Titel: | Ueber chemische Artillerie. |
Fundstelle: | Band 6, Jahrgang 1821, Nr. I., S. 1 |
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I.
Ueber chemische Artillerie1) .
Congreve's Zuͤndraketen. – Signal-Feuer. – Berthollet's Schießpulver. – Verschiedene Zusaͤze zum Schießpulver. – Zuͤndstaͤbe.
Ueber chemische Artillerie.
Der Einfluß der Chemie auf die Artillerie ist unverkennbar.
Seit fruͤher Zeit waren daher um die Vervollkommnung derselben wahrhaft
besorgte Regierungen darauf bedacht, in den Artillerieschulen auch den Unterricht in
der Chemie einzufuͤhren. So war Klaproth bereits
seit 1787 als Professor der Chemie bei der koͤnigl. preuß.
Artillerie-Akademie angestellt. Bei sogenannten gelehrten Abtheilungen des
Kriegswesens ist es daher auffallend, Chemiker zu vermissen, da sie doch nicht
allein zur Vervollkommnung so vieler Gegenstaͤnde der Artillerie beitragen,
sondern auch durch Verbreitung richtiger Kenntnisse wesentlichen Nuzen stiften
koͤnnten2) .
Wir besizen sogar ein zu diesem Behufe verfaßtes Werk, das bei allen seinen
Maͤngeln, doch die Idee zuerst aufstellt, welche vollkommener
ausgefuͤhrt3) , viel Nuzen gewaͤhren koͤnnte, naͤmlich:
„Lehrbuch der chemischen Artillerie zu Vorlesungen in
Militaͤr-Akademien und Lehr-Anstalten etc. entworfen von J.
H. Pfingsten. Jena, 1789. XIV. und 292 S.
8.“
Des Neuesten, das theils zur vollkommneren Kenntniß fuͤhrt, theils in Hinsicht
seiner Anwendbarkeit Pruͤfung verdient, moͤge daher auch hier
Erwaͤhnung geschehen.
A. Sir William Congreve's Zuͤndraketen.
Aus den leztern Kriegen sind diese wohl noch in frischem Andenken. Seit der ersten
Anwendung derselben, welche am 14. October 1806. in dem Hafen von Boulogne4) und bald darauf bei der Belagerung von Kopenhagen Statt fand, verbreiteten
die oͤffentlichen Nachrichten die Vorstellungen des hoͤchsten Grades
fuͤrchterlicher und zerstoͤrender Wirkungen, welche sie hervorzubringen
vermoͤgen. Es hieß unter andern, die Materie, aus welcher sie zusammengesezt
sind, ist so zerstoͤrend brennbar, daß ihre Flamme selbst Stroͤmen von
Wasser trozt und eine Zeitlang von diesem Elemente nur noch mehrere Nahrung
erhaͤlt. Selbst im neuesten Feldzuge, vorzuͤglich in der Schlacht von
Dennewiz bewaͤhrte sich ihre Wirkung. Es war also natuͤrlich, daß sie
die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich lenkten; man erschoͤpfte sich in
Beschreibungen ihrer Einrichtung, ihres Gebrauchs und der Art des Fortschleuderns
derselben5) , ja man benuzte selbst jeden gluͤklichen Zufall, durch welchen
entweder der Rest oder gar die ganze Masse zugefuͤhrt wurde, sie einer
chemischen Untersuchung zu unterwerfen. Man ist sogar auf Mittel bedacht gewesen,
die Wirkungen derselben zu vernichten6) .
1. Die erste chemische Untersuchung lieferte Gay Lussac
mit einer Rakete, welche am Bord eines englischen Branders gefunden und von der
Nacheiferungs-Gesellschaft der Kuͤnste in Paris demselben mitgetheilt
worden war. Er gab als Bestandtheile im Hundert an: 75,0 Salpeter – 1,6 Kohle
und 23,4 Schwefel7) . Hermbstaͤdt machte in dieser Hinsicht die
gegruͤndete Bemerkung: „aus jenem Gemenge, das bloß in quantitativem
Verhaͤltnisse von dem Schießpulver abweicht, laͤßt sich in keinem
Falle einsehn, wie selbiges geschikt seyn soll, eine solche Rakete
unverloͤschlich zu machen und ihr diejenigen Eigenschaften zu ertheilen,
diejenigen Verwuͤstungen anzurichten, die man deren Gebrauch allgemein
zugeschrieben hat. Unstreitig sind in der Huͤlle einer solchen Rakete
noch andere entzuͤndliche Materien verborgen, die das
unverloͤschliche Princip enthalten8) .“
Hermbstaͤdt hat vollkommen Recht, denn, wie sich aus dem Folgenden ergiebt,
hatte Gay Lussac nur den Raketensaz, aber nicht die
Zuͤndmasse erhalten.
2. Die koͤnigl. Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg erhielt im
November 1813 von der gelehrten Artillerie-Kommitaͤt des
Kriegs-Ministeriums daselbst die beiden Massen, welche sich in der Congreve'schen Rakete befinden, zur Untersuchung, von
denen die eine derselben der Raketensaz, die andere von
demselben umgebene die Zuͤndmasse benannt worden
war. Hr. Kirchhof, welcher die Untersuchung
uͤbernahm, stattete daruͤber einen Bericht ab, aus welchem ich das
Wesentlichste hier mittheile9) .
„Der Raketensaz hat eine sehr schwarze Farbe,
ist zum Theil pulverigt, zum Theil in Stuͤken von verschiedener
Groͤße zusammengebaken; er hat einen auffallenden Geschmak. Zwischen den
Fingern zerrieben, fuͤhlt man, daß einige Theile darin nicht sehr fein
pulverisirt sind.
Die Zerlegung gab im Hundert: Salpeter 58 – Schwefel 18 – Kohle 22
– Verlust 2.
Die aus dieser Mischung ausgeschiedene Kohle ist sehr schwarz und aͤußerst
fein, sie gleicht dem gebrannten Kienruß am meisten.
Eine gleiche Mischung wuͤrde diesem nach zusammengesezt werden
muͤssen, aus 59 Pf. Salpeter – 18 Pf. Schwefel – 23 Pf.
Kohle.
Schwefel und Kohle, die hierzu genommen werden, muͤssen sehr fein
pulverisirt seyn, und nachher mit dem feingestoßenen Salpeter vermischt
werden.
Die Zuͤndmasse ist eine durch Zusammenschmelzung gebildete Masse, von
grauer Farbe und riecht nach gemeinem Harze. Beim Schlagen zerspringt sie in
Stuͤken, wird aber in der Waͤrme weich; – auf dem Bruche
sieht man, daß sie aus verschiedenen Substanzen zusammengesezt ist. –
Angezuͤndet brennt sie mit einer hellen Flamme, und hinterlaͤßt
eine weisse Salzmasse, welche sich von etwas zerschmolzenem Harz rund umstoffen
zeigt.
Die Zerlegung gab im Hundert: Harzige Substanzen 20 – Salpeter 54 –
Spießglanz 5 – Schwefel 18 – Verlust 3.10)
Die harzige Substanz in dieser Zusammensezung ist kein reines Harz, sondern, wie
ich durch vergleichende Versuche gefunden, eine Mischung aus Harz und Wachs. Man
kann eine solche Zuͤndungs-Masse folgendermaßen zusammensezen. 55
Pf. Salpeter – 19 Pf. Schwefel – 5 Pf. Spießglanz – 13 Pf.
gemeines Harz – 3 Pf. gelbes Wachs.
Der Schwefel und Spießglanz werden zu einem feinen Pulver gestoßen; der Salpeter
darin ist etwas groͤber pulverisirt. Diese drei Theile vermengt man gut
mit einander, schuͤttet sie in das uͤber gelindem Kohlenfeuer
geschmolzene Harz und Wachs, ruͤhrt es fleißig um, damit sich alles
gleichfoͤrmig verbindet und giebt denn der Masse, waͤhrend sie
noch weich ist, die noͤthige Form.“–
Die gelehrte Artillerie-Kommitaͤt verlangte hierauf eine wiederholte
Untersuchung, zu welcher von Seiten des Polizei-Ministers der Staatsrath Winterberger, und des Ministers der Aufklaͤrung
ich und der Adj. Professor Solowjew aufgefordert wurden,
gemeinschaftlich dieselbe mit dem Mitgliede der gelehrten
Artillerie-Kommitaͤt, General-Majoren Prevost de Lumient anzustellen. Durch diese wiederholte Untersuchung ward
die fruͤhere, von Kirchhof angestellte, im
Wesentlichen bestaͤtigt gefunden. Die Zuͤndmasse wurde nicht allein
durch die Vermischung der gefundenen Bestandtheile zusammengesezt, so wie auch
theils durch Abaͤnderung des Verhaͤltnisses, theils durch Hinzusezung
anderer leichtentzuͤndlicher Koͤrper, z.B. des Phosphors, weit
entzuͤndlicher gemacht, als die zur Untersuchung uͤbersendete Masse
sich verhielt. Wenigstens konnte an leztrer das Schrekliche und Verwuͤstende
in der Verbrennlichkeit, als es die oͤffentlichen Nachrichten bestimmten,
nicht gefunden werden11) ; denn mit einer
geringen Menge Wasser ließ sich die angebliche Congrevesche Zuͤndmasse,
vollkommen entstammt und unter den guͤnstigsten Umstaͤnden brennend,
verloͤschen12) .
3. Die dritte chemische Untersuchung hat d'Arcet
angestellt13) .
Der verstorbene Obrist de Recicourt sandte eine Rakete,
welche auf einem englischen, waͤhrend dem Angriffe der franzoͤsischen
Flotte gestrandeten Bote vor der Insel d' Aix gefunden worden war, an die
Nacheiferungsgesellschaft der National-Industrie zu Paris.
Mit dieser unternahm d' Arcet folgende Analyse.
a) Des Raketensazes14) .
1. 500 Gramme wurden im Marienbade 12 Stunden getroknet, worauf sie nur 430 Gr.
wogen; sie hatten also 70 Gr. oder 0,14 verloren.
2. 100 Gr. wurden mit destill. Wasser ausgelaugt, es blieb ein unaufgeloͤster
Ruͤkstand von 23 Gr. Die Aufloͤsung war durchsichtig und
ungefaͤrbt; nach dem Abdampfen hinterließ sie Salpeterkrystalle, die etwas
durch Eisenoxyd gefaͤrbt waren; die uͤbrige Lauge hatte einen schwach
saͤuerlichen Geschmak; sie enthielt etwas Salpeter, Spuren eines salzsauren und
schwefelsauren Salzes, Thon, Kalk und Eisen.
3. 50 Gr. des im Wasser unaufloͤslichen Ruͤkstandes wurden mit Alkohol
von 40° gekocht und filtrirt; aus der durchsichtigen und ungefaͤrbten
Aufloͤsung sezten sich nach dem Abkuͤhlen Salpeterkrystalle ab; sie
wurde durch Hinzusezung von destillirtem Wasser etwas schielend; beim Eindiken
hinterließ sie einen kastanienbraunen Ruͤkstand und etwas Salpeter, der auf
Kohlen unter Entwikelung eines schwachen bituminoͤsen Geruchs verpuffte. Die
aus der Aufloͤsung durch Abkuͤhlen gesonderten Salpeterkrystalle
verpufften auf Kohlen lebhaft mit einer schoͤnen blauen Flamme und unter
Verbreitung eines starken Geruchs nach Schwefelsaͤure; die schwach braun
gefaͤrbten Krystalle enthielten etwas Schwefel.
4. Um den Schwefel von der Kohle zu trennen wurden 50 Gr. des im Wasser
unaufloͤslichen Ruͤkstandes mit kaustischer Lauge gelinde gekocht und
filtrirt; die Kohle wog 32 Gr.
Der Raketensaz bestand demnach aus
unreinem Salpeter
53,4
Kohle
20,2
Schwefel
12,4
Feuchtigkeit
14,0
–––––
100,0
b. Der zuͤndenden Masse.
Sie war koͤrnigt, auf dem Bruche glaͤnzend; durch die Loupe waren darin
viele kleine durchsichtige Krystalle und Schwefeltheilchen bemerkbar; sie ließ sich
in maͤßiger Waͤrme erweichen und ward dadurch zwischen den Fingern
geschmeidig. Durch eine gluͤhende Kohle ward sie leicht entzuͤndet,
anfaͤnglich brannte sie langsam, die Verbrennung nahm aber mit der sich
vermehrenden Hize zu, es schmolz das Ganze und entzuͤndete sich vollkommen
unter Entwikelung eines starken weißen und dichten Rauchs mit einzelnen
glaͤnzenden Funken und starkem Geruch nach Schwefelsaͤure.
1. 100 Gr. verbrannten waͤhrend 1 1/2 Minuten und hinterließen 42,5 Gr.
Ruͤkstand.
2. 200 Gr. wurden in einer hoͤlzernen Mulde von 2 Millimeter im Diameter
vermittelst einer gluͤhenden Kohle entzuͤndet; das Holz ward
entzuͤnder und brannte nach dem Verloͤschen der Zuͤndmasse
fort.
3. Der Ruͤkstand nach dem Verbrennen und Erkalten ist roͤthlich, an
einzelnen Stellen sehr roth, am Rande geschmolzen und hat das Ansehen einer
Schwefelleber, besonders beim Anhauchen; er loͤst sich in Wasser auf und
ertheilt demselben eine gruͤne Farbe; Saͤuren entwikeln daraus
Schwefelwasserstoffgas; es ist sehr alkalisch; schlaͤgt die
Aufloͤsungen des Bleis und Eisens schwarz nieder und schwaͤrzt
augenbliklich die Oberflaͤche des metallischen Silbers; die Aufloͤsung
mit schwacher Schwefelsaͤure gesaͤttigt bringt einen schoͤnen
rothen, etwas ins Braune uͤbergehenden Niederschlag hervor; nach dem
sorgfaͤltigen Waschen des Ruͤkstandes bleibt eine große Menge sehr
schwarzer und harter Kohle zuruͤk. Die waͤßrige Aufloͤsung des
nach dem Verbrennen erhaltenen Ruͤkstandes faͤrbt Papier braun.
4. In kochendem destillirtem Wasser weicht die Masse nur langsam auf, bakt zusammen
und nur ein Theil derselben loͤst sich auf; die Aufloͤsung ist
strohgelb, von schwach alkalischem Geschmake, starken bituminoͤsen Geruche;
sie enthaͤlt etwas eines salzsauren und schwefelsauren Salzes und Kalk; nach
dem Erkalten sezen sich Salpeterkrystalle ab.
5. 100 Gran dieser Zuͤndmasse gaben nach Behandlung mit Wasser, Abdampfen und
Filtriren 53,5 durch einen Gehalt von Bitumen schmuzigen Salpeter; das Bitumen
erhielt sich in der Fluͤssigkeit wahrscheinlich vermittelst des
uͤberschuͤssigen Kalis aufgeloͤst, welches vermoͤge der
durch das Eisenblech bewirkten Zerlegung eines geringen Theils von Salpeter sich
darin befand.
6. Der im Wasser unaufloͤsliche Ruͤkstand war zwischen den Fingern
dehnbar und hatte das Ansehen des Pechs; auf einem gluͤhenden Eisen
verbrannte er ruhig mit einer blauen Flamme und verbreitete unter vielen weissen
Daͤmpfen einen starken Geruch nach Schwefelsaͤure.
7. Ein Theil der Zuͤndmasse wurde mit Beihuͤlfe der Waͤrme in
Weingeist aufgeloͤst, wobei Schwefel und ein dem Spießglanze oder Bleiglanze
aͤhnliches glaͤnzendes Pulver niederfiel; auch aus der filtrirten
Aufloͤsung faͤllt nach dem Erkalten und dem Zusezen des destillirten
Wassers ein Praͤcipitat nieder. Das Unaufgeloͤste laͤßt sich
leicht pulverisiren; es brannte mit einer blauen Flamme, wobei sich viel
schwefeligte Saͤure entwikelte; es blieb dabei eine geschmolzene, nach dem
Erkalten schwarze, sehr glaͤnzende und dem Spießglanz aͤhnliche Masse
zuruͤk, welche vor dem Loͤthrohre viel weisse Daͤmpfe
entwikelte, sich auf der Kohle verdichtete und dem Boraxglase eine schoͤne,
dem Topas aͤhnliche dunkelgelbe Farbe ertheilte.
8. Von dem Aezkali wird die Zuͤndmasse leicht aufgeloͤst; die
Aufloͤsung besizt eine schoͤne rothe Farbe; es bleibt nur 0,15 eines
braͤunlichrothen Ruͤkstandes zuruͤk. Schwefelsaͤure
bewirkt in derselben einen reichlichen, braͤunlich goldgelben Niederschlag,
wobei nur wenig Schwefelwasserstoffgas entwikelt wird.
Hieraus ergiebt sich: daß die Zuͤndmasse keine Kohle enthaͤlt (8); daß
sie Salpeter enthaͤlt (4), ungefaͤhr in der Quantitaͤt von 0,54
(5); daß sich in derselben Bitumen, wahrscheinlich auch Fett oder Talg befinden (3.
4. 5. 6. 7.); daß sie Spießglanz enthaͤlt (3. 7. 8.) und Schwefel (7.)
Ungefaͤhr laͤßt sich das Verhaͤltniß dieser Bestandtheile so
bestimmen:
Salpeter
53,5
Bitumen, Talg oder Fett, Schwefel und Spießglanz
46,5
–––––
100,0
Diese Zuͤndmasse koͤmmt demnach mit der von Vauquelin untersuchten uͤberein15) , welche vor mehreren Jahren auf einem gegen die Flottille von Boulogne
getriebenen Brander gefunden wurde.
B. Anwendung des indianischen Weißfeuers16) zu Signalen.
Bekanntlich ist die lange geheim gehaltene Zusammensezung des Pulvers, welches das
uͤberaus glaͤnzende und blendende Licht hervorbringt, dessen sich die
Indianer bei feierlichen Gelegenheiten, Processionen u. dgl. bedienen, durch den
Herrn v. Zach zuerst oͤffentlich mitgetheilt
worden17) .
Man sezt dieses Pulver aus 24 Theilen Salpeter, 7 Theilen Schwefelblumen und 2
Theilen rothen Arsenik zusammen, nachdem man jedes dieser Ingredienzen fein
pulverisirt hat.
Dieses Puͤlver wird gewoͤhnlich in runde oder vierekige Buͤchsen
von duͤnnem Spanholze (Schachtelhalm) gefuͤllt. Man giebt den runden
Schachteln gewoͤhnlich die Hoͤhe ihres Halbmessers und den vierekigen
die doppelte Hoͤhe ihrer Breite. Man schließt sie mit einem Dekel von
demselben Holze, in dessen Mitte sich ein Loch zum Anzuͤnden befindet,
welches aber, um diese Schachteln transportiren zu koͤnnen, mit Papier
verklebt wird. Zuͤndet man, nachdem der Dekel abgeschnitten, die Masse an, so
geraͤth die ganze Buͤchse sogleich in Brand, verbreitet ein
uͤberaus glaͤnzendes, blendend weißes, selbst am Tage bemerkbares
Licht, welches dieselbe Empfindung hervorbringt, als wenn man einige Zeit in die
Sonne gesehen. Eine Schachtel von 6 Zoll im Durchmesser und 3 Zoll Hoͤhe
brennt ungefaͤhr drei Minuten lang.
Die wichtigste Anwendung von diesem Pulver ist von den Astronomen gemacht worden. Sir
Charles Blagden meldete bereits 1788 Hrn. v. Crell
18) , daß er mit dem General Roy an dem englischen
Ufer beschaͤftigt gewesen sey, eine Reihe von Dreieken queer uͤber die
Meerenge von Dover zu Stande zu bringen, wodurch die Observatorien von Greenwich und
Paris, vermittelst wirklicher Messungen, in Verbindung gebracht wurden. Diese
Arbeiten wurden mit der Genauigkeit und Emsigkeit betrieben, daß bis auf einige
Zolle die Entfernung der franzoͤsischen Kuͤste von der englischen
angegeben werden konnte. Bei dieser Gelegenheit, schließt Blagden seine Anzeige, bedienten wir uns zu Signalen einer Mischung von
Salpeter, Schwefel und rothem Arsenik, welches ein ungemein glaͤnzendes Feuer
giebt. Dieses Feuer, welches Roy bei Ore auf der
englischen Kuͤste aus einer Buͤchse von 10 Zoll im Durchmesser und 4
Zoll Hoͤhe erhielt, sah Mechain zu Montlambert auf
der franzoͤsischen Kuͤste bei gedektem und neblichtem Himmel und durch
einen Regen, der von Zeit zu Zeit fiel, mit bloßen Augen; die Entfernung ist 40
Seemeilen. Eine aͤhnliche Buͤchse, welche Legendre in Duͤnkirchen angebrannt hatte, sah Graf Cassini auf dem Kap Blanc-nez mit bloßen Augen so
deutlich, wie die Venus in ihrem groͤßten Glanze; die Entfernung
betraͤgt 20,000 Toisen.
Diese Thatsachen bestimmen mich zu folgendem Vorschlage. Zum
Zusammentreffen einzelner, von einander entfernter, Truppenkorps wird
gewoͤhnlich ein Signal durch Loͤsung der Kanonen gegeben. Ist der
Wind aber entgegen, so ist es einleuchtend, daß das Signal nicht bemerkt wird.
Erfahrungen haben dies in den lezten Feldzuͤgen zur Gnuͤge
dargethan. Wie also, wenn man sich zu diesem Behufe des Weißfeuers bediente, das
man, wie die Congrevesche Zuͤndmasse in Verbindung mit einer
gewoͤhnlichen Raketenmasse steigen ließe? Ueber die Art der
Ausfuͤhrbarkeit enthalte ich mich aller weitern Bemerkungen; dem Kenner
wird dieser Wink hinlaͤnglich Veranlassung zur Benuzung desselben in
praktischer Hinsicht seyn.
C. Ueber die Anwendbarkeit des Berthollet'schen Schießpulvers.
„Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Schießpulver, welches ich mit dem
uͤberoxydirt salzsauren Kali bereiten will, merkwuͤrdige
Eigenschaften haben“ – sagte bereits 1787 Berthollet
19) . Spaͤter (1793) erwaͤhnt er, daß auf seine Veranlassung de
Bouillon ein Pulver mit diesem Salze bereitet hatte, welches an Staͤrke das
beste Schießpulver aus dem Arsenal uͤbertraf20) . Die Regie uͤber das Schießpulver und den Salpeter wurde veranlaßt,
dieses Schießpulver zu fabriciren und seine Eigenschaften zu untersuchen. Im Oktober
1788 ereigneten sich die bekannten ungluͤklichen Ereignisse zu Essonne. Aus
einem Moͤrser, aus welchem, bei einer Ladung von 6 Loth, mit
gewoͤhnlichem Pulver die Kugel nur 575 Fuß getragen wurde, schleuderte dieses
Pulver dieselbe 1173 Fuß weit. Mehrere Versuche, die spaͤter angestellt
wurden, erwiesen, daß es die dreifache Staͤrke des gewoͤhnlichen
Kriegs-Schießpulvers besizt21) . Obgleich Berthollet und Lavoisier schon fanden, daß dieses Schießpulver keine so lange Bearbeitung
und so heftiges Stampfen, als das gewoͤhnliche Pulver erfordert, daß
zweistuͤndiges Reiben des befeuchteten Teiges hinreichend sey, es
darzustellen, indem es leicht durch freiwilliges Verdunsten troknet und sich auf die
gewoͤhnliche Weise koͤrnen laͤßt, daß sich demnach der leichten
Explosion desselben bei der Bereitung vorbeugen lasse: so haben doch alle
nachmaligen Erfahrungen dargethan, daß sich die Bereitung desselben nur sehr
geuͤbten Haͤnden anvertrauen lasse22) .
Es gab indeß dieses Schießpulver Lepage Veranlassung zur
Erfindung einer neuen Art von Flintenschloß23) , durch welche die Feuersteine entbehrlich gemacht wurden, indem in demselben
ein Stempel war, auf welchen der Hahn, der die Gestalt eines Hammers hatte, schlug
und durch diesen Stoß das Pulver entzuͤndete.
Ich erhielt 1810 von der Artillerie-Kommitaͤt hieselbst dieses aus
Paris gesandte Pulver zur Untersuchung, welches hier nicht bekannt war. Es wurden
nach Baumé
24) 29 Gr. desselben in einem stark getrokneten Filter, das 12 Gr. wog, so lange
mit siedendem Wasser uͤbergossen, bis alles Salz ausgelaugt war. Nach dem
Troknen wog das Silber 18 G., mithin waren in den 29 Gran Pulver 6 Gran Kohle und
Schwefel enthalten. Lezterer wurde durch Verbrennen entfernt; die
zuruͤkgebliebene Kohle wog 2 3/4 Gr. Es enthielt also 23 uͤberoxydirt
salzsaures Kali, Salpeter und freies Kali, 3 1/4 Schwefel und 2 3/4 Kohle. Es wirkte
aber nicht stark, weil demselben, wahrscheinlich um die Zersezbarkeit
waͤhrend des Transports zu verhindern, freies Alkali hinzugesezt war. Es war
dem Pulver ein Recept beigelegt, nach welchem zu 100 Th.
uͤberoxydirtsalzsaurem Kali 10 Th. Schwefel und 11 Theil Kohle gesezt werden
sollten. Chaptal giebt folgendes Verhaͤltnis der
Bestandtheile eines solchen Schießpulvers an: uͤberoxydirtsalzs. Kali 6
Theil, Schwefel 1 Theil und Kohle 1 Theil25) .
Bottée und Gengembre
haben dagegen folgendes als das beste bekannt gemacht:
Ueberoxydirt salzsaures Kali
0,450
Salpeter
0,250
Schwefel
0,150
Geraspeltes und durch ein seidenes Sieb gesiebtes Faulbaumholz
0,075
Lykopodium
0,075
–––––
1,000
Dieses Gemenge wird mit etwa 30 Procent Wasser, welches 0,01 arabischen Gummi
aufgeloͤst enthaͤlt, befeuchtet26) .
Als Schieß-Pulver im gewoͤhnlichen Sinne ist nun freilich dieses
Gemenge nicht anwendbar, weil es theils die Gewehre auf eine bedeutende Art sehr
rostig macht; theils wegen der an der Stelle, wo die Entzuͤndung erfolgt,
wirkenden Kraft das Zerspringen der Gewehre bewirkt; theils zu theuer ist; theils wegen der
leichten Zersezbarkeit bei jeder Reibung, Erschuͤtterung oder Stoß heftige
Explosionen bewirken kann.
Aber dem ungeachtet gewaͤhrt dieses Gemenge doch ein Mittel, dessen man sich
in Einem Falle mit Vortheil bedienen kann. Zur Entzuͤndung desselben
gehoͤrt keinesweges eine vorhergehende innige Verbindung, wie sie beim
gewoͤhnlichen Schießpulver erfordert wird. Sie laͤßt sich durch
Einwirkung der Schwefelsaͤure bekanntlich entflammen. Folglich lassen sich
die einzelnen Pulver von dem uͤberoxydirtsalzsauren Salze, dem Schwefel und
der Kohle, jedes besonders eingepakt, ohne Gefahr transportiren und im
noͤthigen Falle zusammenmengen.
„Bekanntlich koͤnnen bei anhaltendem Regen Belagerungen mit großem
Feuergewehr, z.B. Kanonen u. dgl. nicht wohl unternommen werden, da die Lunten
verloͤschen. In diesem Falle braucht man nur aus gedachten Pulvern nach
dem angefuͤhrten Verhaͤltnisse das Zuͤndpulver
zusammenzusezen, es auf die Zuͤndpfanne zu schuͤtten und durch
einen Holzspan, mit Schwefelsaͤure befeuchtet anzuzuͤnden27) .
D. Ueber verschiedene Zusaͤze zum Schießpulver, um die Wirkung desselben zu vermehren.
Zu diesen gehoͤren entweder solche, welche die Stelle des Salpeters vertreten
und durch die demselben eigenthuͤmliche und groͤßere Explosionskraft
auch die des Schießpulvers vermehren helfen sollen, oder solche, die auf irgend eine Art28) dazu beitragen sollen.
Ausser dem oxydirtsalzsauren Kali, von welchem eben die Rede war, gehoͤren zu
den erstern vorzuͤglich aus der Reihe der salpetersauren Salze das
salpetersaure Ammoniak29) und ausserdem das Knallsilber.
1. Salpetersaures Ammoniak.
Die groͤßere Faͤhigkeit dieses Salzes, eine lebhaftere Verpuffung
hervorzubringen, so wie die vollstaͤndigere Zersezung, welche es dabei
erleidet, ohne einen Ruͤkstand zu hinterlassen, gaben Veranlassung zur
Anwendung desselben.
a) Grindel legte der koͤnigl. Akademie der
Wissenschaften (am 5. Nov. 1806) die Resultate folgender von ihm deshalb
angestellten Versuche vor:
Eine innige und gekoͤrnte Mischung von 6 Theil dieses Salzes, 2 Theil
Schwefel und 1 Theil Kohle entzuͤndete sich schwer und brannte sehr
langsam; – von 4 Theil Salz, 2 Theil Schwefel und 1 Theil Kohle
entzuͤndete sich zwar leichter, brannte aber nicht schnell auf; –
von 2 Theil Salz, 2 Theil Schwefel und 1 Theil Kohle war leichter
entzuͤndlich30) .
Um die nachtheilige Mitwirkung des Krystallisationswassers zu entfernen, wurde
das salpetersaure Ammoniak vor der Anwendung getroknet. Allein in mehr als 15
verschiedenen Verhaͤltnissen angewandt, gewaͤhrte es keinen
Vortheil. Dieß veranlaßte ihn endlich, dieses Salz den gewoͤhnlichen,
Salpeterhaltigen, Pulvergemischen zuzusezen. Eine Mischung von
Salpeter.
Salpeters.
Kohle.
Schwefel.
Ammoniak.
3.
3.
1.
1.
brannte mit starker Explosion, langsam und mit schoͤnem Feuer.
9.
3.
2.
2.
brannte mit blendendem Feuer31) .
9.
3.
2.
3.
hinterließ nach dem Verbrennen einen betraͤchtlichen Ruͤkstand.
10.
2.
3.
3.
Diese ist von allen Mischungen die beste.
In der kleinen Pulverprobe uͤbertraf sie
gewoͤhnliches Schießpulver. Verschiedene andere damit angestellte Proben
gaben aber nicht uͤbereinstimmende Resultate. Vielleicht ließe sich,
meint Grindel, leztre Mischung zu grobem
Geschuͤze anwenden.
b) Robin zu Essone32) , bereitete einen Pulversaz damit in dem Verhaͤltnisse von 0,750
salpetersaurem Ammoniak 0,125 Schwefel und 0,125 Kohle. Die Masse ließ
waͤhrend dem Stampfen schon das Wasser von sich, so daß sie bald einem Schlamme glich
und nicht mehr Consistenz annehmen konnte. Er ließ sie hierauf im Sonnenschein
ausbreiten; nachdem sie gehoͤrig getroknet schien, wurde sie in das
Stampfloch zuruͤkgebracht; die Einwirkung der Stampfe trieb aber von
neuem Wasser hervor und die Masse mußte wieder an der Sonne getroknet werden.
Die aufs neue getroknete Masse wurde aber durch das Stampfen wieder etwas
feucht; bald aber formte sie sich zu einem Teige und die Masse schien nach
Verlauf von zwei Stunden viel Consistenz zu haben. Zu Kriegsschießpulver
gekoͤrnt, gab sie viel Koͤrner, welche jedoch noch ein wenig weich
schienen, so wie auch das Reiben der Scheiben etwas Feuchtigkeit auspreßte. Das
Korn war, nachdem es ungefaͤhr sechs Stunden der Sonne ausgesezt gewesen
war, vollkommen troken. Waͤhrend des Troknens zeigten die Koͤrner
Neigung, sich aneinander zu haͤngen; doch wurde dies durch die Vorsicht
vermieden, welche man anwandte, das Schießpulver fleißig umzuwenden, um die
Oberflaͤchen zu erneuern.
Dieß Schießpulver wurde in einem Moͤrser, in Vergleich gegen das
gewoͤhnliche Kriegsschießpulver, bei einer Ladung von 6 Loth Pulver
untersucht, aber die Kugel wurde nicht einmal aus dem Moͤrser gestoßen.
Es entzuͤndete sich uͤberdieß langsam; es brannte aus dem
Zuͤndloche heraus, indem es einen diken gruͤnlichen Rauch
ausstieß, der rund um die Kugel wirbelte, und aus dem Moͤrser langsam
herausdrang. Das Innere und die Kammer des Moͤrsers fand man mit einer
Art von schwarzem und stinkendem Schlamme erfuͤllt, so wie mit
Wassertropfen, welche ohne Zweifel von der Zersezung des Ammoniaks
herruͤhrten. Fein gekoͤrnt konnte dieses Pulver in Regnier's Pulverprobe nicht anders als mittelst sehr
feinem Schießpulver entzuͤndet werden, und dann brannte es langsam aus
dem Zuͤndloche heraus, ohne den Stoͤpsel der Pulverprobe in die
Hoͤhe heben zu koͤnnen.
Nach vielfaͤltigen abgeaͤnderten Versuchen mit Mischungen, die in
verschiedenen Verhaͤltnissen aus diesem Salze, Schwefel und Kohlen
zusammengesezt waren, ergab sich, daß: 1) die Zerfließbarkeit des Salzes Ursache
ist, daß die damit gemengte Kohle und der Schwefel bedeutend befeuchtet worden;
2) demungeachtet dieses Gemenge ohne Wasser sich nicht zu einer Masse bindet; 3)
das Krystallisationswasser wird aus dem Salze durch die vermittelst der bloßen
Reibung waͤhrend des Stampfens entwikelte Waͤrme in Freiheit
gesezt, was die Sonnenhize nicht bewirkt; 4) der Wirkung des Feuers ausgesezt
dieß Salz schmilzt; 5) die Neigung dieses Salzes, Feuchtigkeit einzusaugen, so
groß ist, daß nach jeder Operation, sowohl die Masse, als das Korn getroknet
werden mußte; 6) das vermittelst dieses Salzes sowohl durch einfaches Reiben,
als durch Stampfen und Koͤrnen bereitete Schießpulver sich, selbst
aufgluͤhenden Kohlen, schwer entzuͤndet; nach dem
Entzuͤnden nicht detonirt, sondern nur langsam auseinander fließt, wobei
viel Rauch entwikelt wird, und nur sehr wenig Funken entstehen; 7) es eben so
wenig die Feder einer Handprobe zu bewegen, noch viel weniger den
fortzutreibenden Koͤrper aus dem damit beladenen Geschuͤze
herauszutreiben vermag; – mithin ist es
unmoͤglich, sich des salpetersauren Ammoniaks zur Bereitung des
Schießpulvers zu bedienen.
2. Knallsilber.
Cagniard-Latour33) bereitete dasselbe, um es zur Bereitung, des Pulvers anzuwenden, auf
folgende Art: Reines Silber wird in 10 Th. einer Salpetersaͤure von
40° nach Baumé's Araͤometer in einer etwas langen, an einem
Ende
verschlossenen Glasroͤhre aufgeloͤst, und alsdann eben so viel
Alkohol von 36°, als die erhaltene Aufloͤsung betraͤgt,
hinzugesezt, im Sandbade bis 65:75° nach dem hundertgradigen Thermometer
so lange erhizt, bis nichts mehr niederfaͤllt. Man waͤscht hierauf
den Niederschlag mit destillirtem Wasser aus und troknet es, theils um die
Troknung schneller zu bewirken, theils um die Einwirkung des Lichts zu
verhindern, zwischen zwei Papieren.
Man vermischt 1 Th. desselben mit 3 Th. gewoͤhnlichem Mehlpulver,
befeuchtet das Gemenge mit etwa 10 Procent schwachem Gummiwasser und
koͤrnt die Masse, indem man sie mittelst eines Spatels, durch ein feines
Sieb treibt. Das Korn laͤßt man an der Luft bei sehr gelinder
Waͤrme troknen.
Nach den Versuchen Regnier's und Pajot-Laforet's
34) mit einer dazu besonders eingerichteten Pulverprobe ergab sich, daß:
1 Gramme feines Jagdpulver in einem andern Versuche
19 Grade zeigte
17 Grade zeigte
1 Decigr. Knallsilber in 2 Versuchen
13 u. 12 1/2 Grade zeigte
1 Decigr. Ammoniakalisches Knallsilber in 2 Versuchen
11 1/2 u. 12 Grade zeigte
1 Decigr. Knallsilber und weißes Knallqueksilber in 2 Vers.
15 u. 15 1/2 Grade zeigte
1 Decigr. Knallsilber u. graues Knallqueksilber in 2 Vers.
18 1/2 Grade zeigte
1 Decigr. in der Waͤrme bereitetes Knallqueksilber in 3 Vers.
15 1/2, 17, 19. Grade zeigte
1 Decigr. in der Kaͤlte bereit. Knallqueksilber in 3 Vers.
15 1/2 Grade zeigte
Die expansive Gewalt des Jagdpulvers ist demnach zehnmal schwaͤcher als
die des Knallsilbers und grauen Knallqueksilbers ist, weil leztere bei einer
zehnmal geringern Quantitaͤt denselben Effekt als jenes hervorbrachten.
Die Wirkung des kalt bereiteten Knallqueksilbers scheint sehr regelmaͤßig
zu seyn, weil die Versuche mit demselben dieselben Resultate darboten. Das aus
Knallsilber und grauem Knallqueksilber zusammengesezte Knallpulver
gewaͤhrte die guͤnstigsten Resultate. Das Knallgold, das ebenfalls einem aͤhnlichen Versuche unterworfen
wurde, war von unbedeutender Wirkung.
Da indessen der geringste Stoß schon hinreichend ist, um dieselben zu
entzuͤnden, so gewaͤhren sie fuͤr die Artillerie und
Minirkunst keine Vortheile; selbst wenn man auch Mittel finden sollte, sie ohne
Gefahr transportiren zu koͤnnen, so wuͤrde man der Gefahr doch
immer ausgesezt bleiben, waͤhrend die Gewehre damit geladen werden.
Der einzige Vortheil, den diese Knallpulver oder das damit vermischte Pulver
darbietet, besteht darin, daß man es als Zuͤndpulver fuͤr die
Pistolen gebrauchen koͤnnte, weil der leichteste Stoß zur
Entzuͤndung hinreichend ist, besonders in Lepage's Flintenschloͤssern. Auch wuͤrden dadurch
leztere nicht so schnell als durch das gewoͤhnliche Schießpulver oxydirt.
Nur ist die Aufbewahrung in einer Pulverflasche mit Gefahr
verknuͤpft.
3. Kalk.
D. Baini zu Fojano im Toskanischen behauptete, daß
eine Mischung von. 100 Th. Schießpulver und 23 Th. gepulvertem lebendigem Kalk
ein um 1/3 staͤrkeres Schießpulver gebe35) . Sowohl Regnier
36) als Lemaistre
37)
fanden, daß durch
diesen Zusaz der Grad der Staͤrke des Schießpulvers geschwaͤcht
werde.
4. Kampfer.
In der Zeitschrift: „der
Biograph“ (B. 1 St. 1, Halle 1802, S. 104) heißt es von
Gustav dem Dritten, Koͤnige von Schweden: „Die Wunde war ihm
durch einen Schuß beigebracht, den man kaum
gehoͤrt hatte, weil das Pulver mit Kampfer vermischt
war.“ Ich habe weder erfahren, noch irgendwo auffinden
koͤnnen, ob wirklich ein solcher Zusaz angewendet worden sey38) .
5. Sand.
Beachtenswerther scheint nach Jessop's Versuchen39) der Zusaz des Sandes zum Pulver, um besonders seine Kraft beim Sprengen
zu vermehren, zu seyn; statt des Sandes hat neuerlich Gelb auch
Saͤgespaͤne40) eben so wirksam gefunden – in welchen Faͤllen sich
vielleicht viel auf die Ausdehnung der eingeschlossenen Luft gruͤnden
moͤchte; worauf auch schon ein fruͤherer Versuch hindeutet41) . Vergl. Beckmanns Bibl. B. 22, S. 393.
Die besondere Ruͤksicht, die im Vorhergehenden auf das Schießpulver
genommen worden ist, macht es nothwendig, noch auf einige wichtige neuere Werke,
dasselbe betreffend, hinzuweisen:
1. Als Hauptwerk, von welchem vorhin die deutsche Uebersezung haͤufig
angefuͤhrt worden ist, verdient folgendes angefuͤhrt zu werden:
Traité de l'art de farbriquer la poudre
à canon – par A. Botée et I.
Riffault. Paris, Leblanc, 1811. 163 u.
537 S. gr. 4., m. 9 Tab. und einem Recueil de
lanches. Anzeigen dieses Werks befinden sich in den Annal. de Chemie T. 81. S. 191–7. 82,
86–108, 178–96; Journ. de Physique T.
74 S. 269–85 und in den Goͤtting. Anz. 1813 B. I. S.
433–48.
2. Rumford's mannichfaltige Versuche in s. Schriften.
B. 4, Abth. 2. (Weimar, 1805) S. 3–318.
3. Guiton Morveau's Aufsaz in den Memoires de l'Institut de France p. 1807. Sem. II. S. 116–31.
4. Ueber das Schießpulver. Eine chemisch-technische Abhandlung von J. L.
G. Meinecke. Halle; 1814. 84 S. gr. 8. (Anzeigen: ALZ. 1815 IV, 684–6; JLZ. 1816 II, 134–41).
5. Proust's neun Aufsaͤze in de la Metherie's
Journ. de Physique. T. 70–78
(1810–1814) aus denen sich ein Auszug in Wolff's chem. Woͤrterbuch Supplementb. 3. S. 396–451
befindet42) .
E. Zuͤndstaͤbe43) .
Statt der gewoͤhnlichen Striklunten schlaͤgt Cadet vor, Zuͤndstoͤke zu verfertigen, die unausgesezt
fortbrennen. Man verfertigt vorzuͤglich aus Lindenholz, welches Jahre lang
getroknet und dann einen halben Tag lang einer Hize von 30° ist einem Bakofen
ausgesezt worden, vierekige Staͤbe, welche man 6 Stunden lang in einer
verduͤnnten Aufloͤsung des salpetersauren Bleies in Wasser kocht.
Nachdem sie vollkommen getroknet, werden sie in Terpentinoͤl erhizt, bis
dasselbe zu kochen anfaͤngt. Ausserdem findet er auch das salpetersaure
Kupfer noch vorzuͤglicher als das salpetersaure Blei. – Vortheilhafte
Berichte uͤber diese Zuͤndstoͤke haben Guyton, Deyeux und
Carnot44) , so wie auch Proust45) abgestattet.