Titel: | Ueber das Prinzip der englischen Gesezgebung hinsichtlich der Erfindungs-Patente; über den Einfluß dieser Patenten-Ertheilung auf Polytechnik, und über die Anwendung dieses Systems auf deutsche Staaten. |
Autor: | Dr. Ludwig Wirschinger [GND] |
Fundstelle: | Band 2, Jahrgang 1820, Nr. XI., S. 78 |
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XI.
Ueber das Prinzip der englischen Gesezgebung hinsichtlich der Erfindungs-Patente; über den Einfluß dieser Patenten-Ertheilung
auf Polytechnik, und über die Anwendung dieses Systems auf deutsche Staaten.
Von Dr. Wirschinger, k. b. Regierungs-Rath und Kommissär der Stadt Augsburg.
Wirschinger über die gesetzlichen englischen Erfindungs-Patente.
England, dessen graͤnzenlose Industrie eben so sehr
Gegenstand der Bewunderung als der Nachahmung und Eifersucht der uͤbrigen
kultivirten Welt geworden ist, verdankt vorzuͤglich der
Gesezgebung des XVII. Jahrhunderts einen Theil
jener Fortschritte, welche seinen Erzeugnissen fortwaͤhrend das Praͤdikat der Vortrefflichkeit sichern. Es duͤrfte demnach
unsern Lesern nicht unangenehm seyn, wenn folgende gedraͤngte Darstellung sie mit der englischen Gesezgebung, welche
durch Begruͤndung der Erfindungs-Patente
(Patents of invention) eine so denkwuͤrdige
Epoche fuͤr den Kunstfleiß in allen Zweigen eroͤffnet hat,
naͤher bekannt macht, sodann das Prinzip derselben nebst den Folgen
gewuͤrdiget, und selbst die Anwendbarkeit dieses Systemes auf unsere Staaten
gepruͤft wird.
Das Druͤckende, der vor dieser Zeit an Individuen sowohl als an Korporationen
verliehenen Monopolen erregte in der thaͤtigen Arbeiterklasse
Unzufriedenheit; sie sahe sich in ihren Versuchen gelaͤhmt, und klagte laut,
daß ihren Verbesserungen – der Frucht des Nachsinnens und der
verdoppelten Anstrengung – vom Monopolisten widernatuͤrlich die
Schranke des bisher und nicht weiter entgegengestellt
werde. – Wer moͤchte es jezt zu schildern wagen, auf welcher tiefen Stufe bei der Fortdauer dieses Systemes die Industrie des naͤmlichen Landes darnieder
gehalten worden waͤre, welches in den spaͤtern Jahrhunderten die
Gewerbtreibenden aller Staaten uͤberfluͤgelt hat? –
Es war unter der Regierung Jakobs I., daß dieser
Gegenstand ernstlicher zur Sprache kam; man wollte in Betrachtung der nachtheiligen
Folgen restringiren; diese Restriktion der Monopole
geschah im J. 1623; in dem Statute selbst ist das Grundgesez fuͤr die
Erfindungs-Patente als Ausnahmsgesez enthalten; es war am 2. November 1624,
als dieses Gesez die foͤrmliche Sanktion erlangte.
Die Bestimmungen uͤber die Restriktion der Monopole und uͤber die
legalen Ausnahmen sind im dritten Kapitel in vierzehn Artikeln
ausgedruͤckt.
Der erste Artikel erklaͤrt fuͤr nichtig und ohne Folge, als den
Fundamentalgesezen des Reiches zuwider, alle Monopole, Privilegien, Lizenzen und
Patente, von welcher Art sie immer sind, und sie moͤgen bereits verliehen
seyn, oder erst verliehen werden. – Der zweite Artikel sezt fest, daß
alles, was diese Monopole etc. und deren Guͤltigkeit beruͤhrt, nach
den gemeinen Reichsgesezen behandelt und entschieden werden soll. Der dritte
erklaͤret alle Personen und Korporationen fuͤr unfaͤhig irgend
ein Monopol zu besizen oder auszuuͤben. Der vierte Artikel verbietet, unter
dem Vorwande eines Monopols-Besizes Jemanden in Ausuͤbung seiner
Geschaͤfte hinderlich oder laͤstig zu seyn, und spricht zugleich die
Strafe der Kontravenienten aus. Der fuͤnfte nimmt von diesen
Verfuͤgungen die Privilegien aus, welche bereits vor Emanirung dieses Gesezes
auf, neue und nuͤzliche Erfindungen fuͤr die Dauer von 21 Jahren oder
darunter ertheilt worden sind. Der sechste giebt die Normen fuͤr die
kuͤnftige Ertheilung der Erfindungs-Privilegien; er lautet
woͤrtlich also: »gleichfalls sey ausgenommen und mit
Gegenwaͤrtigem erklaͤrt und verordnet, daß oben
erwaͤhnte Bestimmungen (I-V.) sich nicht erstrecken auf Patente
und Privilegien fuͤr die Zeit von vierzehn
Jahren und darunter, welche in Zukunft verliehen werden – auf
ausschließende Herstellung und Bereitung irgend eines neuen Erzeugnisses
innerhalb den Graͤnzen des Koͤnigreiches an den oder an die wahren
Erfinder solcher Manufakte, die zur Zeit der Patent-Fertigung und
Verleihung von Andern nicht bereits gebraucht worden, und weder den Gesezen
entgegen, noch dem Staate schaͤdlich sind – durch Steigerung der
Viktualien-Preise, Beeintraͤchtigung des Handels, oder
Belaͤstigung im Allgemeinen. – Die bemerkten vierzehn Jahre
beginnen mit dem Tage der Ausfertigung der Patente oder der Ertheilung der
kuͤnftig noch zu gewaͤhrenden Privilegien; auch sollen dieselben
so weit verpflichtend seyn, als sie seyn wuͤrden, wenn dieser Akt oder
ein anderer nicht bestuͤnde. –
Die uͤbrigen Artikel dieses Statutes machen Ausnahme fuͤr einige
Privilegien, welche durch Parlaments-Akten an eine Stadt, Korporation,
Innung, Handelsgesellschaft und an einige Individuen ertheilt worden sind.
Ein solcher Parlaments-Akt beurkundet uͤbrigens mehr das Bestreben nach
Beschraͤnkung der souveraͤnen Macht als fuͤr Begruͤndung
eines Gesezes uͤber die Erfindungs-Privilegien; wie denn auch nie ein
wirkliches zusammenhaͤngendes Gesez gegeben worden ist. Doch hat, wie ehehin
der Praͤtor beim Roͤmer, – wie beim Franzosen die
Jurisprudence, so hier das Leben dem Geseze nachgeholfen, wie Davies Collection of cases respecting patents of invention and the rights of
patentees, London 1818 anschaulich macht. Vortrefflich ist die
Zusammenstellung, welche Prechtl, Direktor des
polytechnischen Institutes in Wien, hinsichtlich der Hauptpunkte, die in Frage
kommen, mit ziemlicher Ausfuͤhrlichkeit, Acerbi aber im Auszuge giebt.
Wer in England ein Erfindungs-Patent erhaͤlt, muß eine genaue
Beschreibung seiner Erfindung zur Einregistrirung uͤberreichen, damit nach
Ablauf der Zeit des Privilegs Jederman diese Erfindung in Anwendung bringen kann;
eine Bedingung, welche so wesentlich ist, daß Jeder dabei vorfallende Fehler
den Verlust des Patentes selbst zur Folge hat.
Gegenstand des Patentes.
Dieser bestehet in einer neuen Bereitung (new manufacture) in einem neuen
Erzeugnisse; es kann folglich auch ein verkaͤuflicher Gegenstand
seyn; uͤbrigens gehoͤren dahin nicht blos Sachen, sondern auch die Bereitungs- und
Verfahrungs-Art. – Solche Patente
erhaͤlt man fuͤr alle neuen Erzeugnisse, fuͤr jeden neuen
Mechanismus, aber auch fuͤr einen schon bekannten, welcher einen neuen Effekt hervorbringt. Auch Ersparung an Zeit und
Aufwand, nicht minder
eine neue Zusammensezung schon bekannter Maschinen zur Erzielung eines neuen
Effektes, geben Anspruͤche auf ein Patent.
Wenn es dieser Effekt, nicht aber eine Sache oder eine neue saͤchliche
Zusammensezung ist, worauf sich das Patent bezieht, dann gilt dieses allein
fuͤr den Mechanismus oder das Verfahren, falls demselben der Charakter der
Neuheit zukommt. So erhielt David Hartley ein
Erfindungs-Patent, weil er mittelst einer neuen Anordnung von Eisenplatten
die Gebaͤude gegen Feuers-Gefahr sicher stellte. –
So kann derjenige, welcher einer bereits bekannten Maschine verbesserte Einrichtungen
hinzufuͤgt, ein Patent erlangen; es muß aber der Kaͤufer
leztere allein an sich zu bringen vermoͤgen.
Als neu ist durch das Statut eine Erfindung oder Verbesserung erklaͤrt, welche
zur Zeit der Patentfertigung noch nicht im Koͤnigreiche eingefuͤhrt
war. Ist eine Erfindung vor diesem Zeitpunkte durch den Erfinder oder durch Andere
bereits bekannt gemacht worden, so wird sie nicht mehr als neu betrachtet. Hingegen
finden Patente auch fuͤr solche Erfindungen statt, welche ausserhalb England
schon vorhanden und im Gebrauche sind; selbst alte Erfindungen koͤnnen
fuͤr neu gelten, wofern sie noch nicht Anwendung erhalten haben. So
behauptete Dollond das Patent fuͤr seine
Objectivglaͤser, obgleich diese von Hall schon
fruͤher, jedoch ohne Mittheilung seiner Erfindung an das Publikum,
verfertiget worden waren. Zu einem Patent-Gegenstand eignet sich bloß
ein verkaͤufliches Produkt; es kann daher kein Patent uͤber allgemeine Anwendungen irgend eines Prinzipes erlangt
werden.
Ertheilung des Patentes.
Bei der Ertheilung eines Patentes hat uͤber Neuheit oder Nuͤzlichkeit
der Erfindung oder Verbesserung, sowie uͤber alle zur Giltigkeit des Patentes
erforderlichen Punkte, keine Untersuchung statt; vielmehr erfolgt diese erst dann,
wenn in Hinsicht der Giltigkeit des Patentes ein Streit entstehet.
Wer ein Patent zu haben wuͤnscht, reicht an den Koͤnig eine Vorstellung
ein, in welcher die Erfindung auseinander gesezt, und die Bitte um die
Patent-Ertheilung ausgedruckt ist; zugleich beschwoͤrt derselbe,
daß die Erfindung seinem Wissen nach wirklich neu sey. Die Supplike gelangt
mit der unterzeichneten Eidesformel durch den Staats-Sekretaͤr des
Innern weiter in die Haͤnde des Generalanwaldes, auf dessen Antrag der
Koͤnig das Patent gewaͤhrt; nun erfolgt die Ausfertigung desselben im
Namen des Koͤnigs unter dem großen Sigill.
Das Patent beginnt mit Anfuͤhrung der Bitte, bezeichnet dann die Natur der
Erfindung oder Verbesserung, und fuͤgt zulezt das Verbot hinzu, die
Befugnisse des Patentes nicht zu verlezen, und deren Ausuͤbung nicht zu
hindern. Fuͤr nichtig wird aber das Patent erklaͤrt, wenn sich zeigen
sollte, daß die Ertheilung den Gesezen zuwider oder den Unterthanen
schaͤdlich ist; wenn der Patenttraͤger nicht der Erfinder
waͤre; wenn das neue Patent mit einem schon fruͤher ertheilten in
Kollision kaͤme; wenn es auf mehr als fuͤnf Personen, oder auf eine
Korporation uͤbertragen, und endlich wenn die Erfindung nicht
vollstaͤndig beschrieben, oder nicht innerhalb zweier Monaten nach der
Ausfertigung registrirt worden waͤre.
Fuͤr England, Irland, und Schottland werden besondere Patente gefertiget. In
einem Patente fuͤr England kann man mittelst eines etwas
groͤßern Erlages auch noch die Wirkung des Privilegs fuͤr die
Kolonien erlangen.
Das Patent gilt fuͤr den Empfaͤnger selbst sowohl, als fuͤr alle
diejenigen Personen, welche derselbe dazu anstellt, gebraucht, oder
bevollmaͤchtiget; es erlaubt ihm vierzehn Jahre lang im Lande den
Gegenstand der Erfindung zu bereiten, zu gebrauchen und zu verkaufen, wie ihm
dieß beliebt. Doch verbietet es die Uebertragung auf mehr als fuͤnf
Personen bei Strafe des Verlustes.
Korporationen oder Kompagnien koͤnnen anders nicht als mit Zustimmung des
Parlamentes sich Patente verschaffen, auch kommt es allein dem Parlamente zu, die
Giltigkeit eines Patents uͤber 14 Jahre zu verlaͤngern.
Die Einruͤckung von Klauseln und besondern Verbindlichkeiten haͤngt vom
Generalanwalde ab.
Anfangs war der Patenttraͤger nicht verpflichtet innerhalb zwei Monate die
Beschreibung seiner Erfindung registriren zu lassen; die Erfahrung mag bewiesen
haben, daß es fuͤr den Erfinder eine gefaͤhrliche Sache sey,
das Ganze der Erfindung in das Patent einruͤcken zu lassen, weswegen es gegen
das Ende der Regierung der Koͤnigin Anna zum Gesez gemacht wurde, daß
die Registrirung des Patents innerhalb 4 Monate zu geschehen habe. Bald aber
schraͤnkte man diesen Zeitraum auf einen Monat ein; zulezt wurden zwei Monate
vorgeschrieben. Der Generalanwald kann jedoch auf Verlangen des Supplikanten diesen
Termin auf sechs Monate ausdehnen, wenn der Supplikant die Registrirung und die
Ausuͤbung seiner Erfindung auch fuͤr Schottland und Irland
nachsucht.
Die Beschreibungen oder Aufzaͤhlungen der Erfindungen werden im
Lord-Kanzleramte hinterlegt, wo man sie lesen und kopiren kann; auch gelangen
sie durch das Repertory of Arts, Manufactures and
Agriculture und durch andere Journale, wenn es die Patenttraͤger
wuͤnschen und begehren, zur oͤffentlichen Kunde. Die Registrirung der
vollstaͤndigen Angabe der Erfindung und die sodann folgende Bekanntmachung
wird Niemanden nachgelassen; es sey denn, daß in ausserordentlichen
Faͤllen der Supplikant besonders wichtige Beweggruͤnde dafuͤr
anfuͤhren und sie hinlaͤnglich beweisen koͤnne; und dann kann
es nur mittelst einer
Parlaments Akte geschehen. Geheimhaltung der Erfindungen wird fuͤr
unnuͤz und schaͤdlich geachtet.
Das Patent wird ungiltig, wenn erwiesen ist, daß Sachverstaͤndige mit
den in der Erfindungs-Darstellung angegebenen Mitteln nicht im Stande sind,
das Resultat der Erfindung zu bewirken.
So muß auch bei der Darstellung der Erfindung genau unterschieden werden, was
daran neu und was schon bekannt ist. Ist die Darstellung ganz erschoͤpfend
und genau, so bedarf es nicht der Mittheilung einer Zeichnung oder eines
Modelles.
Um die Prioritaͤt der Erfindung zu sichern in Sachen, welche zu ihrer
Ausfuͤhrung viele Zeit fordern, ist das sogenannte Caveat eingefuͤhrt; es bestehet in einer von dem Erfinder an den
Generalanwald gerichteten Bitte, und schuͤzt ein Jahr hindurch gegen die
Anspruͤche eines Andern in Beziehung auf die naͤmliche Erfindung; auch
kann es erneuert werden. Gewoͤhnlich wird die Erfindung, fuͤr welche
das Caveat gegeben ist, nur in allgemeinen Ausdruͤcken erwaͤhnt,
theils zur Vermeidung des Bekanntwerdens, theils zu moͤglichster Erweiterung
des Gegenstandes der Erfindung.
Wenn nun der durch ein Caveat Geschuͤzte sich gegen die Fertigung eines
Patentes fuͤr eine gleichartige Erfindung erklaͤrt, so vernimmt der
Generalanwald beide Partheien besonders, und untersucht, worinn ihre Erfindungen
einander wesentlich aͤhnlich sind, worauf entweder die Verwerfung des
Gesuches oder der Antrag der Gewaͤhrung an den Koͤnig erfolgt. Nicht
selten schlichter den Streit eine freundschaftliche Uebereinkunft, oder die
Abloͤsung der Erfindungsrechte mittelst einer Summe Geldes.
Mit diesem Caveat treten manche Mißbraͤuche ein. Es finden sich
Speculanten, welche ganze Listen von Caveat auf Erfindungen oder allgemeine
Erfindungs-Prinzipien eintragen lassen, um alsdann wenn eine Erfindung hervortritt, mit
den wirklichen Urhebern derselben in Konkurrenz zu seyn, und diesen fuͤr das
Aufgeben der gemachten Anspruͤche Summen abzulocken.
Entfernung oder doch Minderung dieses Uebels moͤchte erfolgen, wenn der
Erfinder bei Registrirung des Caveat zugleich auf einem versigelten Blatte die
Beschreibung der Erfindung abgeben muͤßte; die Eroͤffnung
dieses Blattes wuͤrde dann in Streitfaͤllen die Entscheidung
erleichtern. Das Caveat verwirrt, wie Einzelne behaupten,
das einfache System der Patente, daher es gerathener seyn duͤrfte, dem
Erfinder selbst die Bewahrung des Geheimnisses seiner Erfindung zu
uͤberlassen bis zur Ausfertigung des Patentes, da zwischen dieser und der
pflichtmaͤßigen Registrirung der Erfindungs-Darstellung ein
bedeutender Zeitraum gestattet ist.
Erloͤschung des Patentes.
Alle Streitigkeiten uͤber Erfindungspatente werden von den ordentlichen
Gerichten behandelt und entschieden. Wer einem Patenttraͤger durch Eingriffe
in dessen Befugnisse Schaden verursacht, muß Ersaz leisten.
Da es die Neuheit der Erfindung ist, worauf die Giltigkeit des Patentes beruhet, so
wird dieses ungiltig, wenn das Patent entweder ganz oder zum Theile einen Gegenstand
betrift, welcher schon vom Publikum benuͤzt wurde; denn in jedem Patente wird
ausdruͤcklich gesagt, daß zur Giltigkeit desselben die
Nichtbeeintraͤchtigung schon bestehender Befugnisse Anderer
gehoͤre.
Die Giltigkeit geht auch dann verloren, wenn es sich zeigt, daß die Erfindung
nicht vom Patenttraͤger allein komme. Irrthuͤmer in der Darstellung
der Erfindung haben dieselbe Folge, und eben so verhaͤlt es sich, wenn der
Gegenstand des Patentes wider die Geseze ist.
Bei Einspruͤchen gegen das Patent liegt dem Patenttraͤger der Beweis
der Neuheit, so wie der Nuͤzlichkeit der Erfindung ob; nicht minder
muß er darthun, daß er seine Erfindung richtig bezeichnet und das Neue
an derselben von dem schon Bekannten scharf getrennt habe.
In einigen Faͤllen werden ex officio die Patente
fuͤr ungiltig erklaͤrt und zuruͤckgenommen, mittelst des so
genannten Scire facias (a
writ of scire facias): diese Faͤlle treten ein, wenn uͤber
eine und die naͤmliche Sache mehrere Personen das Privilegium sich verschafft
haben sollten, alsdann erhaͤlt der Erste auf sein Ansuchen ein scire facias gegen den Zweiten, und es wird hiedurch das
Patent desselben, und zwar im Namen des Koͤnigs, widerrufen;
2) wenn das Patent auf den Grund falscher Angaben ertheilt wurde, d.h., wenn das
gegebene Privilegium der Krone, dem Staate oder dem Kommerz nachtheilig ist;
3) Wenn das Patent die Verleihung eines Privilegiums enthaͤlt, das mit den
Landesgesezen streitet, z.B. mit den Monopols-Restriktions-Gesezen,
welche das Statut Jakobs I. festgestellt hat.
In Großbrittanien sind seit dem Jahre 1675 bis 1815 Erfindungspatente ertheilt
worden.
1676
bis
1685 unter Karl II.
46
1686
bis
1689 unter Jakob II.
13
1689
bis
1702 unter Wilhelm und Maria
102
1702
bis
1714 unter Anna
30
1715
bis
1727 unter Georg I.
95
1727
bis
1766 unter Georg II.
258
1761
bis
1770 unter Georg III.
215
–
1780 –
299
–––––
1058
–
1790 –
566
–
1800 –
692
–
1810 –
943
–
1815 –
551
–––––
3810
Das Prinzip dieser Gesezgebung ist offenbar die Erhoͤhung und Vervollkommnung der
National-Industrie, und daß Mittel hiezu ist die ehrende
Anerkennung der Bestrebungen des Einzelnen und die Sicherung des Genußes
aus diesen Bestrebungen, durch die Dazwischenkunft des Staates auf eine Weise,
welche auf Alle sowol als auf das industrioͤse Individuum gleich billige
Ruͤcksicht nimmt.
Das wahre Augenmerk bei dieser Gesezgebung in England ist der
Vortheil fuͤr die Nation; man hat es dort anerkannt und praktisch
ausgesprochen, daß die Nation, daß der Staat selbst – in seinen
Buͤrgern fortschreite; es darf daher der Einzelne sich nur melden fuͤr
ein Bestreben, bei welchem es auf Neuheit und Nuͤzlichkeit angesehen ist,
– was ihm vorerst auf sein bloßes Wort geglaubt wird, – und er
erhaͤlt sogleich durch das Gouvernement einen offenen
Brief, mit dem großen Siegel, wodurch eben so sehr sein Bestreben
geehrt, als die Theilnahme an demselben allgemein beurkundet wird; dieß ist
aber kein Monopol, das dem egoistischen Duͤnkel des Besizers ein ganzes
Publikum in Betreff eines bestimmten Beduͤrfnisses zinsbar macht; –
kein Privilegium, welches dem Geseze Wunden schlaͤgt; keine Licenz, welche
durch Opfer erworben werden muß; – ein oͤffentlicher Schuzbrief ist es, welcher der Industrie fuͤr
die billig abgemessene
Zeit von vierzehn Jahren den Genuß ihrer geistigen
Produktion, (so mag wohl mit Recht jeder Schritt zur Vervollkommnung auf dem
begluͤckenden Felde schoͤpferischer Industrie genannt werden) zur
Belohnung und Ermunterung sichert, in der Voraussezung, daß bei
Einspruͤchen die Neuheit und Nuͤzlichkeit des
Erfindungs-Gegenstandes werde wirklich erwiesen werden, und daß die
Erfindung selbst gemeinnuͤzig, nicht gemeinschaͤdlich sey, indem sich
die nothwendige Folge ergiebt, daß bei Entdeckung der Nichtigkeit dieser
Voraussezung jener offene Brief seine Bedeutung verliere, und widerrufen werden
muͤsse. Die Registrirung der Erfindung nach der genauen Angabe derselben,
verbunden mit der offenen Behandlung und Verkuͤndung, bildet eine herrliche
Kontrolle gegen Anmassungen, und bewahret der Nation ihren Anspruch auf die nach
verflossener Patentzeit freigegebene Erfindung, als auf ein Gemeingut – und
die Benuͤzung der beguͤnstigten Sache. –
Mag auch von Manchen das Caveat und Scire facias als uͤberfluͤßig
getadelt werden; mir scheint beides eine Anordnung, welche von der belehrenden
Erfahrung, als zur Fuͤllung der erkannten Luͤcken nothwendig, in Schuz
genommen wird; dagegen finde ich die fruͤhere Hinterlegung der
Erfindungs-Anzeigen oder Details einer Erfindung mit jenen Voraussezungen,
welche erst nach der Patenterlangung die Einregistrirung verlangen, nicht so ganz
vereinbar.
Indem also der Staat die Beschuͤzung des Bestrebens der Einzelnen im offenen
Briefe gegen Jedermann verkuͤndet, wird der Gesammtzweck selbst erreicht, und
jeder Schatten von verhaßter Monopolschaft verschwindet, wenn man die
einfache, aber weise Berechnung in Hinsicht des Verfahrens bei Streitfaͤllen
vergleicht. Nach den gemeinen Gesezen und vor den gewoͤhnlichen
Tribunaͤlen werden die Streitfaͤlle behandelt und entschieden,
folglich von keiner besondern Administrativ-Justiz, weil man den
Patenttraͤger ein eigentliches jus quaesitum aus
dem Patente – nach der Dauer des Patentes – bis zur Erweisung des
Nichtbestehens der begruͤndenden Voraussezung – einraͤumt, und
eine solche Befugniß so gut unter die bona, quae beant, wie
der Roͤmer sich ausdruͤckt, juridisch gezaͤhlt werden
muß, als ein Haus oder eine Werkstaͤtte.
Daß endlich eine solche Befugniß in der Regel nur an Individuen verliehen wird, vollendet die Weisheit der
Gesezgebung; wie leicht wuͤrde es der Kraftvereinigung einer Korporation oder
Gemeinde werden, die Bestrebungen wahrer Industrie zu uͤberfluͤgeln,
fuͤr ihren Zweck eine Soͤldnerei gegen den bestrebsamen Einzelnen, und
gegen das kaufende abnehmende Publikum zu erschaffen, und
in dem neuen Gewande einer zweiten ostindischen Kompagnieschaft die Majorisirung
gegen die Industrie auf eine weit druͤckendere Art herzustellen, als bei dem
Daseyn einzelner Monopolisten gefuͤhlt wurde! – Wenn aber jede
Ausnahme in Hinsicht auf Dauer oder Person, (ruͤcksichtlich des Objektes ist keine Ausnahme
moͤglich, – keine Ausnahme denkbar) von der Einstimmung des
Parlamentes abhaͤngig bleibt, wenn nur allein eine Parlamentsakte, bei
ausserordentlichen und hoͤchst seltnen Umstaͤnden, eine solche
Befugniß-Erweiterung zu schaffen faͤhig ist, so kann man
unbesorgt seyn wegen Gefahren fuͤr das System selbst, wegen einer dem
Einzelnen wie dem Ganzen schaͤdlichen Aenderung.
Das unverruͤckte Festhalten dieses so einfachen,
und eben so wahren Systemes in England: welche Wunder hat
es hervorgerufen? – Ist es nicht dieses System, welches nun fast seit zwei
Jahrhunderten mit jedem Tage neue Erfinder oder Verbesserer geweckt, – die
kuͤhnsten Unternehmungen bewirkt, die reichsten Fonde zur Befruchtung des
Schooßes der Industrie dargeboten hat? – Man vergleiche die Anzahl der
Patente in den verschiedenen Perioden.
Vom Jahre 1676 bis 1685 wurden 46 Patente gegeben; vom Jahre 1780 bis 1790 aber 566,
und vom Jahre 1800 bis 1810 sogar 943; der Zeitraum von 1676 bis 1815 beurkundet
3810 solcher Patente; und jeder Monat liefert uns neue Verleihungen, als eben so
viele Belege uͤber die neuen Fortschritte.
Ob nun wohl dieses Beguͤnstigungs-System auf
Polytechnik gewirkt hat? – Ein gemeiner Toͤpfer in Stafford Wedgwood – hat sich erst vor Kurzem so gehoben,
daß seine Fabrikgebaͤude sich in eine kleine Stadt umgewandelt haben, daß seine Arbeiter ein besonderes
Gesezbuch nothwendig machten, und die zehen Meilen lange Straffe the Pottery durch seinen
Aufwand hergestellt wurde.
Die Jenny-Spinn-Maschine des Webers Jakob Hargrave, im Jahre 1767 erfunden, hat eine neue Epoche fuͤr die
Baumwollen-Manufakturen herbeigefuͤhrt; bald darauf erhielt diese
Manufaktur noch mehr Verbesserung durch Richard
Arkwrighte, welcher im Jahre 1792, als Baronet
starb, auf einem fuͤrstlich eingerichteten Schlosse mit Hinterlassung von
mehr als eine halbe Million Pfund Sterlinge. Nach dem Aufhoͤren des dem
Arkwrighte verliehenen Patentes trat im Jahre 1776 Samuel
Crompton mit seiner denkwuͤrdigen Mulmaschine auf.
Bei der sonstigen Notorietaͤt des hier behandelten Gegenstandes moͤgen
diese wenigen Daten genuͤgen, um die praktische Wichtigkeit desselben mit
einem Blicke ganz zu erfassen.
Nun sey es noch erlaubt zu bemerken, daß, waͤhrend England auf diesem
Wege schoͤpferisch im Innern wirkt, Restriktionsgeseze gegen fremde Importation schuͤzen, und zugleich die Ausfuhr-Praͤmien dazu dienen, um die
Prohibitivgeseze des
Auslands gegen Englands Industrie ohnmaͤchtig zu machen; – wieviel diese Praͤmie, die in der Regel 15 bis 20
Prozente gewaͤhrt, bewirken koͤnne, mag aus der Summe derselben, die
im Jahre 1797 im Ganzen 1'083,555 Pfund Sterling betrug, und oft noch hoͤher
steigen soll, so wie aus dem Erfolg erkannt werden, welcher vormals Napoleons
Kontinental-Sperre mit veranlaßte, und jezt die Klagvorstellungen des
deutschen Handels-Vereines motiviren hilft.
Wenn man nun ohne vorgefaßte Meinung diese glaͤnzenden Resultate mit
den vorzuͤglichen Mitteln vergleicht, durch welche sie so haͤufig
hervorgebracht werden, so findet man, daß des weisen Leopolds von Toskana nie
zu vergessende Maxime ut sit et ne noceat civitati auch
im englischen System der Erfindungs-Patente bereits anerkannt sey. Nicht das
unmittelbare Eingreifen der Staats-Regierung
in die Gegenstaͤnde der Technik, nicht hoheitlicher
Zwang ist es, was die Industrie zur Selbstthaͤtigkeit fuͤr
Jahrhunderte erhebt, oder neue Staͤmme und Wurzeln zu schaffen die Kraft hat:
– von selbst treibt im wohl bereiteten und gut beschuͤzten Boden der
Baum in das Leben, und bringt Frucht, welche alle Muͤhe reichlich vergilt, wo
ihr der Markt und die Abnahme gesichert ist. Es bluͤhten weit entlegene
Preußische Provinzen, wohin die fiskalischen Maaßregeln nicht
gedrungen waren, waͤhrend aus Irland, wo die Regierung mit Gewalt die Leinwand-Manufakturen in
Thaͤtigkeit zu bringen gesucht hatte, und eine jaͤhrliche
Praͤmie von 40,000 Pfund verloren gieng, ganze Schaaren von Einwohnern in das
entfernteste Ausland zogen. Mit lebhaften Farben schildert Chaptal
De l'industrie française par M. le Comte
Chaptal etc. Paris 1819. ein beruͤhmter und glaubhafter Gewaͤhrsmann, welche Nachtheile fuͤr die
Fortschritte der Kuͤnste und das Bluͤhen des Handels durch die meisten
Verordnungen uͤber das Fabrikwesen entstanden sind.
Wenn Frankreich politechnische Schulen,
Aufmunterungs-Gesellschaften, eigene Abtheilungen in der
Staats-Regierung fuͤr die Vervollkommnung der Industrie
stiftet, wenn es die im Jahre 1789 26 Millionen Franken betragende Einfuhr
baumwollener Zeuge schon im J. 1812 auf ein und eine halbe Million reduzirte; wenn
Ternaux Cachemirs nur noch von den indischen Cachemirs uͤbertroffen werden,
und der Bericht der Central-Jury uͤber die Beurtheilung der in Louvre
ausgestellten Industrie-Erzeugnisse im Jahre 1819 bereits fuͤnfhundert Seiten fuͤllen kann; wenn die
Bibliotheca italiana von Acerbi uͤber
Kuͤnste und Gewerbe aͤhnliche Resultate aus Italien liefert, dann
moͤchte wohl auch die Frage eine Wuͤrdigung
verdienen, ob nicht in deutschen Staaten, von denen so
haͤufig England, Frankreich, Italien etc. Maͤnner erhaͤlt,
welche als die ersten Erfinder nuͤzlicher Industriezweige glaͤnzen,
ins besondere Englands Patent-System recht bald in
Anwendung zu bringen waͤre. – Sollte nicht hierin ein Mittel zu finden
seyn, in Deutschland, das schon vor zwanzig Jahren 199 patriotische
Sozietaͤten zur Belebung der Industrie hatte, den Vorwurf zu verbannen,
»daß die Schwierigkeit fuͤr den industrioͤsen
Mann, wie die fortwaͤhrende Ausbildung der Industrie, immer im gleichen
Verhaͤltnisse gewachsen sey, oder daß der Deutsche, um als
Erfinder in seine Heimath zuruͤckgerufen zu werden, erst im Auslande
seine Erfindung versuchen, und sich durch das Ausland empfehlen lassen
muͤße?« – Nicht unbekannt ist uns, daß
Friedrich Wilhelm im J. 1734 Fabrikanten und
Handwerker unter Anbietung des Buͤrgerrechts und aller moͤglichen
Exemtionen in seine
Staaten zu ziehen, eingeladen, – daß Carl Alexander von
Wuͤrtemberg im J. 1735, und die Kaiserin Therese von Oesterreich im J. 1774
Aehnliches gethan hat; daß schon vor vielen Jahren Englands nun verstorbener
Koͤnig Georg fuͤr Hannover ein Kommerz-Kollegium, Landgraf Ludwig von Hessen im J. 1777 eine
musterhaft gestaltete Landes-Kommission schuf,
– daß Hessen-Kassel sich schon im J. 1771 einer Handlungs-Kompagnie erfreute; in Oesterreich unter
dem Schuze der Kaiserin Therese eine organisirte oͤkonomische Gesellschaft
erstund, Mainz und Erfurt
eigene Kommerzien-Deputationen erhielten, waͤhrend Weilburg Praͤmien, Wuͤrtemberg
Steuerfreiheiten gab, Halberstadt jaͤhrlich die Listen gekroͤnter
Industriemaͤnner der Welt bekannt machte, und der bekannte Wurmb in Hamburg eine wenig uͤbertroffene
Handlungs-Akademie gruͤndete. Und wer kennt nicht die neuesten
Bemuͤhungen der fuͤr Oesterreich unterm 11. Juli 1816 geschaffenen
Hofkommerzkommissionen, die in Oesterreich auf 2, 3, 10 etc. Jahre uͤblichen
Erfindungs-Privilegien, – die ausgezeichneten Fortschritte, und
Beguͤnstigungen der Industrie in Baiern? Was der Deutsche hinsichtlich der
Vollkommenheit seiner Erzeugnisse errungen habe,
bedarf nicht erst des Beweises, wenn man erwaͤgt, daß schon vor zwei
Dezennien der englische Industrie-Senat die Abnahme einzelner Gewerbe in
England dem Aufbluͤhen mehrerer deutschen
Kuͤnstler zuschrieb, welche viele der englischen Kunstarbeit sehr
aͤhnliche Stuͤcke liefern; und daß die Kaufleute der
City von London, wohl einsehend, wie schwer es sey, auch beim Bestehen ihres
Systemes, ferner noch der Industrie des Auslandes im lebhaften Ehrenkampfe mit
Sicherheit zu begegnen, im J. 1820 die Vorstellung um Handelsfreiheit so unerwartet der Vorstellung des deutschen
Handels-Vereins um Beschraͤnkung gegen die hochbeguͤnstigte Industrie Englands
entgegensezen.In Detailanfuͤhrungen koͤnnte freilich ein siegender Beweis der
Eminenz deutscher Industrie beinahe fuͤr alle Zweige gefuͤhrt
werden. Schon vor vielen Jahrzehnten erklaͤrte Frankreich, allein das
vollkommenste Porzellan zu haben; und doch wurde dieses in einer Berliner
Tasse zu gruͤnem Glas geschmolzen; – Augsburger
Kattunfabrikanten stellten ihre vollendeten Erzeugnisse auf dem Markte neben
englisches Gut, und hatten sich des Vorzuges zu erfreuen; viele
Kunstarbeiten der Residenzstadt Muͤnchen verdrangen selbst im
Auslande Englands fuͤr unuͤbertrefflich geachteten Erzeugnisse
etc. Wie empfaͤnglich man uͤbrigens in Baiern fuͤr jede
Bestrebung zum Besten der Industrie sey, beweisen die Fortschritte des
polytechnischen Vereins, die Resultate der Industrie-Ausstellung in
Muͤnchen und Augsburg.
Mir scheint demnach – bei der Ueberzeugung (welche wohl Mancher nach ruhiger
Wuͤrdigung mit mir theilen moͤchte), daß, auch bei den nach
geographischen und sonstigen Verhaͤltnissen ausfuͤhrbaren
Restriktionen zum Vortheile der Bundesstaaten gegen das fabrizirende und handelnde
Ausland, doch die Haupthilfe in der innern Ausbildung fortwaͤhrend zu suchen
sey, und daß bei der gluͤcklichen Wirkung des Landbaues und der
Industrie immer wieder fruͤher oder spaͤter ein guͤnstiger
Impuls fuͤr den Kommerz erfolgen muͤsse, – die Annahme und Einfuͤhrung des englischen Systemes
uͤber Erfindungs-Patente so zweckmaͤßig als
erwuͤnschlich, und die Ausfuͤhrung nicht von der komplizirten
Frage abhaͤngig zu seyn, ob gleichzeitig dasselbe
in allen deutschen Bundesstaaten geschehensolle oder
werde. Unter den Motiven muß ich eines angeben, welches vielleicht Mancher
gerade fuͤr die Opposition gebrauchen duͤrfte, naͤmlich,
daß ein solches Patentsystem selbst da, wo eine vernuͤnftige
Werthschaͤzung der Zunft-Institute bestehet und ferner bewahrt werden
soll, nur wohlthaͤtig und empfehlend wirken koͤnne, da einerseits auch
bei Handwerksstreitigkeiten nur nach dem wirklich Bestehenden geurtheilt werden
kann, das Neue aber ausser diesem Kreise liegt, anderer
Seits das Erfindungs-Patent das Weiterschreiten ermuntert und gegen kleinlich
vermehrte Innungs-Schlagbaͤume oder gegen
zollvisitationaͤhnliche Examinirungen in Schuz nimmt, waͤhrend
gleicher Lohn jeder gleichen Bestrebung bleibt, und die Vortheile neuer nuͤzlicher Erfindungen nach Ablauf der
Patent-Zeit als Gemeingut freigegeben sind. – Ich wuͤrde
demnach vorschlagen:
1) Auch in deutschen Staaten soll auf Anmeldung ein Erfindungs-Patent gegeben
werden;
2) Die Vorbedingung Neuheit u. Nuͤzlichkeit seyn;
3) Die Ertheilung auf den Zeitraum von zehen Jahren
geschehen,Dieser Zeitraum moͤchte gleichfoͤrmig, da jede Abstufung von
Willkuͤhrlichkeit der Beurtheilung abhaͤngig bleibt,
anzunehmen, auch entsprechend seyn.
4) die Registrirung bei der hoͤchsten Staats-Behoͤrde
besorgt,
5) die Widerrufung unter eben den Voraussezungen, welche dieselbe in England zur
Folge haben, ausgesprochen,
6) die Bekanntmachung der Verleihung, so wie der Widerrufung, in hiezu geeigneten
oͤffentlichen Blaͤttern veranstaltet,Solche Verkuͤndungen koͤnnten fuͤr Baiern in dem
Kunst- und Gewerbblatt, und auch in diesem polytechnischen Journale
geschehen.
7) fuͤr die Befugnisse des Patentes nach Maaßgabe dir Verleihung bei
jeder Staatsbehoͤrde der erhobenen Beschwerde Folge und dem Patente Vollzug
gegeben,Ohne den Vollzug ist das Patent wohl fuͤr Aktensammlungen, aber nicht
fuͤr das Leben von Bedeutung.
8) das System selbst ohne Abaͤnderung aufrecht
erhalten,Jede Aenderung in diesem System erschuͤttert das Gebaͤude und
beunruhiget den Spekulationsgeist.
9) im Ganzen hiebei das Prinzip Erhoͤhung und
Vervollkommnung der Industrie ohne Anwendung von Zwang befolgt werden; auch
sollten die polytechnischen Institute vermehrt, und die Vereine fuͤr diese
Zwecke auch durch Dotationen – aus eigenen Beitraͤgen und Zuschuͤsse aus oͤffentlichen Kassen
– in den Stand gesezt werden, dem Erfinder Belohnungen zu votiren.Dieser Aufwand waͤre unbedeutend und doch hoͤchst lohnend ganz
remuneratif; der Staat wirkt hiedurch sicher,
und die Industrie bluͤhet unter der freundlichen Pflege; denn ihre
Entwicklung ist stufenweise und natuͤrlich, – sie ist eine planta sensitiva; – ne moveatur! – Es bedarf bei einer
solchen Ruͤcksichtnahme auch nicht der Versicherung, welche v. Moser,
Praͤsident der Landes-Kommission, bei Eroͤfnung dieser
Kommission vortrug: „Daß die Absicht der neuen Anstalt
durchaus nicht sey, unter dem Vorwande von guten Rath und Verbesserungen
in der Stille den Weg zu neuen Steuern zu bahnen u.s.w.“
Herrlich ist die Einwirkung des Staates, welche die
Hindernisse beseitiget, durch Institutionen Empfaͤnglichkeit fuͤr das
Gute mittheilt, der Industrie die Bahn bricht; zum ungestoͤrten
Weiterschreiten, die chinesische Douanen-Mauern moͤglichst entfernet, um die Markt-Linie fuͤr die
Erzeugnisse des einheimischen Fleißes zu verlaͤngern, freudige
Thaͤtigkeit uͤberall verbreitet, und durch innige Verbindung des
Landbaues, der Industrie und des Kommerzes das Bild wahrer Gluͤckseligkeit in
das Leben fuͤhrt. –