Titel: | Erklärung des dem Anton Radford Strutt, Baumwollen-Spinner zu Mackeney in der Grafschaft Derby, ertheilten Patentes auf Verbesserungen in dem Baue der Schlösser und Klinken oder Fallen (Locks et Latches) dd. 18. Oct. 1819. |
Fundstelle: | Band 3, Jahrgang 1820, Nr. XL., S. 290 |
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XL.
Erklärung des dem Anton Radford Strutt, Baumwollen-Spinner zu Mackeney in der Grafschaft Derby, ertheilten Patentes auf Verbesserungen in dem Baue der Schlösser
und Klinken oder Fallen (Locks et Latches) dd. 18. Oct. 1819.
Aus dem Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. II. Series. N. CCXXII. November 1820. S. 231.
Mit Abbildungen auf Tab. XXII.
Anton Radford Strutts Verbesserungen in dem Baue der Schlösser, Klinken oder Fallen.
Ich erklaͤre, daß meine Erfindung in Folgendem beschrieben ist: sie besteht
erstens in einer Anzahl von Hebeln, auf welche ein Schluͤssel nahe bei ihrem
Mittelpunkte wirkt, und die am Umfange ihre Ausschnitte besizen, welche dem Riegel
erlauben zu schließen, sobald sie alle unter einander korrespondiren; diese Hebel
oder Platten koͤnnen entweder so vorgerichtet seyn, daß sie mittelst einer
Feder auf ihre vorigen Stellen zuruͤckkehren, oder durch ihre eigene Schwere,
wenn diese hinreicht, zuruͤckfallen. Auf diese Weise wird eine kleine
Bewegung des Schluͤssels eine große an dem Umfange hervorbringen; man
erhaͤlt einen großen Raum fuͤr die blinden und Raum genug fuͤr
mehrere treibende Kerben, welche, wo es noͤthig ist, durch verschiedene
Schluͤssel, die durchaus nicht unter sich gleich sind, in Thaͤtigkeit
gebracht werden koͤnnen. So wird hier Schluͤssel, und halber und ganzer
Hauptschluͤssel (sub-master et
grand-master key) anwendbar. 2tens in der Befestigung des Schlosses
an der Thuͤre, oder des Deckels (lid) an dem
Schlosse, so daß es weder von der Thuͤre abgenommen, noch in Stuͤcke
zerlegt werden kann um den inneren Bau desselben, zu sehen, außer wenn man einen
Musterschluͤsssel bei der Hand hat. Ein entschiedener Unterschied zwischen
diesem Schlosse und den gewoͤhnlich gebraͤulichen Schloͤssern
ist dieser, daß in den lezteren der Schluͤssel durch die Bogte der
Wach-Balken (wards) geht, oder dieselben
wenigsten in gehoͤrige Lage zu bringen hat, und der Riegel mit der Hand
bewegt wird.
In Tafel XXII. Fig.
1 (im Original Tab. XVI.) ist A eine
duͤnne Platte oder ein Hebel von Eisen, Messing oder einem anderen
schiklichen Materiale, dergleichen mehrere in beliebiger Anzahl parallel neben
einander liegen koͤnnen, je nachdem man naͤmlich mehr oder minder
Sicherheit verlangt. Diese Hebel oder Platten koͤnnen entweder durch Federn
auf ihren Plaz zuruͤckgefuͤrt werden, oder durch ihr eigenes Gewicht,
wo dieses hinreicht, zuruͤckfallen.
B ist ein Central-Stift, un welchen sich alle,
wie um ihren Mittelpunkt bewegen.
C zeigt das Schluͤsselloch, und die punctirte
Linie die Weite, in welche der Schluͤssel gelangen kann.
D ist der Schluͤssel, und 1, 2, 3, 4 u. 5 sind
Stufen oder Ausschnitte, die nach Belieben gemacht wurden. Wenn der
Schluͤssel eingefuͤhrt wird, so wirken diese Einschnitte oder Stufen
auf die Hebel, und erheben sie zu verschiedener Hoͤhe: einige mehr, andere
minder.
EE ost der Riegel.
F der Tummler (tumbler).
G eine duͤnne Platte, die an lezterem befestigt
ist, und wenn dieser gehoben wird, gegen die Kante aller Hebel oder Platten
druͤckt.
H ein Knopf, durch dessen Mittelpunkt der Griff geht.
Wenn nun der Schluͤssel eingefuͤhrt und so weit gedreht ist, als die
punktirte Linie zeigt, und alle Hebel in neue Lagen kommen, wird der Tummler F versucht werden aufzusteigen, und wo die Kanten der
Hebel oder Platten von der Platte G beruͤhrt
werden, ist in jeder Platte oder in jedem Hebel ein Einschnitt angebracht. Es ist
nun offenbar, daß der Tummler F gehoben, und G in die Einschnitte der Hebel oder Platten eingreifen
kann. Wenn man den Griff und Knopf H dreht, so wird
dadurch der Tummler F gehoben, und schließt den Riegel
GG. Der Riegel EE wird durch den Stift L, welcher in F befestigt ist, in seiner Lage erhalten, indem dieser
in die Kerben M und N des
Riegels faͤllt. Die Kante einer jeden Platte ist in kleine Ausschnitte
ausgefeilt, die den Saͤgezaͤhnen etwas aͤhnlich sind, und
jeden, der versucht das Schloß zu stehlen, hindern zu erkennen ob er einen der Hebel
oder Platten bewegt hat, bis einer der tieferen wirkenden Einschnitte oder einer der
kleineren (die bloß da sind um zu taͤuschen) G
gegenuͤber stehen.
Ich betrachte den Grundsaz der Hebel als anwendbar aus alle Arten von
Schloͤssern. Der Riegel und der Tummler koͤnnen verschieden seyn, so
wie, nach Umstaͤnden, auch die Methode dieselben zu bewegen; z.B. Fig. 2, wo A die Hebel und Platten sind, wie vorher; C das Schluͤsselloch; F der Tummler; G die Spize, welche in die
Einschnitte der Hebel oder Platten gehoben werden muß, wenn diese durch den
Schluͤssel in die gehoͤrige Lage gebracht worden sind; EE der Riegel. Es ist nun offenbar, daß der Riegel
weder vorwaͤrts noch ruͤckwaͤrts durch das Daumenstuͤck
O gebracht werden kann, ohne den Tummler F und die Platte G zu heben; und dieß kann
nicht geschehen, bis nicht die Hebel oder Platten mittelst des Schluͤssels in
die gehoͤrige Lage kommen. Es ist uͤberfluͤssig der
verschiedenen Arten zu erwaͤhnen, nach welchen dieser Grundsaz auf
verschiedene Schloͤsser angewendet werden kann. Der Riegel oder die
Schließung kann auf mehrere verschiedene eben nicht neue Weisen verfertigt werden.
Der Grundsaz des Schlosses ist, daß der Riegel oder die Schließung durch irgend ein
Hinderniß fest an seiner Stelle erhalten wird, welches Hinderniß nur dann entfernt
werden und den Riegel schließen lassen kann, wann die Hebel durch den
Schluͤssel in ihre gehoͤrige Lage gebracht sind.
Ein anderer Theil dieses Schlosses nach einem neuen Grundsaze, den ich hier als
Verbesserung anspreche, ist, daß wo es noͤthig ist, das Schloß an die
Thuͤre und den Deckel, oder die Schale des Schlosses an das Schloß, (jedes
einzeln, oder beide zugleich) anzuschlagen, sie so befestigt werden koͤnnen,
daß, ohne den eigenen Schluͤssel, das Innere des Schlosses nicht untersucht
werden kann.
Fig. 3. ABCD ist eine seichte Buͤchse oder Schale
von irgend einem tauglichen Materiale, welche das innere Werk des Schlosses
aufnimmt.
Q ist eine kleine in die Kante der Buͤchse
gefeilte Vertiefung.
SS sind zwei kleine an der gegenuͤber
stehenden Seite der Buͤchse an der Kante derselben befindliche
Loͤcher.
RR ist ein duͤnnes Stuͤck Metall mit
einem anderen Stuͤcke T, welches auf demselben
unter einem rechten Winkel angebracht ist.
Wenn der Schluͤssel eingefuͤhrt wird, wird RR um seinen Mittelpunct V bewegt, und eine
Anzahl von Einschnitten in den Hebeln oder Platten, um die Spize T in der angezeigten Richtung sich bewegen zu lassen:
XX wird daher nothwendig sich von der Kerbe
Q entfernen.
ABCD Nro. 2. ist der Deckel oder die Schale.
SS sind zwei kleine Stifte, die in die
Loͤcher von Nro. 1. passen.
W ist ein kleines an dem Deckel befestigtes
Stuͤck Metall mit einem Vorsprunge zwischen demselben und dem Deckel.
Y ist ein kleines laͤngliches Loch in dem Deckel,
welches einem Stifte oder Drahte den Zutritt in Pas Loch Z Nro. 1. gestattet.
Jezt soll nun der Deckel aufgesezt werden. Wenn vorerst der Schluͤssel
eingesteckt worden ist, und die Hebel in ihre gehoͤrige Lage gebracht sind,
so ist es offenbar, daß R in der angezeigten Richtung
bewegt und von Q entfernt werden kann. Waͤhrend
nun die Theile in dieser Lage sind, wird der Deckel aufgesezt, und zwar werden
zuerst die Stifte SS Nro. 2. in die Loͤcher
SS Nro. 1. gebracht. Der Theil W Nro. 2. kommt in den Einschnitt Q Nro. 1. In dieser Lage wird ein Stift oder Draht durch Y in das Loch Z
eingefuͤhrt, und RR wird wieder
zuruͤck bewegt, und zieht XX hinter W, wodurch nun der Deckel angeriegelt ist. Die Hebel
fallen dann in ihre gewoͤhnliche Lage zuruͤck, und es ist offenbar,
daß RR nicht wieder bewegt werden kann, bis nicht
der Schluͤssel neuerdings auf die Hebel wirkt, und der Theil T in die Einschnitte eingreift. Wenn nun die Schrauben
durch die Loͤcher PPPP in die Thuͤre
eingeschraubt werden, und der Deckel hierauf aufgesezt wird, so ist offenbar, daß
dasjenige geleistet ist, was versprochen wurde.
Ich will nun diesen Grundsaz auch auf eine Klinke oder Falle, und zwar auf folgende
Weise anwenden: diese Weise laͤßt sich jedoch nach Umstaͤnden
mannigfaltig abaͤndern.
Fig. A.
sind die Hebel oder Platten; C das
Schluͤsselloch, und F der Tummler wie vorher. EE ist die Falle, welche sich um denselben Stift,
wie der Tummler F dreht. U ist der Knopf und der Griff.
Wenn die Falle innenwendig an der Thuͤre, und die Thuͤre geschlossen
ist, so kann die Klinke oder Falle uͤber den Faͤnger S aufsteigen, indem sie durchaus unabhaͤngig von
dem Tummler F oder irgend etwas anderem ist. Es ist auch
offenbar, daß die Falle oder Klinke nicht von außen an der Thuͤre durch das
Drehen des Griffes H gehoben werden kann, ohne zugleich
den Tummler F zu heben, was nicht moͤglich ist,
wenn nicht vorerst der Schluͤssel eingefuͤhrt, und die Hebel in die
gehoͤrige Lage so gebracht sind, daß G in die
Einschnitte einpaßt.
Bemerkungen des Patenttraͤgers.
Die Vortheile, welche der Patenttraͤger durch dieses Schloß (welches
urspruͤnglich zum Privatgebrauche erfunden wurde) zu erhalten hoffte, waren:
vollkommene Sicherheit, Einfachheit, Staͤrke, und
Dauerhaftigkeit; geringe Kosten und ein solcher Bau
des Schlosses, daß Ein Haptschluͤssel eine große Anzahl von diesen
Schloͤssern sperren kann.
Die Sicherheit dieses Schlosses beruht auf weit aussehender Umsicht, die sogar soweit
reicht, daß Niemand, der mit dem Grundsaze des Baues desselben bekannt ist, jemals
auf die Idee kommen kann, ein Schloß dieser Art stehlen zu wollen. Ja, was noch mehr
ist, die falschen Kerben an den Kanten dieser Hebel oder Platten muͤssen
nothwendig den Schloßdieb auf das groͤblichste taͤuschen, und ihn
glauben machen, er verfahre ganz in der Ordnung, wenn er himmelweit von dem wahren
Verfahren entfernt ist.
Man hat sehr viel uͤber die Leichtigkeit gesprochen, mit welcher man falsche
Schluͤssel zu irgend einem wohlfeilen Schlosse machen kann; an diesem
Schlosse wirkt der Schluͤssel auf die Platten nahe an ihrem Mittelpuncte, und
die Ausschnitte (welche
dem Riegel erlauben zu schließen, wenn sie zusammentreffen) befinden sich an dem
Umfange; die kleinste Abweichung an dem falschen Schluͤssel von dem wahren
muß daher machen, daß diese Ausschnitte nicht zusammentreffen, und bis dieß nicht
geschieht, kann das Schloß nicht geoͤffnet werden. Man muß auch bedenken, daß
der wahre Schluͤssel bloß nach Willkuͤr gemacht ist, und die
Einschnitte in den Platten spaͤter erst gemacht werden. Es laͤßt sich
denken, daß unzaͤhlige Faͤlle Statt haben koͤnnen, in welchen
die Einschnitte oder Stufen (Steps) an dem Barte des
Schluͤssels ehe irgend etwas anderes, als eine regelmaͤßige krumme
Linie, werden, oder daß die krumme Linie eines Einschnittes jener eines anderen
aͤhnlich ausfalle. Es ist auch unmoͤglich, daß irgend jemand mit
Sicherheit bestimme, an welchem Theile eines jeden Einschnittes des
Schluͤssels jede Platte oder jeder Hebel ruht, und die Schwierigkeit, einen
Abdruck in Wachs etc. davon zu nehmen, der genau genug waͤre, um nach
demselben arbeiten zu koͤnnen, wird jedem auffallen muͤssen, der mit
diesem Gegenstande vertraut ist.
Was die Staͤrke, Einfachheit und Dauerhaftigkeit dieses Schlosses betrifft, so
ist es bloß noͤthig dieß zu bemerken, daß alle seine Theile groß und stark
sind, die Reibung an denselben unbedeutend ist, und daß der Gebrauch von Federn bei
allen groͤßeren Arten von Schloͤssern an Thuͤren, Thoren u.
dgl. unnoͤthig ist. Dieß traͤgt an dumpfigen Oertern und an Stellen,
die der Witterung ausgesezt sind, wesentlich zur Dauerhaftigkeit bei.
Dieses Schloß gestattet den Gebrauch eines Hauptschluͤssels bei irgend einer
Menge von Schloͤssern seiner Art, und selbst den Gebrauch eines halben
HausschluͤsselsDer Gebrauch eines halben und eines ganzen Hauptschluͤssels ist
fuͤr wohlhabende Leute hoͤchst wichtig, welche mit einem Schluͤssel alle Schloͤsser ihres Hauses, und waͤren
sie noch so zahlreich, oͤffnen, und doch verschiedene Abtheilungen
desselben besonders getrennt haben wollen, so daß z.B. der Hausmeister oder
Aufseher eine gewisse Menge von Schloͤssern mit seinem halben
Hauptschluͤssel oͤffnen kann, aber kein anderes; eben so der
Gaͤrtner, der Kellermeister etc., waͤhrend nur ein
Schluͤssel alle diese Schloͤsser zugleich sperrt., (Submaster's key), ohne daß dadurch der Bau des Schlosses
vergroͤßert oder die Einfachheit desselben auch nur im Mindesten vermindert
wuͤrde: denn man nehme an, daß irgend eine Anzahl von Schloͤssern von
derselben Groͤße gemacht werden soll, und jedes seinen eigenen
Schluͤssel habe, so wird, wenn an einem anderen Schluͤssel die
Einschnitte nach Willkuͤr verfertigt werden, und er in jedes dieser
Schloͤsser eingefuͤhrt, und darnach eine Reihe von Einschnitten in die
Platten gemacht wird, welche den Riegel schließen lassen, dieser Schluͤssel
ein Hauptschluͤssel, mit welchem man alle diese, so verfertigten
Schloͤsser oͤffnen kann. Man nehme ferner an, daß wieder ein anderer
Schluͤssel verfertiget, und in diese Schloͤsser zu 10, 20 oder 30
eingefuͤhrt werde, und darnach Einschnitte in die Platten gemacht werden,
welche den Riegel sich schließen lassen, so hat man dann einen halben
Hauptschluͤssel, der diese 10, 20 oder 30 Schloͤsser oͤffnen
wird, aber keine andere. Man muß bemerken, daß der Raum, welchen man an dem Umfange
dieser Platten erhaͤlt, so groß ist, daß er mehrere Reihen von Einschnitten
gestattet, und doch noch immer eine unendliche Menge von Abwechslungen uͤbrig
laͤßt. Diese Schloͤsser sind also Millionen von Abaͤnderungen
faͤhig. Ein anderer Vortheil an diesen Schloͤssern ist dieser, daß,
wenn der Hauptschluͤssel zu einer großen Anzahl derselben verloren geht, (was
bei allen uͤbrigen Schloͤssern nicht etwas Unbedeutendes ist) die
Einschnitte in den Platten, welche durch den Schluͤssel in Thaͤtigkeit
gesezt werden, mit geringen Kosten verloͤthet oder auf irgend eine andere Weise
ausgefuͤllt, und neue Einschnitte und neue Schluͤssel gemacht werden
koͤnnen, so daß der verlorne Schluͤssel auf diese Weise durchaus
unbrauchbar wird.
* * *
Schloͤsser etc. nach dieser neuen Erfindung werden in den
zweckmaͤßigsten Formen und Groͤßen bei C. und H. C. Windle, Walsall, den einzigen Eigenthuͤmern dieses
Patentes, verfertigt.