d. O.; sein Bruch ist dicht, sein Korn fein, gleich, gleichfoͤrmig;
erblaͤßt sich ohne irgend eine Spur von einem harten oder ungleichen Korne
feilen; nimmt nach dem Haͤrten eine schoͤne Politur an, und seine
Schneide wird, ohne die mindeste Rauhheit, so fein als moͤglich.
Das Mutz (Wootz) oder der Bombay-Stahl, wahrscheinlich
derjenige Stahl, den die Griechen, nach Clemens von
AlexandrienPaedagogia II. p.
161. Colon. 1685. A. d. O., Ινδικόν
Σιδηρον nannten, und der
nach Pollux
III. S. 121. A. d. O.
Σιδηρον
ξομωμα zu Homer's Zeiten hieß,
ist Guß-Stahl, in welchem die chemische AnalysePhilosophical Transactions 1795. Journal de l'Institution royale vol. VII. Bibliothéque britannique T. XII. XIII. A.
d. O. nichts als einen geringen Antheil von Kieselerde und Thonerde, mit Eisen
verbunden, entdeken konnte. Dieser Stahl war in Frankreich schon vor jener Sendung
bekannt, in welcher Dr. Scot im Jahr 1795 denselben an
Sir Joseph Banks geschikt hat; denn 1tens sagt PerretMémoire sur l' acier, couronné par
la société de Genéve. A. d. O.
, daß er den Stahl der Damascener-Klingen untersuchte, welcher mit dem Wutz
einerlei ist, und er zeigt den Grad der Hize an, den man demselben zu geben hat.
2tens sagt Bazin
Bazin, Traitè de l'acier Strasb.
1737. Réaumur, Art de convertir en acier
etc. A. d. O., daß der Herzog von Orleans, als Regent, auf den Bericht, der ihm
uͤber Erzeugung von Damascener-Klingen aus Stahlstaͤben von indischem
StahleDiese angeblichen Stahlstaͤbe waren wahrscheinlich Stuͤke
gegossenen Stahles, die allmaͤhlig in den Tiegeln erkalteten, wie die
Gußbloͤke von Wutz. A. d. O. gemacht wurde, solchen aus Cairo kommen ließ; daß aber
die Messerschmiede und Schwertfeger denselben nimmermehr bearbeiten konnten, und
daß sie
denselben, ohne Anstand, fuͤr verwerflich
erklaͤrt haben wuͤrden, wenn nicht eine durch mehrere Jahrhunderte
unbestrittene Erfahrung den Werth desselben begruͤndet und ihnen folglich
Achtung eingefloͤßt haͤtte
Art de convertir le fer forgé en Acier.
Paris. 1722..
Chardin und Tavernier waren
die ersten, die uns mit dem indischen Stahle bekannt machten, und in dieser Hinsicht
glauben wir unseren Lesern, da die Natur des Wutz heute zu Tage mit Bestimmtheit
bekannt ist, ein Vergnuͤgen zu machen, wenn wir ihnen die, vor beinahe 150
Jahren von einem dieser beiden beruͤhmten Reisenden gesammelten Nachrichten,
die von denjenigen, welche nach ihnen die Levante bereisten, ihre Fußstapfen
verfolgten, und sie nur zu oft ausschreiben, ohne sie zu nennen, nur zu sehr
verkannt wurden, hier mittheilen. Die Nachrichten, welche Tavernier uͤber diesen Stahl uns hinterließ, sind um so
interessanter, als er schon die Weise kannte, nach welcher die Orientalen an
demselben das sogenannte damascirte, krystallinische Gefuͤge zwischen dem Dscheiohaͤr (was die Englaͤnder flowering, blumig nennen) mittelst einer schwefelsauren
Mischung, deren man sich noch heute zu Tage unter dem Namen Zagh im Oriente bedient, und den Barruel
fuͤr sauren schwefelsauren Thon und fuͤr schwefelsaures Eisen
erklaͤrt, durchschimmern zu lassen wissenWir hoffen den Dank unserer Leser zu verdienen, wenn wir hier das Verfahren
der Orientalen anfuͤhren, durch welches sie ihren Klingen das
sogenannte Dscheiohaͤr (Giohar) oder jenen Spiegelglanz, jenes
brillantne und metallische Blizen ertheilen, das eine der
vorzuͤglichsten Eigenheiten der orientalischen Waffen ist. Wir sind
dem Hrn. Baron Puymaurin, Mitgl. d. Kammer der Depurtirten, und Director der
Medaillen-Muͤnze, die Kenntniß dieses, von Hrn. Barker, englischen General-Consuls zu Aleppo mit aller
moͤglichen Sorgfalt beschriebenen Verfahrens schuldig. (Annual Register pour 1818.) So weit unser
franzoͤsisches Original, dessen Uebersezung aus dem Englischen wir
(weil die Leute von uns sagen, wir uͤbersezen gar so
erbaͤrmlich; Hesperus 1822) mit der englischen Urschrift des Hrn.
Barker in den Fundgruben des Orients von Hrn. v. Hammer, Fol. Wien 1816. 5 Band. S. 40, verglichen, und nicht ganz
treu gefunden haben. Der Hesperus mag die franzoͤsische Uebersezung
im vorliegenden Bulletin S. 361 mit der unserigen nach dem
Originale beleuchten. Bemerken muͤßen wir fuͤr unsere Leser,
daß diese Fundgruben, freilich nur als Nebensache, auch manchen technischen
und oͤkonomischen, bisher unbekannt gebliebenen, Schaz enthalten.Methode, das Giohare (Dscheiohaer) oder den Damast (flowery grain) auf den
persischen Saͤbeln, die man gewoͤhnlich Damascener-Klingen
nennt, aufzufrischen. Von Hrn. Joh. Barker, General-Consul Sr. koͤnigl. brit. Majestaͤt
zu Halep.Ich hatte mir zwei Kermani Dabans gekauft, und da ich bemerkte, daß sie an
einigen Stellen gelbliche Fleken hatten, die sie entstellten, so wandte ich
mich an einen Schwertfeger um das Dscheiohaͤr aufzufrischen.Diese Operation geschah, in meiner Gegenwart, vor Sonnen-Ausgang, weil das
helle Tageslicht, wie man mir sagte, den Arbeiter hindern wuͤrde zu
sehen, ob die Klinge gleichfoͤrmig roth gluͤht, oder nicht:
denn von der vollkommenen Gleichfoͤrmigkeit des Gluͤhens
haͤngt das Gelingen des ganzen Verfahrens ab. Die gelblichen Fleken
sind eben dadurch entstanden, daß man es an der Gleichfoͤrmigkeit des
Gluͤhens versah.Der Schwertfeger richtete einen hoͤlzernen Trog von der Laͤnge
der Klingen, und 4–5 Zoll Breite und Tiefe vor, und fuͤllte
denselben mit einer Fluͤßigkeit, die aus gleichen Theilen Schiuridsch
oder Sesam-Oel, Schoͤpsen-Talg, Jungfern-Wachs, und persischer
Naphtha (Naft, einer Art Erdharz) oder vielmehr aus den Hefen derselben
bestand, denn sie wuͤrde rein zu kostbar seyn.Er sing nun damit an, daß er in einem kleinen irdenen Topfe Holzkohlen
anzuͤndete, diese, nachdem sie in gehoͤriger Gluth standen,
nach der Figur der Klinge auf der Erde ausbreitete, und lose Steine rings um
dieselben legte, um sie bei einander zu halten.Hierauf faͤchelte er sie, bis sie uͤber und uͤber roth
gluͤhten, und legte die Klinge flach auf die gluͤhenden
Kohlen: er hatte aber vorerst den Griff umgebogen, um denselben mittelst
einer Zange paken zu koͤnnen.Sodann bedekte er die ganze Klinge auf das Genaueste mit frischer noch nie
angebrannter Holzkohle, und fuhr fort, mit einem großen tuͤrkischen
Flederwische so gleichfoͤrmig und so stark als moͤglich zu
faͤcheln, bis die lezten Kohlen eben so roth wurden als die ersten.
Als er nun glaubte, daß die Klinge heiß genug waͤre (was man
natuͤrlich nur aus Erfahrung wissen kann), um in den oben
beschriebenen Trog getaucht zu werden, so ergriff er diesen Augenblik, von
welchem das ganze Gelingen der Operation abhaͤngt: denn bleibt die
Klinge nur etwas zu lang im Feuer, so wird der ganze Dscheiohaͤr
ausgeloͤscht, und ist sie noch nicht heiß genug, oder nicht
gleichfoͤrmig in Gluth, so entsteht der Fehler, den wir eben
ausmerzen wollten.Als er die Klinge in den Trog tauchte, schien sie mir die Farbe eines alten
schmuzigen (englischen) Soldatenrokes zu haben, oder kirschroth gewesen zu
seyn.Waͤhrend er dieß that, gab er sehr darauf Acht, daß kein Theil der
Klinge vor dem anderen mit obiger Fluͤßigkeit ehe in
Beruͤhrung kam, als in dem Augenblike, wo sie ganz in derselben
untertauchte. Er ließ sie einige Minuten in dem Troge zum
Abkuͤhlen.Hierauf nahm er sie wieder heraus, legte sie auf die heißen Kohlen,
faͤchelte einen Augenblik, um das daran haͤngende
gestaͤrkte Fett in Feuer zu bringen, und als sie nicht mehr rauchte,
ließ er sie wieder kalt werden, und schabte sachte mit dem Ruͤken
eines Messers die Asche von der Masse ab, die noch daran haͤngen
blieb *).Die Holzkohle, die er brauchte, bestand aus Stuͤken von 1/2–3/4
Kubikzoll ungefaͤhr; die beßte ist jene, die aus Foͤhren
gebrannt wird: sie muß frisch und noch niemals gebraucht worden seyn, denn
einmal angezuͤndete und dann ausgeloͤschte Kohle taugt
durchaus nicht.Ich bemerkte, daß er die Klinge an ihrem dikeren Ende mehr als an der Spize
faͤchelte.Die Fluͤßigkeit in dem Troge kann bei einer großen Anzahl von Klingen
gebraucht werden; sie wird sogar je aͤlter desto besser, und darf nur
nachgefuͤllt werden, wenn sie allmaͤhlig zu wenig wird.Da die Klinge waͤhrend des Haͤrtens etwas krumm wurde, strekte
er sie, und zog sie dann auf einem kreisfoͤrmigen Schleifsteine ab.
Politur gab er ihr auf folgende Weise. Er legte sie auf ein Brett, und rieb
mit einem Stuͤke Holz, Oel und Schmergelpulver tuͤchtig
uͤber dieselbe; endlich glaͤttete er sie mit einem
Stuͤk Eisen so lang, bis sie vollkommen glaͤnzte, und von
einem gewoͤhnlichen englischen Saͤbel nicht mehr zu
unterscheiden war. Dieses Polieren dauerte fuͤnf bis sechs
Stunden.Um das Oel weg zu bringen, nahm er nun Kalk, und huͤthete sich dabei
sorgfaͤltig, die Klinge mit seinen Fingern zu beruͤhren, indem
diese von allem Fette auf das Genaueste befreit seyn muß, wenn sie das
Dscheiohaͤr gehoͤrig annehmen soll.*) Das franzoͤsische Original fuͤgt hier in (?) bei:
„Dieses Wiederauflegen der Klinge auf Kohlen scheint uns
vielmehr dazu zu dienen, derselben eine neue Frischung zu geben, und die
Haͤrtung zu mildern, als bloß das Fett wegzubringen.“
In dieser Absicht rieb er auch noch die Klinge mit Tobak-Asche und
Wasser.Er fuͤllte hierauf einen Kufen, woraus man Pferden zu trinken gibt,
und einen kleinen bleiernen tuͤrkischen Trinkbecher mit Wasser (ein
glaͤsernes oder porcellanenes Gefaͤß wuͤrde eben so gut
zu brauchen seyn, nur darf man kein anderes metallnes Gefaͤß nehmen,
als eines von Blei). *)In diesem Becher loͤste er in wenigen Minuten etwas Zagh **) in reinem Wasser auf.Er bestrich hierauf mit den Spizen seiner Finger die Klinge schnell von eben
bis unten, und ließ sich's, wie es schien, angelegen seyn, daß dieses auf
die moͤglich gleichfoͤrmigste und schnellste Weise
geschehe.Alle zwei oder drei Minuten wusch er die Klinge in dem Wasser im Kufen rein,
und wiederholte diese Operation mit der Zagh-Aufloͤsung acht- bis
zehnmal, naͤmlich so lang, bis er sah, daß das Dscheiohaͤr auf
neues Befeuchten mit dem Zagh nicht wehr deutlicher hervortrat.Hierauf troknete er die Klinge und beoͤlte sie. Wenn die lezte,
Operation im Winter vorgenommen wird, so muß das Wasser, in welchem man das
Zagh aufloͤst, etwas erwaͤrmt werden.Die Namen, unter welchen die verschiedenen Arten von Damascener-Klingen
vorkommen, sind, nach ihrem Range gereiht, folgende: 1. Kermani Daban; 2.
Lahori Karà-Khorasàn; 3. Lahori Neiris; 4. Dischi
Dabaͤn; 5. Herkèk Dabàn; 6. Elif Stambul; 7. Eski
Scham; 8. Bayaz Khorasàn; 9. Sari Hindi; 10. Kaum Hindi.Es gibt Saͤbel, welche, wie die persischen Feuergewehre, nur mit jener
Art von Stahl, der das Dscheiohaͤr gibt, platirt oder
uͤberzogen sind; sie lassen sich aber leicht erkennen, wenn man sie
am Ruͤken sorgfaͤltig untersucht.Die Kunst das Metall zu gießen, aus welchem die persischen Klingen verfertigt
werden, ist verloren gegangen, obschon noch immer einzelne Klumpen vorkommen,
welche, ihrer Form nach, zeigen, daß sie in Modeln gegossen wurden.Sie werden zu Klingen fuͤr Saͤbel, Dolche und Messer
verarbeitet, sind aber zuweilen nicht haͤmmerbar genug, um auf irgend
etwas benuͤzt werden zu koͤnnen, wahrscheinlich weil auch die
Kunst sie gehoͤrig zu bearbeiten zugleich mit jener sie zu gießen und
zusammenzusezen (denn sie scheinen nicht ein einfaches unzusammengeseztes
Metall zu seyn) verloren ging.Anweisung das sogenannte Wasser auf den persischen
Flinten-Laufen aufzufrischen.Man nimmt den Lauf, der durch Abnuͤzung waͤhrend des Gebrauches
oder durch Rost sein schoͤnes Wasser verloren hat, und reibt ihn Mit
grobem Papiere (scowering paper) oder mit etwas
anderem, bis er gewoͤhnlichem gemeinen Eisen gleicht.Man treibt hierauf einen Stok in denselben, der stark genug ist, um ihn
mittelst desselben aufrecht zu halten, damit man waͤhrend der
Operation den Lauf nirgendwo beruͤhren duͤrfe. Hierauf
verfertigt man einen Teig aus einer Art von Schwefel (die hier Keibriht el
Dschemel (Kibreet el Gemel) heißt), Salmiak und
gemeinem Salze und Wasser in folgendem Verhaͤltnisse;
naͤmlich, von ersterem 180 Drachmen, von dem zweiten 12 Drachmen, und
von dem dritten 13 Drachmen. Nachdem diese Mischung die Consistenz von etwas
festem Thone erhalten hat, streicht man sie oder traͤgt sie so auf,
daß die ganze Oberflaͤche des Laufes ein Zoll dik oder etwas
daruͤber davon bedekt wird: man muß hiebei vorzuͤglich Acht
geben, daß, waͤhrend der Thon so genau als moͤglich an dem
Laufe ankleben gemacht wird, nicht die mindeste Luft dazwischen komme,
indem, wo immer ein Luftblaͤschen auf dem Laufe eingeschlossen
bleibt, und der Teig folglich nicht in genaue Beruͤhrung mit dem
Laufe kommt, dieser von den aͤzenden Eigenschaften dieses Teiges
nicht angegriffen werden kann. Der Teig muß naß aufgetragen werden, und eine
hinlaͤngliche Zeit auf dem Laufe liegen bleiben, deren Dauer
uͤbrigens von dem Zustande der Atmosphaͤre abhaͤngt. In
dem Versuche, welchen ich anstellte, blieb dieser Teig mitten im Sommer der
Luft in dem Schatten eines Zimmers 24 Stunden lang ausgesezt. Der
Schwertfeger sagte mir, daß des Winters die belegten Laͤuse in eine
maͤßig warme Atmosphaͤre kommen muͤßen.Die Kunst den Stahl zu den persischen Saͤbel-Klingen zusammen zu sezen (denn
er ist zuverlaͤßig eine Mischung) ist, ohne allen Zweifel, verloren
gegangen; man sagte mir aber, daß das Eisen zu den Flinten- und
Pistolen-Laͤufen noch immer in einigen Staͤdten Persiens und
der Tuͤrkey verfertigt wird.Man versicherte mir, daß sie durch Zusammenflechtung gewißer Mengen sehr
lang, gezogenen Stahles und Eisens, die dann wieder ausgezogen, werden, und
so fort, bis die beiden Metalle sich genau in einander verkoͤrpern,
verfertigt werden, wodurch dann durch obige Operation auf ihrer
Oberflaͤche jenes, wogige und blumige Korn entsteht, welches sie so
sehr auszeichnet.Wenn dieß der Fall ist, so scheint es, daß der Thon nur die unreinen Theile
dieser Composition anaͤzt, und die Stahladern alle in ihren Windungen
sichtbar und in einem gewißen geringen Grade sogar fuͤhlbar
macht.Chemische Versuche mit dem Sagh. (Im
Auszuge.)Hr. v. Jacquin konnte nicht mehr als 4 Grane der
Analyse unterwerfen. Er beobachtete daran Folgendes:„1. Im Wasser loͤst er sich groͤßten Theils leicht
zu einer wasserklaren Solution, mit Ruͤkstand einer bloß
ziegelrothen Erde auf. 2. Diese Aufloͤsung wird a) durch reinen Ammoniak ziegelroth
gefaͤllt, und ein Uebermaß desselben bringt selbst durch
laͤngere Zeit an der Luft, keine blaͤulichte, Farbe
hervor. b) kohlensaurer Kalk faͤllt
ebenfalls ziegelroth. c) aͤzendes
Kali faͤllt ihn Hochziegelroth. d)
dasselbe im Uebermaße zugegossen, scheint nur sehr wenig wieder
aufzuloͤsen, und, die klar filtrirte Fluͤßigkeit wird
nachher auch durch Salzsaͤure kaum getruͤbet. e) blausaures Eisenkali faͤllt ihn
gleich dunkelblau, und f)
Gallaͤpselaufguß, gleich schwarz. g)
salzsaurer Baryt faͤllt haͤufig weiß. h) schwefelsaures Silber reagirt gar nicht.
i) auf Lakmus-Papier reagirt die
Aufloͤsung stark sauer. 3. Mit trokenem Aezkalk gerieben konnte
ich keinen Ammoniak-Geruch bemerken. 4. Der Geschmak der Substanz ist
sehr styptisch. Meiner Meinung nach besteht diese Substanz
groͤßten Theils aus schwefelsaurem Eisen (Eisen-Vitriol) mit
etwas schwefelsaurer Thonerde mit Eisenoxid und Thonerde gemengt. Unter
den beschriebenen Fossilien hat diese Substanz wohl die meiste
Aehnlichkeit mit der von den aͤlteren Mineralogen sogenannten
Bergbutter, wovon Klaproth eine Beschreibung und Analyse von jener Art
gegeben hat, die vom Ictisch und Altai kommt. Ich erinnere mich auch,
Mineralogen erwaͤhnen, es werde ein aͤhnliches Fossil von
den Caravanen in Aegypten als Handelswaare gefuͤhrt.“Jacquin.*) Dieser Umstand, daß man ein bleiernes Gefaͤß nehmen muͤße,
zeigt deutlich, daß das Zagh eine schwefelsaure
Mischung ist, die sich in einem anderen Metalle zersezen wuͤrde, wie
es auch Hr. Barruch erwiesen hat, der, wie wir
oben, bemerkten, fand, daß das Zagh eine
natuͤrliche Zersezung von Alaunschiefer und Schwefelkies ist, welche
ein Gemenge von saurer schwefelsaurer Thonerde und schwefelsaurem Eisen
bildet.**) Das Zagh, dessen der Schwertfeger sich hier,
bediente, kommt aus den Bergen der Drusen: man findet es sonst nirgendwo. Es
ist eine Erde, welche von einer Mineralquelle nahe bei Ghazir erzeugt wird,
und haͤlt, wie ich glaube, viel Vitriol oder Alaun. Hr. Jos. v. Jacquin hatte die Guͤte, dieses Zagh einer
chemischen Analyse zu unterwerfen, deren Resultat am Ende dieses Aufsazes
beigefuͤgt ist. A. d. O..
Die Perser, sagt Tavernier, verstehen sehr gut ihre
Saͤbel mittelst Vitriols zu damasciren, und eben so ihre Messer und andere aͤhnliche
WerkzeugeVoyage de Tavernier en Turquie, en Perse, et aux
Indes. Edit. de 1676. Chap. 22. p. 607. A. d. O.; allein auch die Natur des bei denselben angewendeten Stahles traͤgt
sehr viel dazu bei; denn
sie koͤnnten weder aus dem ihrigen, noch aus dem unserigen dasselbe
verfertigen. Dieser Stahl kommt aus Golconda, und ist allein derjenige, der sich damasciren
laͤßt: auch ist er ganz verschieden von dem unseligen: denn wenn man ihn zur
Haͤrtung in das Feuer bringt, darf man ihm nur eine
schwache Roͤthe, ungefaͤhr wie kirschroth geben; und statt
ihn, wie wir es mit unserem thun, in Wasser zu stoßen, darf er nur in ein nasses Tuch
gewikelt werden; denn, wenn man ihm dieselbe Hize, wie dem unserigen gaͤbe,
wuͤrde er so hart werden, daß er bei der weiteren Verarbeitung wie Glas
brechen muͤßte.
„Man verkauft diesen Stahl in Kuchen von der Groͤße eines Brotes,
das man um einen Sou erhaͤlt, und, um zu sehen, ob er gut und nicht
verfaͤlscht ist, (denn mancher ist nicht gehoͤrig zubereitet, und
laͤßt sich nicht damasciren) schlaͤgt man ihn entzwei: ein
Stuͤk reicht zu einem Saͤbel hin. Ein solcher Stahlkucken, der zu
Golconda nur 9–10 Sous kosten wuͤrde, wird in Persien mit 4 bis 5
Abassis (der Abassi galt zu Tavernier's Zeiten, um 1650), 18 1/2 Sous unseren
Geldes, bezahlt; und je weiter er verfuͤhrt wird, desto theuerer kommt er
zu stehen: in der Tuͤrkey gilt er schon an 3 Piaster, und er wird nach
Constantinopel, nach Smyrna, nach Aleppo und nach Damascus verfuͤhrt; an
lezteren Ort kam er ehemals, als der indische Handel auf dem rothen Meere
uͤber Cairo seinen Zug hatte, am allerhaͤufigsten. Heute zu Tage
wo der Koͤnig von Golconda die Ausfuhr dieses Stahles aus seinem Lande
auf alle Weise erschwert, sucht auch der Schach von Persien auf alle erdenkliche
Art zu hindern, daß der bereits eingefuͤhrte nicht wieder
hinausgeschleppt wird.“
„Ich schreibe diese Bemerkungen nieder“ sagt Tavernier
„um diejenigen zu Recht zu weisen, welche glauben, die
tuͤrkischen Saͤbel und Messer wuͤrden aus Stahl von
Damascus verfertigt, was unrichtig ist, indem, wie ich sagte, es keinen anderen
Stahl, als Golconda-Stahl, gibt, der sich damasciren laͤßt, ohne, wie der
unserige, durch diese Operation zerfressen zu werden.“
4. Legierter Stahl.
Wir verdanken den HHn. Stodart und Faraday, welche uns die erste Analyse des Wutz mittheilten, auch die erste
Kenntniß der Stahl-Legierung, namentlich der Verbindung des Stahles mit
gekohlstofftem Eisen. Diese neu entdekten Stahlarten scheinen von dem
wohlthaͤtigsten Erfolge fuͤr die Kuͤnste seyn zu muͤßen;
indessen kennen wir ihre Eigenschaften noch zu wenig, um dieselben beschreiben zu
koͤnnen: die Zeit, und vor allem die Erfahrung, wird uns allein die Zweke
kennen lehren, zu deren Erreichung sie vorzuͤglich geschikt sind, und die
Kuͤnste, welche sich vorzugsweise derselben an der Stelle der
gewoͤhnlichen Stahl-Arten werden bedienen koͤnnen. Wir wollen uns hier
bloß darauf beschraͤnken, diese Stahl-Legierungen aufzuzaͤhlen, und
diejenigen besonders bemerken, deren Erfolg bereits erwiesen ist.
1) Stahl mit gekohlstofftem Eisen und Aluminium oder Silicium. Ueber die Natur und die
Eigenschaften dieses Stahles kann man die Abhandlung der Herrn Stodart und Faraday in den Annales de Chimie et de Physique October 1820
nachschlagen. Wir beschraͤnken uns bloß auf die Bemerkung, daß nach diesen
Chemikern, so wie auch nach unseren Versuchen mit dem damascirten Stahle aus
gekohlstofftem Eisen des Sir Henry, die wesentliche Eigenschaft dieses Stahles darin
besteht, daß er seine Damascirung auch nach dem Schmelzen ohne alle Zuthat
behaͤlt.
2) Stahl mit Silber. Die Herren Stodart und Faraday haben, nachdem sie nach und
nach 200, 300, 400, und endlich 500 Theile Stahles mit Einem Theile Silber
legierten, hiedurch eine Stahl-Legierung erhalten, die sich obschon aͤußerst
hart, doch vollkommen gut schmieden ließ, und welche, nach ihrer Versicherung, entschiedene Vorzuͤge vor dem beßten Stahle
besizt, welche Vorzuͤge ihnen einzig und allein von dem geringen Antheile des
damit verbundenen Silbers herzuruͤhren scheinen. Man hat aus diesem Stahle
verschiedene schneidende Werkzeuge von der beßten Qualitaͤt verfertigt.Annales de Chimie. T. XV. pag. 127. A. d. O.
3) Stahl und Rhodium. Diese
Legierung, welche die englischen Chemiker nach dem Rathe des Dr. Wollaston mit dem beßten Erfolge versuchten, besteht aus 1 bis 2
Theilen Rhodium und 100 Theilen Stahl. Sie betrachten diese Legierung als die
vorzuͤglichste, indem sie, wo sie von den Eigenschaften und Vorzuͤgen
des Silber-Stahles sprechen, beifuͤgen, daß dieser Silber-Stahl dem
Rhodium-Stahle allein nachstuͤnde, dessen ausgezeichnete Haͤrte so
merkwuͤrdig ist, daß, wenn man einige Stuͤke desselben durch neues
Feuer erweicht, diese um 30° Fahrenheit (ungefaͤhr 17° am
hundertgraͤdigen Thermometer) mehr Hize fodern als das beßte Wuz, das selbst
schon um 40° Fahrenheit (22° am hundertgraͤdigen Thermometer)
mehr Hize fodert, als der beßte englische Guß-Stahl.
4) Stahl und Platinna. Das
tauglichste Verhaͤltniß zur Stahlverbesserung ist, nach Stodart und Faraday, 1 bis 3 zu 100, oder noch
besser 1,50 Platinna auf 100, wenn man schneidende Instrumente daraus verfertigen
will. Wir wissen nicht in welchem Verhaͤltnisse Herr Degrand-Gurgey
Bulletin de la Société
d'Encouragement. N. CXC. 1820 et CC. 1821. A. d. O., welchem die Société
d'Encouragement im Jahr 1820 fuͤr seine mit Platinna damascirten
Klingen eine Medaille zuerkannte, seinem Stahle Platinna zusezt; wir hatten aber
Gelegenheit, uns von der Vortrefflichkeit seiner Stahl-Legierungen zu
uͤberzeugen, welche gegenwaͤrtig nicht bloß in Frankreich, Italien,
Rußland, und in Amerika, sondern selbst im Oriente, wo Degrand-Gurgey bedeutende Sendungen hin macht, den groͤßten Absaz
finden.
5) Stahl und Chromium. Den
Chrom-Stahl verdanken wir unserem Collegen, dem Markscheider Herr Berthier. Er machte diese Legierung in dem
Verhaͤltnisse von 0,010 und von 0,015. Herr Mérimée, der dieselbe von einem unserer ersten
Messerschmiede, Herr Cardaillac, pruͤfen ließ,
fand, daß er vollkommen haͤmmerbar war, und daß die erstere dieser
Legierungen sich sogar noch leichter bearbeiten ließ, als reiner Guß-Stahl. Man hat
ein Messer und ein Barbiermesser daraus verfertigt: die Schneide beider, die man
sehr gut fand, war hart und solid. Diese Klingen bothen eine schoͤne
weißaderige Damascirung dar, die selbst sehr stark silberweiß glaͤnzte. Man
wird diesen Stahl zu allem brauchen koͤnnen, wozu man damascirten Stahl
noͤthig hatteUeber die Verbindungen des Chromes mit dem Eisen und mit dem Stahle. Annales de Chimie et de Physique. T. XVII. May 1821. A. d. O..
Die uͤbrigen Stahl-Legierungen wollen wir umgehen, und bemerken nur noch, daß
die Herren Stodart und Faraday
eine gute Legierung aus Gold und Stahl erhielten. Sie geben aber die
Verhaͤltnisse nicht an, und gestehen, daß sie noch keine Erfahrung
uͤber diese Legierungsart besizen. Herr Bréant hat aͤhnliche Legierungen versucht, uͤber
welche Herr Mérimée neulich einen zweiten
Bericht erstattete.
Wir glauben hier noch des Kiesel-Stahles erwaͤhnen zu muͤssen, den Boussingault
Note sur les combinaisons du Silicium avec le platine
etc. Annales de Chimie. T. XVI. Jan.
1821. A. d. O. nach Art des Clouet'schen Guß-Stahles erhalten zu
haben versichert, und in welchem er 99,20 Eisen und 0,80 Silicium ohne allen
Kohlenstoff gefunden hatJournal des Mines. T. XVIII. A. d. O.. Dieser Stahl ließ sich schwerer haͤmmern, als Bérardière's Guß-Stahl;
Salpetersaͤure erzeugte keine Fleken auf demselben, er loͤste sich in
verduͤnnter Schwefelsaͤure schwer auf, und behielt waͤhrend
seiner Aufloͤsung seinen Metall, Glanz.
Als Anhang wollen wir hier noch des Meteor-Eisens erwaͤhnen, als einer
natuͤrlichen Chrom- und Nikel-Legierung, aus welchem man durch Schmieden
damascirten krystallinischen Stahl von der beßten Eigenschaft, und vollkommen
aͤhnlich dem indischen Stahle erhalten hat. Herr Sowerby hat eine Degenklinge aus Suͤdafrikanischem Meteor-Eisen
verfertigen lassen, die Herr Barrow mitbrachte, und in
welcher Tennant bis an 10 Theile Nikel auf 100 Theile Eisen gefunden hatAnnales de Chimie anglaisses. T. XIII. pag. III. Annales des
Mines de France. II. Livrais. 1820. pag. 260.. Diese Klinge erhielt durch Haͤrtung eine große Elasticitaͤt,
und ist gegenwaͤrtig ein Eigenthum des Czar aller ReußenWir haben in der schoͤnen Sammlung des Herrn Gillet de Laumont, General-Inspectors der Bergwerke, ein
Stuͤk des zu Ellenbogen bei Eger gefallenen Meteor-Steines gesehen,
welches viel gediegenes Eisen enthielt, das unter Winkeln von 60 und
120° krystallisirt war, und welches Herr Gillets de Laumont als Analogon desjenigen Eisens betrachtete, aus
welchem man die damascirten Klingen verfertigt. Journal de Mines T. 38 2 Semester 1815 pag. 232. Diese Bemerkung des Herrn Gillet
de Laumont veranlaßte uns ehe wir noch von Sowerby's schoͤner Idee Kunde erhielten, ein Stuͤk
gediegen Meteor-Eisen arbeiten zu lassen. Herr Sir
Henry bearbeitete dasselbe mit dem gluͤklichsten Erfolge,
und entbloͤßte das Gefuͤge desselben, in welchem wir genau
jene krystallinischen Elemente fanden, von welchen Herr Gillet de Laumont spricht..
Herr Héricart de Thury geht nun im 2 §. zur
Betrachtung und
Wuͤrdigung der von Herrn Sir Henry vorgelegten
damascirten Saͤbel, Messer und schneidenden chirurgischen Instrumente
uͤber, welche derselbe nach Herrn Barruel's Rathe
verfertigte; er beschreibt die Stahlhuͤtte desselben zu Bougival in der alten Muͤhle du Regard,
die aus zwei Herden besteht, ein Rad von 6 Metern im Durchmesser treibt alle seine
Polier-Werke und einen Hammer von ungefaͤhr 75 Kilogrammen. Er
beschaͤftigt auf dieser Huͤtte 25 Arbeiter.
„Was den Guß des Stahles betrifft“, so bedient Herr Sir Henry sich ohne Unterschied des englischen wie des
franzoͤsischen, und schmilzt entweder jeden einzeln oder beide in
verschiedenen Verhaͤltnissen gemengt, und zwar in einer Menge von 10 bis 12.
Kilogrammen ungefaͤhr. Die Bereitung, die er seinem Stahle gibt, ist eine Art
von Caͤmentation, welcher er sowohl den rohen als den Guß-Sahl vom ersten,
zweiten oder dritten Flusse unterwirft. Diese Operation dauert mehrere Tage und nach
der laͤngeren oder kuͤrzeren Dauer derselben unterscheidet er seinen
zugerichteten Stahl in Stahl von leichter, mittlerer, starker und hoher Verbindung
(acier de légère, moyenne, fort et haute
combinaision). Wir koͤnnen und duͤrfen seinen
Caͤmentations-Apparat nicht beschreiben, sind aber nicht von ihm beauftragt
zu sagen, daß sein Hauptmittel gepulverte Holzkohle ist, daß er aber in einigen
Faͤllen sich auch des gekohlstofften Eisens bediene, um dem Stahle
krystallinisches Gefuͤge zu geben. „Unter
zubereiteten Stahl des Sir Henry versteht Herr Héricart de Thury also caͤmentirten Stahl.“
Hinsichtlich der Damascirung hat Herr Sir Henry weniger
auf die Zeichnung oder das sogenannte Wasser Ruͤksicht genommen, als auf
Veredlung des Stahles selbst. Seine Untersuchungen und Arbeiten uͤber den
Stahl brachten ihn auf die natuͤrlichste Weise auf die Entwikelung der
constituirenden Theile desselben, oder auf die Damascirung, die er bloß als Folge
seiner Art, den Stahl zu bereiten, betrachtet, welche in der Stahl-Masse das
damascirte Gefuͤge erzeugt. Da er auf das Damasciren keinen besondern Werth
legt, so bemuͤhte er sich auch nicht, die wahre indische oder orientalische
Zeichnung auf seinem Stahle hervorzurufen, die man indessen auch auf seinem aus
kohlenstoffhaltigen Eisen gefertigten Stahle von hoher Verbindung mehr oder minder deutlich
wahrnehmen kann. Uebrigens ist die Damascirung auch an diesem lezteren Stahle weder
so deutlich, noch so elegant als jene am Platinn-Stahle des Herrn Degrandgurgey zu
Marseille; sie ist an dem Stahle des Herrn Sir Henry, und
zwar 1tens an dem Schweiß-Stahle und an allen aus diesem und aus dem Roh-Stahle
gebildeten Gemengen gebaͤndert, moirartig, gewunden, oder
rosetten-aͤhnlich; 2tens an dem Guß-Stahle krystallinisch, schuppig, faserig,
jaspisartig oder punctirt, was an diesem Stahle, wie an dem indischen, Folge der
mehr oder minder vollkommenen Krystallisation der lezten Bestandtheile zu seyn
scheint, welche, nach der Bereitungsart des Herrn Sir
Henry, durch ploͤzlich einwirkende starke Hize zerrissen oder von
einander getrennt werden, und daher in diesem Guß-Stahle, wie in dem indischen,
selbst bei'm neuen Schmelzen im Tiegel die kristallinische Damascirung behalten.
Herr Héricart de Thury unterzog die rohen
Stahlarten, welche er Herrn Sir Henry zur Bearbeitung
uͤbergab, einer Analyse, und analysirte hierauf den daraus erhabenen, von Sir Henry bearbeiteten, Stahl. Folgende Tabelle
gewaͤhrt eine Uebersicht dieser Analysen.
Arten des Stahles.
Eisen.
Kohlst.
Silic.
Phosph.
Verschiedene nicht mehrwaͤgbare Substanzen.
I. Guß-Stahl
–
–
–
–
1*) Roher Guß-Stahl.
–
–
–
–
Martial oder
–
–
–
–
Marschall
98,925
0,520
0,550
–
0,005 Anzeig. von Braunsteinund Thonerde.
Derselbe zubereitet von Sir Henry
98,915
0,545
0,540
–
– Spuren.
2) Englisch. Guß-Stahl. Huntsmann
99,435
0,330
0,235
–
– Anzeigen v. Alaun.
Derselbe zubereitet von Sir Henry
99,445
0,340
0,215
–
– –
3) Guß-Stahl von de la Berardière
99,360
0,325
0,315
–
– Spuren v. Kupfer.
Derselbe zubereitet von Sir Henry
99,360
0,335
0,305
–
– Ebenso.
––––––––––––––––––
*) Boussingault sand in Clouet's Stahle
99,442
0,333
0,225
–
– –
Arten des Stahles.
Eisen.
Kohlst.
Silic.
Phosph.
Verschiedene nicht mehr waͤgbare Substanzen.
II. Caͤment-Stahl.
1**) Caͤment-Stahl.
98,830
0,866
0,304
–
– Anzeigen v. Phosph.
Derselbe zubereitet von Sir Henry
98,835
0,885
0,280
–
– –
III. Roher-Stahl.
1) Ungrisch. roher Stahl
98,945
0,250
0,805
–
– –
Derselbe zubereitet von Sir Henry
98,950
0,265
0,785
–
– –
2) Roher Stahl, acier de Rives
99,165
0,250
0,585
–
– –
Derselbe zubereitet von Sir Henry
99,170
0,275
0,555
–
– –
–––––––––––––––––
**) Vauquelin im Kemmelsdorffer Caͤment-Stahle
(
98,531 97,587
(
0,789 0,631
0,315 0,252
0,345 1,520Es ist auffallend, daß Vauquelin und Herr
Héricart de Thury bloß im
caͤmentirten Stahle Spuren von Phosphor fanden. Lezterer
sagte oben, er sehe den Grund der Anwendung thierischer Kohle bei
der Caͤmentirung nicht ein. Wenn, wie gewiß ist, in der
thierischen Kohle Phosphor ist, so laͤßt sich der Grund des
Vorzuges, den einige, welche Sproͤdigkeit des Stahles mit
Haͤrte verwechseln, der thierischen Kohle geden, wohl
vermuthen. A. d. Ueb.
Herr Héricart de Thury beschreibt von Seite 572 bis
578 die Proben, welche er mit dem Stahle des Herrn Sir
Henry in Bezug auf seine Homogeneitaͤt und sein Korn, auf die
Leichtigkeit in seiner Bearbeitung, auf seine Haͤrte, auf seinen
Koͤrper und seine Staͤrke und auf seine Elasticitaͤt anstellte,
und fuͤhrt Seite 579 die schmeichelhaften Zeugnisse an, welche die ersten
Wundaͤrzte Frankreichs, Larrey, Percy, Dubois etc. den Instrumenten des Herrn
Sir Henry ertheilten. Eben solches Lob ertheilt er
auch den von Herrn Sir Henry verfertigten Waffen, und
traͤgt am Schlisse auf Ertheilung der goldenen Medaille fuͤr diesen
wakern Mann an, der ihm zwar alles zeigte, was er machte, nicht aber, wie er es
machte. Hiemit entschuldigt auch Herr Héricart de
Thury, der sich in den von ihm angestellten und beschriebenen Proben als
feiner Stahlkenner beurkundete, den Mangel des Details in der Beschreibung der
Stahlbereitung des Herrn Sir Henry.