Titel: | Ueber die Darstellung des Baumwollen-Sammtdrucks mittelst örtlicher Farben, und ihre Befestigung durch Wasserdämpfe. |
Autor: | Dr. Wilhelm Heinrich Kurrer [GND] |
Fundstelle: | Band 2, Jahrgang 1820, Nr. XX., S. 153 |
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XX.
Ueber die Darstellung des Baumwollen-Sammtdrucks mittelst örtlicher Farben, und ihre Befestigung durch Wasserdämpfe.
Von Wilhelm Heinrich v. Kurrer.
Kurrer über Baumwollensammt-Druck.
Als versprochene Fortsezung des Aufsazes uͤber die
Seiden- und Seidensammtdruckerei, welchen ich im ersten Bande dieses
gemeinnuͤzigen Journals mitgetheilt habe, folgt nun eine Abhandlung
uͤber die Baumwollensammtdruckerei, diesen noch juͤngern
Industriezweig.
Die Baumwollensammtdruckerei erfordert zum Theil eine andere Zusammensezung der
Applikationsfarben, als die Seiden- und Seidensammtdruckerei; es muß
dieselbe der Natur der Baumwolle entsprechen, und so viel moͤglich jede
corosive Metallverbindung beseitigen, da diese die Eigenschaft besizen, in einer
erhoͤhten Temperatur zerstoͤrende Wirkungen auf die
Baumwollenfaßer hervorzubringen. Man darf daher nicht ausschließlich
dieselben Farben in Anwendung bringen, deren man sich in den Kattundruckereien unter
dem Namen der
Applikationsfarben bedient, weil die Hize der kochenden Wasserdaͤmpfe bei dem
groͤßeren Theile derselben die Struktur der
Pflanzenfaͤßer zerstoͤrt, ich meine naͤmlich solche
Farben, welche mit Zinn- oder anderen aͤzenden
Metallaufloͤsungen entwickelt werden, oder solche Basen, in welchen
Saͤure mit einfacher Grundlage vorherrschend ist.
Es gehoͤren demnach zur Darstellung der Farben beim Baumwollensammtdruck nach
der neuen Methode, besondere Entwicklungsmittel, die wir im Verfolge dieser
Abhandlung naͤher kennen lernen werden.
Moͤge es mir durch die Mittheilung meiner praktischen Versuche gelingen,
diesen Gegenstand in ein helles Licht zu sezen, und Anfaͤngern oder
Entrepreneurs im Gebiete dieser interessanten Kolorirung den doppelten Vortheil zu
verschaffen, daß sie sich eigene kostspielige Experimente ersparen
koͤnnen, und daß sie nicht noͤthig haben, theure Rezepte zu
kaufen, welche uͤberdies nicht selten ein Werk der Veruntreuung oder des
Betruges sind.
Die erste Veranlassung, Baumwollensammt zu drucken, und die Farben mittelst der
Wasserdaͤmpfe darauf zu befestigen, gaben die mit Wasserfarben bemahlten
Arbeitsbeutel des schoͤnen Geschlechts, welche anfangs zu hohen Preisen
verkauft wurden. Die Mahlerei derselben bestand in Blumenbouqueten auf weißem
Grunde, wobei man die Natur treu nachzuahmen suchte, auch war dieses Fabrikat durch
seine Schoͤnheit dem Auge sehr gefaͤllig, doch konnte es sich wegen
der Unbestaͤndigkeit des Kolorit's nicht lange im Beifall erhalten, da ein
einziger starker Regentropfen oder ein Schmuzfleck hinreichend war, die
Schoͤnheit der Mahlerei zu zerstoͤren, und Waschen der Waare gar nicht
statt finden konnte.
So geschah es denn, daß die Sammtdruckerei und die Befestigung der Farben
durch kochende Wasserdaͤmpfe ins Daseyn trat, und sich an ihre aͤltere Schwester die
Seidendruckerei anschloß.
Bei der Entstehung dieser Art von Druckerei wurde der Zweifel erhoben, ob durch sie
die Natur in den Farben eben so gluͤcklich nachgeahmt werden koͤnne,
als durch jene Mahlerei; indessen bewiesen mehrfache Versuche, daß dieses,
wenn auch nicht ganz, doch groͤßtentheils bei geschmackvoller Wahl der
Dessins, sorgfaͤltiger Anordnung der Farben und Abstufung derselben
moͤglich sey. Mit diesem noch jugendlichen interessanten Fabrikat, welches
durch Soliditaͤt und Dauerhaftigkeit der Farben den Rang vor jener Mahlerei
behauptet, ist dem denkenden und forschenden Darsteller desselben ein weites Feld
geoͤffnet, durch harmonische Farbenwahl alle nur moͤgliche
Blumenzeichnungen in Ausfuͤhrung zu bringen, und durch die mannigfaltigsten
Schattirungen der schaffenden Natur immer naͤher zu kommen. Es ist daher zu
hoffen, daß in der Folgezeit nicht allein Gegenstaͤnde des Damenpuzes,
sondern auch brillante Artikel fuͤr die Zimmereinrichtung, als
Ueberzuͤge zu Sofa und Stuͤhlen, Couverts, Tapeten, Draperien aller
Art u.s.w. aus solchen Fabriken hervorgehen werden. Die Schoͤnheit und der
Glanz der Farben auf Baumwollensammt nach dieser Methode dargestellt, berechtigen zu
den groͤßten Erwartungen in diesem Gebiete des
Kunstfleißes.
Wir wollen jezt die Farben, deren man sich zur Darstellung dieses Fabrikats mit
Vortheil bedienen kann, naͤher betrachten.
Von der schwarzen Farbe.
Eine dauerhafte schwarze Farbe fuͤr den Baumwollensammtdruck erhaͤlt
man, wenn 4 Pfund Campechenholz (Blauholz) zu wiederholten Malen mit einer
verhaͤltnißmaͤssigen Menge Wasser abgekocht werden, der Absud
aber bis auf 4 Maaß (die Maaß zu 2 Pfund) Fluͤssigkeit
eingedampft wird. Die
Zusammensezung der Druckfarbe geschieht folgendermassen:
2 1/2 Maaß Dekokt werden mit
20 Loth guter Staͤrke (Ammelmehl) angeruͤhrt
1 1/2 Loth schwefelsaures Eisen (Eisenvitriol) und
1 Loth essigsaures Blei (Bleizucker) zugegeben, und das Ganze uͤber dem Feuer
gut ausgekocht. Man schuͤttet nun die gekochte Farbe in eine steinerne
Schuͤssel, bringt 1 Loth fein gestossenes gelbes Schwefelarsenik (Realgar)
hinzu, und ruͤhrt es bis zur gaͤnzlichen Erkaltung.
Die so bereitete Farbe besizt die gute Eigenschaft, daß sie bei dem
Prozeß des Dampfens keine zerstoͤrende Wirkung auf die Fasser
aͤussert, weil die vorhandenen Salze hoͤchst unbedeutend sind. Um
dieser Farbe den moͤglichsten Grad der Dauerhaftigkeit zu verschaffen,
laͤßt man die damit bedruckte Waare wenigstens 3 Tage lang liegen,
bevor man sie der Einwirkung kochender Wasserdaͤmpfe preiß giebt.
Eine andere, ebenfalls sehr dauerhafte und intensive, schwarze Farbe entsteht aus der
Zusammensezung, welche im ersten Bande dieses Journals S. 40 bei der Seidendruckerei
beschrieben ist; nur muß dabei das quantitative Verhaͤltniß des
salpetersauren Eisens abgeaͤndert und statt 14 1/2 Loth desselben
duͤrfen nur 10 Loth angewendet werden.
Von der rothen Farbe.
Bei den rothen Farben hat man darauf zu sehen, daß man so wenig als
moͤglich Zinnverbindungen dazu gebrauche. Ein geringer Antheil derselben in
einem Verhaͤltnisse, wo das aufgeloͤste Oxyd mit dem Pigmente innig
verbunden ist, kann ohne Nachtheil fuͤr die Faser, zu hoͤherer
Belebung der Farbe dienen; wovon folgende Zusammensezung ein Beispiel ist.
Roth Nro. 1.
1 1/2 Maaß concentrirten Fernambuckabsudes bringe man
mit
4 Loth
zum feinsten Pulver gestossenen Gummi Tragant mittelst der Waͤrme in
druckfoͤrmigen Zustand, ruͤhre nun die Masse, nachdem sie in eine
Steinschuͤssel gegossen worden, und seze, wann sie noch warm ist,
10 Loth liquide salpetersaure Thonerde, und gleich darauf
6 Gran salpetersaures Kupfer in Krystallen hinzu. Nach
gaͤnzlichem Erkalten derselben wird die Farbe durch einen Zusaz von
3/4 Loth schwefelsalzsaurem Zinns belebt. Diese Farbe eignet sich
fuͤr den Vordruck als sogenanntes Erstroth.
Das zweite Roth, auch heiteres Roth genannt, gewinnt man, wenn das salpetersaure
Kupfer weggelassen wird.
Das dritte, oder das hellere, mehrere Abstufungen hindurch laufendes Roth giebt ein
Zusaz von mehr oder weniger druckfoͤrmiger Tragantschleim.
Vorzuͤglich schoͤne rothe, fuͤr den Baumwollensammtdruck
geeignete Farben werden durch die Zusammensezungen gebildet, welche im ersten Bande
dieses Journals S. 43 etc. unter der Rubrik B. zweite
Methode angegeben sind; es ist hiebei nur noch zu bemerken, daß man
die Druckfarben so wenig als moͤglich mit Gummi verdicken muͤsse; denn
je duͤnner sie verarbeitet werden koͤnnen, um so lebhafter erscheinen
die Farben nach dem Daͤmpfen und Auswaschen.
Von den braunen Farben.
Diese werden, wie bei dem Seidendruck, aus Roth durch Zusaz von salpetersauren
Kupferkrystallen erzeugt. Die rothen durch schwefelsaure oder salpetersaure Thonerde
entwickelten Farben eignen sich am besten dazu. Die Verdickung geschieht mit Gummi,
von dem man aber nur so viel als noͤthig ist, nimmt; denn je duͤnner
die Farbe verarbeitet werden kann, desto schoͤner und gleichfoͤrmiger
wird dieselbe.
Von den gelben Farben.
Die gelben Farben sind dieselben, welche in der Seidendruckerei gebraucht werden, nur
mit Hinweglassung jeder Art von Zinnverbindung.
Aurora, Orange und Isabellfarben.
Wie in der Seidendruckerei.
Von den blauen Farben.
Alle Abstufungen der blauen Farbe fuͤr den Druck dieses neuen Industriezweiges
lassen sich am schoͤnsten durch mit Salpetersaͤure (Scheidewasser)
abgeriebenes blausaures Eisen darstellen, wobei folgendergestalt verfahren wird:
16 Loth reines blausaures Eisen in fein gepulvertem Zustande, reibe
man in einer glaͤsernen Schaale mit wenigem Wasser zum feinsten Saft ab,
bringe 8 Loth Salpetersaͤure hinzu, und seze dann das Abreiben so lange fort,
bis alles Blau aufs beste zertheilt ist. Diesem Blau giebt man noch 1/2 Pfund
Wasser, und laͤßt es nun als Ansaz fuͤr blaue Farbe 48 Stunden
lang stehen.
Die Bereitung der blauen Farbe geschieht auf diese Art:
1 1/2 Maaß Wasser1/4 Maaß essigsaures Eisen
werden mit 12 Loth guter Staͤrke gekocht, und sodann
5 Loth Baumoͤl eingeruͤhrt. Dieses Gemeng gießt man in eine
steinerne Schuͤssel, ruͤhrt es bis zum Erkalten und sezt von dem
blauen Ansaze so viel hinzu, als die dunklere oder hellere Schattirung, die man
verlangt, erfordert. Ist die Farbe so bereitet, so verwahrt man sie an einem
kuͤhlen Orte 24 Stunden lang, worauf man sie zum Druck gebrauchen kann.
Sollte die Farbe in diesem Zustande fuͤr mehrere Muster noch zu dick seyn, so
ruͤhre man so viel Wasser ein, als zum leichten Druck noͤthig ist.
Bei ganz hellem Blau wendet man Wasser mit etwas wenig essigsaurer Thonerde an, und
laͤßt das essigsaure Eisen weg.
Das essigsaure Eisen oder die essigsaure Thonerde in diesem Zusammensaze erleiden zum
Theil durch die Salpetersaͤure des blauen Ansazes eine Zersezung, wodurch die
Salpetersaͤure gebunden wird, und also nicht nachtheilig auf die
Pflanzenfaser des Stoffs beim Daͤmpfen wirken kann.
Mit der sauren Indigaufloͤsung konnte ich unter keinen Verhaͤltnissen
ein schoͤnes und heiteres Blau hervorbringen. Alle damit gemachten Versuche
hatten mehr oder weniger einen Stich ins Graue oder Gruͤnliche.
Von den gruͤnen Farben.
Gruͤne Farben in allen Abstufungen werden, wie in der Seidendruckerei,
zusammengesezt.
Von den Violetten und Lilas Farben.
Mit gaͤnzlicher Hinweglassung jeder Zinnverbindung kann man sich aller jener
Zusammensezungen bedienen, welche bei der Seidendruckerei angezeigt sind. Je weniger
Verdickungsmittel diese Farben haben, um so heiterer erscheinen sie nach dem
Daͤmpfen und Auswaschen.
Cochenille preparé. Rouge
vegetal.
Diese beiden schon entwickelten Pigmente gewaͤhren fuͤr diese Art von
Druck keine vortheilhafte Anwendung.
Oliven Farben.
Sie sind dieselben, wie beim Seidendruck, nur mit dem Unterschiede, daß man
sie weniger concentrirt anwenden darf, weil sie sonst leicht zu dunkel ausfallen
moͤchten.
Graue Farben.
Auch von diesen gilt das eben bemerkte.
Manipulation. Befestigung der oͤrtlichen Farben
durch kochende Wasserdaͤmpfe. Behandlung der Waare nach dem
Daͤmpfen.
Hieruͤber sehe man, was in den drei Paragraphen der Seidenabhandlung gesagt
ist.
Eben so, wie der Baumwollensammt, lassen sich alle uͤbrigen Baumwollengewebe
mit dergleichen Applikationsfarben bedrucken, und durch Einwirkung der kochenden
Wasserdaͤmpfe kann man leztere nach Verhaͤltniß eben so wohl
befestigen.
Neue gelbe und orange Farben fuͤr
Baumwollensammt.
Interessante gelbe Farben, welche durch Modifikation des Zusammensazes bis in das
hoͤchste und feurigste Orange disponirt werden, erhielt ich mittelst des in
kaustischem Ammonium aufgeloͤsten gelben Schwefelarseniks nach Braconot's
Angabe. Ich werde in einer besondern Abhandlung alle meine vielfachen Versuche, die
ich auf Schafwolle, Seide, Baumwolle und Leinen, sowohl durch Faͤrben als
Aufdruck angestellt habe, in diesem Journale naͤchstens ausfuͤhrlich
darlegen; jezt stehe nur die Bemerkung hier, daß die damit bedruckten oder
impraͤgnirten Zeuge faͤhig sind, Farben von der hoͤchsten
Lebhaftigkeit anzunehmen, wenn man sie nach einigen Tagen in Wasser auswascht, und
im Schatten abtrocknet. Durch den Prozeß des Daͤmpfens erhalten jene
Farben weniger Lebhaftigkeit; auch wird die Bestaͤndigkeit derselben um
nichts erhoͤht.
Gedruckter Baumwollensammt mit Gold und Silberfiguren.
Um den gedruckten Baumwollensammt recht brillant fuͤr Tapeten, kostbares
Geraͤthe und Draperien darzustellen, kann man demselben nach Willkuͤhr
goldene oder silberne Figuren geben. Zu diesem Zwecke wird die Waare zuvor mit allen
Farben ausgearbeitet und nachdem diese durch die Wasserdaͤmpfe befestigt, die
Verdickungsmittel durch Wasser weggeschaft, und die Waare wie zum Verkauf appretirt
worden, werden die Gold- oder Silberfiguren nach folgender Methode
angebracht.
Man nimmt eine Mischung von gleichen Theilen Mastix und getrockneten gepulverten
Eiweiß. Mit diesem Pulver bestreuet man mittelst eines kleinen Haarsieb's
diejenigen Stellen, welche man vergolden oder versilbern will. Nun schneidet man
Gold- oder Silberblaͤtter in der Groͤße der beliebigen
Figur, und legt sie auf die bestreute Stellen auf. Hierauf erwaͤrmt man den
meßingenen Model, in welchem die Figuren oder Blumen erhaben geschnitten
sind, uͤber Kohlfeuer so, daß wenn man mit einem nassen Finger
denselben beruͤhrt, kein Zischen mehr erfolgt. In diesem Zustande bringt man
die Form auf die mit Gold oder Silber belegten Stellen. Dadurch schmilzt das Gold
oder Silber nur da an den Mastix, wo die Figuren der Form erhaben sind. Nach dem
Beendigen der ganzen Operation faͤhrt man mit der Fahne einer Feder
daruͤber, um das uͤberfluͤssige Gold oder Silber wegzuschaffen.
Auf diesem Wege kann man bei einiger Einrichtung die schoͤnste Blumen-
und Figurenvergoldung hervorbringen.Wer sich mit der Darstellung der zu den Farben erforderlichen Mordant's nicht
befassen will, kann solche von verlaͤßlicher Guͤte und
zu den billigsten Preisen bei mir beziehen. Dingler.