Titel: | Ueber eine sehr schöne grüne Farbe. Von Hrn. Heinr. Braconnot. |
Fundstelle: | Band 9, Jahrgang 1822, Nr. LXX., S. 451 |
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LXX.
Ueber eine sehr schöne grüne Farbe. Von Hrn. Heinr. Braconnot.
Aus den Annales de Chimie. Septemb. 1822. S. 53.
Braconnot über eine sehr schöne grüne Farbe.
Hr. Noel, der eine ansehnliche
Papiertapeten-Fabrik zu Nancy besizt, gab mir eine ungemein schoͤne
gruͤne Farbe, die seit einigen Jahren im Handel vorkommt, zur Analyse. Et
versicherte mir, daß ein Farben-Fabrikant zu Schweinfurt das Geheimniß
besize, dieselbe zu verfertigen, und sie nach allen HauptstaͤdtenHanptstaͤdten Europens versende. Ich untersuchte diesselbe und erkannte sehr bald, daß
sie eine dreifache Verbindung von unvollkommener Arseniksaͤure, Deuteroxid
von Kupfer-Hydrat, und Eßigsaͤure ist. Sie naͤhert sich also
dem Scheel'schen Gruͤn; dieses ist aber, damit
verglichen, sehr dunkel zu nennen.
Wenn die Analyse dieser Farbe nicht schwer war, so war die Zusammensezung derselben
nichts weniger als leicht. Durch Beharrlichkeit uͤberwand ich indessen alle
Schwierigkeiten, und erreichte meinen Zwek.
Ich glaubte anfangs diese dreifache Verbindung dadurch zu erhalten, daß ich
Scheel'sches Gruͤn mit destillirtem Essige begoß; allein das schoͤne
Gruͤn kam weder von selbst, noch durch Einwirkung der Waͤrme hervor.
Die Methode, die mir unter allen so ziemlich (passablement) gelang, ist folgende: Ich loͤse 6 Theile
schwefelsaures Kupfer in einer geringen Menge warmen Wassers auf, und koche 6 Theile
Arsenik-Oxid mit 8 Theilen kaͤuflicher PottascheDie Pottasche, deren ich mich bediente, war von Mittlerer Guͤte; sie
zeigte 45° an Decroizilles Alkalimeter. A. d. D. so lang, bis kein kohlensaures Gas sich mehr entwikelt Ich wische dann diese
Aufloͤsung noch warm allmaͤhlig mit der ersteren unter stetem
Umruͤhren, bis kein Aufbrausen mehr Statt hat. Es bildet sich nun ein
haͤufiger, schmuzig gelblich gruͤner, Niederschlag, welchem ich
ungefaͤhr 3 Theile EßigsaͤureDrei Gramme dieser Saͤure, aus Holz bereitet, loͤsten 0,45
Gramme kohlensauren Kalk auf. A. d. D. zuseze, oder soviel, daß man nach der Mischung etwas
uͤberschuͤßige Eßigsaͤure riechen kann. Nach und nach vermindert
sich der Niederschlag dem Umfange nach, und im Verlaufe einiger Stunden
schlaͤgt sich von selbst am Boden der farbenlos gewordenen Maͤßigkeit
ein etwas krystallinisches, sehr schoͤn gruͤnes, Pulver nieder. Die zu
lang daruͤber stehende Fluͤssigkeit koͤnnte das
Arsenik-Oxid zersezen und blasser machen, und muß daher abgegossen und die
Farbe mit einer großen Menge siedenden Wassers abgewaschen werden, um die lezten
Theilchen des uͤberschuͤßigen Arsenikes davon zu entfernen.
Man muß sich wohl huͤten, der Aufloͤsung von schwefelsaurem Kupfer
uͤberschuͤßige arseniksaure Pottasche zuzusezen, weil hiedurch bei
Saͤttigung mit Eßigsaͤure, die in der Mischung etwas
uͤberschuͤßig vorkommen und kein Aufbrausen mehr erzeugen muß, nur
Verlust entstehen wuͤrde: dieß ist auch der Grund, warum man eine mit
Arseniksaͤure vollkommen gesaͤttigte Pottasche anwenden muß;
allerdings bleibt ein Theil unvollkommene Arseniksaͤure in der Mutterlauge;
diese kann aber zur Bereitung von Scheel'schem Gruͤn dienen, das man bei
geringen Papiersorten verwenden kann. Es hat mir geschienen, daß, wenn man der
Mischung, ehe das schoͤne Gruͤn sich zeigt, etwas weniges von leztern
zusezt, dasselbe sich schneller bildet, so ungefaͤhr wie ein Krystall, in
eine analoge Aufloͤsung geworfen, die Krystallisation foͤrdert.
Dieses Verfahren haben wir in Hrn. Noel's Fabrik mehr im Großen angewendet, und uns
dabei einer arseniksauren Pottasche bedient, die aus 8 Theilen Arsenik-Oxid,
statt aus 6, bereitet war. Die Fluͤßigkeiten waren concentrirt. Einige
Stunden nach der Mischung bildete sich an der Oberflaͤche ein Hautchen von
ungemein schoͤner gruͤner Farbe. Wir sezten das Gemenge der
Waͤrme aus, und es schlug sich ein schweres Pulver nieder, das mit vielem
Wasser abgefuͤhrt wurde, um es von allem uͤberschuͤßigen
Arsenik zu reinigen. Das Gruͤn, das wir erhielten, war praͤchtig, und
wurde von einigen fuͤr staͤrker gehalten, als jenes von Schweinfurt.
Wir erhielten es noch nie so schoͤnDiese Farbe kam urspruͤnglich unter dem Namen Wienergruͤn in den. Handel; spaͤter wurde sie in
Schweinfurt nachgeahmt, und unter dem Namen Schweinfurtergruͤn in Handel gebracht. Herr Liebig gibt
uns, in Buchner's Repertorium der Pharmacie Bd.
13. S. 446. zur Darstellung dieser Farbe folgende Vorschrift. „4
Theile Gruͤnspan loͤse man in einer hinreichenden Menge
Eßig auf. Nun loͤse man 3 Theile weiße arsenichte Saure
(gestoßenen weißen Arsenik) in (9 Theilen) Eßig auf, und gieße diese
Aufloͤsung zu der Gruͤnspanaufloͤsung. Die Mischung
wird hierauf verdunstet, wo sich diese schoͤne gruͤne
Farbe nach und nach in bedeutender Menge in krystallinischer
Form, abscheidet. Die uͤbrigbleibende Fluͤßigkeit kann
wieder zu einer folgenden Bearbeitung verwendet werden.“ Hr.
Prof. Kastner gibt in einem Nachtrage a. a. D. S.
469 zur Darstellung, des Schweinfurtergruͤn folgende Vorschrift
„Zehn Pfund Gruͤnspan werden mit so viel Regenwasser im
kupfernen Kessel erhizt, daß das Ganze einen fluͤßigen Brei
darstellt; dieser wird durch Abschaͤumen gesaͤubert, der
Schaum mit Eßig ausgewaschen, die saurr Auswaschfluͤßigkeit dem
Breie beigemischt, und dieser durch ein sehr seines Sieb getrieben. Der
Kessel wird nun wohl gesaͤubert, darauf 20 Maß Regenwasser und 8
bis 9 Civilpfund sein gepulverter weißer Arsenik (arsenichte
Saͤure) hineingeschuͤttet, 2 bis 3 Stunden hindurch
siedend erhalten, die waͤßrige Loͤsung durch Leinwand
geseihet, und wiederum in dem Kessel erhizt. Waͤhrend sie nun zum
zweiten Male siedend heiß ist, sezt man ihr die zuvor durch das Sieb
gelaufene Gruͤnspanfluͤßigkeit zu, dabei das Ueberlaufen,
welches durch Aufbrausen (Kohlensaͤure-Entweichung)
eintritt, durch allmaͤhliges Zugießen verhuͤtend. Man
kocht nun die Maͤßigkeit so lange, bis das uͤberstehende
Fluͤßige vollkommen klar erscheint, gießt dasselbe ab und sammelt
den farbigen Bodensaz auf einem leinenen Seihzeuge. Die
uͤberstehende Fluͤßigkeit enthaͤlt noch arsenichte
Saͤure und wird wiederum zur naͤchsten
Arsenikloͤsung verwendet. Sollte der Gruͤnspan sehr reich
an Kupferblaͤttchen seyn, so waͤhlt man statt des
Regenwassers Essig zur Aufloͤsung; so wie dieser
uͤberhaupt die Aufloͤsung und Gegenwirkung des
Gruͤnspans bekanntlich sehr befoͤrdert. Sollte bei einer
vorlaͤufigen Probe die Farbe in's Graue spielen, so darf man den
Essig nicht sparen. Mengt man dem Niederschlage 1/3 Pfeiffenthon zu, so
verliert die Farbe desselben nur wenig an Saͤttigung und gewinnt
hingegen an Lebhaftigkeit.“
10 Pfund guter Gruͤnspan und 8 Pfund weisser Arsenik geben 15 Pfund
Schweinfurtergruͤn. Die vom
gruͤnen Niederschlage gesonderte Fluͤßigkeit, muß mit
Gruͤnspan-Aufloͤsung versetzt vollkommen farblos
erscheinen; ist dieß nicht der Fall, so enthaͤlt sie noch arsenichte
Saure. Wenn die vorstehende Vorschrift genau befolgt wird, so soll die Farbe
sehr lebhaft ausfallen. D.. Vielleicht lassen sich noch zwekmaͤßigere Verhaͤltniße, als die hier
angegebenen, finden: ich glaube indessen den Kuͤnsten dadurch einen Dienst
erwiesen zu haben, daß ich auf eine schoͤne Farbe aufmerksam machte, die
bisher zu theuer war, um angewendet werden zu koͤnnen. Nancy den 9ten Oktober
1822.