Titel: | Die Zubereitung des rothen und gelben Saffians in Astrachan. Von Professor Dr. J. C. Petri in Erfurt. |
Autor: | Prof. Johann Christoph Petri [GND] |
Fundstelle: | Band 7, Jahrgang 1822, Nr. XXIV., S. 186 |
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XXIV.
Die Zubereitung des rothen und gelben Saffians in Astrachan. Von Professor Dr. J. C. Petri in Erfurt.
Petri über die Bereitung des Saffians.
Astrachan gehoͤrt zu den ansehnlichsten und
wichtigsten Staͤdten des kolossalen russischen Reichs. Sie ist 215 deutsche
Meilen von St. Petersburg entfernt, von großem Umfange, hat 4000 Haͤuser und
gegen 50,000 Einwohner ohne die vielen Fremden, welche sich hier bloß eine Zeitlang
der Fischerey und des Fischhandels wegen aufhalten. Sie liegt auf einer großen Insel
der Wolga, 7 1/2 Meile vom Ausflusse derselben ins Kaspische Meer. Wir betrachten sie hier bloß
in Beziehung auf ihre Saffianmanufakturen, die wichtig
und eintraͤglich sind.
Die Stadt hat 6 Manufakturen in Saffian (oder Marroquin)
und Chagrin. Die rothen und
gelben Saffiane sind naͤchst den
Tuͤrkischen die schoͤnsten. Die rothen erfodern mehr Arbeit und Kosten
als die gelben, und sind daher auch verhaͤltnißmaͤßig theurer. Die
Verfertigung und Bearbeitung beider Arten, so wie der Handel mit denselben ist ein
sehr bedeutender Erwerbszweig der Einwohner. Es giebt zwar in mehreren
Staͤdten des Reichs Saffian-Gaͤrbereyen, aber keine sind so
betraͤchtlich und gewinnbringend als die Astrachanschen. Die Saffiane werden
in Astrachan auf dreierlei Farben, roth, gelb und schwarz, gefaͤrbt; aber nur in den ersten beiden
Farben, und besonders in der rothen, ist der
Astrachansche im vorzuͤglichsten Rufe, und uͤbertrifft nebst dem
tuͤrkischen die andere alle. Die dort verfertigten schwarzen Saffiane sind nicht besser als die in Kasan oder andern Staͤdten Rußlands zubereiteten; deshalb werden
auch in Astrachan davon nicht mehrere gemacht, als in der Stadt verkauft werden.
Hingegen vom rothen und gelben
Saffiane wird jaͤhrlich eine bedeutende Menge in das uͤbrige Rußland
und auch in andere europaͤische Laͤnder versendet, ja auch in den
asiatischen Handel gebracht. Gruͤne Saffiane macht
man noch wenigere, weil diese vorzuͤglich die Mogolen schoͤn verarbeiten, von denen man auch den noͤthigen
Bedarf derselben beziehet.
Zum aͤchten Saffian werden keine andere als
Bok- und Ziegenfelle genommen; die geringeren macht man von Schaaffellen, die
aber wenig Absaz finden und daher nur in kleinen Vorraͤthen verfertiget
werden. Die Zubereitung fuͤr jede der erwaͤhnten zwei beliebten Farben
ist etwas
verschieden. Die rothen Saffiane erfodern mehr Arbeit und
Kosten als die gelben und sind folglich auch theurer. Das
Verfahren bei ihrer Zubereitung ist folgendes:
Zuerst legt man die rohen Haͤute in große Kufen und gießt Flußwasser
daruͤber, in welchem man sie dreimal 24 Stunden, oder nach Beschaffenheit
etwas laͤnger, weichen laͤßt. Dann werden sie herausgenommen; man
laͤßt das Wasser von jeder Haut abtriefen, druͤkt sie rein aus und
beschabt darauf eine nach der andern auf der Strekbank mit einem Schabeisen ganz
gelinde auf der Fleischseite, theils um die groͤbsten Unreinigkeiten
wegzunehmen, theils und vornaͤmlich aber, um die Haut zu eroͤffnen und
zu der folgenden Bearbeitung geschmeidiger zu machen. Nunmehr ist das vornehmste
Geschaͤft, die Haare recht rein abzupuzen, welches durch Kalk bewerkstelliget
wird. Man ruͤhrt naͤmlich auf 100 Haͤute ungefaͤhr 2
Mezen (à 23 Noͤsel) ungeloͤschten Kalk in Kufen mit Flußwasser
wohl unter einander und legt die Haͤute so hinein, daß der Kalk allenthalben
gleich vertheilt wird. In dieser Kalklauge lassen die Astrachanschen Gerber (welche
meistens Tataren sind) die Felle oft 3 Wochen lang liegen. Dieß ist aber nicht gut,
denn dadurch werden die Saffiane so muͤrbe, bruͤchig, sproͤde
und ganz verbrannt, daß sie fast zu nichts taugen und die Kaͤufer damit
betrogen werden. Es ist schon hinreichend, wenn man sie 12–14 Tage in dieser
Beize liegen laͤßt.
Nach dieser Zeit nimmt man die Felle wieder heraus, schwemmt sie rein ab und schabt
das erweichte und muͤrbe gewordene Haar mit Schabeisen vorsichtig herunter.
Es geschiehet nicht selten, daß von der ersten Kalklauge die Haare nicht alle
losweichen, sondern noch viele kleine Haͤrchen und Stoppeln zuruͤk
bleiben. In diesem Falle muͤssen die Haͤute wieder in eine frische
Kalklauge gelegt und oft noch 14 Tage darin gelassen werden, bis alle Haare rein
abgehen, die Haut recht
glatt wird und ein schoͤnes, helles, weißes Ansehen bekommt, zumal auf der
Haarseite. Eine natuͤrliche Folge dieser Kalkbeize ist aber, wie gesagt,
diese, daß die Felle sehr muͤrbe werden und die Saffiane, in Vergleichung mit
andern Lederarten, wenig Dauer und Festigkeit haben. Die zweite Vorrichtung, welche
man nun mit den Haͤuten vornimmt, ist, daß man den Kalk wieder herausbringt.
Hierzu bedient man sich der so hizigen Hunde-Exkremente, oder des weißen
Enzian, welche in der Absicht fleißig gesammelt werden. Man zerstoͤßt diese
Exkremente, schuͤttet sie in eine enge, nicht gar zu große Kufe, gieset
warmes Wasser darauf, ruͤhrt die Mischung wohl unter einander, und pakt die
gesaͤuberten Haͤute damit in eine andere Kufe, so daß man den
aufgeweichten Hundemist uͤber jede Haut einstreut und gleich verbreitet. Mit
dieser Zuthat muͤssen die Haͤute nun abermals 24 Stunden, oder bei
wenigeren Exkrementen, etwas laͤnger liegen. Das Verhaͤltniß
laͤßt sich nicht ganz genau bestimmen, weil sich die Saffianmacher in der
Regel bloß nach dem Augenmaße richten und nur dahin sehen, daß das Wasser recht dik
und truͤbe und folglich scharf genug sey. Die Haͤute kommen aus dieser
Beize viel geschmeidiger, weicher und duͤnner, als sie vorher waren, und sind
nunmehr von der aͤzenden Schaͤrfe des Kalks gaͤnzlich befreit.
Man muß aber auch diese Beize unverzuͤglich herauszubringen suchen, damit die
Haͤute davon nicht noch mehr als von der Kalklauge leiden. Die meisten Gerber
sind auch fleißig darauf bedacht, daß die Haͤute in der lezten Beize nicht zu
lange liegen bleiben, welches sie aus dem aͤußern Ansehen, der
Verduͤnnung und Geschmeidigkeit derselben zu beurtheilen verstehen. Sobald
die Haͤute herausgenommen sind, wird die unreine Feuchtigkeit wohl
ausgedruͤkt und ausgepreßt. Unmittelbar darauf legt man sie in eine Kufe,
worin Weizenkleien zu einem ziemlich diken Brey mit warmen Wasser angeruͤhrt
worden ist, und laͤßt sie dreimal 24 Stunden darin liegen, bis alle
Unreinigkeiten ausgezogen und die Haute gehoͤrig aufgequollen sind.
Nach der Saͤuberung von Haaren beginnt nunmehr die eigentliche Zubereitung der
Haͤute. Sie werden aus dem Weizenbrey herausgenommen und mit Honig folgendergestalt zurechte gemacht. Man nimmt auf 80
Haͤute ungefaͤhr 25 Pfund rohen HonigIn mehreren
Gegenden bedient man sich statt des Honigs der Feigen. Man kann sich statt
dessen auch des Rohzukers, oder des Staͤrke-Syrup bedienen.
D., kocht denselben in einem Kessel, gießt so viel Wasser dazu,
als zur gehoͤrigen Verduͤnnung noͤthig ist und ruͤhrt
ihn waͤhrend des Siedens fleißig um. Darauf laͤßt man den Kessel so
lange kuͤhlen, bis das Honigwasser gut warm ist, oder hoͤchstens noch
so heiß daß man die Hand darin leiden kann. Nun gießt man dasselbe auf die einzelnen
in kleine Troͤge ausgebreiteten Haͤute mit Kellen aus, bis es von
ihnen ganz eingesogen wird. Sind alle Haͤute von der Honigmischung
gehoͤrig eingetraͤnkt, so pakt man sie in eine trokene Kufe dicht
uͤber einander zusammen, legt einen Dekel von Bretern und Gewichte darauf und
bedekt die ganze Kufe oben mit Filzdeken, Teppichen oder Pelzen, damit der Dunst
waͤhrend der Gaͤhrung nicht verfliege. In dieser Gaͤhrung
muͤssen die Haͤute dreimal 24 Stunden liegen, wodurch sie den Kern bekommen. Aus der Honigkufe spuͤlt man sie in
lauem Wasser rein, ringt sie so troken als moͤglich aus und trankt sie
alsbald in einer maͤßig starken, mit reinem Kochsalz versezten Lake oder
Sole, worin man sie 5–6 Tage liegen laͤßt. Nachher werden die
Haͤute auf reinen Stangen ausgehaͤngt, damit die Sole austriefe, weil
es fuͤr nachtheilig gehalten wird, sie mit den Haͤnden auszuringen, oder
auszupressen. Jezt haben sie auch ihre ganze Zubereitung erhalten, und
koͤnnen nunmehr roth, aber nicht gelb,
gefaͤrbt werden. Zu den gelben Saffianen ist die Zubereitung, wie wir bald
sehen werden, eine andere.
Zur rothen Farbe bedient man sich der Kochenille auf
folgende Art. Man kocht zuerst eine Quantitaͤt von dem in den Astrachanischen
Steppen haͤufig wachsenden Kraute Tschagan (Salsola ericoides nach Pallas) und nimmt davon auf 4 Eimer Wasser etwas weniger als ein Pfund. Man
laͤßt es eine Stunde sieden, wodurch das Wasser eine dunkelgruͤne
Farbe bekommt, aber keinen scharfen Geschmak annimmt. Die Saffianmacher geben dabei
genau Acht, daß das Wasser nicht zu sehr gefaͤrbt werde, sondern, auf den
Nagel getroͤpfelt, eine kaum merklich hellgruͤne Farbe zeige. Im Fall
es zu viele gruͤne Theilchen angenommen hat, schoͤpfen sie einen Theil
aus und gießen frisches Wasser hinzu, womit das Kraut nochmals sieden muß, bis das
Wasser den rechten Grad der Saturation erhaͤlt. Alsdann wird das Kraut mit
einer Schaufel rein aus dem Kessel genommen und nun die zuvor gepuͤlverte
Kochenille (auf einen Kessel von 4 Eimern etwa ein halb Pfund)
hineingeschuͤttet, wohl umgeruͤhrt und starkes Feuer gehalten, wobei
man aber wohl Acht zu geben hat, daß der rothe Schaum, welcher sich im Sieden oben
zeigt, nicht uͤbersiede, daher man bestaͤndig etwas abschoͤpft
und wieder zugießt, um durch diese Kuͤhlung das Uebersieden zu verhindern und
den Schaum zu daͤmpfen.
Nach ungefaͤhr anderthalb Stunden Siedens hat das Wasser eine schoͤne
hochrothe Farbe bekommen. Weil aber viel davon eingekocht ist, so fuͤllet man
den Kessel wieder mit dem ruͤkstaͤndigen Decokte des Krautes Tschagan
auf, und kocht die also verduͤnten Farben aufs neue, bis man wahrnimmt, daß sich die
Kochenille recht aufgeloͤßt hat und die Farbe sehr lebhaft geworden ist.
Darauf wird 2 Loth gestoßener und gebrannter Alaun in den Kessel geworfen, den man
mit der Farbe noch eine Viertel Stunde aufsieden laͤßt, worauf man das Feuer
abgehen laßt und bloß die Kohlen beibehaͤlt, so daß die Farbe einen solchen
Waͤrmegrad behalte, daß man die Hand darin leiden kann.
Nunmehr nimmt man die zum Faͤrben bereiteten Haͤute, gießt die Farbe
kellenweise in Mulden aus, faltet eine Haut nach der andern mit der Haarseite
auswaͤrts zusammen und durchwirkt sie in ihrer Portion Farbe so lange, bis
sie alle faͤrbenden Theile gleich stark eingesogen hat, und nur etwas von
bleicher Feuchtigkeit uͤbrig ist. Nach dieser ersten Faͤrbung
druͤkt man die Haͤute sanft aus, haͤngt sie einzeln
uͤber Stangen, und wenn man mit allen fertig ist, schreitet man auf dieselbe
Art zur zweiten, dritten und vierten Faͤrbung, so daß auf jede Haut 4 Kellen
voll von der Farbe kommen. Aus der vierten Farbe werden die Haͤute nicht mehr
ausgedruͤkt, sondern ganz naß zum allmaͤhligen Ausluͤften und
Troknen uͤber Stangen gehaͤngt.
Nach der Farbe giebt man den Haͤuten noch eine Gaͤrbe mit den
Blaͤttern des Gaͤrberbaums (Rhus continus
nach Pallas), den die Armenier Belge nennen. Die zermalmten oder zerstampften trokenen Blaͤtter,
welche die Astrachanschen Saffiangaͤrber vom Terek am Kaukasus bekommen,
werden in breiten Troͤgen zu einem diken Brei mit Flußwasser
angeruͤhrt und die gefaͤrbten Haͤute dergestalt darein gelegt,
daß sie ganz ausgebreitet sind, und zwischen einer jeden hinlaͤngliche
Blaͤtterlohe bleibet, worauf man die uͤber einander geschichteten
Haͤute mit bloßen Fuͤßen in die Troͤge eintritt. In dieser
Gaͤrbe oder Saͤuerung (die Russen nennen es Quas) liegen die Saffiane 8 Tage und 8 Naͤchte, doch so, daß allemal
uͤber den andern Tag frische Lohe gegeben wird; so daß demnach 4 Lohen
noͤthig sind.
Hierbei ist noch zu bemerken, daß manche Armenier, welche in Astrachan sowohl, als in
ihrem Lande, Saffiane bereiten, zur vorzuͤglichen Guͤte der rothen
Farbe ihre Saffiane, auf ein 1/2 Pfund Kochenille noch 2–2 1/2 Loth Orseille (sie nennen es Luͤter) in den Farbekessel thun, die aber die meisten andere
Saffianmacher, Russen und Tataren, des theuren Preises wegen, weglassen. Dieß ist
die Ursache, daß die tuͤrkischen rothen Saffiane die Astrachanschen an
Schoͤnheit der Farbe in der Regel noch uͤbertreffenBancroft sagt
in seinem Handbuch der Faͤrbekunst (deutsche Ausgabe von Dingler und
Kurrer, zweite Auflage, Nuͤrnberg Schrag Bd. 1. S. 709.)
„Seitdem die Bereitung des Maroccoleder (Saffian) in England
eingefuͤhrt worden, benuzt man die Kochenille, um die
schoͤne Farbe jenem Leder mitzutheilen, welches man rothes
Marocco heißt; obgleich in Persien, Armenien, der Barbarey und den
griechischen Inseln diese Farbe urspruͤnglich entweder mit Kermes
oder mit Lak hervorgebracht wurde. Um dem Faͤrbestoffe der
Kochenille eine Basis zu geben, werden die Ziegenhaͤute, welche
von ihren Haaren durch Kalkwasser befreit und gehoͤrig gereinigt
wurden, auf der sogenannten Haarseite mit einer gesaͤttigten
Alaunaufloͤsung getraͤnkt, welche man mittelst eines
Schwammes oͤfter und gleichfoͤrmig auftraͤgt. Nach
einer Zwischenzeit von drei oder vier Tagen wird ein Absud von
Kochenille, den man geseihet hat, ebenfalls mit einem Schwamme auf
dieselbe Seite etwas waͤrmer als blutwarm aufgetragen; doch soll
er nicht viel waͤrmer seyn, um nicht das Leder zu krispeln. Diese
Auftragung wird von Zeit zu Zeit wiederholt, bis eine
hinlaͤnglich volle und gleiche Farbe dargestellt worden. Hernach
werden die Haͤute in Kleienwasser eingeweicht, und mit einem
Absud entweder von Gallaͤpfeln oder von Sumach oder von einer
Mischung von beiden gelohet. Ich fand, daß wenn man verduͤntes
schwefelsalzsaures Zinn statt der Alaunaufloͤsung nahm, oder eine
Mischung von beiden auf Ziegenhaͤute, welche gehoͤrig zubereitet
worden waren, auftrug, die in der Folge darauf gestellte Farbe merklich
verbessert wurde, und wenigstens an Lebhaftigkeit gewann.“
Statt der schwefelsalzsauren Zinnaufloͤsung kann ich die
salpetersalzsaure, wie man sie zum Scharlachfaͤrben anwendet, aus
Erfahrung empfehlen; auch kann man sich zum Lohen des Querzitronrinde
Absudes bedienen, wodurch man das schoͤnste roth erhaͤlt. Daß
man sich schon laͤngst mit gutem Erfolge zum Faͤrben des
Marroquin des Lak bediente, bestaͤtigt nachstehende Abhandlung
uͤber dieses Farbematerial. Lebhafter wird die Farbe wenn man die bis
zum Faͤrben vorbereitete Haͤute, statt des Alaun, mit
schwefelsalzsaurer Zinnaufloͤsung traͤnkt, und dann das in
fluͤßigem schwefelsalzsauren Zinn aufgeloͤste Lak dann zum
Faͤrben auftragt, und die Gaͤrbung mit Querzitronrinden Absud
bezwekt. So gefaͤrbter Marroquin ist sehr aͤcht und die
schoͤne Farbe wird weder durch amoniakalische Ausduͤnstungen
noch durch andere Einfluͤße, wie dieses mit den mit Kochenille
gefaͤrbten der Fall ist, veraͤndert. D.. Auch hat
man die Bemerkung gemacht, daß die zerstosene Gallaͤpfel den Saffianen eine bessere
Gaͤrbe geben. Die Farbe soll dadurch so dauerhaft werden, daß sie nicht eher
als mit dem Leder vergeht, da hingegen die mit dem Gaͤrberbaum bereiteten
Saffiane zu verschießen anfangen. Die Gallaͤpfel sind aber in Astrachan zu
theuer, als daß sie die Saffianmacher haͤufig anwenden koͤnnen. Die
Tataren in Kasan faͤrben ihre Saffiane statt der
theuren Kochenille mit Rothholz und gaͤrben sie mit Mehlbeerstrauch (Uva ursi). Dieß sind aber eben daher auch die
schlechtesten Saffiane, welche sehr bald die Farbe verschießen lassen. Derselbe Fall
ist es bei den mit TscherwezTscherwez (polnische Kochenille) ist ein der
amerikanischen Kochenille aͤhnliches Insekt, das sich an die
Wurzeln der Walderdbeere, des Roggens, des Fuͤnffingerkrautes
u.a.m. haͤngt, oder als kleine rothe Koͤrner gefunden
wird, besonders in sandigen Gegenden, in Polen, in der Ukraͤne,
an der Samara und in andern Theilen des russischen Reichs, wo man es zum
Rothfaͤrben auch anderer Sachen braucht. Es hat zwar nicht
den hellen schoͤnen Glanz der indischen Kochenille, aber
gehoͤrig behandelt, gibt es doch eine schoͤne und
dauerhafte Farbe. gefaͤrbten, die sogleich in der
Luft und Sonne die Farbe verlieren.
Sind die Saffiane aus der Gaͤrbe genommen, so ist nun noch die lezte Arbeit
uͤbrig. Man laͤßt sie naͤmlich erst eine Zeitlang an der Luft
troknen, schabt sie alsdann auf der Strekbank mit scharfen Schabeeisen an der
Fleischseite recht glatt und rein, waͤscht sie drauf in Flußwasser, spannt
jedes Fell gehoͤrig mit Pfloͤken am ganzen Rande herum aus und
laͤßt sie so troken werden. Hierauf muͤssen die Haͤute nochmals
mit einem hoͤlzernen Stabe an der Haarseite geglaͤttet werden, und
zulezt legt man sie auf einen diken Filz, wo man mit einer eisernen Hechel, welche
stumpfe Spizen hat, diejenigen Gruͤbchen, welche die Saffiane
gewoͤhnlich haben, auf eben dieser Seite eindruͤkt. So sind sie auch
zum Verkauf voͤllig fertig, ohne daß man sie, wie Gmeliu in seiner Reise sagt, erst mit Leinoͤl einschmieren sollte,
welches sie unfehlbar verderben wuͤrde. Ein rothes Saffianfell kostet, wegen
der theuern Farbe, auf der Stelle 2 1/2 bis 3 Rubel.
Gelbe und gruͤne
Saffiane werden in Astrachan nur wenige gemacht, weil der Absaz derselben sehr
gering ist, und es nur wenige Saffianmacher giebt, die sich damit
beschaͤftigen. Die Farbe dazu geben gewisse Beeren von einer Art Rhamnus
(vielleicht licioides), welche unter dem Namen Uloschar aus Persien kommen und wovon das Pud (à
40 Pfund) 9–10 Rubel kostet. Die kasanschen Tataren faͤrben ihre
schlechten gelben Saffiane mit den Blumen der gelben Kamille (Anthemis tinctoria) welche eine sehr vergaͤngliche Farbe giebt, die
auch nicht gut ins Auge faͤllt.
In Astrachan beobachtet man bei der Verfertigung der gelben Saffiane folgenden Unterschied in der Behandlung gegen die rothen: 1) Man bedient
sich des Honigs bei der Vorbereitung gar nicht. 2) Man bringt die Haͤute in
keine Salzsole. 3) Statt der Honigbereitung und des Poͤkels legt man die
Haͤute vor der Farbe in die obengedachte Lohe von den Blaͤttern des
kislarschen Gaͤrberbaums, und laͤßt sie 8 Tage lang darin beizen. 4)
Die Farbe zu bereiten, hat man das Kraut Tschagan nicht einmal noͤthig;
sondern man kocht in klarem Wasser die bloßen Beeren vom Rhamnus, wovon auf 4 Eimer
Wasser etwa 10 Pfund genommen werden, und erhoͤhet nachher die Farbe mit 3
Loth Alaun auf jedes Pfund Beeren. Das Faͤrben geschieht uͤbrigens auf
dieselbe Art wie bei den rothen Saffianen, doch ohne Kochenille. Nach dem
Faͤrben duͤrfen aber die gelben Saffiane nicht erst noch in
Gaͤrberlohe gelegt werden, weil sie diese schon vorher erhielten. Man darf
sie nur gehoͤrig saͤubern, abkrazen, durchwirken, glaͤtten und
abpuzen.
Die gelben Saffiane sind aus begreiflichen Ursachen weit wohlfeiler im Preise als die
rothen, wegen der wenigern Muͤhe und Zusaͤze. In Astrachan kostet eine
gelbe Haut zur Stelle selten mehr als 1 1/2 Rubel. Von den Tuͤrkischen werden
sie auch in dieser Farbe uͤbertroffen.
Naͤchst der Fabrikation des Saffians ist die Zubereitung des Schagrins eine der vornehmsten Beschaͤftigung der
Armenier in Astrachan. Er wird nirgends besser als in dieser Stadt verfertiget und
sowohl in Rußland selbst an die Tataren, das Stuͤk fuͤr 1 1/2 –
2 Rubel, als auch nach Persien und an die kaukasischen Voͤlkerschaften
verkauft.
Noch koͤnnte sich Astrachan einen wichtigen Erwerbs- und Handelszweig
durch die Zubereitung der Sode verschaffen. Keine Gegend
des Erdbodens hat vielleicht mehr Sodepflanzen als die an der unteren Wolga, an den
Kuͤsten des Kaspischen Meeres, in den Steppen zwischen dem Uralfluß, der
Wolga und Kuma. Da das Salz, welches die Sodapflanzen liefern, bei Fabriken,
Manufakturen, in Faͤrbereien u.s.w. auf eine sehr manichfache Weise gebraucht
wird, so wuͤrde die Gewinnung dieses Materials gewiß einen bedeutenden
Gegenstand des Handels ausmachen und fuͤr die ganze Gegend ein neuer Artikel
des Geldverdienstes werden.