Titel: | Ueber einen neuen Heizer (Calefacteur) des Herrn Lemare. Bericht der HHn. Fourier und Thenard an die Academie des Sciences. dd. 26. August 1822. |
Fundstelle: | Band 9, Jahrgang 1822, Nr. LI., S. 336 |
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LI.
Ueber einen neuen Heizer (Calefacteur) des Herrn Lemare. Bericht der HHn. Fourier und Thenard an die Academie des Sciences. dd. 26. August 1822.
Aus den Annales Chimie et de Physique. August 1822. S. 390.Die HHn. Berichterstatter finden diesen Heizer sehr bequem und vorteilhaft
eingerichtet, berufen sich aber, statt eine Zeichnung zu geben, auf das der
Academie vorgelegte Modell. A. d. Ueb.
Lemare über einen neuen Heizer.
Herr Lemare hat vor einiger Zeit
der Academie einen Heizungs-Apparat vorgelegt, den er Heizer (Calefacterur) nennt. Beauftragt denselben, zugleich mit
Hrn. Fourier, zu pruͤfen, haben wir ihn um so genauer untersucht, als er
nicht bloß zum Kochen der Nahrungs-Mittel uͤberhaupt, sondern selbst
zur Dampfbildung bestimmt ist.
Um sich eine Idee von diesem Heizer zu machen, denke man sich einen Feuerherd, dessen
erwaͤrmte Luft zwischen den Waͤnden eines walzenfoͤrmigen
Gefaͤßes und eines kreisfoͤrmigen Gefaͤßes, welches das erstere
von der Seite in einer Entfernung von ungefaͤhr 10–12 Millimetres
umgibt, hinzieht. Es ist offenbar, daß, wenn man in beide Gefaͤße Wasser
bringt, dasselbe sich in beiden zugleich erhizen wird, und, wenn es einmal erhizt
ist, dasjenige Wasser, welches sich innenwendig befindet, und von dem
aͤußeren umgeben ist, sich nur langsam abkuͤhlen wird, so bald keine
kalte Luft in den inneren Raum eindringt.
Unter der durchloͤcherten Herdplatte ist ein Register angebracht, wodurch man
die Verbrennung der Kohlen maͤßigen oder gar loͤschen kann.
Das innere Gefaͤß lehnt sich mit seinen Raͤndern an jene des
aͤußeren, so daß man den Luftzug nach Belieben sperren oder frei lassen kann.
Dieses Gefaͤß, das eine Art von Topf ist, wird mit einem Dekel
geschlossenDieser Heizer kommt, der Theorie nach, mit Gordon's Mantel-Topfe, uͤberein A. d. Ueb..
Das aͤußere Gefaͤß hat nur drei kleine Oeffnungen: eine obere, durch
welche das Wasser hineingegossen wird, eine untere mit einem Hahne versehene, durch
welche dasselbe abgezogen wird, und eine dritte, welche durch die erste ersezt
werden kann, in dem sie bloß zur Aufnahme einer gekruͤmmten Roͤhre
dient, die den Dampf nach Außen leitet. Das aͤußere Gefaͤß ist so
hoch, wie das innere, steigt aber nach Unten tiefer hinab, so daß es mit seiner
Basis den Rost des Herdes beruͤhrt. Es ist gut, wenn es mit Ouatte bedekt
wird.
Der erste Versuch bestand darin, zu bestimmen: wie viel Wasser man in einem solchen
Heizer mit einer gegebene Menge Kohlen hizen und verdampfen kann.
Man goß 13 1/2 Litres Wasser von 22° am hundertgraͤdigen Thermometer in
das aͤußere, und 15 1/2 Litres von derselben Temperatur in das innere
Gefaͤß: in allem 29 Litres; und verbrannte darunter ein Kilogramm Kohlen.
Nach 3 und 3/4 Stunden schloß man den Versuch, und loͤschte das Feuer. Man
fand noch 82 Gramme Kohlen; es waren folglich 918 verbrannt. Nachdem das Wasser auf
seine urspruͤngliche Temperatur zuruͤk gefuͤhrt wurde,
enthielt
das innere Gefaͤß
13 Lit.
69,Es fand sich also nach dem Versuche mehr Wasser, als hineingegossen
wuͤrde. A. d. Ueb.
das aͤußere –
9 –
00,
–––––
–––––
22,
69.
Es verdampften demnach
6,
31.
In diesem Versuche hat folglich 1 Theil Kohle 6,89 Theile von 22° verdampft,
und uͤberdieß 28 Lit. 69 zum Sieden gebracht, oder auf 100°. Derselbe
Theil Kohle wuͤrde demnach 9,42 Theile Wasser in der Temperatur von 0
verdampft haben. Da nun die Kohle, theoretisch gesprochen, 10,8 mal ihres Gewichtes
Wasser von 0 Grad verdampft, so erhellt, daß, nach Abschlag der erhoͤhten
Temperatur der Gefaͤße, die beilaͤufig 6 Kilogramme wogen, nur
ungefaͤhr 1/10 Waͤrme verloren geht, was gewiß wenig ist.
Da nun hier wenig Waͤrme verloren geht, versuchten wir diesen Heizer zum
Kochen der Speisen, vorzuͤglich der Suppe. Um eine gute Suppe zu erhalten,
darf das Wasser, bekanntlich, auch mit dem beßten Fleische nur sehr wenig kochen:
starkes und langes Kochen gibt eine schlechte Suppe. Ein Apparat, der Lezteres
vermiede, wuͤrde schon an und fuͤr sich sehr schaͤzenswerth
seyn. Wenn er nun noch uͤberdieß beinahe keine Aufmerksamkeit, wenig
Feuerungs-Materials foderte, und wenig kostete, so verdiente er allen
uͤbrigen vorgezogen zu werden. Wir haben uns desselben 3 Wochen lang bedient,
und wir werden uns desselben fortan immer bedienen.
Wir haben ungefaͤhr 3 Kilogramm Fleisch mit 4 Lit. 5 Wasser und den
uͤbrigen Ingredienzen in das innere Gefaͤß gethan. 280 Gramme Kohlen
wurden unangezuͤndet mit 20 Grammen gluͤhenden Kohlen auf den Herd
geschuͤttet1 Litre ist beilaͤufig 0,7 Wien. Maß. Ein Kilogramme = 1 Pfd. 25 Loth
34 Gr. 1 Gramme ist 13,7 Gran. A. d. Ueb.. Das Register wurde geoͤffnet, und das obere Gefaͤß so
gehoben, daß ein vollkommener Luftzug Statt hatte. Die Kohlen fingen bald an sich zu
entzuͤnden, und binnen 36–40 Minuten war das aͤußere Wasser,
und beinahe auch das innere bis zum Sieden erhizt. Man schaͤumte die Suppe
ab, schloß das Register, und ließ das innere Gefaͤß herab. Auf diese Weise
wurde der Luftzug gesperrt, das Sieden hoͤrte auf (was zur Bereitung einer
schmakhaften Suppe so noͤthig ist), und von diesem Augenblike an hatte man
sich um den Apparat nicht weiter zu kuͤmmern. Die Suppe war fertig, und das
Fleisch 6 Stunden darauf gar. Wir muͤßen jedoch bemerken, daß, bei dem lezten
Drittel der Operation, es uns geeignet zu seyn scheint, die Fluͤßigkeit
wieder auf einen Augenblik, durch neues Anzuͤnden der uͤbrig
gebliebenen Kohlen, in den Sud zu bringen: jedoch nur auf einen Augenblik. Das
Fleisch war stets kostbar, und die Suppe besser als bei dem gewoͤhnlichen
Verfahren. Die Menge der verbrauchten Kohle uͤberstieg, im Durchschnitte, nie
280 Gramme. Man koͤnnte also mit 55 Kilogrammen Kohle 200
Fleisch-Toͤpfe, jeden mit 6 Pfund Fleisch, in den Sud bringen. Es wird
demnach Zeit und Brenn-Materiale erspart, und die Suppe und das Fleisch wird
besser, und kann nicht schlecht werden.
Zu diesen Vortheilen kommt noch, daß man immer 5–6 Litres sehr heißes Wasser
in dem aͤußeren Gefaͤße bei der Hand hat, dessen man sich zum
Abspuͤlen bedienen kann.
Die Suppe und das Fleisch koͤnnen in dem inneren Gefaͤße, nachdem sie
bereits fertig geworden sind, mehrere Stuͤnden lang warm erhalten werden; man
kann in demselben Topfe auch ein halbes Pfund Fleisch und noch weniger kochen; man
kann die Suppe auch bei der Nacht fuͤr Kranke schnell bereiten; ein Arbeiter
kann am Morgen sein Fleisch in den Topf thun, und Mittags bei seiner Wiederkehr
seine Mahlzeit warm und fertig finden; man kann in diesem Apparate eben so gut sein
Gemuͤse als sein Fleisch bereiten. Wir haben daher dem Hrn. Lemare vorgeschlagen, die inneren Gefaͤße zum
Wechsel einzurichten, und mit mehreren Faͤchern zu versehen, so daß man
fuͤr kleinere Haushaltungen mehrere Gerichts auf einmal in denselben bereiten
kann.
Ueberdieß scheint uns dieser Apparat in dem Haushalte kleiner Familien aus der
weniger bemittelten Klasse noch zu vielen anderen Zweken hoͤchst brauchbar.
Zur Dampf-Erzeugung scheint er uns jedoch nicht dienen zu koͤnnen. Wie
empfehlen ihn daher in obiger Ruͤksicht dem Beifalle der Akademie.
Wegen der Vortheile, die dieser Heizer dem Publicum gewaͤhren muß,
fuͤgen wir hier folgenden Preis-Courant, den wir von Hrn. Lemare, place du Pont neuf
erhielten, hier bei:
Nr. 1
auf
1
Pfund
Fleisch
aus
Eisenblech
15 Franken.
Nr. 2
–
2
–
–
18 Franken.
Nr. 3
–
3
–
–
22 Franken.
Nr. 4
–
4
–
–
27 Franken.
Nr. 5
–
6
–
–
32 Franken.
Man rechnet auf 1 Pfund Fleisch 2 Pfund WasserDa die HHn. Bericht-Erstatter und die HHn Redactoren der Annales keine
Abbildungen von diesem Calefacteur gaben, so wenden wir einen von Hrn. Lemare kommen lassen, und eine Abbildung nach
demselben unseren Lesern mittheilen. A. d. Ueb..