Titel: | Ueber die Lankenspergersche und Ackermannsche bewegliche Patent-Achsen. |
Fundstelle: | Band 1, Jahrgang 1820, Nr. XXVII., S. 296 |
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XXVII.
Ueber die Lankenspergersche und Ackermannsche bewegliche Patent-Achsen.
Mit Abbildungen der beweglichen Achsen und Wagengestelle nebst einer illuminirten englischen Baroutsche. Tab. VII.
Ueber die Lankenspergersche u. Ackermannsche bewegliche Patent-Achsen.
Der Erfinder der beweglichen Achsen und anderer Verbesserungen
an Wagengestellen ist der Koͤnigl. Baiersche Hofwagner Herr Georg Lankensperger in
Muͤnchen, welcher sich vor zwei Jahren mit Herrn
Ackermann in
London associrte, worauf lezterer auf diese Erfindung zu
beiderseitigem Vortheil ein Patent fuͤr die drei Großbrittanische
Koͤnigreiche nahm.
Durch Mittheilung der Beschreibung dieser beweglichen Achsen, mit Abbildungen
derselben, so wie der neuesten englischen Baroutsche, glaubt der Herausgeber dieses
Journals den Lesern um so mehr einen Dienst zu erweisen, als gegenwaͤrtig
diese bewegliche Achsen das Interesse aller Fahrlustigen in Anspruch nehmen.
Ehe wir aber diese Beschreibung geben, mag folgende Stelle aus dem BerichtAllgemeine
Zeitung. Beilage Nro. 3. 8. Januar 1820. uͤber den thaͤtigen Kunsthaͤndler Rudolph Ackermann in London
vorangehen, welche die Guͤte dieser beweglichen Achsen am besten beurkunden
soll.
„Wahrend seiner lezten Reise aufs feste Land und in seine fruͤhere
Heimath im Jahr 1818 errichtete er unter andern mit dem erfindungsreichen
Wagenbauer Lankensperger in Muͤnchen eine enge Verbindung,
vermoͤge welcher er dessen Erfindung der beweglichen Achsen an
Kutschwagen auf sich uͤbertrug, und in England daruͤber ein Patent
nahm. Als ein wahrer Apostel dieser zur Bequemlichkeit und Sicherheit unendlich
wichtigen Verbesserung aller Fuhrwerke reiste er mit einer nach diesem Grundsaze
in Muͤnchen erbaueten Barouche von Muͤnchen bis Hamburg, und
trozte allen Gefahren deutscher Landstraßen, und wo er hinkam, versammelten sich
die Wagner und Gewerker um diesen Wunderwagen, von welchem deutsche Postillone
geradezu versicherten, der Teufel muͤsse darin sizen. Man muß ihn dies
selbst in einer sachreichen, durch Kupfer erlaͤuterten Schrift
erzaͤhlen hoͤren, worin er seine moveable
axle trees, seine bewegliche Wagenachsen, gegen den Schlendrian und
Eigennuz der englischen Wagenbauer ins Licht sezt: Observations on Ackermann's Patent moveable Axles, for fine wheeled
carriages, containing elevation, plans and sections, and conveying accurate
Ideas of this Improvement. 60 S. in gr. 8. In England selbst haben sich
bereits die einsichtsvollsten Maͤnner und selbst die Conchmaker des
ersten Ranges dafuͤr erklaͤrt, und Ackermann kann mit Recht in
dieser Schrift ausrufen: diese Patent-Achsen werden allgemein in Gebrauch
kommen. So ist eine deutsche Erfindung in England, dem Lande der vollendetsten
Sorgfalt fuͤr Reisebequemlichkeit, von einem Deutschen zur vollen
Anerkennung gebracht worden. Man muß uͤbrigens die neuesten 13 Hefte der
bei Ackermann herauskommenden Drawings of fashionable
carriages vergleichen, die am 1. August in London ausgegeben wurden, und
sieben colorirte Kupfertafeln von verschiedenen Wagen, Barutschen, Phaetons,
alle mit dieser Erfindung darstellte. Wie viele Bein- und
Armbruͤche, blutige Nasen und Gliedmaaßen, Unfaͤlle, Schrecknisse
wird es fuͤr Reisende kuͤnftig weniger geben, wenn diese stets
lenksamen und gehorsamen, willig sich verkuͤrzenden und in jeder Richtung
unterkriechenden Wagen-Achsen erst bei Postwagen wie bei Reisewagen
uͤberall in Gebrauch gekommen sind.“ –
Das Repertory of Arts Manufactures et Agriculture N. CC.
Second Series. Jan. 1819. p. 70. theilt
nachstehende Erklaͤrung, welche Herr Ackermann bei der Patentbewerbung
niederlegte, uͤber die bewegliche Achsen mit. Sie folgt hier in einer
getreuen woͤrtlichen Uebersezung.
Erklaͤrung des dem Rudolph Ackermann, Herausgebers und Buchdruckers, auf dem Strande, in der Grafschaft Middlesex, ertheilten
Patentes auf gewisse Verbesserungen an den Achsen vierraͤderiger Wagen. Dd. 27. Jaͤnner 1818.
Ich Rudolph Ackermann erklaͤre hiemit, daß diese Verbesserungen der Achsen auf
die Achsen vierraͤdriger Wagen anwendbar sind, und auf folgende Weise
bewerkstelliget werden. Jeder der beiden Arme der Achse, an welchen die vorderen
Raͤder laufen, ist mit einem Stuͤcke, welches ich die senkrechte Achse
nenne, vereinigt, oder vielmehr, was besser ist, aus einem Stuͤcke
gearbeitet.
Diese senkrechte Achse ist eine runde Achse von irgend einer beliebigen Form, in
welcher sie in eine hohle Buͤchse oder in einen Einsaz so paßt, daß sie sich
darin frei herumdrehen kann.
Die senkrechte Achse und der Arm der Achse sind unter einem rechten Winkel, oder
wenigstens beilaͤufig unter einem solchen mit einander fest vereinigt. Diese
senkrechten Achsen werden von senkrechten Loͤchern, Buͤchsen oder
Einsaͤzen, welche durch das Stuͤck Holz gehen, das man das
Vordergestell (Fore transom) des Wagens nennt, an oder
nahe an den beiden Enden dieses Gestelles aufgenommen und in dieselben
eingepaßt.
Anmerkung. An einem Wagen, an welchem die vorderen Achsen nach dieser Verbesserung
eingerichtet sind, ist kein vorderes Achsenlager noͤthig, indem durch die
Anwendung dieser senkrechten Achsen das Vordergestell die Stelle desselben vertritt,
und diese, wenn sie in ihre Einsaͤze an den beiden Enden des Vordergestelles
eingelassen sind, zwei abgesonderte Mittelpunkte der Bewegung bilden, um welche die
Arme der Achsen in horizontaler Kreisbewegung sich so drehen koͤnnen, daß die
vorderen Raͤder, wenn der Wagen umkehren soll, eine schiefe Stellung
erhalten.
Um diese Bewegung beiden Armen der Achsen und ihren Raͤdern in einem und
demselben Augenblicke mitzutheilen, ist ein Hebel, den ich den Steller (a stay) nenne, mit jedem Durchschnitte oder Elbogen, wo
naͤmlich die senkrechten Achsen und die Arme derselben zusammenstoßen, fest
vereinigt. Diese Hebel oder Steller verlaͤngern sich nach
ruͤckwaͤrts, kruͤmmen sich aufwaͤrts, und vereinigen
oder verbinden sich an ihren Enden mittelst einer Stange, welche ich die
Control-Stange (controling bar) nenne. In der
Mitte dieser Control-Stange ist das hintere Ende der Fitschel (futchel)Das Wort Futchel kommt weder in Johnson's großem
Woͤrterbuche, noch in Ebers vor. Unsere
Schmiede nennen diesen Theil an einem Wagen, der nicht auf einer Scheibe
lauft, Deichsel-Arme; da aber hier ohnedieß so viele Arme in der
Beschreibung vorkommen, so waͤhlten wir fuͤr das englische
Wort Futchel das gleichlautende und gleichbedeutende deutsche Fitschel, ein
Ding, das hin und her geht. Anmerk. d.
Uebers. befestigt, so daß die Control-Stange zugleich die Stelle einer Kehr-Stange
(sway-bar) vertritt. Da die Fitschel mit dem
Vordergestelle durch den Reibnagel verbunden, und die Deichsel mit der Fitschel auf
die gewoͤhnliche Weise vereinigt ist, so koͤnnen Fitschel und Deichsel
sich um den Reibnagel als um den Mittelpunkt drehen, und dann wird das hintere Ende
der Fitschel auf die Control-Stange wie ein Hebel wirken, und diese Wirkung
dieser Stange wird sich den Hebeln oder Stellern der Achsen mittheilen, und dadurch
die vertikalen Achsen in ihren Einsaͤzen drehen und zugleich die Arme der
Achsen und die vorderen Raͤder in eine schiefe Stellung bringen.
Fig. 1. auf
der beigefuͤgten Zeichnung stellt die erwaͤhnten Verbesserungen dar,
und die Weise, wie sie an den vorderen Raͤdern einer vierraͤdrigen
Kutsche angebracht sind.
Fig. 2. zeigt
den Plan dieser Kutsche in dem Augenblicke des Umkehrens, und Fig. 3. giebt den Aufriß
derselbenStatt der Fig. 3. haben wir hie illuminirte Baroutsche abbilden lassen. Dingler..
Das Vordergestell Fig. 1. muß oben und unten mit dem Eisenbeschlage DD fest bekleidet, und dieser durch Bolzen, die
durch das Kloz laufen, an oder nahe an den Enden des Beschlages wohl befestigt
werden.
DD sind LoͤcherHier ist die Bezeichnung mit den Buchstaben DD im Originale offenbar falsch; es finden sich aber auch keine
anderen in der Bezeichnung. Indessen ist die Sache fuͤr sich klar.
Diese Loͤcher sind bei EE. Anm. d. Uebers. (Man beliebe hiemit die
nachfolgende Beschreibung des Hrn. Lankensperger zu vergleichen. Dingler.), welche, da sie durch Holz und
Eisen zugleich laufen, die Einsaͤze bilden, in welchen die senkrechten Achsen
eingefuͤgt sind. Sie sind durch Kerben oder auf irgend eine andere bei den
Luͤnsen (oder Lohnnaͤgeln) gewoͤhnlicher Weise so gesichert und
befestigt, daß die senkrechten Achsen EE in ihren
Einsaͤzen sich bewegen, und so die Mittelpunkte bilden koͤnnen, um
welche die Arme der Achse ihre freie horizontale Kreisbewegung spielen, um auf diese
Weise, wenn die Kutsche umkehrt oder im Kreise umher faͤhrt, die vorderen
Raͤder in eine schiefe Stellung zu bringen.
FF sind die Hebel oder Steller, welche von dem
Elbogen oder Buge, an welchem die senkrechten Achsen und die Arme der Achsen sich
vereinen, nach ruͤckwaͤrts laufen; sie koͤnnen aus einem und
demselben Stuͤcke mit den senkrechten Achsen und mit den Armen der Achse
verfertigt werden. Beide Steller sind durch die Control-Stange B vereinigt, welche mit den Enden beider durch ein Knie
(Kunckle-joint) verbunden ist, HH
Fig. 2.
Schon FF und B
waren nur in Fig. 2. zu sehen.
Anm. d. Uebers., und folglich, wenn eine senkrechte Achse und ihr Arm eine gewisse Bewegung
erhaͤlt, der anderen nothwendig dieselbe gleichfalls mittheilen muß.
Die Fitschel A lauft unter einem Bogen oder Bande unter
dem Vorgestelle hin, mit welchem sie mittelst des Reibnagels S verbunden ist, und den Mittelpunkt der Bewegung fuͤr die Deichsel
bildet.
Da die Fitschel sich ruͤckwaͤrts hinter das Vordergestell
verlaͤngert, wie Fig. 1. und 2. weisetBei Fig.
1. nicht. Anm. d. Uebers.. so bildet sie einen Hebel R, dessen Mittelpunkt
der Bewegung S ist.
Die Control-Stange verbindet sich mit dem Ende R
der Fitschel mittelst eines Stiftes oder Bolzens in besagter Stange, welcher von den beiden
Enden derselben gleich weit entfernt ist.
Das Trittel (splinter-bar), an welchem die Pferde
ziehen, ist mittelst Bolzen auf die gewoͤhnliche Weise an der Fitschel
befestigt, und mit einem Streber von Eisen umfaßt; es muß in einer solchen
Entfernung von dem Reibnagel angebracht seyn, daß die vorderen Raͤder bei
ihrer schiefsten Stellung vollkommen freien Spielraum haben.
Wenn die Pferde seitwaͤrts gelenkt werden, um die Kutsche umzukehren, so dreht
sich die Fitschel um den Reibnagel S wie ein Hebel um
seinen Mittelpunkt, und stellt die Control-Stange HBH
Fig. 2.
seitwaͤrts. Diese theilt beiden Stellern FF
ihre Bewegung mit, und folglich auch beiden Armen der Achse und ihren vorderen
Raͤdern, so daß diese dadurch in Hinsicht auf die Hinteren Raͤder eine
schiefe Stellung erhalten, Fig. 2., und die Kutsche dadurch zum Umkehren vorbereitet wird.
Wenn der Abstand zwischen den beiden senkrechten Achsen EE
Fig. 2. um
einige Zolle groͤßer angelegt wird, als der Abstand zwischen den beiden
Knieen HH an den Enden der Control-Stange,
so erlaubt dies dem vorderen Rade an derjenigen Seite, nach welcher hin der Wagen
umkehrt, eine mehr schiefe Richtung als dem gegenuͤberstehenden Rade. Dies
nuͤzt sehr viel bei schnellem Umkehren, weil dann die Achsen aller vier
Raͤder nach einen Punkt O hingekehrt sind, wie
die punktirten Linien anzeigen; wenn aber die Laͤnge der
Control-Stange gleich ist dem Abstande zwischen beiden vertikalen Achsen,
dann werden die beiden vorderen Raͤder immer mit einander parallel
stehen.
Wenn die Control-Stange gekruͤmmt ist, so daß ihre Verbindung mit der
Fitschel in der Mitte um einen oder um ein paar Zolle mehr nach
ruͤckwaͤrts zu stehen kommt, so wirkt leztere auf jene als ein laͤngerer Hebel, und
macht daher die schiefe Stellung der Raͤder groͤßer, als ihre eigene,
und jene der Deichsel; dadurch wird es nun moͤglich, daß man die Fitschel
nach Belieben kuͤrzer machen kann, als hier im Plane angegeben ist.
Der Stift, welcher das Ende R der Fitschel mit dem
Mittelpunkte der Control-Stange verbindet, muß in dieser Stange befestigt
seyn, in dem Ende der Fitschel aber von einem laͤnglichen Loche oder
Einschnitte aufgenommen werden, welches demselben einigen Spielraum nach der
Laͤngenrichtung der lezteren gestattet.
Statt der senkrechten Achsen koͤnnen die Arme der Achse mit den Enden des
Vordergestelles auch mittelst eines starken Angel-Gebindes K. Fig. 4. verbunden werden,
von welchem ein Theil in das Holz des Vordergestelles eingebolzt, der andere aber
aus demselben Stuͤcke Metall mit dem Anne der Achse, als zweites
Stuͤck des Angel-Gebindes, verfertigt ist. Nachdem diese beiden
Stuͤcke gehoͤrig in einander eingepaßt wurden, werden sie mittelst
eines senkrechten Stiftes oder Bolzens L verbunden, der
durch alle Gelenke des besagten Angel-Gebindes durch laͤuft.
Die Hebel oder Steller, die Control-Stange sind hier uͤbrigens
dieselben, wie sie bereits bei den senkrechten Achsen beschrieben wurden.
Eine Kutsche, an welcher die Achsen der vorderen Raͤder nach dieser
Verbesserung gebaut sind, wird auf einem sehr kleinen Raume mit aller Sicherheit
umkehren koͤnnen, indem die Raͤder, auch wenn sie im hoͤchsten
Grade schief stehen, nicht bedeutend von der Erde gehoben werden. Die Groͤße
und die Verhaͤltnisse der Theile koͤnnen aus den Zeichnungen nach dem
beiliegenden Maaßstabe entnommen werden; beide koͤnnen nach Belieben
veraͤndert werden, ohne die Wesenheit dieser Erfindung zu aͤndern, oder von
derselben abzuweichenDer Uebersezer kennt diese gebrochenen Achsen, wie
unsere gemeinen Schmide sie nennen, schon seit einiger Zeit. Er will nicht
laͤugnen, daß sie bei Parade-Kutschen in gut gepflasterten
Staͤdten, bei sogenannten Wuͤrsten, mit welchen man in Parks
spazieren faͤhrt, zumal denjenigen, die nicht gut fahren
koͤnnen, gute Dienste leisten; fuͤr Reisekutschen hingegen,
oder fuͤr schwerere Kutschen, und uͤberhaupt fuͤr stark
gebrauchte Wagen taugt diese Vorrichtung, mag sie auch noch so laut
gepriesen werden, nicht. Die stehenden Achsen und ihre Huͤlsen oder
Einsaͤze nuͤzen sich fruͤher ab, als die
gewoͤhnlichen Reibnaͤgel, die Gewinde an der Controlstange
werden gleichfalls zu fruͤhe abgenuͤzt; man hat haͤufig
Reparatur noͤthig, die nicht jeder Land-Schmid gehoͤrig
vornehmen kann. Endlich kommt noch der Umstand zu
beachten, daß diese Kutschen an ihren vorderen Raͤdern nicht gut das
Gleise halten, durch Steine in demselben leicht schief gestellt, und bei
starkem Schnellfahren diese Raͤder daher sogar oft leicht gebrochen
werden. Anm. d. Uebers..
Vom Erfinder der beweglichen Achsen, dem Herrn Lankensperger in Muͤnchen,
haben wir eine kleine Schrift mit deutschem und franzoͤsischem Text; der
deutsche Titel ist:
„Bewegliche Achsen und andere
Verbesserungen an Wagengestellen, erfunden von Georg Lankensperger,
Koͤnigl. Baierscher Hofwagner, hier von ihm selbst beschrieben, und in
drei lithographirten Tafeln fuͤr jeden Liebhaber, insbesondere aber
fuͤr Wagen-Fabrikanten und Arbeiter anschaulich dargestellt.
(Muͤnchen, in Commission bei J. G. Zeller. Preis 1 fl. 12
kr.)“
Da sich auf diesen Tafeln die Fig. 1.
2 und 4. befinden,
so entlehnen wir aus dieser Schrift zu mehrerer Verdeutlichung die kurze Beschreibung, welche
Herr Lankensperger Seite 11. giebt.
Erklaͤrung der zwei Tafeln, auf welchen die vordere, obere und Seiten-Ansicht, ingleichen der Grundriß meines neu erfundenen,
im Koͤnigreiche Baiern privilegirten, und in England patentisirten Wagengestelles genau dargestellt ist.
Tafel 1. beschreibt die mit Nro. 1. und 4.
bezeichneten Figuren.
Darauf ist erstens die Ansicht von vorne mit den vordern
zwei Raͤdern sammt dem vordern Achsstocke; zweitens das bloße Eisenwerk desselben ohne Zwischenholz, gleichfalls von
vorne gesehen; drittens der Reib- und Wendungsarm
mit dem Achsstocke von oben betrachtet, sammt den beiden Achsen und der doppelt
gezeichneten Querstange von oben und unten abgebildet.
Lit. C ist der vordere Achsstock von HolzMan bittet den Leser, beim Betrachten dieser Figur das Blatt so zu wenden,
daß die Worte „Ansicht von vorne“ gerade vor ihm
stehen.. Dieser Achsstock ist oben und unten mit eisernen Spangen DD beschlagen, welche an beiden Enden etwas
dicker, und mit weiten runden Oeffnungen versehen sind; durch dieselben geht der auf
der beweglichen Achse vertikal stehende Kegel E.
Die bewegliche eiserne Achse besteht aus drei Theilen; ein jeder Theil ist mit E bezeichnet; ein Theil derselben geht in das Rad, ein
Theil geht ruͤckwaͤrts, und ist mit der eisernen Querstange B mittelst eines Schrauben-Nagels verbunden, und
der dritte aufrechts stehende Theil gehet kegelfoͤrmig durch die oben genannten zwei
Spangen DD aufwaͤrts.
Der Wendungsarm unter dem Buchstaben A ist oben, unten,
und an den beiden Seiten wohl mit Eisen befestiget; an dem Ende desselben ist ein
zwei Zoll langes Loch angebracht, durch welches ein Schrauben-Nagel geht, der
mit dem Mittelpunkte der Haupt-Querstange B in
Verbindung ist.
Auf diesem Wendungsarm A und der Haupt-Querstange
B, welche an beiden Enden durch
Schrauben-Naͤgel mit den ruͤckgehenden Achstheilen E zusammen haͤngen, beruhet die kurze Wendung des
Gestelles.
Ferner ist auf dem Wendungsarm A eine eiserne
Stuͤze I angebracht, welche mit zwei
Schrauben-Naͤgeln auf dem genannten Arm A
mit dem andern Ende aber auf dem Achsstocke DD mit
einer Mutter an den Reibnagel so angeschraubt ist, daß sie sich mit dem Wendungsarm
A leicht um den Reibnagel bewegen kann.
Anmerkung. Es ist zwar nicht wohl moͤglich, daß
der Reibnagel bricht; sollte es aber demungeachtet geschehen, so ist doch keine
Gefahr zu befuͤrchten, indem der Wagen dennoch sich fortbewegen
wuͤrde, weil das Vordergestell mit dem hintern verbunden ist, und sich von
demselben nicht trennen kann. Bei den Waͤgen von gewoͤhnlicher Bauart
hingegen, wo das Vorder- und Hintergestell nur durch den Reibnagel allein
verbunden sind, ist mit dem Bruche dieses Nagels die ganze Verbindung
aufgeloͤst, und der Wagen in zwei Theile getrennt.
Tafel 2 beschreibe die mit Fig. 2. bezeichnete
Abbildung.
Hier ist der Grundriß des Gestelles, woraus man sich von den Vortheilen der kurzen
Wendung bei meinen beweglichen Achsen uͤberzeugen kann.
Lit. F sind vier eiserne Stuͤzen; ein Ende
derselben ist mit vier Schraub-Naͤgeln an den Langbaum G befestiget; das andere Ende am hintern und vordem
Achsstock ist gleichfalls mit vier Schraub-Naͤgeln angeschraubt. Auf
diese vier Stuͤzen sind die vier Schwungfedern, jede mit zwei Schrauben,
durch das zweite und dritte Blatt befestigt. Nach dieser einfachen Bauart sind diese
Schwungfedern nicht nur zierlicher und dauerhafter, als gewoͤhnlich, sondern
es werden auch dadurch viele Stuͤcke Holz, mehrere eiserne Spangen nebst
Schrauben-Naͤgeln erspart.
Diese Art, die Federn anzubringen und zu befestigen, vermehrt die Elastizitaͤt
und Staͤrke, und vermindert das Gewicht, welches wohl zu beobachten ist.
Nebstdem, daß diese Erfindung bei allen vierraͤdrigen Waͤgen mit großem
Nuzen angewendet werden kann, leistet sie nach Herrn Lankenspergers Angabe noch
folgende große Vortheile:
1) Ein Wagen mit beweglichen Achsen kann auf jedem noch so beschraͤnkten Raume
sicher umwenden, auf dem es einem, nach gewoͤhnlicher Methode gefertigten
Wagen unmoͤglich ist.
2) Mit beweglichen Achsen kann man einen Wagen 15 bis 18 Zoll kuͤrzer, als auf
gewoͤhnliche Art bauen, wodurch also der Wagen nicht so schwer, wie andere,
und das Ziehen desselben erleichtert wird.
3) Die beweglichen Achsen gewaͤhren vollkommene Sicherheit gegen das Umwerfen,
wie Fig. 2.
zu sehen ist.
Da bei dem Umwenden die vordem Raͤder niemals ihren Standpunkt, sondern nur
ihre Richtung veraͤndern, so sind sie ein sicheres Verwahrungsmittel gegen
das Umfallen bei dem Umwenden; da hingegen bei Waͤgen mit steifen
unbeweglichen Achsen die Gefahr des Umsturzes bei dem Umkehren vergroͤßert
wird; denn es ist durch
die Erfahrung erwiesen, daß die gewoͤhnlichen Waͤgen bei dem schnellen
und kurzen Umwenden auch am leichtesten umstuͤrzen.
4) Mit beweglichen Achsen koͤnnen die vorderen Raͤder viel
hoͤher gemacht werden, ohne daß der Kasten hoͤher gehaͤngt
werden darf, was bei steifen Achsen nicht anwendbar ist, es waͤre denn, daß
der Wagen ungemein verlaͤngert wuͤrde, welches ihn aber wieder viel
schwerer machen wuͤrde, als es uͤblich ist.
Hier ist auch zu merken, daß die Vorderraͤder und Achsen an den Waͤgen
von gewoͤhnlicher Bauart, weil die vorderen Raͤder viel kleiner sind
als die hinteren, und oͤfter umlaufen muͤssen, fruͤher
abgenuͤzt werden, und also auch oͤfteren Reparaturen unterliegen,
welches bei Waͤgen nach meiner Art nicht Statt hat.
Hohe Vorderraͤder tragen ferner Vieles zur Zierde eines Wagens bei,
waͤhrend sie zugleich das Ziehen desselben erleichtern, und folglich alle
jene Hindernisse beseitigen, welche sich so haͤufig auf schlechten Wegen mit
gewoͤhnlichen Fuhrwerken ereignen.
5) Eine bewegliche Achse ist weit dauerhafter, als eine unbewegliche, ihre
groͤßte Staͤrke ist hinter der Buͤchse des Rades an jener
Stelle, wo die gewoͤhnlichen Achsen am gebrechlichsten sind, denn die
Beweglichkeit macht, daß sie jedem Hindernisse, das ihr aufstoͤßt, ausweichen
kann, welches eine steife Achse nicht vermag.
6) Eine steife Achse giebt mit der Deichsel bei jedem Widerstande der vordern
Raͤder dem Pferde einen harten Stoß, welches bei beweglichen Achsen nicht
geschieht, weil die Wendung hinter dem vordern Achsstocke angebracht ist; folglich
wirkt jeder Stoß gegen das Rad nur halb so stark auf die Deichsel, als bei steifen
Achsen, wo die Deichsel mit dem vordern Achsstocke fest verbunden ist.
7) Ist zu erinnern, daß zu den gewoͤhnlichen Wagengestellen mehr als 20
Stuͤcke Holz zur Construktion, und eben so viel eiserne Spangen,
Stuͤzen und Schrauben-Naͤgel erforderlich sind, wodurch sie
nicht nur schwerfaͤllig, sondern auch dem Einfluß der Witterung, und folglich
auch haͤufigern Reparaturen unterworfen werden, waͤhrend meine
Wagengestelle fast die Haͤlfte weniger an Holz und Eisen, eigentlich nur
sechs Stuͤcke vom erstem erfordern, naͤmlich die Deichsel, die Wage,
den Deichselarm, den Langbaum, und den hintern und vordem Achsstock, welche
Vereinfachung dem Wagen eine außerordentliche Leichtigkeit und Zierde giebt, und
zugleich das Klappern desselben vermindert. Die hiedurch gewonnene bedeutende
Ersparniß an hartem Werkholz ist auch um so mehr zu beruͤcksichtigen, als
dasselbe in den meisten Laͤndern im Preise immer steigt.
8) Kann der Wendungsarm nach Willkuͤhr vorderhalb des Achsstockes
aufwaͤrts gebogen werden, damit die Wage hoch vom Boden zu stehen komme,
welches nicht allein dem ganzen Fuhrwesen ein sehr gefaͤlliges Ansehen giebt,
wenn die Zugstraͤnge von der Brust des Pferdes bis zur Wage ganz horizontal
fortlaufen, sondern die Pferde ziehen auch um Vieles leichter, – eine
Verbesserung, die bei den gewoͤhnlichen alten Waͤgen nicht anwendbar
ist.
Ein wichtiger Vorzug dieser Wagengestelle ist, daß, nachdem hdr Wendungsarm
vorderhalb des Achsstockes bereits die hohe schoͤne Deichselform
enthaͤlt, die Deichselstange an diesen Gestellen keine Kruͤmmung mehr
erfordert, sondern gerade gewachsene Deichseln hiezu brauchbar sind, von denen es
durch Erfahrung bewiesen ist, daß zehen gekruͤmmte brechen, bis eine einzige
gerade Deichsel bricht.
9) Das Hauptaugenwerk fuͤr den Mann von Geschmack bei Bauung eines Wagens war
von jeher ein leichtes und gefaͤlliges Ansehen desselben zu bewirken, ingleichen schoͤne
und dauerhafte Wagengestelle zu erhalten, also Leichtigkeit mit Dauer zu verbinden,
um einen schnell, mit keiner unnoͤthigen Beschwerde und Kosten
verknuͤpften Transport damit zu erzwecken. – Alle diese Eigenschaften
finden sich in meiner erwaͤhnten Verbesserung des Vordergestelles durch
bewegliche Achsen vereint.
Damit man auch an andern Orten von dieser Erfindung auf eine leichte Art Anwendung
machen kann, so macht Herr Lankensperger das Anerbieten, daß man bei ihm zu den
Vordergestellen das ganze Eisenwerk bestens bearbeitet, und um den billigsten Preis
haben koͤnne; naͤmlich die beweglichen Achsen, das Eisenwerk zum
Wendungsarm, die obern und untern Spangen vom Achsstocke, dann den Reibnagel mit
Stuͤzen und die hintere eiserne Querstange nebst den noͤthigen
Schraubnaͤgeln.
Eine moderne Baroutsche mit Ackermanns beweglichen Patent-AchsenEntnommen aus Ackermanns Repository of Arts,
Literature, Fashions, Manufactures, etc. The Second Series. Januar
1820..
Die illuminirte Abbildung Tab. VII. stellt eine
moderne Baroutsche mit Ackermanns beweglichen Patent-Achsen dar, welche von
M. Dodd, in der Crawfordstraße, fuͤr den gewesenen Obristen Harvey gebaut
wurde. Sie war das zweite nach diesem Prinzip von Dodd fuͤr denselben gebaute
Fuhrwerk. Das erste, ein Wagen, hatte in Ansehung der beweglichen Achsen der
Erwartung so ganz entsprochen, daß der Obrist Harvey erklaͤrte, in Zukunft
kein anderes Fuhrwerk gebrauchen zu wollen; und er gab durch Bestellung der
fraglichen Baroutsche einen ausgezeichneten Beweis von seiner vollen Ueberzeugung.
Solche Thatsachen muͤssen die kurzsichtigen Wagenbauer, welche noch fortwaͤhrend einen
heftigen Widerwillen gegen diese wichtige Verbesserung in der Struktur der
Waͤgen aͤußern, uͤberfuͤhren, daß ihr Entgegenstreben am
Ende doch fruchtlos sey. Troz ihrer Widersezlichkeit sind gegen vierzig
vierraͤdrige Waͤgen auf diese neue Art in Großbrittanien gebaut
worden; und es ist nicht zu zweifeln, daß die Vortrefflichkeit derselben in Kurzem
bei uns eben so werde anerkannt seyn, wie auf dem Festlande, wo ihr Gebrauch
taͤglich allgemeiner wird. Die meisten Souveraine haben sich durch deren
Annahme guͤnstig daruͤber ausgesprochen; und wirklich ist ein solcher
Wagen fuͤr Se. Majestaͤt den Koͤnig von Preußen in Arbeit. Se.
Majestaͤt der Kaiser von Rußland hat sich als ein Befoͤrderer dieser
Wagen durch Einfuͤhrung an seinem Hofe bewiesen, und lezthin sogar Se.
Koͤnigl. Hoheit den Prinz-Regenten mit einer so gebauten Droschki beschenkt. Dieses entscheidet vollkommen
fuͤr die neue Bauart, gegen welche Mißverstand, Eigennuz und Ungunst nichts
vermoͤgen werden.
Sicherheit, Dauerhaftigkeit, Oekonomie und Bequemlichkeit zeichnen diese Erfindung
vorteilhaft aus; wir verweisen deswegen unsere Leser wiederholt auf die
fruͤhern Blaͤtter, wo wir diese Vorzuͤge umstaͤndlicher
eroͤrtert haben.
Seit wir dieses Vorstehende schrieben, haben wir mit außerordentlichem
Vergnuͤgen erfahren, daß der Großherzog von Baden die beweglichen
Patent-Achsen beim Artillerie-Train angeordnet habe, und daß auf diese
Art von sechs sonst dabei nothwendigen Pferden zwei erspart werden.
Der Ackermannschen Aeußerung zufolge haben die beweglichen Achsen auch in England
großen Widerstand gefunden; dadurch sahen wir uns veranlaßt, die Anmerkung des
Uebersezers zu der Ackermannschen Erklaͤrung beidrucken zu lassen, da dem audiatur et altera pars in diesem Journal niemals sein
Recht verweigert werden soll, um dadurch das Wahre zu entdecken.