Titel: | Ueber die Schildläuse (Scale ) auf Obstbäumen. Von Hrn. Thomas Thompson in Smyllum Park. |
Fundstelle: | Band 3, Jahrgang 1820, Nr. XXV., S. 208 |
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XXV.
Ueber die Schildläuse (Scale 45) ) auf Obstbäumen. Von Hrn. Thomas Thompson in Smyllum Park.
Aus den Transactions of the Caledonian Horticultural Society in dem Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. II. Series. N. CCXX. p. 225.
Thomas Thompson über die Schildläuse auf Obstbäumen.
Nach so vielen vortrefflichen Mittheilungen der Caledonischen
Gartencultur-Gesellschaft uͤber die Natur und die
Vertilgungs-Weise der Insecten, welche die Obstbaͤume verheeren,
duͤrfte es vielleicht vorlaut scheinen, wenn ich es wage noch etwas
uͤber diesen Gegenstand zu sagen. Da ich indessen noch nichts uͤber
eine den Obstbaͤumen hoͤchst verderbliche Art von Schildlaͤusen
(Scale) mitgetheilt fand, so hoffe ich, daß die
wenigen folgenden Beobachtungen vielleicht der Aufmerksamkeit nicht unwerth seyn
duͤrften.
Meine Untersuchungen waren vorzuͤglich auf jene Schildlaus gerichtet, welche
auf dem Aprikosen-Baume sich, aufhaͤlt. Ich glaube indessen, daß die
Insecten, welche auf den verschiedenen Arten von Obstbaͤumen sich erzeugen,
großen Theiles dieselben Arten sind, obschon sie sehr oft in Farbe von einander
abweichen. Ich bin geneigt zu glauben, daß ihre Farbe mehr von der Nahrung
abhaͤngt, die sie zu sich nehmen, als von irgend einer specifischen
Verschiedenheit als Thier-Art selbst46) .
Die Schildlaͤuse kommen gewoͤhnlich zuerst im Monathe August zum
Vorscheine. Sie erscheinen wie ein kleiner Wachstropfen, sind vollkommen glatt und
etwas durchsichtig. Erst nach einer kurzen Zeit zeigen sie sich etwas
ausgezaͤhnelt. Sie scheinen die Eier der Insekten47) waͤhrend des Winters zu decken und zu schuͤzen. Sie nehmen
allmaͤhlich an Groͤße zu bis einige Wochen ehe der Baum zu
bluͤhen anfaͤngt, und von ihrer ersten Erscheinung an bis zu dem
Zeitpuncte, wo die Eier belebt werden, (welches gewoͤhnlich zwei oder drei
Wochen, ehe der Baum in Bluͤthe tritt, geschieht) sind sie voll einer
gruͤnlichen Materie. Sobald die Eier lebendig geworden sind, fangen die
Schildlaͤuse an ein trockenes Ansehen zu gewinnen, und lassen sich von der
Rinde leicht lostrennen. Untersucht man jezt die innere Seite des (scheinbaren)
Tropfens, so erscheint sie voll kleiner weißer Puncte, wie Mehlstaͤubchen,
die sich bewegen; diese Puncte nehmen in wenigen Tagen die natuͤrliche Form
von Raupen an, indem sie schon so weit herangereift sind, daß sie im Stande werden
das Schildchen (thescale)48) von der Rinde empor zu heben: an schoͤnen Tagen kann man sehen wie
sie uͤberall um den Schild herum unter demselben hervorgucken. Wann der Baum
endlich in volle Bluͤthe getreten ist, sind sie bereits stark genug, das
Schildchen zu verlassen, was gewoͤhnlich an einem schoͤnen warmen Tage
geschieht. Sie nehmen dann alsogleich Besiz von den Blumen, pluͤndern die
Staubgefaͤße und den Griffel derselben, und machen eine Menge davon abfallen,
ohne daß sie Fruͤchte angesezt haͤtten. Wann die Zeit gekommen ist, wo
die Bluͤthen der Natur gemaͤß von selbst abfallen, sind sie
kraͤftig genug geworden um von haͤrterem Futter leben zu
koͤnnen; sie greifen dann die Blaͤtter, und nicht selten die Spizen
der jungen Triebe an. Dadurch werden diese lezteren gehindert sich zu
verlaͤngern, und gezwungen viele Seitenschoͤßlinge zu treiben, wodurch
der Baum nicht nur
selbst sein schoͤnes Ansehen verliert, sondern ausser Stand gesezt wird
fuͤr den naͤchsten Sommer das noͤthige Tragholz zu erzeugen.
Nachdem sie so vieles Unheil angerichtet haben, wikeln sie sich endlich in
Blaͤtter ein, wo sie sehr bald zur Puppe werden. In diesem Puppenzustande
bleiben sie eine kurze Zeit uͤber, und werden dann in Schmetterlinge oder
Motten (butterflies or moths) verwandelt.49) .
Daß die Schildlaͤuse von Motten erzeugt werden, daruͤber habe ich nicht
den geringsten Zweifel;50) auf welche Weise aber dieses geschieht, und zu welcher Zeit, dieß, ich gestehe es mit Bedauern, war
ich nicht im Stande zu entdecken. Als ich sie zuerst beobachtete, war ich geneigt zu
glauben, daß gewisse gefluͤgelte Insecten (Fliegen heißt es im Originale; Flies!) Einschnitte in die Rinde machen; daß sie
in diese Einschnitte ihre Eier legen, und daß eine gummiartige von dem Baume
ausgeschwizte Materie das Schildchen (die Schildlaus!) bildete. Ich fand aber, als ich das
Schildchen vom Baume sorgfaͤltig abloͤßete, daß man nicht den
kleinsten Stich auf der Rinde bemerken konnte. Ich bin sehr geneigt zu vermuthen,
daß, wenn das Infect (the fly! die Fliege!) die Eier
legt, es zugleich eine klebrige Substanz von sich gibt, welche dieselben
beschuͤzt, und als Mittel zur Bebruͤtung derselben dient: denn, wie
ich bereits bemerkte, so tritt ein Vertrocknen an dem Schildchen ein, so bald die
Eier belebt werden.
Denjenigen, die durch Raupen (Caterpillars) an ihren
Aprikosenbaͤumen litten, will ich rathen die Baͤume sorgfaͤltig
zu untersuchen: denn ich zweifle nicht im Geringsten, daß sie eine Menge
Schildlaͤuse nicht bloß an der Rinde, sondern auch an den Mauern finden
werden (denn ich fand mehrere derselben sowohl an Stein- als
Ziegel-Mauern); und daß durch Vernichtung der Schildlaͤuse die Baͤume in kurzer Zeit
sowohl in Hinsicht auf ihre Blaͤtter als auf ihr Tragholz bedeutend
verbessert, und fuͤr das folgende Jahr zum Ertrage einer reicheren Ernte an
Fruͤchten, und zwar an schoͤneren Fruͤchten, vorbereitet
werden.
Man wird erwarten, daß ich etwas uͤber die Art und Weise die
Schildlaͤuse zu vertilgen sagen soll. Ich fand zu ihrer Vertilgung auf den
Aprikosenbaͤumen den Hornung als die beste Zeit, vorzuͤglich nach
einem Regen, wo die Rinde noch naß ist. Da die Rinde zu dieser Zeit dunkler als
gewoͤhnlich und die Schildlaus von blasser Farbe ist, so laͤßt leztere
sich dann leichter unterscheiden. Wenn der Arbeiter, welcher im Fruͤhjahre
die Baͤume an der Wand aufbindet52) , waͤhrend seiner Arbeit dieselben genau untersucht, so wird ihm der
groͤßte Theil dieser Insecten nicht entgehen, und es bedarf keines anderen
Mittels, als daß er mit der Spize seines Nagels die Schildlaus von dem Puncte
entfernt, auf welchem sie sich angesezt hat.53) .
Wenn dasjenige, was ich so eben sagte, andere veranlassen koͤnnte, den Gegenstand
naͤher zu untersuchen, und mehr Licht auf denselben zu werfen, so
wuͤrde ich mich gluͤcklich duͤnken, der Gesellschaft dadurch
einen kleinen Dienst erwiesen zu haben.
Bei dem Durchsehen meiner Papiere uͤber den Gartenbau finde ich jezt, daß ich
schon im J. 1788 die alte Rinde der Apfelbaͤume in dem Garten zu Tinningham,
der dem Grafen (Carl of) Haddington gehoͤrt, abkrazte, und daß ich den ersten Wink
hieruͤber von einem Herren erhielt, welcher mir sagte, daß das Abkrazen der
Rinde in Amerika allgemein gebraͤuchlich ist, um die Baͤume vom Moose
und von anderen Schmarozer-Pflanzen, die ihnen nachtheilig sind, vollkommen
zu reinigen54) .