Titel: | Ueber Wilson's neues Verfahren beim Raffiniren des Zukers. |
Fundstelle: | Band 5, Jahrgang 1821, Nr. XLVI., S. 262 |
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XLVI.
Ueber Wilson's neues Verfahren beim Raffiniren des Zukers106) .
Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement pour l'Industrie nationale. Jaͤnner 1821. S. 24. Frei uͤbersezt.
Mit Abbildungen auf Tab. VI.
Wilson's neues Verfahren beim Raffiniren des Zukers.
Die gewoͤhnlichen Feuerungs-Anstalten bei
Zuker-Raffinerien sind insofern mangelhaft, als durch unmittelbare Anwendung
des Feuers unter dem Kessel, der Syrup, und wohl gar das ganze Gebaͤude der
Raffinerie in Gefahr ist anzubrennen, wenn dieser in das Feuer
uͤberlaͤuft. Man hoffte diesem Nachtheile dadurch abhelfen zu
koͤnnen, daß man Metallroͤhren durch die Kessel leitete, in welchen
siedendes Wasser durchlief. Da aber der Syrup nicht bei jener Temperatur siedet, bei
welcher das Wasser kocht, so mußte dieses bis zu einem Grade erhizt werden, wo sein Druk
gefaͤhrlich werden konnte.
Herr Harris, Raffineur zu Liverpool, nahm Talg statt des
Wassers, kochte aber den Talg in einem offenen Kessel, in welchen er den Zukerkessel
mittelst dreier an einem Hebel befestigter Ketten einsenkte. Allein der geschmolzene
kochende Talg verbreitete solchen hoͤllischen Gestank in der ganzen
Raffinerie, und die Daͤmpfe davon schlugen sich so maͤchtig nieder,
daß Farbe und Geschmak des Zukers so gewaltig davon litt, daß Niemand diesen Zuker
kaufen wollte.
Herr Wilson bedient sich, um den Syrup zum Sieden zu
bringen, (des noch stinkenderen) Thranes, den er bis zu jenem Grade erhizt, wo der
Syrup siedet; er laͤßt ihn aber in wohl verschlossenen Roͤhren um den
Kessel laufen.
Sein Apparat besteht aus einem Kessel von starkem Bleche A (Fig.
10–11. Tab. VI.) welcher 9 Fuß lang, 3 Fuß breit, und 13 Fuß tief ist, und 4
Zentner Thran fassen kann. Dieser Kessel, untermauert mit einem gewoͤhnlichen
Ofen aus Baksteinen, steht durch kupferne Roͤhren E und G mit einem Zukerkessel F in Verbindung, welcher mit einem hoͤlzernen
Kranze umgeben ist, damit er seine Hize desto laͤnger behalte. Die
Roͤhre G windet sich in einer Spirallinie um den
Grund des Kessels, und endet sich in eine andere Entladungsroͤhre H, welche an dem entgegengesezten Ende in den Kessel
sich entleert. Eine Pumpe aus Gußeisen, D, die
uͤber der Roͤhre E angebracht ist, zieht
den Thran auf, und bringt ihn in die Durchlaufsroͤhren.
An der Deke des Kessels ist ein Queksilberthermometer B
angebracht mit Fahrenheit'schem Maßstabe zu 450 Graden. Diese Roͤhre taucht
in den Thran, um den Grad der Erhizung desselben anzuzeigen: steigt diese zu hoch,
so springt die Roͤhre, und zeigt dadurch, daß man das Feuer maͤßigen
muß107) . Man faͤngt an, den
Thran bis aus 350° Fahrenh. (132 Réaumur)
zu erhizen, und zieht dann mittelst der Pumpe D
denselben in die um den Kessel sich windende Roͤhre, in welcher er immer
umherlaͤuft, bis er durch H wieder in den Kessel
zuruͤk gelangt. Da der Syrup bei 240° Fahrenh. (90° Réaumur) zu sieden anfaͤngt, so
laͤßt sich begreifen wie der Thran, dessen Hize um so vieles hoͤher
ist, so lang die Pumpe in Thaͤtigkeit bleibt, den Syrup im Sude erhalten muß,
und dieß zwar ohne alle Schwierigkeit und ohne alle Gefahr.
Man hat behauptet, daß der Syrup, wenn er bis auf einen gewissen Grad erhizt wird,
faͤhig wird sich selbst zu entzuͤnden. Herr Wilson hat uͤber diesen Punkt Erfahrungen angestellt, aus welchen
erhellt, daß der Syrup bei einer Temperatur von 344° Fahrenh. (129°
Réaumur) sich zersezt und Daͤmpfe
ausstoͤßt, welche sich erst bei 370, 386 und selbst 398° Fahrenh.
(139°, 145°, 150° Réaumur)
entzuͤnden. Was den Thran betrifft, den man gleichfalls fuͤr sehr
entzuͤndlich hielt, so versichert Herr Wilson, daß
er es erst bei 600° Fahrenh. (226° Réaumur) wird, einer Temperatur, die gar viel hoͤher ist,
als diejenige, welche man zum Sieden des Syrupes noͤthig hat. Herr Parkes hat erwiesen, daß zwar wirklich bei 350°
sich Daͤmpfe entwikeln, daß sie aber erst bei 590° (222° Réaumur) mit einer schwachen Flamme brennen, und
in 4 Minuten nur 8 Kubikzoll auf das Gallon (4 litres)
Thran betragen, waͤhrend sie bei 620° Fahrenh. (233 Réaumur) in einer Minute auf 32 Kubikzoll steigen
und sich dann von selbst entzuͤnden108) .
Durch diese Versuche ist die Sicherheit so wie der Gewinn bei Wilson's Verfahren
erwiesen, wenn anders das Werk mit der noͤthigen Vorsicht geleitet wird.
Erklaͤrung der Figuren.
Fig. 10.
Seitenaufriß. Fig.
11. Grundriß des Apparates zum Zukersieden und Verdampfen der
Fluͤssigkeiten mittelst umherlaufenden siedenden Thranes.
A laͤnglicher Kessel aus starkem Bleche, den
Kesseln bei Dampfmaschinen aͤhnlich. Er ruht in einem gewoͤhnlichen
Baksteinofen mittlerer Groͤße, und ist ohne alle Leitungsroͤhren, um
geradezu die Wirkung des Feuers aufnehmen zu koͤnnen. Seine Groͤße
haͤngt von der Menge Oeles ab, das man erhizen, oder von der Menge
Fluͤssigkeit, die man verduͤnsten will; je groͤßer seine
Oberflaͤche, desto weniger wird man Brennmaterials brauchen. Man fand reinen
Thran hierzu tauglicher als irgend ein anderes Heizungsmittel, und braucht nicht
mehr davon als noͤthig ist, um den Boden des Kessels 6–8 Zoll hoch zu
bedeken.
B das Thermometer oben am Kessel, dessen Roͤhre
in den Thran eintaucht.
C eine kleine Rohre, welche sich mit ihrem unteren Ende
in den Kessel oͤffnet. Sie hat eine lange Roͤhre aufgesezt, das
Dampfloch (èvent à vapeur) genannt, und
steht dadurch in Verbindung mit der Atmosphaͤre. Diese Roͤhre hat
dreifachen Zwek: 1) die in dem Kessel enthaltene Luft beim Beginnen der Operation
hinauszulassen, um allen Druk zu vermeiden; 2) eine freie Verbindung mit der aͤußeren Luft zu
unterhalten, damit die Pumpe wirken koͤnne. 3) Die Daͤmpfe des Thranes
abzuleiten, die in dem Inneren der Raffinerie einen uͤblen Geruch verbreiten
und den Zuker verderben koͤnnten.
D die Pumpe aus Gußeisen, deren Staͤmpel mit
Metall beschlagen ist, wie jener Brown's Nr. 166. dieses Bulletins, April 1818. S.
122. Diese Pumpe, welche durch die Zugroͤhre E
mit dem Kessel in Verbindung steht, wird durch ein Pferd oder durch irgend eine
andere Kraft getrieben.
F ein kupferner Kessel, an dessen Grunde sich eine
Roͤhre, welche eine Fortsezung von G ist,
schlangenfoͤrmig umher windet, und an ihrem Ende mit dem Kessel durch die
Abzugsroͤhre H in Verbindung steht. Durch diese
in den Syrup untergetauchten Roͤhren laͤuft der erhizte Thran umher,
der stets durch die Pumpe aufgezogen wird. Dieser Kessel ruht auf Baksteinen, und
hat einen hoͤlzernen Aufsaz um die Hize zu erhalten.
I Hahn zum Abziehen des Syrupes, wenn dieser
hinlaͤnglich gekocht ist.
K Schornstein des Ofens.
Tafeln
